Lichtverschmutzung und Außerkrafttreten der EnSiKuMav

Du nennst meine Beispiele unpassend, aber führst Beispiele an, denen eine völlig andere Motivationslage zu Grunde liegt.

(Die meisten) Menschen achten auf ihre Hygiene, weil es ihnen selbst direkte Vorteile bringt, gesundheitlich und sozial.

Die Menschen (und Unternehmen) sparen Energie, weil die Preise explodiert sind und sie einen direkten Nachteil dadurch haben, viel Energie zu verbrauchen. Es gibt daher eine klare extrinsische Motivation für diese Verhaltensänderungen, sodass ich sie nicht mal als „Selbstverpflichtung“ definieren würde.

Für Beispiele wie die Frage, ob ein Rauchverbot in Kneipen und Diskotheken gelten sollte oder ob beleuchtete Werbung verboten sein sollten, gilt das nicht. Hier geht es darum, dass die betroffenen Personen (z.B. der Kneipenbesitzer oder der Werbetreibende) das Status-Quo-Verhalten gerade deshalb an den Tag legt, weil es für ihn vorteilhaft ist (oder er dies zumindest glaubt).

Gäbe es kein Rauchverbot, wäre vermutlich der Kneipenwirt im Nachteil, der das Rauchen in seiner Kneipe verbietet (vielleicht auch derjenige, der es erlaubt, aber da vor dem Rauchverbot überall Rauchen erlaubt war, ist davon auszugehen, dass der Standardfall „Rauchen erlaubt“ der wirtschaftlich vorteilhafte ist). Und so lange es kein Verbot der beleuchteten Außenwerbung (oder klare Grenzwerte für maximale Leuchtkraft) gibt, wird der Werbetreibende den größten Erfolg haben, der die hellste (und damit auffälligste) Werbung nutzt.

Ich hoffe, du kannst sehen, warum ich diese Vergleiche gewählt habe und warum dein Vergleich beim besten Willen nicht sinnvoll ist.

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Das kann ich so aus fachlicher Sicht nicht stehen lassen. Fachlich deshalb, weil ich hauptberuflich im Artenschutz mit Spezialisierung auf Lichtimmissionen/Lichtverschmutzung. Erstens passiert nachts so gut wie nichts u d wenn, dann immer nur IM Licht (siehe Kriminalitätsstatistik und siehe Kommunen, die nachts abschalten). „Sicherheitsbedürfnisse“ ist ein sehr vager Begriff und würde letztlich dazu führen, dass auch im Wald die Wege beleuchtet werden müssten. Zum Anderen muss klar sein, dass es außer an Fußgängerüberwegen keine Beleuchtungspflicht gibt. D.h. wir haben eine reine Luxusbeleuchtung. Zurück zur trügerischen Sicherheit: Licht kann nur Komfort und Orientierung bieten aber doch keinen Schutz. Angst hat man und insbesondere Frauen, wenn man alleine ist. Ob tagsüber alleine im Wald oder nachts alleine unterwegs auf einem Bahngleis oder einem hell erleuchteten Platz. Dann ist man wie auf einem Präsentierteller,. Licht mindert zudem nicht die Kriminalitätsfurcht - zu dieser Erkenntnis sind schon viele Untersuchungen gekommen und zuletzt auch jene des BKA (2022). Licht kann zudem Vorfälle begünstigen, weil man damit in vermeintliche „sichere“ Orte (weil vermutlich viele Menschen denken wie Sie) gelockt wird. Es kann auch ein unangenehmer Laufstegeffekt entstehen; d.h. man wird schon von meilenweit als Frau erkannt (genau deshalb mindert Licht nicht die Furcht - nur die Präsenz anderer, hilfsbereiter Menschen). Licht triggert, putscht auf und verlängert die Aufenthaltszeiten, was zu einem höheren Alkoholkonsum führt. Von Gewalt im öffentlichen Raum sind zum weitaus größten Teil Männer betroffen. Frauen sind in Partnerschaften in Lebensgefahr und wären nachts um 2 Uhr alleine im dunklen Wald sehr sicher. Die schlimmste Auswirkung von all dem Kunstlicht ist neben der enormen Ressourcenverschwendung allerdings das massive Vorantreiben des Artenrückgangs, weil Lichtverschmutzung massiv die Arten beeinträchtig, DAS ist die wahre Sicherheitsgefahr. Wir brauchen den Strom für besseres, als noch mehr zu beleuchten und das die ganze Nacht. Übrigens, die dunkelschöne Nacht hat unglaublich beruhigende Eigenschaften und …Sterne,

