Naja, die +13% sind halt der Trend. Und da sehen wir leider, dass während bei den letzten Wahlen vor 4-5 Jahren noch die GRÜNEN die massiven Gewinner in der Jugend waren, dies nun die AfD ist. Gleichzeitig gibt das natürlich auch Hoffnung, denn es zeigt, wie schnell sich der Wind bei den Jungwählern wenden kann - aber er kann eben auch ganz schnell in die ganz falsche Richtung gehen.
Ich hoffe in jedem Fall, dass das vergleichsweise gute Abschneiden (erz-)konservativer bis rechtsextremer Parteien bei den jungen Menschen ein Trend ist, der schnell vorbei gehen wird, befürchte aber, dass da einige junge Wähler heranwachsen, die nicht mehr progressiv sind (wie man es von der Jugend eher erwartet), sondern stark konservativ. Mit Glück mäßigen sie sich und wählen „nur“ noch CDU, aber selbst das ist kein allzu sonniger Ausblick.
Also was die +13% für die AfD bei den Jungwählern vor allem zeigen, ist, wie volatil diese Wählerschaft ist und wie wenig „Parteipräferenz“ dort - gerade im Osten - ausgebildet ist.
Das Volk wählt die Leute aus. Die tun dann teilweise das, wofür sie gewählt wurden bzw. hoffen, wiedergewählt zu werden (in manchen Fällen fast in Echtzeit an Umfragen orientiert). Wer ist dann für das Ergebnis hauptverantwortlich? Natürlich die Wähler. Wer denn sonst?
Man muss von Politikern auch erwarten können, sich mal gegen den vermeintlichen Volkswillen zu stellen. Das ist genau das Problem, das wir haben, wenn Scholz plötzlich Anti-Migrations-Wahlkampf macht („Wir müssen endlich in großem Stil abschieben“). In einer Demokratie gehört es auch dazu, dass Parteien Werte vertreten und diverse Angebote machen - wenn Umfragen nun ergeben, dass ein Drittel der Bevölkerung Migration komplett ablehnt und ein weiteres Drittel dem Thema Migration skeptisch gegenüber steht, kann es nicht sein, dass alle Parteien den „Wir sind gegen Migration“-Zug fahren. Es muss auch Parteien geben, die das Drittel vertreten, dass klar pro Migration ist. Wenn alle Parteien hier der „Mehrheitsmeinung“ hinterher laufen, würde ich fast sagen, kann man nicht mehr von einer Demokratie sprechen, weil dem Wähler dann wortwörtlich die Wahl fehlt.
Politiker müssen auch mal den Mut haben, das Richtige zu tun, auch wenn „das Richtige“ gerade im Volk sehr unbeliebt ist. Es ist auch Aufgabe der Politik und vor allem der Parteien, die Meinungsbildung in der Gesellschaft positiv zu beeinflussen - und dazu gehört es, gegen populäre, aber letztlich kontraproduktive Meinungen klar Stellung zu beziehen und die Wähler davon zu überzeugen, dass diese populären Meinungen falsch sind.
Heute morgen interessantes Interview mit dem Jugend- und Organisationsforscher Kilian Hampel zum Thema Jugendliche und AfD.
Er bezieht sich auf die Landtagswahlen in den drei ostdeutschen Bundesländern. In allen drei hätten mehr als 30% für die AfD gestimmt in der Altersgruppe der unter 25jährigen.
Eine Erklärung: die AfD wird eher von jungen Männern auf dem Land gewählt, die Grünen eher von Studierenden in Großstädten. Von letzteren gibt es in den ostdeutschen Bundesländern aber strukturell weniger.
Dazu käme eine Themenverschiebung hin zu Themen wie Armut, Migration und Wirtschaft. Früher wichtige Themen wie Klimawandel rücken in den Hintergrund.
Ursache laut Hampel:
Junge Menschen erleben eine Zeit multipler Krisen mit extremen Herausforderungen. Von ihnen wird erwartet, den Wohlstand zu erhalten. Gleichzeitig wird der Generation dauernd Faulheit vorgeworfen. Dazu finanzielle Ängste (steigende Mieten und Lebenskosten), also die Angst sich trotz Arbeit nichts mehr leisten zu können.
