LdN374 Lösungsansatz zur Organspende

Das stört mich auch. Es wird so getan, als wäre die Widerspruchslösung DIE Lösung und dann würden bei uns die tatsächlichen Spendenzahlen ansteigen. Allerdings gibt es viele andere Gründe, die viel zu wenig Beachtung finden. Hier Mal zwei Artikel

(1) Organspende - Nicht nur eine intensivmedizinische Aufgabe

(2) Ursachen der niedrigen Organspenderate in Deutschland

Ein paar Zitate:

Aus (1)

Wissenschaftlich konnte die Frage, ob eine Opt-in- einer Opt-out-Lösung bezüglich der Organspendezahlen überlegen ist, bislang nicht eindeutig geklärt werden. […] Eine aktuellere Analyse von 35 Ländern, bei denen 17 Länder eine Opt-out- und 18 Länder eine Opt-in-Regelung verfolgten, konnte nur eine nichtsignifikant höhere Spenderrate für Länder mit Opt-out-Regelungen zeigen.

und aus (2):

Jedoch scheint aus verschiedenen Gründen Zweifel an dem Nutzen der doppelten Widerspruchslösung angebracht: Da schon jetzt bei 76 % derjenigen, bei denen der Hirntod diagnostiziert wurde, eine Zustimmung zu einer Organspende erfolgt [9] und 18 % der Bevölkerung nachweislich dokumentiert haben, dass sie im Zweifelsfall keine Organspender werden wollen [6], kann die Spenderate selbst im Idealfall nur um wenige Prozente gesteigert werden. Wie eine kürzlich veröffentlichte Studie nahelegt, scheint jedoch selbst an einer geringen Zunahme der Organspendezahlen Zweifel angebracht. […] Das Ergebnis: Länder mit einer Widerspruchslösung haben keine signifikant höheren Organspenderaten als Länder mit einer Zustimmungsregelung [1].

Woran liegt es dann? Beispielsweise an Identifikation von potenziellen Spender*innen, aus (1):

Ein Pilotprojekt im Auftrag der DSO, die „In-house“-Koordination in 112 deutschen Krankenhäusern, zeigte, dass in den betrachteten Kliniken zwischen 2010 und 2012 zwar ein Großteil der möglichen Spenderinnen erfasst, jedoch bei insgesamt 411 Fällen keine IHA eingeleitet wurde, obwohl die retrospektive Analyse dies als sinnvoll erachtete. Zwar entsprechen diese 411 Fälle nur 1,8 % aller mit einer Hirnschädigung Verstorbenen, jedoch hätten sie zu einer Steigerung der Spendezahlen um 31 % geführt, […]

und aus (2):

Die Jahresberichte der DSO offenbaren, dass die Entnahmekrankenhäuser 2017 knapp 20 % weniger mögliche Organspender an die DSO gemeldet haben als noch 2010 und das obwohl das Organspendepotenzial wie oben dargestellt in demselben Zeitraum zugenommen hat [8, 9]. […] Offensichtlich ist also ein Erkennungs- bzw. Meldedefizit von möglichen Organspendern der maßgebliche Grund für die rückläufigen Organspendezahlen der letzten Jahre.

Es wird oft so getan, als ob das einzige Problem wäre, dass nicht genug Leute „Ja“ zur Organspende sagen und eine Widerspruchslösung das ändern würde. Es gibt aber auch andere Probleme. Finde ich schade, dass das in der aktuellen LdN374 nicht berücksichtigt wurde.

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Das eine tun und das andere nicht lassen. Schaffen wir das als Gesellschaft und schafft es die Politik?

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Ja, der Auszug aus (1) bezieht sich auf genau die Studie von Arshad et al. (2019), auf die ich hingewiesen hatte.

Ich verstehe jetzt nicht, wo du diese Rechnung her hast.

Heute wurde nochmal eine gute Zusammenfassung veröffentlicht:

Unstatistik des Monats

Das meiste wusste man bereits vor 12 Jahren, es wurde auch diverse Maßnahmen diskutiert. Statt auf dem Perso sollte die Entscheidung auf der Gesundheitskarte gespeichert werden, glaube die Ämter wollten das nicht machen. Das wurde nie was. Weiterhin wurden diverse Maßnahmen bei den Krankenhäusern getroffen, u.a. Transplantationsbeauftragte eingeführt. Ohne großen Erfolg.

Ja, vielleicht habe ich das missverstanden.

