Wir haben aktuell immer weiter steigende Mietpreise. Viele sehen das Problem in einem Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage. Vor Kurzem haben die Wirtschaftsweisen ihren Jahresbericht vorgestellt und dabei erneut eine altbekannte Argumentationslinie vorgebracht:
Es gibt zu wenig Wohnraum für die bestehende Nachfrage, daher müsse mehr gebaut werden, um das Angebot zu erhöhen. (Ich würde sagen, dass man nicht nur das Angebot erhöhen sollte sondern auch die Nachfrage verschieben sollt, das ist aber für dieses Thema erst mal irrelevant)
Investoren beginnen jedoch nur dann, neue Wohnungen zu bauen, wenn dies für sie wirtschaftlich attraktiv ist. Deshalb sollten Mietpreisregulierungen wie die Mietpreisbremse abgeschafft werden, damit sich der Wohnungsbau wieder lohnt. (Wobei die Mietpreisbremse glaub ich eh nicht für Neubau gilt)
Auf den ersten Blick erscheinen diese Argumente logisch. Aber zusammengenommen ergibt sich ein Problem: Die Interessen der Mieter, die niedrige Mieten wünschen, stehen den Interessen der Vermieter entgegen, die möglichst hohe Renditen erzielen möchten.
Aus meiner Sicht können sich hier zwei Szenarien ergeben:
Investoren bauen neue Wohnungen und erzielen die Mieten, die sie sich erhofft haben. Das führt zwar zu einem größeren Wohnungsangebot, aber nicht zwangsläufig zu niedrigeren Mietpreisen.
Es werden so viele Wohnungen gebaut, dass das Angebot die Nachfrage übersteigt, wodurch die Mietpreise sinken. Das wäre gut für die Mieter, könnte aber Investoren in Schwierigkeiten bringen – insbesondere jene, die auf Kredite angewiesen sind und deren Wohnungen dann nicht mehr ausreichend Gewinn abwerfen. Das könnte zu einer Immobilienblase führen, die letztlich platzt.
Das grundlegende Problem ist, dass der Immobilienmarkt nicht so flexibel ist wie andere Gütermärkte.
Wäre es unter diesen Umständen nicht sinnvoller, die Mietpreise stärker zu regulieren oder festzusetzen und stattdessen Maßnahmen zur Senkung der Baukosten, Grundstückspreise und Bürokratiekosten zu ergreifen? So hätten Investoren eine klarere Planungsgrundlage, und das Risiko einer Immobilienblase könnte reduziert werden.
Ich verstehe auch immer noch nicht die neoliberale Logik, warum es Sinn macht sich für private zu verschulden, um neue Wohnungen zu bauen, aber für den Staat das eine blöde Idee sein soll
Aus Vermietersicht sinnvoll. Denn hohe Mieten für Neubau treiben auch den Mietspiegel nach oben. Staatliche billige Wohnungen hätten den gegenteiligen Effekt.
Die Problematik ist ja, dass selbst wenn wir über 10% Rendite beim Neubau reden, was wohl hoch gegriffen wäre, ein Verzicht auf diese Rendite lediglich Mietkosten zur Folge hätte die um 10% niedriger wären.
Eine signifikante Reduzierung der Mieten ließe sich also folglich im Neubau nur durch günstigeres Bauen erzielen. Und da ist die Frage an welcher Stelle man wirklich ansetzen könnte. Grundstückspreise wäre das eine, aber da sind die Kommunen ja selbst Profiteure der hohen Preise und verkaufen gerne zum maximal möglichen Preis. Finanzierungskosten, da könnte man geförderte Kredite verstärken. Baukosten? Da hat man nur über die Standards einen Hebel, aber wo wollen wir reduzieren? Wärmedämmung, barrierefreie Gestaltung? Oder doch weniger Brandschutz oder was auch immer?
Gerade in den Ballungsräumen ist es dann wohl vorwiegend der Grund wo gespart werden könnte oder wo Kommunen wenn sie nicht selbst bauen wollen über erbpacht langfristig Einnahmen haben könnten statt kurzfristig zu maximalpreis zu verkaufen.
Für den Staat (die Kommune) stellt sich die Rechnung allerdings anders dar. Denn der könnte, statt Mieten zu bezuschussen, selbst günstiger vermieten.
