LdN383 Israel: 3 europäische Länder wollen den Staat Palästina anerkennen

Sehr geehrtes Lage-Team,

ich höre euren Podcast schon seit längerer Zeit und bin sehr angetan von eurer inhaltlich umfassenden Berichterstattung. In dem Beitrag zum genannten Thema wurde kurz die Entstehungsgeschichte Israels angesprochen. Die Darstellung, dass Israel das Westjordanland in den Jahren 1948-1949 eroberte, erweckt den Eindruck, als ob Israel ohne Grund in dieses Gebiet eingedrungen sei und es sich einfach angeeignet habe. Zumindest hatte ich diesen Eindruck.

Es wurde jedoch nicht erwähnt, dass die Palästinenser gemeinsam mit Syrien, dem Irak, Saudi-Arabien, Jordanien und dem Libanon in einer Militärallianz Israel angegriffen haben, um es von der Landkarte zu tilgen. Israel hat sich in diesem Krieg lediglich verteidigt und dabei das Westjordanland als Pufferzone besetzt, was auch von der UN anerkannt wurde.

Dass verschiedene israelische Regierungen diese Pufferzone durch Siedlungsbau nach und nach weiter annektiert haben, ist ein anderes Thema und wurde in eurem Beitrag zu Recht kritisiert. Dennoch halte ich das Fehlen dieses wichtigen Kontextes für relevant, da es das damalige Vorgehen Israels in einem völlig anderen Licht erscheinen lässt.

Der Krieg und die daraus resultierenden besetzten Gebiete sind also auf einen verlorenen Vernichtungskrieg der Palästinenser gegen Israel zurückzuführen. Diese Katastrophe (Nakba) wurde somit von den Palästinensern selbst herbeigeführt.

Ich hoffe, es versteht sich von selbst, dass dies keineswegs die aktuelle Lage rechtfertigen soll. Dennoch finde ich, dass eine genaue Betrachtung der Vergangenheit notwendig ist, um die Gegenwart richtig einschätzen zu können.

Mit freundlichen Grüßen

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Das haben wir allerdings auch nicht gesagt.

Ich habe es mir eben noch Mals angehört. Man erlaube mir ein Wenig zu paraphrasieren, aber dem Sinn nach habt ihr das so gesagt.
Gründung 1948 „… und eroberte im Anschluss etwa 50% der von der UN für die Palästinenser vorgesehenen Gebiete… und das sind im Kern das Westjordanland, …“ usw

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Die „Nakba“ („Katastrophe“) beschreibt nicht die Besetzung des Gebiets durch Israel (egal unter welchen Vorzeichen), sondern die Vertreibung der dort (und im Mandatsgebiet insgesamt) lebenden Bevölkerung, sowie deren Enteignung durch die israelische Besatzung.

Es gibt einen Unterschied zwischen der militärischen und politischen Kontrolle über ein Gebiet, die völkerrechtlich völlig zulässig sein kann (weil sie zum Beispiel im Rahmen des Rechts auf Verteidigung gegen einen Angriffskrieg zustande kommt) und der Vertreibung der Zivilbevölkerung (die in jedem Fall ein Verstoß gegen die Menschenrechte darstellt).

Der aktuelle Konflikt zwischen den verschiedenen Gruppierungen der Palästinenser und Israel gründet sich auch nicht so sehr auf die Frage, ob Israel 1948 die Westbank rechtskonform besetzt hat oder nicht, sondern auf die Vertreibung und Enteignung der Zivilbevölkerung (und die folgende Annexion). Und das war definitiv eine politisch-militärische Entscheidung der damaligen israelischen Führung und wurde nicht „von den Palästinensern selbst herbeigeführt“.

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So wurde es tatsächlich nicht gesagt. Andererseits ist die Formulierung „Isreal wurde 1949 gegründet, bzw. hat sich für unabhängig erklärt und eroberte anschließend…“ extrem unglücklich - gegeben der Geschichte. Und da legt eben der ursprüngliche Kommentar doch den Finger in der Wunde, auch wenn ich da nicht bei allem voll mitgehe. Zwar ist es unfassbar schwierig, in wenigen Minuten diesen Konflikt auf den Punkt zu bringen, aber für den Einschub muss Zeit sein: „Israel wurde direkt nach seiner Gründung von seinen Nachbarn überfallen“. Die heutigen Grenzen Israels sind ja historisch die direkte Folge zweier Kriege, die es beide weder begonnen noch gewollt hatte und das komplett unerwähnt zu lassen, lässt ein bizarres Zerrbild entstehen. Das entschuldigt zwar nicht die spätere Siedlungspolitik, aber man tut Israel Unrecht, wenn man ihr durch selektive Geschichtserzählung implizit diese Siedlungspolitik schon zur Gründung unterstellt.