Ich halte es für äußerst schwierig das Thema Widerspruchslösung „so am Rande abzuhandeln“, wie es in der letzten Lage getan wurde, weil
a) wie schon gesagt wurde, die Studienlage nicht so eindeutig ist und auch die systemischen Rahmenbedingungen in den Entnahmehäusern nicht immer ideal sind (siehe Kommentare von stefanherzog und Lynn)1,2.
b) In anderen Ländern mit hohen Spender*innenzahlen gilt übrigens nicht nur der sog. Hirntod als Kriterium, sondern auch der Herztod (Zahlen siehe IRODaT - International Registry on Organ Donation and Transplantation). Die höhere Anzahl an Spenden ist hier also nicht ausschließlich auf die Widerspruchslösung zurückzuführen.
c) Der Aspekt Herztod zeigt, dass es einige ethische Implikationen gibt, die mit diesem Thema verbunden sind. Z.B. ist das Wissen um die gesetzlichen Regelungen zur Organspende im eigenen Land, ist in Ländern mit Widerspruchslösung eher schlechter als in Ländern mit Zustimmungslösung.3
d) Zu den Zahlen: Ja, 84% der Befragten in einer Studie der BZgA4 stehen der Organspende eher positiv gegenüber. Über die Jahre ist ein signifikanter Anstieg der positiven Einstellungen zu verzeichnen Die Frage hierzu lautet: „[…]Was halten Sie generell von Organ- und Gewebespende? Stehen Sie dem eher positiv oder eher negativ gegenüber?“ (S. 103)
Lautet die Frage jedoch: „Wären Sie grundsätzlich damit einverstanden, dass man Ihnen nach Ihrem Tod Organe und Gewebe entnimmt - oder wären Sie damit nicht einverstanden?“ wären dann „nur noch“ 73% einverstanden und 20% nicht (S. 104). Aber 85% können sich vorstellen, ein Organ anzunehmen… (S.105).
(Da passt was nicht ganz aufeinander, oder?)
Es liegt eine signifikante Steigerung der Anzahl derer vor, die einen Organspendeausweis haben vor. 2010 hatten 25% der Befragten einen Ausweis, 2022 dann 40% (S. 29).
Vielleicht brauchen wir also gar nicht die Widerspruchslösung, sondern mehr Aufklärung und Information?

1Molina-Pérez A, Rodríguez-Arias D, Delgado J. Differential impact of opt-in, opt-out policies on deceased organ donation rates: a mixed conceptual and empirical study. BMJ Open 2022;12:e057107. doi:10.1136/bmjopen-2021-057107
2Schulte K, Borzikowsky C, Rahmel A, Kolibay F, Polze N, Fränkel P, Mikle S, Alders B, Kunzendorf U, Feldkamp T: Decline in organ donation in Germany—a nationwide secondary analysis of all inpatient cases. Dtsch Arztebl Int 2018; 115: 463–8. DOI: 10.3238/arztebl.2018.0463
3Molina-Pérez A, Rodríguez-Arias D, Delgado-Rodríguez J, Morgan M, Frunza M, Randhawa G, Reiger-Van de Wijdeven J, Schiks E, Wöhlke S, Schicktanz S. Public knowledge and attitudes towards consent policies for organ donation in Europe. A systematic review. Transplant Rev (Orlando). 2019 Jan;33(1):1-8. doi: 10.1016/j.trre.2018.09.001. Epub 2018 Sep 22. PMID: 30318183
4Zimmering R, Hammes D (2023). Bericht zur Repräsentativstudie 2022 „Wissen, Einstellung und Verhalten der Allgemeinbevölkerung zur Organ- und Gewebespende“. BZgA-Forschungsbericht. Köln: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung

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Naja, frag die Menschen, ob sie ihr gesamtes Vermögen spenden würden oder ob sie die Spende des gesamten Vermögens eines Anderen annehmen würden und du würdest eine noch größere Verzerrung erhalten. Was uns das Auseinanderfallen der Zahlen dort sagt, ist, dass es mindestens 12% Menschen gibt, die bereit wären zu nehmen, ohne bereit zu sein, zu geben, in den meisten Fällen sind das wohl einfach Egoisten oder Menschen mit irrationalen Ängsten („Wenn ich Organspender bin tun die Ärzte wohl möglich nicht alles, um mich zu retten“).

Natürlich ist das Wissen geringer ausgeprägt in einem System, in dem der „Normalfall“ der Fall ist, für den der Staat keine Werbung machen muss. In Staaten mit Zustimmungslösung müssen Staat und Institutionen massive Werbung für die Organspende machen, in Staaten mit Widerspruchslösung nicht, da muss sich der einzelne, der gegen die Spende ist, selbst informieren. Ich sehe da kein Problem.

