Liebes Lage-Team,
anläßlich des
ME/CFS Awarenessday am 12.05.2025
(bekannt durch Liegenddemo)
möchte ich auf die prekäre Situation der ME/CFS-Erkrankten aufmerksam machen.
Ich wäre begeistert, würdet Ihr es mit in Eure Lage aufnehmen!
Als Interviewpartnerin wäre Frau Prof. Scheibenbogen von der Charité bestens geeignet. Sie forscht seit langem daran und kämpft unermüdlich gegen diesen medizinischen Skandal.
Unterversorgt, ignoriert, vergessen – ME/CFS
Das stille Leiden der Kranken
ME/CFS ist in großen Teilen der Bevölkerung sowie in medizinischen und therapeutischen Fachkreisen weitgehend unbekannt – trotz hoher Betroffenenzahlen, charakteristischen Symptomen und dem Umstand, dass ME/CFS zu den schwersten chronischen organischen Erkrankungen überhaupt gehört. Unmittelbare Folge dieser Unkenntnis ist oft, dass Betroffene jahrelang ohne korrekte Diagnose und folglich ohne adäquate Behandlung leben müssen.
Quelle: https://www.mecfs.de/
Diese Krankheit ist weder neu noch selten – doch die Betroffenen bleiben dennoch stark unterversorgt. Durch Long-Covid wurde sie bekannter.
Unterversorgt: der Vergleich ME/CFS mit MS
Um das ganze Ausmaß der Unterversorgung von ME/CFS-Erkrankten greifbar zu machen, bietet sich ein Vergleich mit Multipler Sklerose (MS) an, die ebenfalls als neurologische Erkrankung eingestuft wird. Die MS ist in Schwere und Häufigkeit ähnlich. Seit der Pandemie hat sich die Zahl der Menschen mit ME/CFS vermutlich auf ca. 620.000 verdoppelt. Im Vergleich zur MS, liegt nicht nur die Forschung zu ME/CFS ca. 40 Jahre im Rückstand, es fehlt auch fast vollständig an Versorgungsstrukturen. Für ME/CFS-Erkrankte gibt es in ganz Deutschland lediglich eine Ambulanz für Erwachsene und eine für Kinder und Jugendliche. Beide Ambulanzen nehmen aufgrund des hohen Patient*innenaufkommens nur Erkrankte aus der Region auf. Im Vergleich hierzu gibt es für MS-Erkrankte laut DMSG 72 Schwerpunktzentren und 90 MS-Zentren. Für Menschen mit ME/CFS nach COVID-19 stehen in der Theorie über 100 Post-COVID-19 Ambulanzen für Erwachsene und Kinder zur Verfügung.
Zu den fehlenden Anlaufstellen kommen fehlende Therapien. Für ME/CFS gibt es bis heute keine kausale Therapie und kein zugelassenes Medikament. Laut AMSEL wurde bereits 1993 in den USA Beta-Interferone als spezifische MS-Therapie zugelassen und 1995 in Deutschland eingeführt (Therapieansätze gab es bereits vorher). Mittlerweile gibt es 16 für MS zugelassene Medikamente. Auch in Bezug auf eine Behandlung liegt ME/CFS demnach mehr als 30 Jahre zurück.
Man kann das Problem auch umgekehrt betrachten: Würden über Nacht für alle Menschen mit Multipler Sklerose die 160 Anlaufstellen, 16 Medikamente, 90 % der Forschung und ein breites Wissen in der Ärzteschaft verschwinden, in welcher Situation würde das die Erkrankten zurücklassen? Würden wir als Gesellschaft nicht sofort alles tun, um den 250.000 Menschen mit dieser schrecklichen Erkrankung zu helfen? (Quelle: ME/CFS-Versorgungswüste — Deutsche Gesellschaft für ME/CFS)
Die soziale Versorgung für ME/CFS-Betroffene ist kaum vorhanden, die Krankheit wird von Versorgungsinstitutionen wie Landesämtern für soziale Dienste, Krankenkassen, Rentenversicherungen und anderen Behörden für soziale Dienste nicht anerkannt wird. Im Gegenteil, Betroffene werden stigmatisiert und sogar mit unpassenden Therapien in von Kranken- oder Rentenversicherung verordneten Rehas weiter geschädigt.
Betroffene müssen trotz erheblich eingeschränktem Leistungsvermögen enorme Widerstände überwinden, um auch nur eine minimale Versorgung zu erhalten. Häufig werden aus mangelndem Verständnis für die Erkrankung ihnen zustehende Leistungen wie Anerkennung der Schwerbehinderung, eines Pflegegrades, Erstattung von krankheitsbedingten Aufwendungen verweigert oder erst nach Widersprüchen und Klagen gewährt.
Quellen: