Mir fiel die nahezu durchweg positive Beurteilung von Ursula von der Leyen (v.d.L.) auf,
wobei ihre politischen Fehler der Vergangenheit nahezu unerwähnt blieben.
Lediglich „Fehltritte in der Pandemie und Impfkoordination“ war der einzige Nebensatz, der sich damit befasst hat.
Dass man hier keine 10 Minuten den Verfehlungen von v.d.L. widmet ist klar, ich hätte aber doch gehofft dass man etwas mehr Kritik zu v.d.L. aufgreiffen würde.
Beispiele für die Verfehlungen v.d.L. sind bsp. dass v.d.L. SMS und andere Dokumente zu den Kontakten mit den Firmen bzgl der Impfstoffe nicht offenlegt. Dies hat bereits zu mehreren Klagen geführt, bsp. wird sie vor einem belgischen Gericht verklagt.
Ein ähnliches Vorgehen kennt man von ihr bereits in der Berateraffäre als sie noch Bundesministerin war und die SMS von ihrem Diensthandy lösche bevor sie es zurück gab.
Beispielsweise diese, oder andere, Kritikpunkte an der Vergangenheit von v.d.L. hätten erwähnt werden können, weil ansonsten der Eindruck entstehen würde, v.d.L. sei bsp. genauso politisch „unvorbelastet“ wie andere Spitzenkandidaten der anderen EU Fraktionen, wie etwa Terry Reintke von den Grünen, sei.
DerdunkleParabelritter hatte jetzt zur Europawahl ein zweiteiliges Video auf youtube gemacht, wo er nochmal der gesamten Karriere von Ursula vdL nachgespürt hat und ich muss zugeben, dass ich eine ganze Reihe ihrer Fehltritte, unaufgeklärten Ungereimtheiten etc. auch wieder vergessen hatte #Zensursula
(https://www.youtube.com/watch?v=-c-u2Kz7uz8 - der ist zwar an Stellen ein wenig polemisch, aber ja immerhin Mitglied der FUNK youtube Gruppe, also dem content Netzwerk der Öffentlich-Rechtlichen)
Fazit: Politische Leichen und Korruption pflastern ihren Weg, in Deutschland war sie politisch zerstört, ihrer europäischen Führungsrolle liegt ein unschönes Postengeschacher zu Grunde - aber die politische Berichterstattung ist fast durchweg positiv. Der Grund dafür ist mMn auch in der Lage durchgeklungen: Alle sind froh, dass die EU wenigstens von jemanden geleitet wird, der den Klimawandel nicht leugnet und an das europäische Projekt glaubt (und als Frau in Spitzenposition ja ohnehin den Nimbus der Progressivität vermittelt). Low bar, i know.
Aber zudem kann ich mir gut vorstellen, dass alle demokratisch gesinnten Akteure vor der „Europawahl gegen rechts“ jetzt sehr vorsichtig damit waren, die europäische Spitzenvertreterin in ein negatives Licht zu setzen - weil man den Europagegnern nicht noch das Wasser tragen wollte.
Mich hat die überschwänglich positive Bewertung von Frau von der Leyen geärgert.
„Hat erstaunliches geleistet“
„Ja gab sicherlich auch Fehltritte […] aber unterm Strich muss man sagen, hat Ursula von der Leyen, finde ich, einen großartigen Job gemacht“
Aus meiner Sicht hätte wenigstens der Skandal der letzten Wochen Erwähnung verdient gehabt. Die von ihr nicht ausgeschlossene Kooperation mit rechtsextremen steht doch gerade für den Bruch – der auch von euch immer wieder beschworenen – Brandmauer gegen Rechts (siehe etwa: Von der Leyen und ihre rechten Partner: Brandmauer in Trümmern - taz.de).
Genauso ihre Rolle in der europäischen Flüchtlingspolitik. Mit Meloni nach Italien zum shanking hands bei FRONTEX, krumme Deals mit Tunesien usw. In Bezug auf Menschenrechte gibt sie sich also reichlich skrupellos. Auch das ist doch eigentlich eines eurer Kernthemen?
