Links-Rechts-Einordnung

Wenn aber Wähler die in Umfragen pro Vermögenssteuer antworten dann doch SPD oder gar Union wählen, dann zeigt das doch eher, dass für diese Leute die Vermögenssteuer ein Randthema ist als dass es an einer erfolgreichen linken Partei links der Linke fehlt.

Sonst könnten sie ja auch einfach die Linke wählen um ein deutliches Zeichen in diese Richtung zu setzen.

Nach vergleichbarer Logik könnte man bei 60% die gegen die Aufnahme von mehr Flüchtlingen sind auch konstruieren, dass es eine relevante Partei rechts der AfD bräuchte um diese Leute in der Politik besser zu vertreten.

2 „Gefällt mir“

So wie ich das sehe, bräuchte es für tief linke Politik, also jenseits des dritten linken Kästchens, eine Verstaatlichung von Teilen der Wirtschaft.
Allein mit Umverteilung, und so interpretiere ich die Diagramme, ist man ohne Verstaatlichung und Zerschlagung großer Konzerne, weiter in der Mitte bis im rechten Bereich.

Daher wäre linke Politik mMn Punkte wie:
Verstaatlichung der Grundversorgung (Strom, Wasser, Wärme, Internet, Mobilfunk).
Eingriff in den Immobilienmarkt (Mietpreisbremse, mehr Eigentumswohnungen)
Deutliche Verschärfung des Kartellrechts
….

Und deswegen sage ich ja:
Die reine rechts links Einteilung nach Economic Scale hat nichts mit der aktuellen rechts links Eingruppierung in den Köpfen der Wähler zu tun. Die Parameter sind dafür längst andere.

1 „Gefällt mir“

Das mag richtig sein bezogen auf diejenigen, die diese Parteien wählen, lässt aber aus meiner Sicht diejenigen außer acht, die eben gar nicht (mehr) wählen, was eben in bestimmen sozialen Schichten überproportional der Fall ist. Natürlich lässt sich eine bestimmte Klassenlage nicht automatisch in konkrete politische Wünsche übersetzen. Aber nochmal: Ich habe ja nicht gesagt, dass es unbedingt so sein muss, sondern, dass es so sein könnte und das ich Indizien dafür sehe.
Ansonsten drehen wir uns glaube ich etwas im Kreis. Mein Grundgedanke beim Blick auf die Kompass-Grafik zur Bundestagswahl 2021 war einfach, dass fast alle im Bundestag vertretenen Parteien sich in einem der vier Felder tummeln. Das kann a) bedeuten, dass die anderen drei Felder gesellschaftlich schlicht nicht relevant sind oder b), dass es in diesen Feldern die besagte Repräsentationslücke gibt.
Dieses Argument gilt natürlich auch für andere Positionen (oder Felder in der Grafik) als eine links-libertäre. Und wenn man rein nach den Wünschen der Bevölkerung geht, gibt es beim Thema Migration sicherlich auch eine solche Repräsentationslücke, was mich nach Jahren rassistischer Parolen und Propaganda á la „Die Mutter aller Probleme“ auch nicht wundert. Wenn man aber die Kompass-Grafik anschaut, ist bezogen auf die AfD sehr viel mehr Luft Richtung political libertarian und economic left, als in die jeweils andere Richtung. Daher sehe ich das Potenzial einer in beiden Dimensionen noch rechteren bzw. autoritäreren Partei als der AfD als eher begrenzt an.

1 „Gefällt mir“

Die Positionierung der Linken in der Kompass-Grafik zur Bundestagswahl 2021 sagt m. E. etwas anderes.

Der Clou ist ja, dass das beim Kompass nur eine von zwei Dimensionen ist und diese allein die herkömmliche Links-Rechts-Einordnung ja gar nicht ersetzen soll. Mit dem letzten Teil magst du Recht haben, aber die Frage, nach welchem „Kompass“ die meisten Menschen politische Parteien einordnen, ist eine ganz andere als die Frage, wie man eine solche Einordnung nach nachvollziehbaren Kriterien möglichst effiziennt (im Sinne von übersichtlich aber dennoch ausreichend differenziert) systematisch machen könnte.

Wie gesagt: ich finde das 2-Achsen-Modell des Political Kompass hilfreich, gerade auch gegenüber dem herkömmlichen Links-Rechts-Schema. Das heißt nicht, dass es nicht Lücken hat und ersetzt auch nicht den Blick auf unterschiedliche Positionierungen von Parteien zu bestimmten Themen. Wenn andere mit dem Modell nichts anfangen können, auch gut.

Aber dort gibt es doch die Forderungen die @CB87 als Grundlage für die linke Seite dieser Achse genannt hat.

Reglementierung des Wohnungsmarkts, Verstaatlichung der Grundversorgung, Zerschlagung von Großkonzernen, hohe Vermögenssteuer (5% über 50 Mio PLUS Vermögensabgabe) sind da doch schon ausgeprägte Punkte. Ganz links in dieser Grafik wäre dann ja nur die reine staatliche Planwirtschaft.

Exakt.

Vielleicht müsste die Frage anderst gestellt werden:
Welche Themen innerhalb der WIRTSCHAFTSPOLITIK fehlen auf der linken Seite, außerhalb der SOZIALPOLITIK.

Sorry, dann hatte ich es falsch verstanden ich dachte es ging um systemimmanent vs. systemverändernd.

Das würde ich nicht sagen, da sich die beiden Dimensionen des Kompasses auf das gesamte Spektrum der politischen Philosophie beziehen. Die von mir vorgeschlagene Dimension bezieht sich auf die Einstellung zum derzeitig faktisch etablierten politischen System.

Zum Kompass passt dieser Aspekt aus genau diesem Grund vielleicht auch nicht (der Vergleich zwischen politischen Akteur:innen in unterschiedlichen Staaten würde deutlich erschwert), ich finde aber, er ist eine sehr nützliche Ergänzung mit etwas anderem Fokus.

Das glaube ich nicht (jedenfalls in meiner Wahrnehmung; ich habe keine Ahnung, wie die Leute vom Politischen Kompass das einschätzen würden): Es ist auch vortellbar, dass Unternehmen etwa in Genossenschaften umgewandelt werden, die immer noch unabhängig sind und auf dem Markt konkurrieren. Dann wären die Produktionsmittel immer noch im kollektiven Eigentum (also ökonomisch links) und gleichzeitig würden marktwirtschaftliche Prizipien noch greifen.

Ganz Links ist in der oberen Grafik Nordkorea. Und Nordkorea ist in meinem Verständnis eine Planwirtschaft und kein freier Markt in dem Genossenschaften agieren.

Bloß weil ein Beispiel da ist, heißt es ja wohl nicht, dass das der einzige Weg ist. Ich bitte doch um ausgefeiltere Argumente.

Oder wo würdest du meinen Vorschlag einordnen?

Der wäre wohl in diesem Koordinatensystem nicht ganz links am Rand sondern irgendwo ein paar Kästchen weiter rechts.