Lichtverschmutzung und Außerkrafttreten der EnSiKuMav

Offenbar völlig unbemerkt und geräuschlos tritt am 15. April 2023 (nach kurzfristiger Verlängerung im Februar) die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über kurzfristig wirksame Maßnahmen (EnSiKuMaV) außer Kraft. Sie wurde am 01.09.22 eingesetzt und hat neben niedrigeren Temperaturen in öffentlichen Gebäuden vor allem auch immens zur Reduzierung der Lichtverschmutzung (unnützes und schädliches Licht in der Nacht) beigetragen. D.h., keine Anstrahlung mehr von öffentlichen Gebäuden, Werbebeleuchtung und Schaufenster um 22 h aus - und das ohne irgendwelche Probleme. Es ist anzunehmen, dass Wildtiere wie Felsenbrüter die nicht mehr angestrahlten Baudenkmäler wie Kirchen, Burgen, als Lebensraum zurückerobert haben. Und, jetzt beginnt die Hauptflugzeit der Insekten. Es ist zu befürchten, dass einfach wieder alles angeschaltet wird - und einfach wieder Unmengen an Energie für Nichts verschwendet wird - für Nichts, außer unnötig das Klima anzuheizen, der Tierwelt massiv zu schaden, das Ortsbild wieder mit Blink Blink zu verhässlichen und den Sternenhimmel zu vertreiben. Und all das, obwohl erst letzte Woche der WWF zur Earth Hour (Licht aus) aufgerufen hat. Ich bin einigermaßen verzweifelt, dass man diese low hanging fruit offenbar nicht erntet und einfach V+verlängert. Und, offenbar bekommt es auch niemand wirklich mit. Kein WWF, kein FFF, kein Pirof. Quaschning…. Bin ratlos.

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Ich bin auch dafür, dass einige der Maßnahmen gerne dauerhaft sein dürften.

Dinge, die ich gerne beibehalten würde, sind u.a.:

Die Diskussion über den Sinn solcher Verbote müsste viel stärker stattfinden. Ich denke, die letzten Monate haben uns gezeigt, dass eine andere Welt möglich ist. Und gerade was beleuchtete Werbung in der Nacht angeht müssen die juristischen Abwägungen von „allgemeiner Freiheit der Werbenden“ und „Interesse der Bürger an der Vermeidung von Lichtverschmutzung“ mMn grundsätzlich überdacht werden.

Leider werden diese Abwägungen immer noch sehr kapitalistisch getätigt, nach dem Motto: „Wer den Strom / die Umweltverschmutzung bezahlen kann, darf das auch“. Hier muss einfach eine generell höhere Bewertung der Aspekte des Umweltschutzes her. Aber hier gilt natürlich das gleiche, wie bei so vielen anderen Themen: Eine Änderung solcher Abwägungen erreichen wir nicht juristisch, sondern politisch. Und wie wir das erreichen bin ich im Hinblick auf die aktuellen Wahlumfragen (mit großem Vorsprung der Union) ebenfalls ratlos - der Wähler bekommt am Schluss halt leider die Politik, die er verdient.

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Grund für die Verordnung war nicht die Lichtverschmutzung sondern die Energiekrise. So gesehen ist deren Aufhebung konsequent und juristisch einwandfrei

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Das bestreitet auch niemand, natürlich ist das juristisch nicht nur einwandfrei, sondern sogar zwingend (weil es eben ein befristetes Gesetz war).

Wir diskutieren hier jedoch, ob einige dieser Maßnahmen sich nicht bewährt haben und unter Umständen - natürlich nach Erlass eines neuen Gesetzes - dauerhaft bestehen bleiben sollten. Und dafür braucht es einen Sachgrund, und dieser wäre u.a. die Lichtverschmutzung, aber auch die Umweltverschmutzung durch Energieverschwendung generell.

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Wäre hierfür nicht eine Petition/ein Volksentscheid ein guter Ansatz? Ich meine, wenn man kein (oder zu wenig) Geld für die Kindergrundsicherung hat, warum leistet man sich dann die nächtliche Beleuchtung von öffentlichen Gebäuden?