Die Frage ist auch wie sich die Rendite ermittelt. Denn diese baut ja darauf auf, das Haus inklusive Grund in zwanzig bis dreißig Jahren rezufinanzieren. Das Haus ist in zwanzig oder dreißig Jahren weniger wert, der Grund ist es nicht.
Wenn eine Kommune heute ein Grundstück im Eigenbesitz selbst bebaut statt es zu einem maximalen Preis zu verkaufen, dann ist das vielleicht langfristig gesehen günstiger, kurzfristig gesehen ist es für die Stadtkasse aber eben besser die Einnahmen aus dem Verkauf mitzunehmen und dafür mieten für bestimmte Gruppen zu bezuschussen.
Und die Entscheidungsträger wollen in der Regel lieber Gelder für Projekte heute frei machen als die Finanzen in 20-30 Jahren im Auge zu haben.
Als einzelne Person (oder auch einzelne Firma) investierst du zuerst auf Schuldenbasis. Dann kommt eine Phase, wo du verdienst und deine Schulden abzahlst. Ein Staat läuft unbegrenzt und hat immer zig Projekte gleichzeitig laufen. In jedem einzelnen Projekt gibt es Investions- und Renditephasen, aber das sollte sich insgesamt immer gegenseitig aufwiegen. Es macht halt keinen Sinn, dass der Staat sich seit Jahrzehnten (fast) immer mehr Geld leiht. Entweder wir haben eine bessere Infrastruktur als wir uns leisten können oder unsere Steuern sind zu niedrig, aber es ist nicht einzusehen, warum ausgerechnet jetzt diese eine Investionsphase für den gesamten Staat ist, nach der nun aber wirklich die Renditephase kommt.
Auch Unternehmen haben ständig neue Projekte, zumindest wenn wir über Große reden. Am Ende wird ja auch gezielt mit diesem Instrument gearbeitet.
Ein Unternehmen welches trotz notwendiger Investitionen lieber Schulden abbaut oder konstant hält wird in der Regel auch nicht auf Dauer Erfolg haben.
Letztlich ist beim Staat dann ja auch keinesfalls nötig, dass man irgendwann in eine Schuldenfreie Phase läuft, sondern die Relation aus Schulden und BIP muss in einem vernünftigen Verhältnis bleiben.
Der Vergleich zwischen Staat und privaten Unternehmen hinkt an vielen Punkten. Insbesondere aber daran, dass staatliche Projekte nicht unbedingt eine Rendite (in Geld) abwerfen sollten bzw. der Nutzen staatlicher Projekte meistens nicht in Geld messbar ist. Die Infrastruktur ist dabei eigentlich ein gutes Beispiel. Wie will man den Geldwert einer funktionierenden Schiene, einer Straße ohne Schlaglöcher oder einer nicht maroden Brücke berechnen? Oder den von gut ausgebildeten Arbeitskräften? Oder den von Sicherheit durch eine gut ausgerüstete Armee?
Kredite sind ein zulässiges Finanzierungsmittel auch für den Staat und sollten daher von diesem auch in Anspruch genommen werden. Alles andere ist volkswirtschaftlicher Wahnsinn. Keine private Wirtschaft ist möglich mit einem Staat, der jede Grundlage der Volkswirtschaft kaputt spart.
Das ist regional sehr Unterschiedlich. Bspw wird bei uns, in der Nähe von Augsburg, gar kein Bauland mehr erschlossen bzw. Super wenig. Damit ist die Nachfrage nicht zu befriedigen und hohe Mieten sind die Folge, bzw. gar kein Angebot. Stelle bei uns eine Wohnung zur Miete rein, du wirst überrannt.
Bauland oder mieten preislich festschreiben, davon halte ich nichts. Dann verkauft einfach niemand mehr.
Kurzfristig würde helfen, dass die Grundsteuer auf unbebaute Grundstücke massiv erhöht wird, sodass ein „lassen wir mal die nächsten 50 Jahre unbebaut“ verschwindet. Könnte man ja mit Ankündigung und genug Vorlauf machen.
Bauen ist aber so teuer geworden, dass alles nun brutale Mietpreise nach sich zieht.
