Lebenswirklichkeit in Ostdeutschland

Aber es geht bei solchen Darstellungen doch gerade um gesellschaftliche Realitäten. Und da ist es doch egal, ob in Köln doppelt so viele AfDler rumlaufen wie in Chemnitz. Wenn die Bevölkerung in Köln viermal so groß ist, dann ist der gesellschaftliche Einfluss der AfD in eben Chemnitz trotzdem stärker.

Was die konkrete Karte angeht: ob „stärkste Partei“ eine sinnvolle Variable ist, um einen gesellschaftlichen Trend zu illustrieren, darüber kann man streiten. „Stimmanteil“ wäre vielleicht besser gewesen, weil es Nuancen stärker zum Ausrdruck bringt. Solche Karten findet man auch. Aber „Absolute Zahl aller AfD-Wähler“ wäre in jedem Fall absolut ungeeignet, um irgendeinen Erkenntnisgewinn zu bringen.

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Wenn es um die Relation zwischen Köln und Chemnitz geht oder um den Einfluss der AfD in den beiden Städten, hast du vollkommen Recht. Aber wenn es um den gesamtgesellschaftlichen Einfluss der AfD geht (etwa um die Zahl der Bundestagsmandate), dann trifft das eben nicht mehr zu. Und ich nehme häufig eine Sichtweise wahr, die das Problem AfD auf den Osten reduziert, was aus Wessi-Sicht natürlich bequem ist, aber halt nicht wirklich hilft, erst recht nicht, wann auch auch „nur“ 10% Stimmenanteil für so eine Partei problematisch findet.

Das spiegeln die Karten halt auch wieder.




Und überraschend: Deutschland war bei der EU-Wahl immer noch eine der grünen Hochburgen.

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Blockzitat
Gab es in Chemnitz einen stärkeren Anstieg? Ja, aber mal Hand auf’s Herz: der Unterschied ist doch minimal.

Blockzitat

Also Faktor 4,6 vs 1,35 finde ich jetzt nicht minimal.
Auch hier in der Lage wird Mal wieder über den Osten geredet und nicht mit den Menschen.

Was möchtest du jetzt damit ausdrücken? Soll das jetzt belegen das ganz Chemnitz oder vielleicht auch der Osten Rechts ist?

War das jetzt die mentale Ausbürgerung vom ostdeutschen Podcast-Gast Steffen Mau?

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Nein.

Also der Gast der letzten Lage war Ostdeutscher und aus der Diskussion hier schließe ich, das Recht viele der Diskutanten es ebenfalls sind.

Was die Lage sehr explizit nicht macht ist mit dem Mensch auf der Straße zu reden, aber das ja auch mit niemanden, nicht nur nicht mit Ossis.

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Die Wahlergebnisse von AfD und BSW sind in Wahlkreisen besonders hoch, wo die Abwanderung (insbesondere von Frauen) stark ist.

Ich selbst bin vor 10 Jahren aus Nürnberg nach Dresden gezogen.

Als meine Kumpel aus Nürnberg mich besucht haben, ist uns aufgefallen, dass die Leute sie auf der Straße ansehen. Wir haben uns zunächst gewundert.
Dann haben wir gefragt, und die Leute meinten :„Na, die sind doch Ausländer“.
Erst da ist mir klar geworden, dass es um die rumänischstämmige Mutter meines Kumpels geht.

In der Folge ist mir immer wieder aufgefallen, dass in Ostdeutschland Menschen mit Migrationshintergrund schlicht als „Ausländer“ bezeichnet werden.

Und wenn man genau hinguckt ist es auch oft so. Menschen die in Ostdeutschland geboren sind und jetzt 40 Jahre alt sind, haben fast nie eine dunklere Hautfarbe.

In Nürnberg dagegen hat man sich schon lange daran gewöhnt, dass die Bevölkerung eben auch durch Zuwanderung geprägt ist. Mein Patenonkel hat eine türkischen Migrationshintergrund, in meiner Klasse waren nicht nur weiße „biodeutsche“ Kinder.

Ostdeutschland ist in der Migrationserfahrung also heute auf dem Stand, an dem Westdeutschland vielleicht 1970 war.

Und damals war auch im Westen die Skepsis viel höher.

Ostdeutschland hat also durch die Stillstandszeit bis 1990 das Problem, dass viele Entwicklungen jetzt in viel kürzerer Zeit nachgeholt werden müssen.