Das ist gleichzeitig aber auch ein Problem in der Debatte. Wenn man nach dem Herztod noch auf den Hirntod warten muss, werden auch die anderen Organe oft stark geschädigt. Denn der Hirntod setzt ja gerade ein, weil das Organ „Gehirn“ an der Mangelversorgung mit Sauerstoff „stirbt“, so wie alle anderen Organe auch. Das ist daher ein generelles Dilemma in der Debatte…

Ich denke trotz aller dieser Argumente, dass die Widerspruchslösung ein Schritt auf den richtigen Weg ist. Wenn man diese Argumente ernst nimmt kommt man maximal zu dem Ergebnis, dass die Widerspruchslösung nicht so viele so stark ausgeprägte Vorteile hat, wie man dachte, aber die verbleibenden Vorteile überwiegen die nahezu nicht existenten Nachteile immer noch um ein Vielfaches.

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Ja und? Das Leben ist eine einzige Güterabwägung zwischen verschiedenen (Grund)rechten…

Menschen haben auch das Grundrecht, sich frei bewegen zu können wie sie wollen!
Wenn auf der Autobahn 80 ist, wird dieses Grundrecht beschränkt, weil eben andere Menschen auch ein Recht haben, lebend von A nach B zu kommen.
Das Recht auf Unversehrtheit wiegt hier also höher als das Freiheitsrecht.

Das hast Du bei hunderttausend verschiedenen Dingen. Wäre hier das gleiche!
Und da es im Gegensatz zum Tempolimit Autobahn absolut NULL Einschränkungen gäbe (auf der Baustelle hast Du KEIN Opt-Out), ist das imo eigentlich ein absoluter No-Brainer.

Niemand hat einen Nachteil!
Niemandem wird etwas weggenommen!

Es werden nur weniger Menschen sterben!

Finde ich auch wenig sinnvoll… Sowas willst Du nicht mal eben im Amt entscheiden, wenn Du den Perso beantragst und hinter Dir noch 20 Leute in der Schlange stehen. Je mehr ich darüber nachdenke, desto schlechter finde ich die Idee…

Nicht solidarisch zeigen? Ich widerspreche der Organspende, und selbstverständlich möchte ich kein Spenderorgan annehmen. Wir machen in der westlichen Welt einen riesigen Aufwand um eigentlich zum Sterben kranken Menschen eine sehr begrenzte Zeit ein „künstliches“ Leben zu bieten, während sonst auf der Welt gesunde Menschen an Hunger und Umständen sterben, die wir Westler zu einem nicht kleinen Teil zu verantworten haben. „Leben retten“ würde ich stark relativieren, denn es ist meistens ein Leben am seidenen Faden, jedenfalls kein gutes und gesundes Leben. Hart gesagt scheint es mir eine Lebensverlängerung aus panischer Angst vor dem Tod, von und für Menschen, die verlernt haben, an den Tod zu denken. Ich habe es meiner Ärztin schriftlich gegeben, dass ich ggf. keine teure Chemo haben will, aus genannten Gründen. Ich möchte frei sterben. Ich verstehe, dass die Ärzte tun was technisch möglich ist und sich dem nicht entziehen können. Aber ich entscheide mich wohlüberlegt dagegen. Immer noch „unsolidarisch“?

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So what?
Es tut niemandem weh…

Und wir reden hier von „religiösen Befindlichkeiten vs Menschenleben

Und selbst wenn der Nutzen gering wäre… Was es auf jeden Fall mit sich bringt, ist weniger Aufwand für die 90% der Gesellschaft die sich solidarisch zeigen und zur Spende bereit sind.

Der Aufwand wird auf die Leute verlagert die NICHT solidarisch sind. Allein DAS wäre schon ein Schritt in die richtige Richtung. Jeder hat das Recht eine Spende abzulehnen. Niemand wird gezwungen (womit ich keine Schmerzen hätte) jeder kann seine religiösen Mimositäten ausleben. Aber wer helfen WILL wird nicht noch dafür bestraft…

Mag sein, aber es ist EIN Problem, und durchaus ein wesentliches…
Und eines das man SEHR einfach lösen könnte, ohne dass es auch nur einen Cent kostet (jetzt wo wir ja eine Onlineplattform dafür haben).

Die anderen Probleme sollte man auch angehen, aber die sind in ihrer Lösung auch komplexer und weniger trivial zu beheben.