Wie sollen Politiker das glaubhaft begründen?

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Der Einsatz von Kunstlicht - übrigens gem. § 3 BIMSchG eine schädliche Umwelteinwirkung je nach Art, Ausmaß und Dauer - wird oft mit Deko- und Around-the-clock- Komfortansprüchen begründet. Im Zuge der Strompreiserhöhung haben auch viele Kommunen nachts die Straßenbeleuchtung abgeschaltet- hier eine Karte auf unserer Seite Hessisches Netzwerk gegen Lichtverschmutzung - Nachtabschaltung Wir begleiten das und die Abschaltung öffentlicher Gebäude, Werbung, Schaufenster etc. sehr eng - und konnten wieder mal feststellen, dass es niemanden beeinträchtigt; viele überhaupt nicht mitbekommen haben.
Die EnSiKuMav wurde zunächst bis 28.2., und wurde dann kurzfristig verlängert. Es wäre jetzt gut, sie nochmal zu verlängern (auch aus Arten- und naturschutzfachlichen Gründen - da brennt uns der Kittel viel mehr, als viele auch nur im Ansatz erahnen können), um dann eine langfristige Lösung zu finden. Bzw, gleichzeitig wurde ja noch die Verordnung zur Sicherung der Energieversorgung über mittelfristig wirksame Maßnahmen (Mittelfristenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung - EnSimiMaV), jene mit den Heizungen in Kraft gesetzt. Könnten die genannten einfachen Maßnahmen nicht „einfach“ darin nachträglich integriert werden?

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Zumal sich die Bundesregierung mit dem Insektenschutzprogramm, dessen Schwerpunkte letztlich in die Änderung des BNatSchG geflossen ist, sowieso der Reduzierung der Lichtimmissione verschrieben hat (§ 23 ff, § 41 a BNatSchG).

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Dieser Punkt mit der Kindergrundsicherung ist ein Guter. Grundsätzlich ist Whataboutismus zwar nicht angebracht. Hier aber sehe ich es auch so. Und, mit mehr Astronomie und Naturwissenschaften würde man Kinder viel Freude machen (der Anblick des Sternenhimmels ist kostenlos und unbezahlbar). Sie würden sich später wundern, warum wir so viel Zerstörung (Klima. Artenvielfalt) betrieben haben, nur um Kirchen mitten in der. Acht, wenn niemand unterwegs ist, anzuleuchten. Das sage ich mal so als Amateur-Astronomin. Arten- und. Achtschützerin und Klimabesorgte.

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@Gegenschein Coole Informationen hier. Danke dir. Sehr interessantes Thema. Wäre wirklich sinnvoll, das zu verankern.

Wenn an sich mal unter so ein großes LED Display an der Strasse stellt, dann kann man sich anhand der Abwärme mal ein Bild vom Energieverbrauch machen.

Ich vermute das hinter dem recht stillen Vorgang die Verträge der Kommunen mit Firmen wie Stroer steht, die sicher nicht gut da stehen, wenn die teuer investierten LED Tafeln sich nicht amortisieren, weil sie Nachts nicht betrieben werden können.

Habt ihr mal Informationsfreiheitsanfragen in die Richtung lanciert? Die Verträge müssten alle öffentlich einsehbar sein. Wäre ein Werbeanbieter. dann würde ich dieses Risiko für Gesetzesänderung dem Vertragspartner (das Land, die Stadt) aufbürden. Dann lässt es sich schwerer auflösen wenn der Staat das Gesetz ändert.

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Minimal offtopic, aber zum Ende geht es wieder zurück zum Thema, versprochen: Ehrlich gesagt kann ich mit dem Whataboutism-Vorwurf fast nie etwas anfangen. Für mich kommt der immer dann, wenn man kritische Gedanken niederbügeln möchte, ohne sich mit den Argumenten (meist bezüglich der eigenen Glaubwürdigkeit oder Prioritäten) auseinandersetzen zu müssen .