Meiner Erster Kommentar im Forum, großes Lob an Philip und Ulf für die jahrelange großartige Arbeit. Ihr musste mich nach Jahren des Hörens quasi für diesen Kommentar anmelden, denn es ist leider leider so wichtig gerade.

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Liebes Lage Team,
ich möchte mich Fichtenelch in seiner Beobachtung anschließen. Betreffende Stelle im Podcast habe ich mir mehrmals hintereinander angehört, weil ich dachte irgendetwas überhört zu haben.
Seit vielen Jahren höre ich euren Podcast mit sehr viel Begeisterung. Obwohl ich keine Frau der vielen Worte bin, musste ich mich jetzt einfach anmelden und etwas schreiben. Mir fehlte hier wirklich der historische Kontext, den ihr mit einem Nebensatz hättet geben können.

Liebe Grüße und auf jeden Fall vielen herzlichen Dank für eure tolle Arbeit!

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Ich bin bei exakt diese Passage ebenfalls gestolpert: „und eroberte im Anschluss etwa 50% der von der UN für die Palästinenser vorgesehenen Gebiete“.

Ich schätze den Podcast wirklich sehr, auch und gerade für sprachliche Präzision. Hört es euch nochmal an - das ist wirklich schief. Den Angriff von Ägypten, Jordanien, Syrien und dem Irak erwähnt ihr mit keinem Wort, das ist schlicht kontrafaktisch.

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Wir haben in diesem Block (natürlich) zahllose Details weggelassen, aber nichts Falsches gesagt, insbesondere nicht, dass die Besetzung bereits 1948/49 erfolgt sei.

Was das Weglassen angeht - für die heutige (!) Situation finde ich es auch weitgehend irrelevant, dass die Besetzung - die nun mehr als 50 Jahre andauert - ursprünglich einmal auf einem Angriff gegen Israel beruhte.

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Im Unabhängigkeitskrieg 1948 wurden rund 50 Prozent des palästinensischen Gebietes, das der UN-Teilungsplan vorsah, von Israel eingenommen. Das sind im Wesentlichen Gebiete in Galiläa (Nordisrael) in einem Dreieck zwischen Nazareth, Akkon und libanesischer Grenze, des weiteren der Korridor nach West-Jerusalem, ein Streifen Land entlang dessen, was wir heute als Westjordanland kennen und schließlich ein Landstreifen entlang des Mittelmeers bis nach Ashdod und entlang der ägyptischen Grenze bis etwa Mizpe Ramon.

Auf dieser Karte sieht man die für den palästinensischen Staat vorgesehenen Gebiete in orange, gestrichelt darin die Waffenstillstandslinie, die heute als theoretische Grenze eines palästinensischen Staates angesehen wird.

Das Westjordanland inklusive Ostjerusalem und der Gaza-Streifen wurden im Sechstagekrieg erobert. Außerdem wurden in diesem Krieg die Golanhöhen und die Sinai-Halbinsel erobert, letztere wurde im Zuge der Friedensverhandlungen mit Ägypten zurückgegeben.

Viele Grüße
Georg

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Die israelische Unabhängigkeitsbewegung hat 1947 dem UN-Teilungsplan zugestimmt (man könnte noch darauf hinweisen, dass bereits 1922 ein arabischer Staat auf dem Gebiet des Mandatsgebiets Palästina gegründet wurde, das heutige Jordanien) - die arabische Welt lehnte jegliche jüdische Staatlichkeit ab und antwortete auf die Staatsgründung mit einem Vernichtungskrieg, in dem Israel sich verteidigen und sein Staatsgebiet konsolidieren konnte. Westbank und Gaza wurden völkerrechtswidrig besetzt - von Jordanien und Ägypten - was die Gründung eines arabischen Staates verhinderte. Israel besetzte diese Gebiete (plus Sinai und Golan) erst 1967. Vorher gab es dort logischerweise keine jüdischen Siedlungen.

