LdN356: Mastodon und Öffentlich-Rechtliche Räume in Sozialen Netzwerken

Schöner Text und eine gute Übersicht zum Thema findet man hier: Nutzervölker auf Wanderung | c't | heise magazine (€)

​Ein soziales Netzwerk ist aus Sicht der Nutzer ein Stück Heimat im Netz, ein lange gewachsenes Gebilde, in dem man regelmäßig seine Beziehungen pflegt. Nach einer Studie von Faktenkontor verbringen Deutsche pro Woche im Schnitt knapp 21 Stunden in sozialen Netzwerken.​

Seine Onlineheimat gibt man nicht so schnell auf. Das haben auch die Streikführer bei Reddit gemerkt. Bei dem Netzwerk haben die ehrenamtlichen Administratoren viele Subreddits gesperrt, also Unterforen. Damit haben sie gegen ein neues Geschäftsmodell protestiert, das ihnen in letzter Konsequenz die Arbeit erschwert hätte. Der Protest ist aber letztlich verpufft, weil die Nutzer auf andere Subreddits ausgewichen sind.​

Ist der Leidensdruck groß genug, sind Anwender allerdings sogar mehrfach bereit, sich nach Alternativen umzuschauen: Zuerst weg von Elon Musks X hin zu Mastodon, dann weiter zu Bluesky, weil sie mit dem verteilten Netzwerk fremdelten. Wobei sich viele der potenziell Wechselwilligen schwertun, ihre Zelte auf den alten Plattformen komplett abzureißen, und ihre Accounts dort erst einmal weiterlaufen lassen.​

Rund um Bluesky gibt es viele Fragen, etwa die nach dem Geschäftsmodell. Der Blogger André Vatter weist zurecht darauf hin, dass der Niedergang von Twitter viel mit ungenügender Moderation zu tun hat. Und was ist bei Bluesky zu erwarten? Er fragt: „Wer betreibt das Netzwerk und wie wird es reguliert? Wem ist Bluesky PBLLC gegenüber rechenschaftspflichtig? Warum haben weder die Hauptseite des Netzwerks (für unangemeldete Nutzer), noch die Seite der gemeinnützigen Gesellschaft oder die Seite („© 2023 Bluesky, PBC. All rights reserved.“) des AT Protocols eine Datenschutzerklärung? Es gibt Hinweise zur Privacy Policy für das Netzwerk, in der aber das Akronym „GDPR“ nicht einmal vorkommt – es hapert ein wenig an Respekt für europäisches Datenschutzrecht, oder?“ Der Hype rund um Bluesky kann auch ganz schnell wieder verpuffen und die Anwenderschaft zur nächsten Onlineheimat weiterziehen.

Das habe ich mich auch schon gefragt - und ebenso: Wer moderiert auf Mastodon?

Auf Mastodon moderiert sich jede Instanz selber. Instanzen können also konkurrieren mit verschiedenen Moderationskonzepten. Jede Instanz kann entscheiden ob sie kostenlos ist und durch freiwillige moderiert wird, oder ob irgendwo Geld her kommt mit dem professionelle Moderation bezahlt wird.

Vielleicht sollte man folgenden Beitrag

https://talk.lagedernation.org/t/folge-356-oeffentliches-medium-zum-austausch-x-vs-bs-vs-fediverse/21998/2?u=tilrq

hier her verschieben? @Margarete

Hallo, ich habe heute Vormittag eure aktuelle Folge gehört und ein paar Anmerkungen zu dem Thema „Öffentlich Rechtliches“ Informationsmedium.

Zum einen muss ich euch in eurer Betrachtung bezüglich Mastodon noch ein Stück weiter in den Raum stoßen. Ihr denkt da leider immer noch in zu geschlossenen Kreisen.
Mastodon ist nur einer von über verschiedenen Zugängen in das Netzwerk, das sich Fediverse nennt. (Ja, man kann Mastodon auch als eigenes Netzwerk sehen, ist aber um Längen zu kurz gesprungen).
technisch gesehen postet ihr mit Mastodon und lest damit, abgeschickt werden Antworten auf eure Beiträge aber mit einer Vielzahl anderer Dienste. Wir haben angefangen, dazu selber Beiträge zu schreiben, vielleicht hilft das ja dabei, das Fediverse besser zu verstehen - Serie – Fediverse-Dienste: Die Idee - GNU/Linux.ch

Jetzt zu eurer Befragung der verschiedenen Medien und ÖRR Anstalten und sollte es nicht welche die vom ÖRR betrieben werden, geben.
Die ARD und das ZDF betreiben jeweils schon eigene Instanzen im Fediverse und könnten die sehr wohl reichlich mit Leben füllen. Wenn man das denn wollte.

Dazu läuft auch gerade eine Umfrage, wie Medien im Fediverse interagieren - https://kowelenz.social/objects/fcba35b1-b017-4b4a-b945-bd845c6e468c

Gerade eigene Instanzen für ARD und ZDF haben ihre Vorteile, die user auf deren Instanzen sind durch ihr Hausrecht geschützt, die Inhalte sind allein dadurch verifiziert, zudem sind alle Inhalte (so sie öffentlich sind) auch ohne Fediverse Account von außerhalb des Netzwerkes sichtbar und auch durch Suchmaschinen, auffindbar.

