Munitionsengpass - politisches Versagen oder sinnvolle Planung?

Wenn du von gesteuerten Abwehrraketen sprichst nicht.

Wenn wir aber von FLAK gegen Drohnen oder Hubschrauber sprechen sehr wohl und dann gerne wieder in rauen Mengen ^^

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Da unterschätzt du was es heute für Munition gibt. Viel Munition ist heute „Intelligent“, und da meine ich jetzt nicht nur HIMARS Raketen. Das reicht von GPS- gesteuerten Artillerie Munition, Munition mit radargesteuerten Abstandszünder bis hin zu Munition die beim verlassen des Laufes programmiert wird (z.B. in welcher Entfernung sie explodieren soll (Air Burst Munition). Das Umfasst Artillerie, Schiffsgeschütze, Maschinenkanonen (z.B. vom PUMA) bis hin zu Infanterie Waffen wie einen Granatwerfer.

Dazu kommen unzählige gelenkte Raketen (von Schultergestüten Flugabwehr und Anti-Tank Raketen, Diverse Raketen Typen an Hubschraubern und Flugzeugen, Anti-Tank Raketen auf Fahrzeugen, Flugabwehr wie Iris-T oder Patriot, … )
„dumme“ Munition macht da nur einen kleinen Anteil aus.

Das stimmt, da habe ich mich etwas unpräzise ausgedrückt. Hauptsächlich wollte ich sagen, dass unsere Annahmen zum Verlauf von Konflikten vermutlich zu „optimistisch“ sind. Das man solche Annahmen grundsätzlich treffen muss, um, wie du sagst, überhaupt eine Grundlage für die Munitionsabschätzung zu haben, wollte ich damit nicht kritisieren.

Auf jeden Fall aber hoffe ich doch, dass heute niemand mehr behaupten möchte, dass Russland mit seiner konventionellen Armee eine ernsthafte, existentielle Bedrohung für die NATO wäre.

Da stimme ich dir zu. Ich muss allerdings auch sagen, dass ich bisher noch keine genaueren Zahlen als z.B. die 20 Mrd. Angabe zu der fehlden Munition gefunden habe, laut RND sind die aber auch geheim (Quelle: rnd.de). Es lässt sich also schwierig sagen, woran genau es am meisten fehlt.

Ja, einfache Gewehrmunition ist natürlich das A und O. Aber bei der Schlacht um Kiew hatte ich schon den Eindruck, dass es auch auf etwas aufwendigere Systeme wie die NLAW-Panzerabwehrwaffen ankam.

Da schilderst du natürlich irgendwo einen Idealfall, der so in der Politik aber leider eher unwahrscheinlich ist. Der Generalinspekteur des Heeres hat in einem BamS-Interview mal davon gesprochen, dass die Einsparungen bei Munition und Ersatzteilen als „dynamisches Verfügbarkeitsmanagement“ oder „aufgabenorientierte Ausstattung“ schön geredet wurden. (Quelle: BamS).

So eine Strategie, wie du sie berschreibst mag also irgendwann sogar schon mal da gewesen sein, aber sie wurde offenbar im Laufe der Zeit verwässert.

Sorry wenn ich da wieder reingrätsche, aber auch da hast du durchaus gewisse Anforderungen. Das sieht man ja jetzt gerade daran, wie schwer es für die Bundesregierung ist, passende Munition für den Gepard zu besorgen, weil die Schweiz, der eigentliche Lieferant, diese nicht frei gibt.

Hat aber nichts damit zu tun, dass die Munition intelligent wäre, sondern, dass man auf ein Schweizer Geschütz gesetzt hat und keine eigene Munitionsproduktion aufgebaut (bzw. mit Außerdienststellung der Geparden abgebaut) hat.

Das gilt vielleicht noch für den „alten“ Gepard. Aber moderne FLAK Systeme haben Air-Burst Munition, da wird das Geschoss beim verlassen des Laufes programmiert und eingestellt in welche Entfernung es explodieren soll. Das hat den Vorteil das man das Ziel nicht direkt treffen muss.
Die Luftabwehrstrategie der Bundeswehr besteht in Übrigen vorwiegend aus Flugzeugen, Patriot- und Stinger-Raketen. FLAK kommt darin nur zum Objektschutz als nicht mobile Mantis Türme vor.
Es kann natürlich sein das sich das in Angesicht des aktuellen Krieges ändern wird und da man wieder ein Fahrzeug mit FLAK gegen Drohnen beschafft, aber auch hier würde dann vermutlich intelligente Air Burst Munition zum Einsatz klommen.