Das sei auch eine extreme psychische Belastung.
Dazu kommt das Gefühl von den aktuellen Entscheidungsträgern im Stich gelassen zu werden, sie fühlen sich nicht ernst genommen und gehört. Das führe zu Frust und äußert sich in der Wahlentscheidung.
Die AfD erreicht über die sozialen Medien die jungen Menschen besser, weil sie schon vor Jahren verstanden hat, das sie auf diese Zielgruppe zugehen muss. Die Einfachheit der Sozialen Medien zusammen mit unterkomplexen Lösungen für komplexe Fragen passt zur Strategie der AfD und lockt so die jungen Menschen.
Dennoch haben ja auch in den strukturschwachen Regionen zuletzt viele grün und gelb gewählt.
Wenn man dann aber den jungen Leuten erklärt, dass FFF kleine unmündige Kinder sind und die Klimakleber auf einer Stufe mit staatsfeindlichen Terroristen stehen, kann man verstehen, dass sie sich andere Idole suchen.
Da taugt dann nun mal weder ein Friedrich Merz, noch ein Olaf Scholz, noch ein Robert Habeck, der sich genau mit diesen Idolen auf Podien traf, um Boomerpolitik zu rechtfertigen.
Gibt es eigentlich Statistiken darüber was Leute gewählt haben die in den letzten 4 Jahren nach Brandenburg gezogen sind? So wie manche bei der aktuellen politischen Lage niemals freiwillig dahinziehen gibt es ja auch die andere Seite der Medaille.
Auch wäre mal eine Statistik interessant wie viele der Jugendlichen weggezogen sind. Habe nur einen Artikel gefunden das vor allem Ausländer und junge Frauen wegziehen würden, aber keine Grundlage für diese Aussage. Wäre halt die Frage ob es es wirklich so viel mehr Menschen im Osten sind, die Ihre Meinung geändert haben oder ob Nazis einfach andere Nazis anziehen und die anderen wegprügeln.
Klar das kann man probieren und ich würde mir das auch wünschen, aber wenn das Personal auf Dauer „versagt“ muss man sich als Wähler als erstes fragen, wer die Leute denn gewählt hat. Als Grünen-Wähler fühle ich mich ehrlich gesagt nicht verantwortlich dafür, dass die anderen Parteien jeden sinnvollen Klimaschutz letztlich beim ersten Problem komplett hintertreiben. Da liefern diese Parteien eben, was deren Wähler wollen und wenn diese Parteien das anders (und richtig) machen, sind diese Wähler in sehr großer Zahl sogar bereit, das ganze System zu zerstören, anstatt dazu zu lernen und zu akzeptieren, dass sie falsch liegen, selbst dann, wenn es um Kleckerbeträge an ausbleibenden Subventionen für eine Gruppe geht, deren Existenz an wirksamem Klimaschutz hängt (Bauernproteste). Daher sind die Parteien an der Stelle sicher nicht unschuldig, weil sie diese Bereitschaft der Wählenden, sich lieber bescheißen zu lassen, als sich zu ändern, nutzen, aber die Wurzel des Problems liegt für mich eindeutig beim Souverän, nicht bei denen, die diesen Souverän ziemlich präzise repräsentieren.
Ja, das fände ich auch schön. Nur ist diesem Drittel (zu dem ich auch gehöre) das Thema offensichtlich nicht wichtig genug, um darüber eine neue Partei zu gründen oder nur eine zu wählen, die das entsprechend adressiert, geschweige denn, gleich über eine extremistische Partei die ganze Demokratie abzuwählen, wenn die nicht mundgerecht liefert. Umgekehrt kann man mit so einer Position aber die Hälfte bis 2/3 der Wählerschaft quasi verloren geben. Dass meine Position hier nicht vertreten wird, entspricht also am Ende auch dem Wählerwillen.
