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Und selbst wenn wir mal von dieser Zahl ausgehen, würde diese Argumentation nicht aufgehen: Wer für eine Widerspruchslösung ist, ist tendenziell auch für Organspenden. Wären also 99% für die Pflicht, gäbe es das Problem zu weniger SpenderInnen wahrscheinlich nicht.
Das ist einfach falsch, es werden literally Organe entnommen. Ja, die Person ist dann tot, aber es ist trotzdem ein Eingriff, der von der Zustimmung des betroffenen Menschen abhängen sollte.
Ich bin ja grundsätzlich deiner Meinung, dass die Vorteile massiv überwiegen, aber die Entscheidung über eigene Körperteile sollte trotzdem nicht einfach so pauschal weggewischt werden, wie du es gerade tust.
Was denn nun? Ich dachte, es ist so eine Kleinigkeit ohne Nachteile, bei der 99% sowieso dafür sind?
„So what“??? Ich dachte, es geht darum, die Anzahl an Spenderorganen zu erhöhen und damit Menschen zu retten? Was ist denn der Grund für die Pflicht, wenn nicht das?
Darüber hinaus: Was ist mit der so viel beschworenen wissenschaftsbasierten Politik? Die Maßnahme ist offenbar weder notwendig noch hinreichend, in Bezug auf die Problematik Organspenden.
Vor allem sehe ich immer noch nicht, was der große Nachteil an einer Verknüpfung mit Krankenkassenkarte oder Perso sein sollte, wo es ja den großen Vorteil in Bezug auf Persönlichkeitsrechte und explizit keine signifikanten Nachteile bei der Anzahl an Spenden gibt.
Dass wir diese Diskussion führen zeigt doch, dass es nicht darum geht, eine Unterschrift zu tätigen, sondern sich erst mal ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen.
Wusstest du zum Beispiel, dass es besonders schwer ist, Augen zu transplantieren, da sie das am häufigsten ausgeschlossene Organ sind?
Wie ist eigentlich der Default ob man verbrannt oder eingeäschert wird. Also insbesondere für Menschen ohne Angehörige und Testament?
Hier werden auch religös/moralische Entscheidungen für Tote getroffen und ich vermute, es wird das gemacht, was am billigsten für die Gesellschaft ist. Wahrscheinlich wird der mittellose Obdachlose selbst dann verbrannt, wenn er ein eidesstattliches Testament verfügt hat, in dem er ausführlich darlegt, wie es gegen alle seine Überzeugungen und Werte ginge, wenn man ihn verbrennen würde.
Ja, das wusste ich. Ich habe mich nämlich tatsächlich ernsthaft mit dem Thema beschäftigt und meine Entscheidung getroffen. Für mich kommt lediglich die Schlussfolgerung „Wer sich nicht damit beschäftigt hat/beschäftigen will, wird im Falle des Hirntods dann eben automatisch zum Ersatzteillager“ nicht infrage. Immerhin bedeutet eine Organspende eine zusätzliche oder verlängerte intensivmedizinische Behandlung und massive medizinische Eingriffe am Lebensende. Das sollte jede und jeder wissen und für sich bejaht haben. Im Übrigen zeigt dein Beispiel doch gerade, dass ein Bezug zum eigenen Körper auch über dessen Tod hinaus durchaus auch von potenziellen OrganspenderInnen empfunden oder gedacht wird - Augen werden als besonders „persönlichkeitsnahe“ Organe wahrgenommen, obwohl sie, rein rational betrachtet, in dieselbe Kategorie fallen wie eine Niere oder Leber.
Dann kannst du aber doch nicht ernsthaft so tun, als ob das alles in fünf Minuten mit einem Kreuz und einer Unterschrift erledigt wäre.
Also bei behördlichen Beerdigungen das was billiger ist (Einäscherung) - und das ist der Normalfall, wenn es keine Angehörigen gibt, die man fragen kann.
Ein Testament ist zu berücksichtigen, aber wird gerne mal übersehen.
Hier sind zentrale Register klar im Vorteil.
Nettes Framing. Wie wäre: wer sich nicht damit beschäftigt hat/will, wird im Falle eines Hirntods und theoretisch möglicher Organentnahme jetzt halt durch Unterlassung das Leiden anderer Menschen verlängern und ggf. deren Tod verursachen.
Das ist ein wirklich guter Punkt, der viel über die Gesellschaft aussagt.
Von einer „Einäscherung auf Staatskosten“ sind eben nur arme Menschen aus armen Familien betroffen. Da wird das sonst so scharfe Schwert der religiös-moralischen Einwendungen plötzlich ganz schnell ganz stumpf. Vom Thema Organspende hingegen ist jeder gleichermaßen betroffen, man könnte sogar sagen, die Mittel- und Oberschicht mehr als die Unterschicht (weil der Zustand der Organe dort wegen der besseren Lebensumstände oft auch besser sein dürfte). Da haben wir dann plötzlich ein riesiges Problem, da formt sich plötzlich eine zumindest kleine Lobby vor allem aus dem Lager der „Liberalen“ (Liberal im Sinne der FDP) und teilweise auch Konservativen, also jenen, die im Schnitt selten der Unterschicht angehören…
Ich denke daher tatsächlich, dass hier - unterschwellig - auch eine Klassen- bzw. Schichten-Problematik vorliegt, die dazu führt, dass die Dinge unterschiedlich öffentlich diskutiert werden. Menschen, die aus Armut eingeäschert werden, haben eben keine Lobby.