Da hast du natürlich Recht. Aber die Erkenntnis daraus, dass selbst „einfache“ Nato-Munition nicht einfach zu beschaffen ist, sollte dennoch sein, das wir auch bei Gewehrmunition eigentlich ausreichend ausgestattet sein müssten, um den Anforderungen wie Landes- und insbesondere Bündnisverteidigung nachzukommen.

Um aber mal auf die ursprüngliche Frage von @Daniel_K zurückzukommen: Für mich persönlich ist die aktuelle Munitionslage ganz klar das Ergebnis eines politischen Versagens und zwar insbesondere der CDU bzw. der Regierung Merkel.

Man hat die Bundeswehr bei der Munitions schlicht verdeckt kaputt gespart. Das zeigt einmal das Interview oben mit General-Inspekteur Zorn oder auch das Beispiel der Beschaffung der Fregatte F125:
So teuer wie vier Elbphilharmonien - Die Bundeswehr soll im Herbst eine neue Fregatte erhalten. Übergewicht, Schlagseite, falsche Munition: Interne Berichte zeigen, welche Mängel die Übergabe verzögern. - zeit.de
Dort ist bereits 2018 die Langstrecken-Munition der Fregatte (neben anderen Mängeln) als noch gar nicht auf dem Markt angegeben, aber:

„Die ebenfalls neu entwickelte Vulcano-Munition wird rechtzeitig für die ab 2020 geplanten Einsätze zur Verfügung stehen.“

In dem aktuellen 16. Bericht des BMVg zu Rüstungsangelegenheiten (S. 87, Link zur Quelle) heißt es im November '22 zum aktuellen Stand der Fregatten-Klasse F125 aber immer noch:

Mit Erteilung der Genehmigung zur Nutzung Ende 2022 (Übungs- und Standardmunition) bzw. im ersten Quartal 2023 (Vulcano-Munition) ist eine Lieferung erster Serienlose ab 2024 möglich.

Der Munitionsmangel geht also zum Teil auch auf die inzwischen alt-bekannten Beschaffungsprobleme der Bundeswehr zurück und kann auch deswegen, meiner Meinung nach, nicht als „sinnvolle Planung“ bezeichnet werden.

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Ich schrieb ja bereits mehrfach, dass ich von Militär absolut keine Ahnung habe, aber wenn es solche Probleme bei der Versorgung mit intelligenter Munition gibt, sollte man zuschauen, dass die Waffensysteme auch einfacher zu produzierende dumme Munition verschießen kann und entsprechende Produktionskapazitäten vorhalten.

Wäre aber teils so, das jedes e-Auto noch einen Verbrenner haben sollte, falls msl Strom knapp ist.
Macht man ja auch nicht.
Entweder ich will moderne Technik (die meist effizienter ist), oder ich nehme schlichte Technik in grosser Zahl, da machts die Quantität.

Ist ähnlich wie beim Ausbau der Ladeinfrastruktur für e-Autos. Man könnte ja auch sagen, bevor Ladesäulen ungenutzt rumstehen, bauen wir die Ladeinfrastruktur erst aus, wenn die Million e-Autos zugelassen sind.
Ob das zielführend ist?

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Einen Tod musst du sterben.

Das was hier im Thread so zusammen kommt ist im Endeffekt die Feststellung, dass man zwar an schicke Waffensysteme denkt aber offenbar grundsätzlich die Munition und deren Versorgung vergisst.

Das was uns der aktuelle Krieg zeigt, gerade auch auf russischer Seite ist, das die Chipversorgung für intelligente Munition am schwierigsten aufrecht zu erhalten ist.

Heißt da es aktuell scheinbar keinen FLAK Panzer gibt und ein neuer beschafft werden soll, sollte man aus meiner Sicht fordern, dass der nicht nur intelligente sondern auch dumme Munition verschießen können muss, am besten aus derselben Kanone.

Alternativ eine Wechselkanone mitdenken die einfach getauscht werden kann, wenn die intelligente Munition wegen Chipmangel zur Neige geht.

Was nützt die eine supertolle Hightech-Waffe wenn du sie wegen Munitionsmangel nicht nutzen kannst?

Der Vergleich mit E-Autos ist ein Vergleich von Äpfeln mit Birnen.

Der würde nur ziehen, wenn du jetzt die fahrbaren Waffenträger auf BEV bestellst. Dann musst du auch deren Versorgung im Krisenfall sicherstellen.

Denn wir sprechen hier über Kriegsvorbereitung nicht über Flaute im Windkraftwerk.

Und das könnte bei uns auch zum Problem werden.