Bemerkenswert fand ich noch die schnelle Abhandlung der Frage, ob den Juden in einem Staat Palästina leben könnten. Der Gazastreifen war seit der Räumung durch Israel 2005 („Land für Frieden“) bis zur Verschleppung der Geiseln am 7.10. „judenfrei“. Gleiches würde wohl in einem Gesamtstaat blühen, unabhängig von der Siedlungsfrage.

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Die „Nakba“ („Katastrophe“)
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Vielen Dank für den Link. Dieser war sehr aufschlussreich und lässt mich jetzt mit einem noch diffuseren Bild der Geschehnisse zurück.
Hier haben sich beide Seiten zu Beginn schon nicht gerade mit Ruhm bekleckert.

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Danke für die ausgewogene Formulierung. Genau auf diesen Punkt wollte ich hinweisen.

… Bei ca. Minute 14/15 ist dann die Rede davon, dass „die palästinensische Perspektive“ bis heute der UN Teilungsplan sei. Da frage ich mich, worauf sich das bezieht und wer diese angeblich einheitliche palästinensische Perspektive vertritt? Worauf bezieht Ihr Euch hier? Das ist sicherlich nicht die Perspektive der Hamas und auch bei der PA nicht flächendeckend vertreten. So hängen z.B. in den Klassenzimmern der von der PA betriebenen Schulen einheitlich Landkarten, wo Israel nicht eingezeichnet ist und stattdessen Palästina „From the river to the Sea“, zumindest als ich das letzte Mal in Jerusalem und Ramallah solche Schulen besucht habe. Dann ist plötzlich die Rede von einem „historischen Palästina“ - Was soll das sein? Das britische Mandatsgebiet also inkl. Jordanien?

Ab Minute 21 wird es dann völlig absurd mit der Aussage, Deutschland sollte sich vielleicht am besten außenpolitisch zurückhalten und hinter einer europäischen Außenpolitik verstecken, da der Nahost ja „aus historischen Gründen für Deutschland extrem vermientes Terrain“ sei. Da ist mir wirklich die Kinnlade heruntergefallen. Was soll das denn heißen? „Free Palestine from German guilt“?? Ernsthaft?

Jedenfalls finde ich es schade, dass Ihr nicht auf die wirklich interessanten Fragen eingeht, z.B. was würde in einem echten palästinensischen Staat mit der palästinensischen Bevölkerung passieren? Hätten sie dann immernoch alle diesen ominösen Flüchtlingsstatus und wären von UNRWA abhängig?
Wenn Palästina ein anerkannter Staat ist, hat er dann die gleichen Rechten und Pflichte und könnte u.a. auch bei Terrorangriffen und den laufenden Menschenrechtsverletzungen zur Rechenschaft gezogen werden?

Bei der Berichterstattung über den ICC finde ich auch ab Minute 30 die Aussage verwirrend, der ICC hätte Mitarbeiter vor Ort, die dort Zeugen befragt hätten. Das kann sich ja höstens auf Israel beziehen, aber sicherlich nicht auf Gaza, oder habt Ihr da andere Belege?

Traurig finde ich auch, dass Ihr immernoch, nach so vielen Sendungen zu diesem Krieg, es nicht schafft zu erwähnen, dass es a) unzählige Videos und Berichte aus Gaza gib, dass Hamas wesentlich zur Verschlechterung der humanitären Lage beiträgt, indem sie Lebensmittelspenden stehlen und zu überteuerten Preisen an die Bevölkerung verkaufen und b) Ägypten einen wesentlichen Teil beiträgt, indem sie die Grenze geschlossen halten und weder Flüchtlinge raus und Hilfsgüter reinlassen.

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Nein, aber man kann durch das Weglassen von nötigem Kontext auch Tatsachen komplett gegenteilig erscheinen lassen, als sie es sind. Das wörtliche Zitat aus dem Podcast ist: „Israel wurde 1949 gegründet, bzw. hat sich für unabhängig erklärt und eroberte anschließend…“. Dann gilt auch: Die Sowjetunion wurde 1922 gegründet und eroberte anschließend ganz Osteuropa einschließlich Ostdeutschland und Teile Berlins. Meine Absicht mit dem Vergleich ist nicht, auf Twitter/X Niveau abzusinken oder diese Kriege / Länder zu vergleichen. Mein Punkt ist nur: Der Begriff „anschließend“ ist nicht 20 Jahre dehnbar und „erobern“ ohne Erwähnung der Kriege und der Gegenseite klingt expansiv, nicht defensiv.