Ich denke, ihr habt es euch da etwas zu bequem gemacht.
Mir ging es ehrlich gesagt ähnlich. Auch dass Macron so gar nichts mehr von UvL hält, finde ich bezeichnend, schließlich war er es doch, der sie vor 5 Jahren usprünglich vorgeschlagen hat. Aber von so der deutsch-französischen Zusammenarbeit innerhalb der EU spricht ja eh schon lange niemand mehr.
Als Kommissionspräsidentin muss UvL doch mit allen Regierungschefs zusammenarbeiten. Wenn Sie da auf Konfrontation gehen würde, wäre die EU in ihren aktuellen Entscheidungsstrukturen blockiert. Insofern kann man da meines Erachtens nicht mit ganz so strengen Maßstäben rangehen.
Finde ich persönlich auch grenzwertig, aber machtpolitisch nachvollziehbar. Wenn ich mich recht erinnere hat Scholz/SPD bei der letzten Bundestagswahl etwas ähnliches gemacht, indem man zumindest suggeriert hat, dass man im Zweifel auch mit der Linken ein Bündnis eingehen würde. Ich würde die Linke jetzt nicht mit Meloni gleichsetzen wollen, aber ähnliches Prinzip, da auch die Linke in einigen ihrer Positionen auf Bundesebene m.E. nicht regierungsfähig war.
Nein, das ist schlicht nicht dasselbe. Das eine ist eine demokratische Partei, die mit beiden Füssen auf dem Grundgesetz steht. Das andere sind Faschisten. Dieses Hufeisen muss doch bitte jetzt hier nicht wieder konstruiert werden.
Von der Leyen hat offen mit Faschisten geflirtet. Damit hat sie eigentlich auch die Brandmauer schon ordentlich beschädigt. Ich dachte eigentlich Voigt oder Merz machen es, aber von der Leyen muss wohl Ihrer Biographie der Skandale treu bleiben.
Ich hab mich richtig erschrocken, als ich die Folge gerade gehört habe. Wurde schon einmal jemand so absolut uneingeschränkt hochgejubelt?
Die Pfizer-Affäre, die gerade versucht wird von der Europäischen Staatsanwaltschaft unter den Teppich zu kehren?
Und mit dem Green Deal scheint sie die Klimakrise im Alleingang in einem Streich gelöst zu haben?
Wie oben explizit geschrieben, habe ich sie ja nicht gleichgesetzt. Aber das machtpolitische Kalkül war das gleiche. Bei mir hat es auf jeden Fall dazu geführt, dass Rot/Grün als Wahloption ausgeschieden ist, da ich eine Beteiligung der Linken auf Bundesebene strikt abgelehnt habe.
Ähnliche Gefühle habe ich, wenn ich sehe, dass die CDU zumindest auf Landesebene mit dem BSW liebäugelt.
Mir kam Frau von der Leyen beim hören der Folge intuitiv auch etwas zu gut weg. Neben ihrem ganzen parteipolitischen Klüngeln, zuletzt eben auch mit rechten Parteien, kann ich mich inhaltlich vor allem an ihren „New green deal“ bzw. „Fit-for-55“ erinnern.
Davon kenne ich aber vor allem den Teil, in dem es um die Verbrenner geht (das angebliche „Verbrenner-Verbot“). Der wird aber gerade, vor allem in Deutschland, aus allen möglichen Richtungen unter Beschuss genommen und dürfte 2026 wohl ziemlich sicher massiv entschärft werden.
Vielleicht ist hier ja noch jemand, der beurteilen kann, ob die anderen Teile ihrer Umweltpolitik substantiell sind, würde mich mal interessieren. Falls aber nicht, kann nicht sagen, dass sie jetzt so herausragende Arbeit geleistet hätte.
Nein eben nicht. SPD und Grüne haben explizit eine links progressive Regierung angestrebt mit demokratischen Parteien. So etwas ist auch ok.