Sofern die Ablehnung von Whataboutism überhaupt begründet wird, wird dann sowas gesagt wie

Das eine tun und das andere nicht lassen.

oder

Nur weil unsere Allierten irgendwelche Iraker niederbomben durften, heißt das ja noch lange nicht, dass der Russe das auch darf. Wir sind schließlich die Guten.

Okay, den letzten Satz habe ich dazu gedichtet. Anyway, während man „Whataboutism!“ ruft, ignoriert man leider meist, dass es oftmals nicht die Ressourcen (alternativ Geld, Zeit oder Awareness, Glaubwürdigkeit) gibt, um alle Ungerechtigkeiten der Welt in den Griff zu bekommen. Und in diesen Fällen gilt es, nach Effekt zu priorisieren.

Im Fall Werbeindustrie vs. Unterstützung von Kindern und Tierschutz handelt es sich um eben so eine Prioritäten-Entscheidung. Das hat nur in sofern mit Whataboutism zu tun, dass zwei (bzw. drei) berechtigte Interessen um begrenzte Ressourcen konkurrieren. Sollte sowas nicht grundsätzlich diskussionswürdig sein?

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Danke für deinen Einwand. Und, ich finde ihn richtig und habe wieder was dazu gelernt. Ehrlich. Auf Facebook wird man womöglich etwas überempfindlich- denn, in all meinen „Battles“ um Klimaschutz und auch Tierrechte/pflanzenbasierte Ernährung habe ich es auf Stammtisch-Niveau immer wieder erlebt. Aber zum Glück haben wir hier keinen Stammtisch und insofern finde ich deinen Vorschlag der Priorisierung richtig hilfreich und gut. :+1:

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Hoher Stromverbrauch von Aussenwerbung: „Ein erhebliches Einsparpotenzial“ - taz.de Der Stromverbrauch von der unangefragten Außenwerbung ist echt krass. Im Rahmen der Energiekrise 2022 wurde abgeschätzt, dass eine kleine Werbetafel, wie sie an Bushaltestellen eingesetzt werden, verbraucht typisch jährlich 15 000 kWh (Angabe für Berlin, erscheint sehr hoch), eine große Werbetafel etwa 40 000 kWh, 100mal mehr als ein hintergrundbeleuchtetes Plakat. Das entspricht dem jährlichen Stromverbrauch von 10 – 15 Zweipersonen-Haushalten. Insge-samt werden in Deutschland jährlich 113 GWh für digitale Werbedisplays verbraucht, was durch das Abschalten zwischen 22 und 16 Uhr um mehr als 70 % reduziert werden könnte. Da die Werbetafeln tagsüber besonders hell strahlen müssen (oft 10 000 cd/m²) verbrauchen sie dann auch die meiste Energie!

Denke nicht, dass die Kommunen die Verträge nicht rausrücken. Andererseits treffen die hohen Stromkosten ja auch die Betreiber. Fraglich ist auch, ob Werbung überhaupt und zu diesen Uhrzeiten überhaupt was bringt. Und, derzeit ist ja auch die Rechtsverordnung zu § 41 a BNatSchG im entstehen. Kennst du die Gesetzesänderung?

Licht sollte überall dort brennen, wo es um ein Sicherheitsbedürfnis geht, vor allem weil wir auch wollen, dass Menschen mehr ÖPNV benutzen (auch Frauen und andere Personen, die oft verbalen oder körperlichen Angriffen ausgesetzt sind). Also an Bahnhöfen, Haltestellen etc.
An allen anderen Orten kann man sicher massiv Strom sparen. Reklame, Baudenkmäler u.ä.: überflüssig.
Straßenlaternen gibt es auch oft mit Solarpanel. Wenn das funktioniert, ist es auch super.

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ich glaub, wenn wir viel Werbung ausknipsen, dann ist auch viel mehr normale Beleuchtung möglich.

puh …365*24= 8760 würde display und computer dazu ca 2kw/h brauchen? vermutlich Heizung und Kühlung dabei

Da muss ich @sebs303 zustimmen.