Damit gehe ich bis zu einem Punkt mit. Ich finde es allerdings nicht irrelevant, dass Israels erklärtes Ziel mit der Besetzung „Land gegen Frieden“ war. Man wollte von den Nachbarstaaten anerkannt werden und Frieden. Die offizielle Position der Arabischen Liga nach dem Krieg 1967 war: Kein Frieden mit Israel, Keine Anerkennung Israels, Keine Verhandlungen mit Israel (Khartum-Resolution). Nun war Israel Besatzer wider Willen.

Ich hätte es übrigens viel eleganter gefunden, die Geschichte garnicht erst aufzumachen. Sie bringt einen in diesem Konflikt nicht weiter, es ist wie ein Schachspiel zurückzuverfolgen. Aber wenn man die Geschichte aufmacht, muss man sie so erzählen, egal wie knapp, dass Friedensbemühte beider Seiten halbwegs damit leben könnten.

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Richtig ist, dass es innerhalb der palästinensischen Interessenvertretungen (wie auch innerhalb Israels) zu unterschiedlichen Zeitpunkten sehr komplexe Standpunkte zum Friedensprozess und der angestrebten Lösung gegeben hat und gibt. Arafat hatte zum Beispiel die Möglichkeit, in Camp David einem Teilungsplan zuzustimmen der Rückblickend besser gewesen wäre als der heutige Status – aus damaliger Sicht aber enorme Zugeständnisse gegenüber dem UN-Teilungsplan gemacht hätte. Andersherum hat auch sich auch die Position der isrealischen Regierung und Gesellschaft mehrfach in den letzten Jahrzehnten gedreht.

Ich denke diese historische Komplexität ist in 5 Minuten Gespräch praktisch nicht wiederzugeben. Und mich persönlich nervt es ehrlich gesagt, dass jede Diskussion über eine Lösung der Situation immer schon abgewürgt wird, wenn irgendein Beteiligter das Gefühl hat die historische Dimension sei nicht komplett und völlig vollständig und richtig wiedergegeben worden – was objektiv betrachtet überhaupt nicht möglich ist, weil viele wichtige Ereignisse extrem umstritten sind.

Warum ist der Flüchtlingsstatus „ominös“? Es ist extrem unwahrscheinlich, dass bei einer 2-Staatenlösung alle palästinensischen Flüchtlinge sofort in einen palästinensischen Staat ziehen. Schon weil ein großer Teil der heutigen palästinensischen Flüchtlinge im Ausland nicht aus der Westbank, Ostjerusalem oder Gaza kommen, sondern aus den Gebieten, die höchstwahrscheinlich weiter israelisches Territorium bleiben werden. Das ist eine der Schwierigkeiten im Friedensprozess: aus palästinensischer Sicht sollte das „Right to Return“ auch das Staatsgebiet Israel umfassen, Israel lehnt das strikt und in allen Dimensionen ab.

Klar, warum nicht? Wobei ein Staat völkerrechtlich und praktisch nicht automatisch für alle Handlungen der in ihm befindlichen Gruppen „zur Rechenschaft“ gezogen wird oder werden kann.

Chefankläger Khan und seine Mitarbeiter sind soweit ich weiß nicht in Gaza selbst, aber z.B. an den Grenzübergängen nach Ägypten präsent gewesen.

Inwiefern ist das relevant wenn Chefankläger Khan glaubt Beweise zu haben, dass z.B. Netanyahu gezielt Hunger als Waffe eingesetzt hat? Das Hamas eine kriminelle und terroristische Organisation ist weiß jeder und wurde auch in der Lage wieder gesagt. Das entbindet Israel nicht davon, sich an das Völkerrecht zu halten.

Hilfsgüter werden regelmäßig über die Grenze gelassen, es sei denn diese ist (meistens aufgrund von Sicherheitsbedenken) geschlossen. Eine Öffnung der Grenze steht regelmäßig aber auch Israel im Wege, die hier Waffentransfers an die Hamas befürchten. Flüchtlinge werden nicht raus gelassen, weil es von Seiten Israels keinerlei Garantien gibt, dass diese wieder nach Gaza zurückkehren dürfen.