Das ist am Ende hier auch ähnlich wie die immer gleiche Mimimi-Diskussion der Rechts-Konservativen, die so tun, als wolle man ihnen etwas wegnehmen, wenn man anderen Menschen mehr Rechte gibt. Okay, hier müssten die Leute die da religiöse Vorbehalte haben, noch ein Veto einlegen, aber sonst tut das niemandem weg…

PS: Sind übrigens in weiten Teilen die „fiesen, bösen“ Moslems… :rofl: Im Islam wird das Thema deutlich kontroverser diskutiert als im Christentum, wo eigentlich Konsens herrscht, dass Organspende ein Akt der Nächstsenliebe ist (mal von den Zeugen Jehovas abgesehen), Von daher finde ich das immer sehr herzig, wenn gerade DIE Leute sich darüber aufregen, die in einem Atemzug auch fordern, dass man möglichst alles hier des Landes verweist, was nicht weiß. blond und blauäugig ist…

scnr

Yep! Es ist Dein gutes Recht, Organspenden abzulehnen (in beide Richtungen) aber nur weil Du das Wort unbequem findest, ändert das nichts daran, dass es nunmal den Kern trifft…

WhatAboutism wie er im Buche steht…

Wenn Du das ernst meinst musst Du da schon eine Patientenverfügung erstellen und die im zentralen Vorsorgeregister hinterlegen… Sonst bringt das wenig. Wenn Du nach einem Unfall irgendwo irgendwo um Dein Leben kämpfst wird niemand Deine Hausärztin anrufen.

Du entscheidest dich jetzt dagegen.

Wenn du irgendwann entscheiden musst, ob mit einer Spenderniere noch 10+ Jahre weitestgehend unbeeinträchtigt leben nicht doch eine akzeptablere Lösung wäre, als ständige Dialyse (oder Selbstmord durch Dialyseverweigerung), dann kann ich beurteilen, ob du unsolidarisch bist oder nicht.

Ich hoffe, dass du nie in die Situation kommst, deinen Worten auch Taten folgen lassen zu müssen.

Ist ja voll ok. Wenn wir jetzt eine Widerspruchslösung hätten, würde das für dich aber nichts ändern. Wenn dein Widerspruch in einem zentralen Register ist, ist es ggf. sogar sicherer, dass das was du willst auch passiert im Fall der Fälle.

Aber mal grundsätzlich: Was bedeutet das denn für das Ausland, in dem eine Widerspruchslösung vorherrscht?

Und wir reden hier von „religiösen Befindlichkeiten vs Menschenleben

Nein. Es geht keineswegs nur um religiöse Befindlichkeiten oder „Mimimi“. Es gibt auch für nichtreligiöse Menschen gute Gründe gegen eine Widerspruchslösung. Manche Menschen wollen vielleicht schlicht und einfach in Ruhe sterben dürfen. Andere haben womöglich ein grundsätzliches Problem damit, dass ihr Körper als potenzielles Ersatzteillager betrachtet wird, sofern sie nicht rechtzeitig deutlich widersprochen haben. Ich bin aus grundsätzlichen ethisch-philosophischen Erwägungen gegen eine Widerspruchslösung - wie im Übrigen auch einige Mitglieder des Ethikrats. Das Prinzip der jederzeit freien Entscheidung und der selbstbestimmten Verfügung über den eigenen Körper sollte auch für die Organspende gelten und endet nicht mit dem Hirntod. Und ja, dazu gehört auch das Recht, sich nicht mit dem Thema des eigenen Sterbens auseinanderzusetzen, so wünschenswert diese Auseinandersetzung für jede und jeden und die Gesellschaft sein mag.
Die Möglichkeit, sich auf dem einen oder anderen Weg in das Organspenderegister einzutragen, ist m.E. gut und ausreichend. Die Zahl der Organspenden würde sich nach Meinung vieler Fachleute schon spürbar erhöhen lassen, wenn alle Kliniken ein entsprechendes Management etablieren würden (siehe die verlinkten Artikel weiter oben im Thread).

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Dann können sie ja widersprechen…

Dann können sie ja widersprechen…

Ja, absolut! Ich gehöre momentan dazu!
Genau DAS spricht aber eben FÜR eine Widerspruchslösung.

Denn dann muss sich niemand damit auseinandersetzen und ist trotzdem Spender. Außer wenn er eine unsolidarische Minderheiten-Meinung vertritt.

Denn nochmal: Warum soll man diese Bürde denjenigen auferlegen die eigentlich einen Beitrag zur Gesellschaft leisten wollen und nicht denjenigen die das (aus welchen Gründen auch immer) ablehnen???