Es ist eine ganz andere Nummer wenn von der Leyen und die Union/EVP offen mit Nazis flirten und paktieren. Das eine ist nur eine demokratische Wunschregierung, das andere ist Hilfe der Faschisten zur Macht.
Trotz allem muss man ihr aber schon den Erfolg des Green Deal etc. lassen.
Nur: Was hilft er, wenn sie ihn demnächst selbst wieder einschränkt, einschränken muss…?
Der Green Deal ist aber doch nur ein Versprechen, dass sie selbst nie mehr einlösen muss. Und selbst wenn der nicht, wie jetzt absehbar, Stück für Stück wieder einkassiert wird, dann war er doch von Anfang an eher ein zahnloser Papiertiger. Schön für’s Imgae, auf 30 Jahre ausgelegt, weitgehend ohne Meilensteine zur Überprüfung der Wirksamkeit, bei dem man hofft dass es am Ende puff macht und magisch CO2 Neutralität erreicht ist.
Nach meiner Kenntnis ist der europäische Emissionshandel ein zentrales (und das einzige bislang wirklich erwiesen wirksame) Element des Green Deal. Ab 2027 kommen da auch Verkehr und Gebäude mit rein. Ab diesem Zeitraum werden jährliche Obergrenzen festgelegt. Emittenten eines Sektors müssen dann entsprechend Zertifikate kaufen. Die Preise regelt der Markt. Die Einnahmen werden den jeweiligen Ländern zur Verfügung gestellt, die damit machen können was sie wollen. Aktuell geht man davon aus, dass mit Einführung des Handels die Benzinpreise bis zu 40c steigen könnten. Also meines Erachtens dann schon ein sehr wirksames Signal.
Bislang habe ich noch von keiner der demokratischen Parteien Stimmen gehört die den Handel in Frage stellen. Das ist aber das wichtigste Instrument. Alles andere wie z.B. das Verbrennerverbot ist m. E. nur noch Symbolpolitik.
Was mich wirklich den Kopf schütteln lässt - nebst Lob für die tolle Analyse- ist das Lob für Frau von der Leyen. Habt ihr vergessen, wie sie nach Griechenland geeilt ist und die Pushbacks unterstützt hat? Wie sie nach Polen geeilt ist und die grausamen und bis heute anhaltenden brutalen Pushbacks der verzweifelten Menschen an der Grenze zu Belarus zu loben? Und Ktoatien? Hunde und Knüppel? Auch egal?
Laut Politico hat Ursula von der Leyen versucht, einen offiziellen Bericht der EU zu verzögern, der Angriffe der italienischen Regierung unter Meloni auf die Pressefreiheit kritisiert. Grund dafür soll sein, dass UvdL bei ihrer Wiederwahl als Kommissionspräsidentin auch auf die Stimmen von Melonis postfaschistischer Partei setzt.
Ich bin Hörer seit Jahren, so ein starkes Störgefühl wie bei dieser oberflächlich-positiven Darstellung von von der Leyen hatte ich noch nie. …
Man muss von der Leyen nicht schwarz/weiß sehen, aber als Fazit ihrer Amtszeit einfach nur „guter Job“ zu ziehen, und solche Späße wie gelöschte SMS zu für die EU extrem teuren Impfstoffverträgen und den Flirt mit Rechts als „sicherlich auch Fehltritte“ zu bezeichnen ist schon sehr beschönigend.
Wäre sie Politikerin im links-grünen Spektrum hätte ich der Lage hier einen starken Bias vorgeworfen, da das unwahrscheinlich ist kommt es mir eher vor dass a) oberflächlich recherchiert wurde oder b) diese Probleme überhaupt nicht als gravierend wahrgenommen werden.
Fände ich beides nicht gut. …
Falls das Lage-Team das anders sieht, fände ich es natürlich auch extrem spannend, warum diese Probleme als nicht besonders schlimm wahrgenommen werden.
Edit: Dass Teile meines Beitrages beim Freigeben von der Forenmoderation gelöscht und durch „…“ ersetzt wurden finde ich ehrlich gesagt auch nicht gerade ideal :-/