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Genau darauf zielte ja die hier geäußerte Kritik ab. Ich verstehe nur nicht, wie du daraus schließt, dass diese Kritk irgendeine Diskussion „abwürgen“ sollte - im Gegenteil es wurde ja eher deutlich gemacht, dass es noch viel mehr zu diskutieren gibt.

Ich denke das bezieht sich darauf, dass die Palästinensischen Flüchtlinge als einzige auf der Welt eine eigene UN-Organisation haben (UNRWA), während für alle anderen der UNHCR zuständig ist. Ein weiterer Unterschied ist, dass der Flüchtlingsstatus auch nur bei dieser Gruppe vererbbar ist (zumindest soweit ich weiß). Die Menschen, die etwa im Libanon immer noch fast ohne Bürgerrechte in Flüchtlingslagern leben müssen, sind meist die Enkel oder gar Urenkel jener, die mal geflohen waren oder vertrieben wurden.

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Wenn man die gängige Definition von „ominös“ („unheilvoll, bedenklich“) anlegt, erschließt sich mir die Verwendung des Begriffs immer noch nicht.

Dass die Existenz einer eigenen UN-Organisation für die palästinensischen Vertriebenen per se kritikwürdig ist, habe ich noch nie nachvollziehen können. Es gibt dafür handfeste und nachvollziehbare Gründe, unter anderem das Bedürfnis vieler Palästinenser selbst, ein „Recht auf Rückkehr“ weiter am Leben zu erhalten. An der Behandlung der Flüchtlinge durch die Nachbarstaaten Israels (und der internationalen Gemeinschaft allgemein) gibt es viel gut begründete Kritik, aber ein Verlust des Flüchtlingsstatus der nachfolgenden Generationen würde diese Menschen wohl in keine Weise besser stellen.

Ja, indem man auf die Notwendigkeit der Diskussion der historischen Ereignisse besteht, entgleist dann meistens die Diskussion der aktuellen Ereignisse. Wenn eine Diskussion der aktuellen Ereignisse in Israel/Palästina nur unter der Prämisse stattfinden kann, dass die historischen Ereignisse umfassend und korrekt dargestellt werden, dann kann man einfach keine Diskussion über aktuelle Ereignisse mehr führen.

@vieuxrenard und @philipbanse haben erkennbar und nachvollziehbar keine detaillierte Auseinandersetzung des historischen Kontext des Konflikts versucht, sondern drei spezifische aktuelle Ereignisse diskutiert (Anerkennung des Staates Palästina, IGH und IStGH). Ich persönlich verstehe einfach nicht, warum sich die Diskussion dazu hier im Forum trotzdem an historischen Details aufhängt, die mit diesen drei Punkten wenig bis gar nichts zu tun haben.

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Es ist bedenklich, weil dadurch auf der palästinensischen Seite eine völlig unrealistische Erwartung aufrechterhalten wird, dass alle Nachkommen der vor 75 Jahren geflohenen Araber das Recht hätten, in ihre Heimatorte im heutigen Israel zurückzukehren, selbst wenn sie einen deutschen, jordanischen, amerikanischen, etc. Pass haben und beim allerbesten Willen keine Flüchtlinge sind. Dadurch wird der Konflikt künstlich geschürt und am Leben erhalten.

Das wäre so wie wenn ich bis heute behaupten würde, ich hätte ein Recht darauf, das Grundstück meiner Großeltern und Urgroßeltern in Pommern im heutigen Polen zurückzubekommen und es gäbe eine eigene UN Organisation, die mich ständig in dieser Wahnvorstellung bestätigt.