Das Original-Zitat aus dem Artikel ist:

Ich denke, hier hat Herr El’Ghazi einen falschen Wert verwendet, weil dieser Wert wirklich keinen Sinn ergibt. Die Werbetafeln werden mit LEDs und Minicomputern betrieben, selbst wenn wir von überproportional vielen LEDs ausgehen wird es schon sehr schwer, hier auf mehr als 1000 kWh im Jahr zu kommen.

Selbst bei 24/7-Beleuchtung (also 8760 Betriebsstunden im Jahr) kommen wir bei realistischen 100 Watt nur auf 876 kWh, bei sehr großzügigen 200 Watt Leistungsaufnahme auf 1.752 kWh, also immer noch eine ganze Größenordnung weniger.

Dass eine beleuchtete Werbetafel an der Bushaltestelle eine durchschnittliche Leistungsaufnahme von 1.700 Watt haben sollte (nur so kommen wir auf 15k kWh im Jahr) halte ich jedenfalls für ausgeschlossen, das ist einfach eine unrealistische Annahme… bis zu 300 oder meinetwegen noch 500 Watt (wenn da viel mehr Technik drin steckt und die Beleuchtung absolut überproportioniert ist) kann ich zumindest glauben, aber 1700 ist viel zu viel.

Das ändert natürlich nichts daran, dass derartige Werbung dennoch eine unglaubliche Ressourcenverschwendung ist, über deren Sinnhaftigkeit und Zulässigkeit in einer Demokratie wirklich diskutiert werden sollte. Nur weil ein Unternehmen bereit ist, Strom für tausende Euro für Werbung zu „verheizen“, heißt das nicht, dass das okay ist, wenn der Gesamtstromoutput im Hinblick auf den Umweltschutz begrenzt ist.

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Dass die Leute das Licht auch auslassen können ohne Verordnung kommt hier keinem in den Sinn, oder?

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Freiwillige Selbstverpflichtung, klar. Warum auch nicht? Könnte man mal probieren. Wäre auch eine gute Idee für andere Bereiche.
Oder man sagt: solange mein Nachbar (Konkurrent, whatever) sein Verhalten nicht ändert, ändere ich meins auch nicht. Der sagt natürlich das gleiche.

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Freiwillige Selbstverpflichtungen haben so ziemlich nie das Ziel erreicht, sondern werden in aller Regel nur von der Wirtschaft angeboten (und dann nicht eingehalten), um verpflichtende Gesetze zu verhindern (siehe z.B. die aktuelle Debatte über die Reduzierung von Zucker in Softdrinks, versprochen wurde 2018 eine Reduktion von 15%, erreicht wurden 2%).

Würden wir beim Nichtraucherschutz weiter auf freiwillige Selbstverpflichtungen setzen, gäbe es bis heute kaum rauchfreie Kneipen und Discotheken, sie wären auch heute noch eine krasse Ausnahme. Auch hier haben wir viel zu lange auf Selbstverpflichtungen gesetzt, bis wir endlich eingesehen haben, dass das zu keinen verwertbaren Ergebnissen führen wird.

Sorry, aber der gegenwärtige, schädliche Status Quo (dh. z.B. massive Lichtverschmutzung durch beleuchtete Werbung) basiert gerade darauf, dass die Entscheidungsträger frei entscheiden können und leider nicht die gewünschte Entscheidung treffen.

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Deine Zähne putzt du dir auch und du wäschst dich sicher auch ohne entsprechendes Gesetz. Hoffe ich jedenfalls.
Der Unterschied zu deinen unpassenden Beispielen ist, dass Energiesparen, Hygiene, etc in Eigenverantwortung super funktioniert weil du einen Nutzen daraus ziehst es zu tun. Gibt es Leute die sich nicht waschen? Ganz sicher. Ist es ein Problem? Nein, denn es sind hinreichend wenige.