Waren nicht die gestiegenen Zinsen ausschlaggebend für den jetzigen Neubaueinbruch? Zumindestens im Privatbereich
Der Staat könnte also durch vergünstigte Baukredite Entgegenwirken?
Die Mietpreisbremse gilt auch nur in wenigen Großstädten meine ich. Sie kann also kein Argument sein, wieso in den meisten Städten Wohnungsmangel herrscht
Diese Argumentation hängt leider an sehr vielen stellen:
Zunächst einmal ist es nicht das Ziel des Staates „Rendite“ zu machen. Wenn doch müsste er für die Benutzung der Infrastruktur Geld verlangen.
Des Weiteren geht Infrastruktur mit der Zeit kaputt, das heißt es reicht nicht nur einmal in Infrastruktur zu investieren.
Außerdem ist die Sache, wenn Wohnungen ein sinnvolles Investment sind, sollte der Staat es machen unabhängig vom Schuldenstand.
Und warum ist ausgerechnet jetzt, wo wir eine kaputte Infrastruktur haben, und einen Wohnungsmangel haben der richtige Zeitpunkt keine Schulden mehr zu machen?
Und wenn du der Meinung bist, der Staat solle keine Schulden haben, wer soll die Schulden dann haben? Die Privatpersonen? Das Ausland?
Der Wohnungsmangel existierte ja schon vor dem Anstieg der Zinsen und die Argumentationslinie der neoliberalen ist ja auch schon älter. Sie wird natürlich häufig auch als Schutz gegen die Ausweitung der Mietpreisbremse verwendet
„Nach Angaben des Immobilienportals Idealista sind die Mietpreise pro Quadratmeter in den vergangenen zehn Jahren in ganz Spanien um 82 Prozent gestiegen. Das Durchschnittsgehalt ist nach Angaben des nationalen Statistikinstituts in dieser Zeit um 17 Prozent gestiegen. “
Seine Argumentation wäre richtig, wenn der Staat kontinuierlich investieren würde. Das ist leider nicht geschehen und wirft die unangenehme Frage auf, was mit dem gesparten Geld passiert ist.
Die Situation ist nun, dass wir den Investitionsstau haben, warum
nicht mehr funktioniert. In diesem Fall ist es nun leider doch so, dass der Staat zusätzliche Schulden aufnehmen muss, um in die Situation zu kommen, dass er wieder kontinuierlich finanzieren kann.
Ungefähr so, wie wenn man ein Unternehmen, das durch Missmanagement in die Schieflage geraten ist, finanziell stützt, damit es sich wieder stabilisieren kann.
Natürlich werfen alle deine Beispiele Rendite ab. Die Wirtschaft läuft besser, wenn Schienen, Straßen und Brücken zur Verfügung stehen, Arbeitskräfte ausgebildet sind und die öffentliche Sicherheit garantiert ist. Dass das superschwer bis unmöglich zu messen ist, ist ja gerade der Grund dafür, dass über Steuern und einen Staatshaushalt abzuwickeln und nicht auf Dienstleistungs- oder Gebührenbasis.
Der Staat hat das Geld nicht gespart. Er hat weniger Geld ausgegeben. Deshalb ist aber nicht mehr Geld da. Höchstens hat man so Steuererleichterungen für Vermögende und Unternehmen gegenfinanziert. Da ist das Geld gelandet.
Das Geld, dass der Staat an Schulden aufnimmt liegt auf den Konten der Firmen und Privaten. Das haben FDP/Union auch noch nicht verstanden. Wenn ein Staat spart und sogar Schulden abbaut, dann wird es den Leuten wieder entzogen.
und wie genau sollen die Baukosten und Grundstückspreise (so sie nicht in staatlicher Hand liegen) gesenkt werden? Bürokratie und Normenverschlankung würde auf jeden Fall helfen.
Die wirkliche Problematik liegt doch in der Bevölkerungswanderung Land zu Stadt zu Metropole. Dadurch entsteht eine große Nachfrage an Wohnraum in Stadt und Metropole und auf dem Land ist Leerstand und die Infrastruktur verfällt (Arzt, Bank etc.). Das sehen auch die Unternehmen und verlegen ihre Betriebsstätten näher zu den Metropolen, weil dort mittelfristig mehr Arbeitskraft zur Verfügung steht.
Dieses Grundproblem muss gelöst werden…