Es ist auch ominös, weil UNRWA jedes Jahr Milliarden verschlingt um diesen sog. Flüchtlingen in den Nachbarländern Jordanien, Syrien und Libanon Dienstleistungen zu bieten, die eigentlich die Staaten leisten sollten und auch tun würden. Dadurch wird eine Integration der palästinensischen Bevölkerung künstlich verhindert und der Konflikt am Leben gehalten.
Ein Beispiel sind Schulen in Jordanien. Die UNRWA Schulen, die nur für palästinensische „Flüchtlinge“ sind (davon die meiste inzwischen 3. und 4. Generation und in Jordanien geboren) bezahlen die Lehrer:innen nach den UN Gehaltsschemata, die weit über den Gehältern des jordanischen Bildungsministeriums liegen. Dadurch sind sie natürlich viel attraktiver für Lehrer:innen und können sich besser ausgebildete und motiviertere Lehrer:innen leisten. Das Ergebnis ist, dass das Bildungsniveau an UNRWA Schulen besser, was zu verständlichem Neid und Hass von Eltern auf die palästinensischen „Flüchtlinge“ führt und eine Integration de facto verhindert. Warum wird so ein Wahnsinn von der internationalen Gemeinschaft seit Jahrzehnten beibehalten und bis wann soll das gehen? Es werden ja immer mehr „Flüchtlinge“ und dementsprechend steigen die Kosten exponential.

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Ich empfinde es als ziemlich anmaßend, für die Nachkommen von Vertriebenen entscheiden zu wollen, welche Erwartung „unrealistisch“ ist oder nicht. Mit dem gleichen Argument könnte man jedes intergenerationelle Projekt zur Schaffung von Gerechtigkeit abwiegeln – zum Beispiel die Wiedergutmachung für die Verbrechen während der deutschen Kolonialgeschichte oder die Forderung nach Reparationen für die Nachkommen von Sklaven in den USA.

Warum? Das kollektive und persönliche Gedächtnis an die Nakba wird doch nicht ausgelöscht, nur weil man einen formalen Status aberkennt. Wer das annimmt, hat sich nie mit den Nachkommen der Betroffenen der vielen anderen Konflikte in der Welt unterhalten. Genozide, Vertreibungen usw. sind intergenerationelle Traumata, die auch unabhängig eines formalen Status im Gedächtnis der Betroffenen weiterleben.

Naja, meine Oma und ihre Geschwister haben ihr Grundstück in Ostdeutschland nach der Wende zurück erstritten. War das eine „Wahnvorstellung“? Manche Gerechtigkeitsprojekte sind erfolgreich, andere nicht oder stellen sich als unsinnig heraus. Warum sollten wir diese Einschätzung für die Palästinenser treffen? Wer als Palästinenser an dem Projekt kein Interesse hat, wird nicht gezwungen sich zu beteiligen. Viele sehen das aber immer noch als wichtigen Bestandteil ihrer gesellschaftlichen und politischen Identität. Solange dieses Bestreben nicht kriegerisch betrieben wird, habe ich damit kein Problem.

Ah, die Kosten. Das war schon immer das beste Argument gegen Gerechtigkeit. /s

Mal ernsthaft: Natürlich wird der Friedensprozess am Ende Kompromisse erfordern, eine Rückkehr aller Nachkommen der palästinensischen Vertriebenen erscheint auch mir wenig realistisch. Aber das Verlangen danach und die Forderung das auch Israel in dieser Frage Kompromisse machen muss erscheint mir extrem nachvollziehbar.

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Durch diese gezielten Auslassungen und Fehlinformationen wird eben der Eindruck vermittelt, es gäbe eine einheitliche palästinensische Position, nach der sie nichts wollen, ausser einen Staat nach den Grenzen des UN Teilungsplans, wo sie dann friedlich leben können, wenn nur die blöden Israelis es zulassen würden. Das ist einfach Propaganda und sollte so nicht verbreitet werden.

Das ist relevant, weil ja COGAT sagt, sie würden mehr Hilfstransporte reinlassen als nötig und, als die UN verteilt, d.h. wenn Nahrungsmittel reinkommen, aber die Leute trotzdem nichts zu essen haben, liegt es nicht an den israelischen Grenzkontrollen, sondern an der Verteilung im Gazastreifen selbst und damit haben die Israelis ja nichts zu tun. Kann man objektiv über die humanitäre Situation berichten wollte würde man das sagen, kann man aber natürlich auch weglassen und damit Israel ein bisschen schlechter darstellen.

https://govextra.gov.il/cogat/humanitarian-efforts/home/

Also eine Garantie, dass Flüchtlinge in ihr Heimatland zurückkehren können und werden gibt es natürlich nie und das darf ja auch kein Kriterium sein, um Menschen, die vor einer humanitären Katastrophe fliehen nicht aufzunehmen. Das ist ja u.a. auch in der Genfer Flüchtlingskonvention geregelt.

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