Aber hier sollte man auch immer wieder darauf hinweisen, dass niemand Ostdeutschland gezwungen hat der Bundesrepublik 1990 beizutreten.
Es war damals eine demokratische Entscheidung der DDR Regierung.

Ostdeutschland hätte auch ein eigener Staat werde können. Dann wäre viele anders gekommen und heute würde es eher so aussehen wie in Polen. Weniger Ausländer aber eben auch ein viel niedrigerer Lebensstandart.

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Weil man den Ossis in den 90ern beigebracht hat, dass das nichts bringt.
In den großen Parteien wurden sie ignoriert und die PDS wurde als Nachfolgeparrei der SED geframt und ausgegrenzt ohne sich jemals mit ihrem Programm zu beschäftigen.

Wo soll also eine positive Erfahrung mit der Parteiendemokratie herkommen und damit Motivation sich in einer Partei zu engagieren?

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Wirklich?

Unterhalte dich mal mit Leuten die gerade erfahren haben, dass sie ein Kind erwarten.
Oft hört man dann: plötzlich sieht man überall schwangere Personen, bzw. Kinderwagen.

Deren Zahl hat sich innerhalb von wenigen Wochen um genau 0% verschoben, aber die Wahrnehmung hat sich extrem geändert.

Selbiges gilt auch für das Thema Ausländet, gerade wenn sie als solche zu erkennen sind.

Das Thema ist dauerpräsent, also wird die Wahrnehmung darauf gerichtet und schon sieht es nach mehr aus, als es die nackten Zahlen hergeben.

In der gleichen Folge ging es ja auch um Solingen und die Berichterstattung darüber.
Klar wird die Wahrnehmung darauf gelenkt, nur die nackten Zahlen zur Risikobewertung sagen etwas ganz anderes.

Edit: letzen sichtbaren Absatz gelöscht, da die zusammenhängende sinngebende Frage für diesen Absatz von der Moderation gelöscht wurde

Agree to disagree…

Zwang nicht, aber man hat dank reichlicher Versprechen ordentlich Druck erzeugt.

Denn der erste Teil der Revolution wollte keinen Anschluss sondern Reformen.

Dann kamen die Versprechungen, dass mit einem Anschluss alles viel schneller und viel schöner wird und die wurden dann so laut verbreitet, dass die wenigen warnenden Stimmen untergingen.

Beschäftige dich mal mit dem Wahlkampf zu einzigen freien Volkskammerwahl und wie der geführt (und von wem er finanziert) wurde.

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Hat man den Wessis übrigens auch beigebracht. Die Politik ist sich natürlich bewusst, dass ein Volk, das glaubt, dass es eh nichts ändern kann, auch eher dazu neigt, es gar nicht erst zu versuchen.
Die PDS wurde übrigens vor allem von der Union ausgegrenzt, die SPD hat schnell gemerkt, dass es da viele Anknüpfungspunkte geben könnte. Ein Fehler war dann, in der Linken aufzugehen und damit eine gesamtdeutsche Partei zu werden.
Wir brauchen eine (oder mehrere) Lokalpartei. Leider ist das Bundesverfassungsgericht vage geblieben, ob die Lex CSU nur eine gewachsene CSU meint oder auch auf andere Lokalparteien anwendbar wäre.

Naja, es wäre erstmal zu klären wozu man die Lokalpartei anwenden will.

Hier in Schweden gibt’s eine unmenge kommunaler Parteien die nicht auf Region oder Reichstag antreten, genauso wir es regionale Parteien gibt die nicht auf Kommune oder Reichstag antreten.

Aber auch solche Ansätze sind mir aus Deutschland nicht wirklich bekannt.

Wer sich in schon bestehenden Parteien nicht engagieren will, kann - m. W. schon mit drei Leuten - eine eigene Partei gründen.

Es gibt also keine Ausrede, sich nicht stärker zu engagieren.

Das eigentliche Problem ist: Die Vorstellungen von Demokratie haben bei der Hälfte der Ostdeutschen nichts mit einer pluralistischen Demokratie gemein.

Mir scheint es noch ein weiteres vermeintliches ‚Problem‘ zu geben: Allein NRW hat schon mehr Wahlberechtigte als alle fünf neuen Länder zusammengenommen. Bei der letzten Bundestagswahl stellten diese Bundesländer insgesamt 17,4 % der Wahlberechtigten.