Das behauptet außer der AfD auch keiner, das diese Partei Lösungen hat. aber offenbar sind die etablierten demokratischen Parteien nicht überzeugender oder glaubwürdiger.
Nein tut es nicht. Man kann genau einen Direktkandidaten wählen, sonst wählt man Parteien, die uns ihr Personal vorsetzen, egal ob der Wähler das wirklich will. Für das Ergebnis ist auch die 5% Hürde verantwortlich, da ein großer Stimmenanteil einfach aus der Wahl genommen wird. Und der Wähler kann eben kein Personal wählen, außer einem Direktkandidaten, der mir aber auch diktiert wird von den Parteien.
Das Personal wählen die Parteien aus, wie oben schon geschrieben. Wäre mir neu, dass der Wähler irgendwas anderes tun kann alles alle paar Jahre eine Partei zu wählen und zu hoffen, dass das Wahlprogramm nicht nur Stimmenfang war und dann in großen Teilen ignoriert wird.
Ich finde es ziemlich herablassend, die Schuld dem Wähler zuzuschieben. Grundsätzlich hat der Wähler nur partiell Einfluss alle paar Jahre. Für mich klingt bei dir durch, dass die Bevölkerung einfach zu doof ist das richtige zu wählen. Damit wirst du aber niemanden umstimmen sondern trotz hervorrufen. Sieht man übrigens oft, wenn Parteien meinen, dass der Wähler ja nur nicht verstanden hat wie brilliant sie waren.
Um es nochmal deutlich zu sagen: es geht nicht um eine Täter-Opfer-Umkehr oder darum, das Wählen von Rechts- (oder links-) extremen Parteien zu entschuldigen.
Ich halte nur das Narrativ für wenig belastbar, das die AfD-Wähler unabhängig vom Alter morgens mit rechtsextremer Einstellung aufgewacht sind oder alle schon immer rechtsextrem waren, es jetzt aber erst öffentlich rauslassen.
Das entlässt nämlich die bislang verantwortliche Politik als auch uns als Gesellschaft aus der Verantwortung. Das wäre fatal, den ein „Weiter so“- bringt ja offenbar keine positive Wende.
Jede (Wahl-) Entscheidung hat ja Ursachen, wie rational diese letztlich auch sein mögen.
An den sollte man arbeiten, nicht indem mal die Symptome (AfD-Wähler) als unrettbar beiseite stellt. Das hält unsere Demokratie auf Dauer nicht aus, da wir damit die „Opferrolle“ weiter stärken.
Da müssen wir uns schon alle mit in die Verantwortung nehmen.
Grade die jüngste Wahl in Brandenburg zeigt aber eines sehr deutlich: Nach praktisch allen Werten wird dort ziemlich ordentliche Politik gemacht. Das sehen - ausweislich der Beliebtheitswerte für Woidke - auch sehr viele Wählende aller Parteien so. Die 30%, die dann AfD wählen, sind entweder zu dumm, ihren eigenen Interessen entsprechend zu wählen, oder schlicht böswillige Staatsfeinde, die Staatsfeinde wählen wollen.
Die Daten zeigen zumindest, dass es Fremdenfeindlichkeit schon sehr lange in der Größenordnung gibt, wie sie jetzt zugunsten der rechtsextremen AfD mobilisiert werden kann.
Und zwar schon weitaus länger, als es die AfD überhaupt gibt.
Das finde ich dann aber auch wichtig das so zu kommunizieren. Es macht ja einen großen Unterschied, ob etwas eine gefühlte Wahrheit bzw. eine Aufnahme in der Gesellschaft ist oder wirklich auf Fakten beruht. Die Story des „Zeigefingers“ bzw. des „Besserwissers“ wird von den politischen Gegnern ganz bewusst als Waffe eingesetzt, wie ich hier zeigte: Hass gegen die Grünen - #82 von thunfischtoast
Gleichzeitig wird von anderen dann ein Handeln nach „Gesundem Menschenverstand“ (z.B. Linnemann zur angedachten Reform des Bürgergelds) gefordert. Alles schöne Phrasen, die sich in der Realtität aber nicht an konkreten Handlungen festmachen lassen.