Vorweg, gebe ich gern zu, dass dieser Beitrag sicherlich eher eine Polemik wird. Dies gesagt, bekomme ich immer leichte Beklemmungen, wenn davon gesprochen wird, was für ein tolles Potential bei den Frauen zu heben sei, wenn man denn nur genug Kinderbetreuung hätte und das lästige Ehegattensplitting los wäre.
Ich bin nun nicht so eine Frau, aber eben in unserer Konstellation der hinzuverdienende, teilzeitarbeitende und hauptbetreuuende Teil der Familie. Und ganz im Ernst: Selbst wenn die Kita besser wäre, sehe ich nicht, wie das Leben mit noch mehr Arbeit irgendwie besser werden sollte. Der Tag hat für Eltern mit kleinen Kindern eh schon deutlich zu wenige Stunden und vielleicht will man 2-3 von denen ja tatsächlich dann auch mal mit seinen Kindern verbringen. Und bei meiner Elterngeneration reichten auch 1,3 Jobs für 2 Kinder, 2 Autos, einen Urlaub und vor allem eine Immobilie. Wenn das heute nicht mehr geht, dann ist die Lösung doch nicht mehr Arbeit, sondern die Rückabwicklung des Diebstahls der Produktivitätsgewinne der letzten 40 Jahre durch das obere 1%. Um es ganz plakativ zu machen: Bevor wir hier keine vernünftige Erbschafts- oder Vermögenssteuer bekommen, werde ich den Teufel tun, mehr zu arbeiten, um meine Kinder weniger zu sehen und mir trotzdem kein Haus leisten zu können. Denn ich frage mich im Angesicht der Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt ganz ehrlich, was genau die Vermieter davon abhalten sollte, gesamtgsellschaftlich die steigende Lohnsumme, oder auch Reallohngewinne durch sinkende Steuerlast einfach zu absorbieren. Um mehr Arbeit attraktiv zu machen, muss es eine Perspektiv geben, wie es zum Beispiel das Eigenheim früher war. Im Moment ist das höchste der Gefühle an Perspektive ja das besparen eines ETF-Depots, weil man neben den steigenden Sozialbeiträgen, dem Kinderkriegen für die Demografie und den 40% des Einkommens, das für’s Wohnen drauf geht, ja auch noch privat den bewussten Unwillen der Politik ausgleichen muss, besagtes oberes 1% und dessen Kapital für die Finanzierung der Rente heranzuziehen.
Und diesen Fatalismus erlebe ich im Bekanntenkreis langsam vermehrt. Die Frage, warum man sich mehr als nötig aufreiben sollte, ohne das Gefühl zu haben, dass es einen voran bringt. Und wenn man sich die Berichterstattung zum Zustand aktueller Eltern anschaut, dann reiben wir uns auch ohne die Absurdität von zwei Vollzeitjobs schon genug auf. Und die Erfahrung, während Corona die vorhandenen Jobs und Homeschooling und ein Kleinkind ohne Betreuung zu wuppen, ist bei vielen noch präsent. Dass man im Zweifel einfach vor den Bus geworfen wird, trägt jetzt auch nicht zum dem dringenen Bedürfnis bei, die Versäumnisse von 40 Jahren Demografie- und Sozialpolitik mit seinem knappen Gut Arbeitskraft ausgleichen zu wollen.
Kurzum: Bevor wir nicht einige Milliardäre gegessen haben, bekommt ihr hier so wenig von meiner Arbeitskraft wie nötig und meine Kinder so viel wie möglich. …