Wenn nun politische Einstellungen zwischen Ost und West in erheblichem Maße differieren, stellen die in Ostdeutschland divergierenden Einstellungen eben nur eine kleine Minderheit dar.

Aber so ist es nun mal, wenn jeder Wahlberechtigte das gleiche Stimmrecht hat. Und das ist auch gut so.

Mir schon. Viele Kommunen haben lokale Bündnisse und/oder Parteien. Dazu Kleinparteien die lokal auch mal stärker sind.

Die freien Wähler sind so ein Beispiel, welches sich mittlerweile aber auch überregional stärker engagiert.

Solange aber viele Leute selbst bei Lokalwahlen die Partei wählen die sie auch beim Bundestag wählen haben die es natürlich etwas schwieriger. In manchen Orten stellen solche Parteien aber sogar Bürgermeister.

Sorry, aber das klingt für mich jetzt doch etwas eindimensional nach dem Motto: die armen Ossis wurden von den bösen Wessis verführt. Wenn, dann muss man sich auch die gesamte Zeit von Herbst 1989 bis zum 3. Oktober 1990 anschauen. Beim Wahlkampf für die letzte Volkskammerwahl im März 1990 waren die Weichen längst gestellt. Im Herbst 1989 aber war es so, dass die Politik im Westen von den Ereignissen förmlich überrannt wurde. Auch die Konservativen und Rechten waren da zunächst recht zurückhaltend.
Schon das 10-Punkte-Programm von Kohl von Ende November 1989 war eine Reaktion auf den Druck der Straße im Osten. Es sah eine Unterstützung der BRD für die DDR und eine langsame Annäherung beider Staaten mit einer Vereinigung als Endziel an. Bis dahin sollte es aber eine Konföderation beider Staaten geben.
Aber das reichte den Menschen in der DDR nicht, aus „Wir sind das Volk“ war bei den Demos schon längst „Wir sind ein Volk“ geworden. Das politische System der DDR war zu diesem Zeitpunkt schon in der Auflösung und viele Menschen in der DDR wollten einfach, dass sofort alles so ist wie im Westen - viele sind dann ja auch konsequenter Weise gleich dorthingezogen.
Die Politik hat auf diesen enormen Druck reagiert. Und ja, es wäre vernünftiger gewesen zu sagen „Leute, das will gut überlegt sein, das braucht Zeit und es wird auch nicht alles einfach werden“. Stattdessen hat sich die Union mit ihrer „Allianz für Deutschland“ für eine schnelle Vereinigung und eine noch schnellere Wirtschafts- und Währungsunion entschieden. Das war in Teilen natürlich eine populistische Strategie (Kohls Macht in der BRD war vor dem Herbst 1989 ganz schön am bröckeln), aber das ist eben nicht der einzige Machtfaktor gewesen.
Ich erinnere mich noch an viele Gespräche aus dieser Zeit, die ich mit DDR-Bürgern geführt habe, weil ich eben nicht alles am Westen toll fand. Damit stieß ich aber bei 98% der Leute auf taube Ohren. Und SPD und Westgrüne, die ebenfalls eher auf die Bremse traten und davor warnten, dass es viel Geld kosten würde, lange dauern würde und mit vielen Härten verbunden sein würde, wenn man die Vereinigung so übers Knie bricht, wurden von den Wählern dafür regelrecht abgestraft - auf den damaligen SPD-Kanzlerkandidat Oskar Lafontaine wurde sogar ein Attentat verübt.

TL/DR: Ja, die Versprechungen gab es, aber die DDR-Bürger waren nicht einfach nur passive Verführte.

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Ja das ist gut so, aber da es immer regionale Unterschiede gibt, sollte man trotzdem der Sache auch mal Gehör schenken und nicht nur sagen ihr seid ja eh in der Minderheit wir brauchen euch also nicht mal zuhören …

Und das macht man in der Bundespolitik. Da hat man als Saarländer eher noch die Chance gehört zu werdrn als als Ostdeutscher.

Kannst du das konkretisieren? Bei welchen Fragen finden „saarländische Interessen“ Gehör, wo „ostdeutsche Interessen“ keines finden? Oder spielst du auf den Wohnort bestimmter Spitzenpolitiker an?

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