"Methode Scholz" und Wohnungsbau

Hallo,

eure Einschätzung zum Wohnungsbauprogramm von Olaf Scholz in Hamburg und dessen Einordnung in die „Methode Scholz“ habe ich als irritierend empfunden. Einen - auch von euch - unbestrittenen sehr großen Erfolg als Beispiel für „bloß nicht Durchzuregieren, wenn es sich irgendwie vermeiden lässt“ (Ulf) zu verwenden bzw. die Erfolge bei der Wohnungspolitik quasi zu relativieren, da sie „Wirtschaft UND Menschen nutzen“ (Philipp) hört sich für mich doch arg nach altlinkem Reflex an.

So sehr ich nachvollziehen kann, dass man bei Scholz in Frage stellen kann, ob er die notwendige Konfliktbereitschaft zur Durchsetzung wirksamer Klimaschutzmaßnahmen mitbringt, so sehr muss man ihm doch zugestehen, dass er gerade beim Wohnungsbau die Visionsfähigkeit mitgebracht hat, die ihr ihm - wie Merkel - absprecht. Wenn er das auf die Klimapolitik übertragen kann, können wir doch alle froh sein.

Es ist doch unbedingt als Stärke zu bewerten, wenn er in der Lage ist, unideologische Lösungen für Wirtschaft und Menschen zu finden, die in der Praxis wirksam sind. Berlin mit dem gescheiterten Mietendeckel und heute wieder verschleuderten 2,5 Mrd. € für Bestandswohnungen statt Neubau ist doch das beste Gegenbeispiel. Gerade beim Klimaschutz sollte es doch darum gehen, dass Lösungen für im besten Sinne nachhaltiges Wirtschaftswachstum gefunden werden, wenn wir damit Beispiel und Inspiration für den Rest der Welt sein sollen.

Den von euch hergestellten Gegensatz von Wirtschaft und Menschen verstehe ich deshalb nicht. Ich denke, auch kein VWLer würde die Klientelpolitik für die Kohleindustrie als gute Wirtschaftspolitik bezeichnen.

Gruß
Benedikt

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Genau das haben wir ja ausdrücklich positiv hervorgehoben. Wenn ich von Methode Scholz spreche, dann ist das gar nicht unbedingt kritisch gemeint. Konsens kann ja je nach Situation genau die richtige Methode sein. Es ging uns einfach darum, zu beschreiben, was seinen Politikstil auszeichnet.

Ich fand, die Wohnungspolitik der Hamburger SPD wurde irgendwie deutlich positiver dargestellt, als sie tatsächlich ist. Was den sogenannten „Drittelmix“ angeht, ist es in Wirklichkeit gar kein Drittel der Wohnungen, die als sozialer Wohnungsbau errichtet werden, sondern das Drittel bezieht sich auf die einzelnen davon abgedeckten Bauprojekte, welche nur die sind, bei denen die Stadt durch Grundstücksverkauf und/oder Bebauungsplananpassung mitreden kann. Wer privatwirtschaftlich ein Grundstück erwirbt, und dort im Rahmen des bestehenden Bebauungsplans Wohnungen baut, unterliegt in dieser Hinsicht keinen Auflagen, und das wird auch nicht dadurch ausgeglichen, dass bspw. woanders dann mehr als ein Drittel gebaut wird. Ebenfalls sind kleinere Bauprojekte mit wenigen Wohneinheiten ausgenommen, und in Einzelfällen kann ein Investor vermutlich auch mal gerne eine niedrigere Quote aushandeln. Je nachdem, welche Quelle man heranzieht, beträgt die tatsächliche Quote für sozialen Wohnungsbau daher bloß etwa 25–30% bezogen auf die Anzahl der Wohnungen, gerechnet auf die Wohnfläche sogar noch deutlich weniger, und das reicht in guten Jahren gerade mal so aus, um diejenigen Wohnungen auszugleichen, die zeitgleich aus der Mietpreisbindung fallen. Der rasante Anstieg der Mietpreise in Hamburg konnte dadurch maximal etwas ausgebremst aber nicht gestoppt werden, und vor diesem Hintergrund ist die Weigerung der Hamburger SPD, über weitergehende Maßnahmen wie Mietendeckel überhaupt nachzudenken, einfach mal zu kurz gesprungen. Im Grunde ist es sogar eher ein Nachweis, dass „bauen, bauen, bauen“ eben alleine nicht ausreicht die Mietpreisexplosion zu dämpfen.

Nebenbei schummelt die SPD auch ein wenig mit den Zahlen. Bspw. verkünden sie regelmäßig ihre Erfolge im Wohnungsbau ohne gegenzurechnen, wenn Wohnungen abgerissen werden. So kommt es vor – und das ist jetzt nicht theoretisch, sondern mir ist mindestens ein Fall bekannt, wo das eine ganze Wohnsiedlung mit einer dreistelligen Anzahl Wohnungen betraf – dass vielleicht 100 ältere, bezahlbare Wohnungen abgerissen werden um 180 neuen Platz zu machen, von denen dann allerdings nach dem Drittelmix nur 60 öffentlich gefördert werden, und der Rest wird hochpreisig auf den Markt gebracht. Für den SPD-Senat sind das dann einfach 180 neue Wohnungen, davon 60 mietpreisgebunden.

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Soviel dazu:

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Voll der Erfolg, die Wohnungspolitik der Hamburger SPD. :roll_eyes:

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Riesiges, für Wohnungsbau vorgesehenes Areal einer ehemaligen Brauerei. Scholz hielt es als Bürgermeister nicht für nötig, bei 65 Mio. Euro Grundstückswert ein Vorkaufsrecht der Stadt auszuüben. Jetzt, nach mehreren Verkäufen zu immer höheren Preisen, ohne dass irgendetwas gebaut wurde, ist die Stadt wohl gezwungen das Gelände für über 300 Mio. Euro doch zu kaufen. m)

Gigantischer Erfolg, diese „Methode Scholz“.

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