Was ist denn normale Beleuchtung? Meiner Meinung nach ist es das Licht vom Mond und den Sternen,

Ich meinte eher Bahnhöfe, Busse, Haltestellen, damit Menschen, die oft angegriffen werden (Frauen, LGBTQ oder dunkelhäutige P. z.B.), sich so sicher fühlen können, dass sie ohne Angst den ÖPNV nutzen können.

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Kannst du dazu bitte noch einen Link nachliefern? Würde ich gerne mal lesen. Ist zwar trivial, dass Licht Insekten anzieht, aber mit welchem Effekt?
Und würde dann nicht einfach Beleuchtung mit Tagesspektrum helfen?

Hygiene bringt dir soziale und gesundheitliche Vorteile, Energiesparen bringt dir wirtschaftliche Vorteile. Überwiegen diese die Werbewirkung bleibt das Licht aus, sonst halt nicht.

Als Wirt in der Kneipe das Rauchen untersagen bringt dir hingegen immer nur Umsatzeinbußen. Deshalb ist hier eine Vorschrift notwendig, und im anderen Fall halt nicht.

Normale Beleuchtung:

  • notwendige Ampeln, notwendiges Strassenlicht (alles aus lassen ist sicherlich auch nicht das was gut ist). das meinte ich mit ‚normales Licht‘. Beispiel: Eine Krankenhauseinfahrt ist nunmal beleuchtet.

Wenn wir die überbordende Lichtwerbung (beleuchtete Tafeln und aber eben selbst leuchtende) loswerden, dann ist der ganze Rest viel weniger Diskussion. Es ist immer noch nicht natürlich und problematisch, aber wir werden den Menschen nachts nicht mehr ausknipsen.

Schade eigentlich, aber ich stimme zu, dass es auf absehbare Zeit keine politischen Mehrheiten dafür geben wird, generell weniger Lichtemissionen zu verursachen.

Als ich zuletzt in Mitrovica (Kosovo) war (wo wegen der Streitigkeiten zwischen Serbien und dem Kosovo ständig der Strom ausfällt und auch öfters mal planmäßig für ein paar Stunden ausgestellt wird) ist mir aufgefallen, dass die Menschen dort nachts einfach alle immer eine Taschenlampe dabei haben (und diese auch regelmäßig nutzen, wenn Nachts die Straßenbeleuchtung in Folge eines Stromausfalles mal weg ist). Die Frage ist ehrlichgesagt wirklich, welchen Vorteil bei Dunkelheit ständig eingeschaltete Straßenlaternen gegenüber dem freiwilligen Mitführen von Taschenlampen haben, außer einem trügerischen Sicherheitsgefühl…

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Ich vermute mal die Antwort wird im Abfall durch die Taschenlampen und Akkus liegen :wink:
Ich finde deine Vorstellungen durchaus interessant, nur sind die schwer in Städtischen Umgebungen umzusetzen (FFM Hbf?), da ist es so dicht besiedelt, dass eher mal das Licht an ist.

Ich glaube, das Thema hat in der Wahrnehmung grosse Schritte gemacht und es ist wichtig das Thema Lichtverschmutzung ohne das Thema ‚Energieverbrauch‘ zu thematisieren. Ansonsten kann es immer wieder mit ‚Technik X braucht doch weniger Energie‘. Ich gehe hier davon aus, dass wir einfach langsam immer engere Gesetze benötigen und das Thema nicht generell geregelt werden kann. Ich freue mich schon auf ‚Sie wollen uns unsere Lampen wegnehmen … mimimi‘ Beiträge von Julian R in ServusTV.

Schutzgebiete und die nicht zu knapp bitte, und von den Lehren davon dann einfach auf die Restrepublik anwenden wird wohl immer mehr passieren denke ich.