Das ist an sich kein Problem. Mann kann auch dumme Munition durch alle Kanonen abfeuern. Die Effektivität geht nur extrem runter, weil man einen direkten Treffer landen muss. Um die gleiche Wirksamkeit wie mit Air-Burst Munition zu haben muss man halt sehr viel mehr Munition verschießen. Dafür benötigt man dann aber auch mehr Geschütze, die wieder mehr Personal benötigen. Die Nato ist ja gerade auch deswegen auf das Prinzip „Präzision“ gegangen.

Ein Beispiel ist der Schlag der Ukrainer gegen „Technik Schule“ in Makijiwka. Die Ukraine hat 6 Raketen aus einen HIMARS abgefeuert. Angeblich sind 4 eingeschlagen, alle im Zielgebäude. Hätte man jetzt „dumme“ Raketen genutzt (die gab mal für die HIMARS/MLRS mit Streumunition) hätte man entweder Streumundion verwenden müssen (weniger Durchschlagskraft, weniger schaden im Zielgebäude), oder die Anzahl der Raketen erhöhen, in der Hoffnung das dann eine trift. Wenn man die Anzahl der Raketen erhöht benötigt man mehr Raketenwerfer und mehr Personal. Außerdem würde man den halben Ort Bombardieren und nicht nur das angestrebte Ziel.

Denkt man mal an die Flächenbombardements gegen Rüstungsproduktionsanlagen im 2. WK, wie viel Bomber da benötigt wurden und wie viel kollateral Schaden entstanden ist. Andersrum wie viel Flugabwehr Geschütze man benötigt hat um wirklich was gegen Flugzeuge auszurichten … z.B. um Angriffe auf Schiffe wirksam abzuwehren. Als Extrembeispiel sei mal die japanische Yamato (Schlachtschiff) genannt die über 25 Flugabwehrgeschütze hatte und trotzdem von amerikanischen Bombern versenkt wurde, während die Amerikaner Flugzeuge, ich glaube im niedrigen 2 stelleigen Bereich verloren.

Ein grundsätzliches Problem der letzten 20 Jahre, am besten jedes Jahr ein neues Modell (wie beim Handy), das möglichst schnell ersetzt werden muss. Ein Wunder, dass es überhaupt Ersatzteile gibt und Waffen nicht nach 5 Schuss komplett ersetzt werden müssen .

Nun ja, der Marder ist 50 Jahre alt, der Tornado, selbst der Leo 2 ist deutlich älter als viele seiner Fahrer. Bissl Beständigkeit kann man der Bundeswehr nicht absprechen.

Aber anders gefragt: was ist an Munitionsbestand gerechtfertigt? Nur für die erste Schnellverteidigung von 2 Tagen wie jetzt? Braucht es Munition zum Üben oder macht man das mit Simulatoren wie AGSHP für Handwaffen oder Laserzielvorrichtungen wie Miles, AGP oder so? Muss man jetzt schon realitätsnah ausbilden mit echter Munition oder reicht das nicht auch ab einer konkreten Verteidigungssituation, während eh erst die Munition produziert wird?
Ganz ernstgemeinte Frage.

Aus Umweltschutzgründen ist es schon sinnvoll, so viel wie möglich am Simulator zu üben, um die Belastung der Truppenübungsplätze durch Altmunition so gering wie möglich zu halten (siehe die Rolle vom Altmunitionsbelastung beim Moorbrand 2018). Gerade was Artillerie- oder Panzermunition betrifft ist eine Simulation ohnehin gleichwertig, da das Schießen ohnehin eher ein „programmieren“ ist. Bei intelligenten Munitionstypen kann man eben praktisch nur das Abfeuern üben, das „mechanische Zielen“ spielt im Gegensatz zu „dummer Munition“, Feuerwaffen oder auch dem guten alten Bogen, eine sehr untergeordnete Rolle. Wenn nicht der mechanische Zielvorgang durch ständige Repetition verbessert werden kann, macht es auch keinen Sinn, mit „echter“ Munition zu schießen.

Mit klassischen Feuerwaffen in jedem Fall. Auch eine echte Handgranate sollte jeder Soldat mal geworfen haben (das Gefühl, eine echte, tödliche Handgranate nach dem Ziehen des Stifts in der Hand zu halten, ist eine wichtige Erfahrung, weil Menschen hier zur Panik neigen könnten… daher haben wir auch in der Grundausbildung damals nach ein paar Übungsgängen mit den typischen Styropor-Handgranaten zum Abschluss eine echte Handgranate geworfen…). Bei intelligenter Munition hingegen macht das keinen Sinn, also ich sehe wirklich nicht den Vorteil…

Meiner Meinung nach sollte der Munitionsvorrat der NATO-Schnelleingreiftruppen, daher der Truppen, die im Bündnisfall nach Polen, Estland usw. geschickt würden, definitiv 30 Gefechtstage betreffen. Beim Rest reicht auch deutlich weniger.

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