Daher nein: Das mögen Gründe sein. Aber bei weitem keine „guten“

Die Struktur ist entscheidend und die Widerspruchslösung ist leider eine unnötige Nebendebatte:

"Zwei neuere wissenschaftliche Studien zeigen, dass das Problem nicht durch eine Widerspruchslösung behoben werden kann. Diese erhöht zwar die Anzahl der potenziellen Organspender, nicht aber die Anzahl der tatsächlichen Spender. Eine in der Fachzeitschrift „kidney International“ veröffentlichte Studie britischer Wissenschaftler verglich 17 OECD-Länder mit Widerspruchslösung mit 18 OECD-Ländern mit Zustimmungsregel. Es gab keinen statistisch bedeutsamen Unterschied im Anteil der tatsächlichen Organspender. Die Länder mit Widerspruchslösung hatten aber weniger Spenden von lebenden Personen.

Eine Studie des Max-Planck-Instituts für Bildungsforschung analysierte fünf Länder, die von einer Zustimmungsregel auf eine Widerspruchsregel umstellten (Argentinien, Chile, Schweden, Uruguay und Wales). Der Wechsel führte zwar zu einem Anstieg der potenziellen Spender, nicht aber zu einem Anstieg der tatsächlichen Organspender.

Spanien: Mehr Organspenden durch gezielte strukturelle Änderungen

Auch das Beispiel Spanien zeigt, dass das Problem vielmehr in der Struktur liegt: Spanien hat die beste Infrastruktur für Organ-Transplantation und die höchste Rate von tatsächlichen Spendern. Ursprünglich hatte es eine Widerspruchslösung, die die Organspenden jedoch nicht erhöhte. Erst als die Regierung gezielte strukturelle Änderungen einführte, stiegen die Spenden deutlich an, wie eine Studie zum spanischen Modell der Organspende zeigt. Zu diesen Änderungen gehören hinreichende finanzielle Anreize für Krankenhäuser, damit diese die notwendige Infrastruktur bereitstellen, ein Transplantations-Netzwerk welches den Ablauf effektiv organisiert, Bildungsprogramme und die Schulung von Koordinatoren, die sich Zeit nehmen, um mit den Angehörigen sprechen – denn es ist die Familie, die am Ende meist die Entscheidung trifft.

Dass das Problem nicht schlicht in der Anzahl potenzieller Spender liegt, sondern in der Struktur, sieht man auch an der relativ hohen Anzahl von potenziellen Spenderinnen und Spendern in Deutschland. Häufig wird damit argumentiert, dass viele Menschen eigentlich spenden wollten, aber niemand davon erfährt. So standen im Jahr 2023 knapp 8.400 Menschen auf der Warteliste, aber nur 965 Menschen haben nach ihrem Tod 2.877 Organe gespendet. Die Frage ist nun, ob sich diese Situation deutlich verbessern lässt, indem mehr Menschen einer Organspende zustimmen bzw. diese explizit ablehnen müssen."

Quelle: RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung

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Welche „Bürde“? Einen Organspendeausweis in fünf Minuten auszufüllen, einen Vermerk in der eigenen Patientenverfügung zu machen oder sich ins Organspenderegister einzutragen bzw. (wie in Kürze möglich) über die Krankenkasse eintragen zu lassen ist eine Bürde? Kann ich beim besten Willen nicht erkennen.

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Ganz im Gegenteil! Ich stelle einen direkten Bezug her: wenn ich diese Leistungen nicht in Anspruch nehme, erspare ich der Gesellschaft die Mittel dafür. Und da Alles mit Allem zusammenhängt, könnte es sein, dass, wie ich sagte, mit diesen Mitteln Menschen in Weltgegenden, in denen bestenfalls Transplantationsmedizin für die Elite verfügbar ist, geholfen werden könnte. Diese Art von Solidarität würde ich höher bewerten als die von der du redest, die einem nichts abverlangt, nichteinmal Nachdenken. Aber das kannst du natürlich auch halten, wie du möchtest. Ich wollte nur bei all dieser Einhelligkeit zu diesem Thema einen anderen Standpunkt zur Geltung bringen.

Gut, dann nehmen sie mir halt was raus. Ich halte dieses System einfach für extrem teuer, mit einem fragwürdigen Ergebnis (Lebensqualität nach Transplantation), und eben ungerecht, weil für 80% der Menschheit vermutlich (Zahlen weiss ich nicht) gar nicht zugänglich.