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Das ist schon klar, in Gebieten, in denen auch Nachts noch ständig Leute unterwegs sind, machen auch Straßenbeleuchtungen Sinn. Also auf den Partymeilen, den Hauptverkehrsstraßen und Bahnhöfen.

Es geht mir eher um das durchschnittliche (sub)urbane Wohngebiet, wo vielleicht eine oder zwei Personen die Stunde nachts die Straße lang gehen, trotzdem aber die ganze Nacht die Straßenlaterne leuchtet…

Also bis ein Akku so sehr an Leistung verliert, dass er nicht mehr sinnvoll in einer Taschenlampe einsetzbar ist, dürften Jahrzehnte vergehen. Aber klar, aus der konservativen Ecke würden solche Argumente kommen, einfach nur, um jede Veränderung abzuwehren ^^

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Jeder hat mit seinem Handy sowieso eine Taschenlampe dabei… pragmatische Lösung.

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Ja, aber nicht in den Städten in Zeiten des Anthropozäns. Ich persönlich halte das Anstrahlen historischer Gebäude für erbauend und störe mich nicht an einem eingeschränkten Blick in den Nachthimmel - sollte ich den Wunsch habe, die Andromeda-Galaxie mit bloßem Auge sehen zu wollen, werde ich auch nach Abschaltung der großflächigen Lichtemissionen nicht den Münchner Stachus aufsuchen.

Da könnte man mal anfangen. In Städten, wo es wenigstens teilweise dunkel ist, kann man ja auch gerne mal Fledermäuse und anderes Getier beobachten. ich gehe davon aus, dass es auch andere Gründe gibt, Teile der Stadt nicht immer komplett auszuleuchten.

Etwas erbauend finden vs. Umweltschutz. Merkste selber …

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Umweltschutz erreicht man nicht, indem man weniger Photonen auf Menschheitsgeschichte schießt, sondern indem man beispielsweise große Kohlemeiler abstellt. Mit solchen sinnlosen Forderungen verschreckt man auch locker 60-80% der Allgemeinbevölkerung.

Symbolpolitik mit Minimaleffekten wird beinahe jeder Mensch ablehnen, wenn er dabei dadurch aus den Augen verliert, wofür er kämpft. Ein angestrahlter Dom ist für letzteres ein imposantes Beispiel - eine über viele Jahrhunderte erbaute Kathedrale zeigt eindrücklich, wie wichtig es ist, nicht nur bis zum eigenen Renteneintrittsalter zu denken, sondern für etwas einzutreten, das bleibt.

  1. Haltestellen, Bahnhöfe, Unterführungen SIND hell erleuchtet. Genau das ist ja das Thema. Die Frauen etc. haben dennoch Furcht, wenn sie alleine sind. Das Licht reduziert die Furcht nicht. Noch mehr Licht ist keine Lösung.
  2. Du schreibst von den Frauen LBTQ etc., die angegriffen werden…. Hast du Belege für die angeblichen Angriffe? Unseren Erkenntnissen nach gibt es die nicht (außer in Krimis). Und, wie sollen diese Menschen ohne Licht gesehen werden. Also, Licht - ob die Sonne am Tag oder all das Kunstlicht begünstigt ja dann, dass mögliche Opfer gesehen werden und auch, ob sie alleine sind. Abgesehen davon: Nochmal, Frauen sind nicht im öffentlichen Raum in Gefahr, sondern in (Ex-)Beziehungen. Statt überall noch mehr Licht mit massiven Schaden an Klima und Arten (und Lebensqualität) zu installieren, sollte man das Geld dafür in Projekte stecken, die Frauen etc. wirklich helfen.

Ich hatte vor allem "Autokorrektur " von Katja Diehl im Kopf, die viele Interviews mit der Fragestellung geführt hat: „Musst du oder willst du Auto fahren?“ Die Antwort der genannten Personengruppen war oft, dass sie nach Vorfällen im ÖPNV lieber aus Sicherheitsgründen das Auto nehmen.
Aber du hast recht: Mehr Licht auf einsamen Wegen hilft auch nicht. Eher mehr Schaffner in der Bahn.
Nachts weit weg von Stadt und Dorf im Jura war einmal eine unglaubliche Erfahrung für mich. Dieser sternenübersäte Himmel… großartig. Die Lichtverschmutzung ist heutzutage wirklich frappierend

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Ich bin mir mit deiner Einschätzung gar nicht so sicher. Angenommen der Kölner Dom, die Frauenkirche oder der Bundestag werden von 20.00 bis 7.00 nicht mehr angestrahlt, würde das ernsthaft Menschen auf die Palme bringen?