Nettes Framing. Und auch - mit Verlaub - ethisch-philosophisch ziemlich unterkomplex. Seit wann ist oder wird ein menschlicher Körper die Verfügungsmasse anderer? Seit wann ist jemand, der das große Pech hat, einen Hirntod zu erleiden, in irgendeiner Hinsicht „schuld“ am Tod von Menschen, die ein Organ benötigen? Wie jemand sterben will und was mit dem eigenen Körper geschehen soll, wenn das Gehirn unumkehrbar geschädigt ist, ist und bleibt die intime, individuelle Entscheidung und Verantwortung jeder und jedes Einzelnen. Und hat mit Schuld gar nichts zu tun.
Ich sehe das Problem, es ist sicherlich so, dass Bürger- und Oberschicht eher die Möglichkeit haben, gesellschaftliche Diskussionen in ihrem Interesse zu framen.
Trotzdem gibt es in diesem Fall zielführende Lösungen, die eben nicht eine Klasse gegen die andere ausspielen. Denn selbst wenn man die ethischen Kritikpunkte an der Widerspruchslösung ignoriert, bleibt der Punkt, dass eine Widerspruchslösung empirisch bei der Problemlösung nicht signifikant hilft (siehe oben im Thread zitierte Studien). Sie trotzdem zu fordern, ist deshalb mMn nicht sinnvoll.
Eine Kombination aus der Pflicht, die Entscheidung in Verbindung mit Krankenkassenkarte oder Perso zu treffen und digital festzuhalten, sowie den oben von @ScholzVersteher genannten Punkten bzw einer Orientierung am deutlich erfolgreicheren Spanien („hinreichende finanzielle Anreize für Krankenhäuser, damit diese die notwendige Infrastruktur bereitstellen, ein Transplantations-Netzwerk welches den Ablauf effektiv organisiert, Bildungsprogramme und die Schulung von Koordinatoren, die sich Zeit nehmen“) wäre deutlich zielführender und weniger kontrovers/polarisierend
Unterkomplex? Von jemanden, der Organspender als Ersatzteillager bezeichnet. Wenn du meinst.
Wo habe ich das behauptet? Mal davon abgesehen, dass es jetzt bereits so ist: wenn ich mich nicht darum kümmere was nach meinem Tod passieren soll, dann machen das andere.
Du schreibst es ja selbst, es bleibt eine individuelle Entscheidung und Verantwortung. Aber klar, wenn ich (um meinem gehirntoten Körper die Strapazen zu ersparen) nach reiflich Überlegung den Entschluss gefällt hätte, dass meine funktionstüchtigen Nieren lieber verbrannt werden sollen oder von Würmern gefressen werden sollten, als dass sie das Leben eines Menschen retten, dann würde ich danach auch alles tun um meine Entscheidung von ihren Konsequenzen zu entkoppeln.
Das fände ich tatsächlich auch logischer. Problematisch bei der online-Ausweisfunktion ist auch, dass das Smartphone neu genug sein muss für NFC. Mein iphone SE ist es nicht…
Ja, das dachte ich auch. Nachdem ich jedoch eine entsprechende Fehlermeldung gekriegt habe, habe ich auf der Seite der Ausweisapp nachgeschaut und dort die Nachricht bekommen: „Mit dem iPhone SE und dem iPhone 6/ 6S (Plus) können Sie die Online-Ausweisfunktion leider nicht nutzen, da Apple die benötigte NFC-Technik zur Kommunikation mit Smartcards wie dem Personalausweis hier noch nicht bereitstellt.“ Richtig blöd, weil ich die Funktion gerne nutzen würde, aber nicht bereit bin, mir deswegen ein neues iphone zu kaufen.
Einen neuen Aspekt, der auch schon kurz angeklungen ist, möchte ich nochmal aufbringen: Werbung.
Aktuell muss der Staat Maßnahmen ergreifen, um Menschen über Organspenden aufzuklären und für neue Spender:innen zu sorgen. Wie in dieser Diskussion schon erwähnt wurde, wäre das bei einer Opt-Out Lösung nicht mehr notwendig.
ABER: wie würden Menschen in einer Zukunft mit opt-out lösung darüber informiert werden, was nach ihrem tot mit ihrem Körper passiert. Was ist mit Menschen, die in ihrem Alltag nicht die Zeit oder Ressourcen haben, sich aus eigenem Antrieb damit zu beschäftigen? In einer Opt-out Zukunft hat der Saat ja sogar ein Interesse daran, dass Menschen sich nicht damit beschäftigen und widersprechen.
Meiner Meinung nach ist ein Staat, der Anspruch auf die Organe seiner Bürgerinnen erhebt mindestens in der Pflicht, ausreichend darüber aufzuklären. Damit die Opt-Out Lösung ethisch denkbar wäre, müssten die Bürgerinnen erstmal dazu befähigt werden, sich ihrer Situation bewusst zu werden und im Zweifel zu widersprechen.
Vorteil der perso/krankenkassenkarten Lösung: der Staat muss deutlich weniger unternehmen, um Informationen an die Bürgerinnen zu bringen, als das jetzt der Fall ist. Gleichzeitig muss die Entscheidung letztendlich doch von jederm und jeder individuell getroffen werden. Dadurch steigt das incentive überzeugende Informationen zu vermitteln, um die Entscheidung zur Spende zu bewegen.