Wobei das vermutlich die falschen Beispiele sind. Denn sie stehen in urbanen Zentren an Stellen mit sehr viel Publikumsverkehr. Und hier hat @Daniel_K bereits festgestellt, dass Beleuchtung durchaus gerechtfertigt sein können, siehe hier

Tatsächlich dürfte das hier

eher den Kohl fett machen. Setzt du möglicherweise den falschen Fokus?

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Vorab: Bitte keinen unkundigen Lichtempfehlungen aussprechen. Licht mit Tagesspektrum gehört in den Tag. :wink:

Also, das Anfliegen von Lichtquellen ist nur einer der Effekte. Der Barriereeffekt ist noch tragischer. Mehr als die Hälfte der Insekten und der überwiegende Anteil der heimischen Arten ist Dämmerungsphasen- und nachtaktiv. Und LVS ist eine der Hauptursachen des Artenrückgangs. Wegen z.B. Fehlverhalten in der Orientierung bei Wanderzügen, durch visuelle Blendung permanente Punktorientierung, Störung der Fortpflanzung; z.B. durch fehlgeleitete Kommunikation etc. etc. Mehr kannst du hier nachlesen: https://www.biosphaerenreservat-rhoen.de/fileadmin/media/fotos/antje/Sternenpark/Auswertung_Licht_und_Insekten_2022.pdf Eine sehr gute Übersicht der Ursachen, Auswirkungen und Handlungsmöglichkeiten findest du im Bericht des Büros für Technikfolgenabschätzung des Dt. Bundestages: TAB - Themen und Projekte - Projekteübersicht - Lichtverschmutzung – Ausmaß, gesellschaftliche und ökologische Auswirkungen sowie Handlungsansätze

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Natürlich geht es nicht darum, komplett auf laicht zu verzichten. Aber, es herrscht das falsche Verständnis, dass überhaupt etwas beleuchtet werden müsste. Die Straßen zu beleuchten macht überhaupt keinen Sinn. Dafür gibt es auch keine gesetzliche Pflicht (nur an Fußgängerüberwegen). Die Verkehrssicherungspflicht liegt beim Verkehrsteilnehmer- deshalb müssen alle Fahrzeuge beleuchtet sein. Daher muss auch nicht die Zufahrt zum Krankenhaus beleuchtet werden. Die Straßenbeleuchtung wurde flächendeckend in den 1950/60er eingeführt, (und Nachtspeicheröfen gefördert) weil man die Lastkurven wegen der schlecht zu regulierenden AKWs glätten wollte. D.h., nachts wurde einfach zu wenig Strom gebraucht. Es gab auch viel Gegenwehr gegen die Einführung. D.h., wir könnte. - außer vielleicht in wenigen Bereichen wie z.B. Innenstädte - flächendeckend nachts abschalten. In Frankreich schalten knapp 12 000 Kommunen nachts ab. Der Effekt für Klima, Artenschutz, OrtsbildLebensqualität wäre enorm. Dunkel ist die Nacht am Schönsten - und voller Sterne.

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Ja, so ist es. Bei uns wird auch in einigen Kommunen ausgeschaltet. Und, viele Menschen können es kaum erwarten, weil sie die natürliche Nacht (die ja nur selten richtig dunkel ist) einfach als Lebensqualität empfinden. Straßenlampen sind ganz sicher keine Lebensqualität und viele Menschen sind froh, wenn es nicht ins Schlafzimmer reinscheint, wenn die Insekten im Garten statt um die Lampe schwirren und - wenn man vom Balkon aus Sterne sehen kann. Mittlerweile hat auch jeder ein Licht am Handy. Übrigens, die Furcht ist unbegründet - kommt eher aus dem Krimi oder weil man ein schlechtes Weltbild hat. Abschalten ist nichts ungewöhnliches: Hessisches Netzwerk gegen Lichtverschmutzung - Nachtabschaltung