Wie sich das Henne Ei Problem lösen lässt, hat Heise.de jetzt nach einem Jahr bewertet.
In dem man sich in das Netzwerk einbringt und aktiv ist.
Dazu haben die schon mehrfach Beiträge gebracht und ggf. wäre das für euch als LdN mal ein Interview wert mit Martin Holland (Martin Holland (@mho) | Moppels wonderful and comfy Fediverse Bar)
https://chaos.social/@kubikpixel/111385255003743639
Denn viele der von euch eingeholten Statements hören sich nach Ausreden an, und damit meine ich nicht mal den verbleib auf Twitter, sondern gerade bei den Landesanstalten der ARD, warum sie ihre eigene Fediverse Instanz, nicht wirklich nutzen.

Wie gesagt, die ÖRR haben schon so etwas, wie in Info/Kommunikations Medium, sie nutzen es leider auch nicht. Im Fall der ARD kann es auch daran liegen, wie so der Chef den Spitznamen TikTokGniffke hat?

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Noch ein Nachtrag, weil Zeichenbegrenzung kam:

Das Problem mit geschlossenen Plattformen, habt ihr ja selber benannt. Und nein, Bluesky wird das nicht lösen. Und auch nicht die dort versprochene Dezentralität. Denn technisch wird die anders gelöst, als es der Name sagt.
Ja, es wird da sicher mal andere Instanzen geben, nur, wird die Software dort zentral verwaltet und einzelne Instanz werden nicht ohne den Hauptserver auskommen. Dazu gibt es genug zu lesen, wenn einem das technische interessiert
Das Problem mit Kaufen/Verkaufen an Musk usw. bleibt auch da bestehen.

Nach dem explizitem Aufruf in der LdN356 auf das Problem der Profit getriebenen Monopol-Platform einzugehen, wollte ich hier mal eine Quelle einstreuen die das Problem anhand dem Beispiel von TikTok besonders gut analysiert: The ‘Enshittification’ of TikTok – Or how, exactly, platforms die.

Ausserdem will ich auf ein Beispiel hinweisen das in dieser Debatte meines erachtens nach viel zu wenig Beachtung findet: Wikipedia

Klar! Wikipedia ist kein social media. Trotzdem ist es eine „user generated content“ getriebene Plattform die das Problem „Desinformation“ im großen und ganzen gelöst hat. Und ein nicht ganz unwesentlicher Baustein ist die Organistationsfrom als Stiftung. Die Wikipedia ist eben explizit nicht gewinnorientiert.

Das setzt unter anderem voraus das die Gründer einer solchen Plattform auf die Ambition verzichten Milliardär zu werden. Quick google ergibt das Jimmy Wales auf ein net. worth von 1.5 Millionen USD kommt.

Oder in anderen Worten: die Admins einer Instanz haben Hausrecht. Können Nutzer kicken und Inhalte einschränken. Und können auch andere Instanzen blocken. Passiert auf meiner Instanz häufiger mal. Wenn wieder Spam von mastodon.social kommt, wird mastodon.social komplett stumm geschaltet für ne Zeit.

Bei der Wahl einer Instanz wählt man ein Stück weit die Art und Weise der Moderation (das ist dann ein Teil von diesem kompliziert, von dem sie alle reden)

Edith: Wer mal Mastodon in schön und mit toller UX sehen will, der klickt auf https://elk.zone

Edith2: Twitter ist auch groß geworden, weil es öflzig Anwendungen von Drittanbietern gab. Als Twitter noch keine Bilder konnte, gab es TwitPic. Als es noch keine Retweets gab, haben die Nutzer das selbst erfunden und Tweets entsprechend zitiert. Tweetdeck war zuerst auch eine 3rd Party-Anwendung und wurde dann von Twitter gekauft. Ich möchte damit sagen: trau keiner Plattform, die keine 3rd-Party-Apps zulässt. Und ja, das ist ein dicker Pluspunkt für das Fediverse. Hier möchte man, dass jeder seine eigene App entwickeln kann.

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Kurze Anmerkung zu Reddit: ich kann das absolut nachvollziehen, habe selber einige subreddits die ich wärmstens empfehlen kann (z.B. AskHistorians). Das Problem mit Reddit ist nur dass es das Zentralisierungsproblem hat und mit dem effektiven Abschalten von third party apps zuletzt deutliche Signale gesendet hat dass man vorhat, die Kontrolle über die Plattform zu verschärfen, vermutlich zu zukünftigen Monetarisierungszwecken. Lange geht das vermutlich nicht mehr gut

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Es ging mir nicht um die Länge der Texte, sondern um fehlende Semantik.

Die KI soll nur Moderatoren mit einer Vorkategorisierung helfen, die dann von Menschen bestätigt werden, um die Arbeitslast zu senken. Dabei geht es auch nur um die Semantik. Wenn jemand etwa ein rhetorisches Mittel verwendet oder ein Beispiel als Argument deklariert. Gerade für solche Situationen ist Machine Learning schon seit Jahren sehr gut geeignet. Ich kenne die Grenzen der aktuellen KI sehr genau. Vom aktuellen KI-Hype halte ich nicht viel.

Wenn Teilhabe schwieriger ist und weniger bringt als die Nutzung von Facebook, Instagram, oder TikTok, dann hast du recht. Aber genau darum geht es mir doch: Es muss super einfach sein, sich zu einem Thema, das einen betrifft, zu äußern und sich strukturiert auszutauschen. Es muss auch nicht die ganze Bevölkerung mitmachen. Aber wenn die Einstiegshürden so stark gesenkt sind, dann wird die Teilhabe um ein Vielfaches steigen, das ist nur logisch.

Danke für diesen Link, das Projekt kannte ich noch nicht. Aber es ist auch etwas völlig anderes, als wovon ich spreche. Es geht mir nicht darum, aus Freitext mithilfe von KI irgendwas zu extrahieren, wie es dort getan wird. Schon gar nicht geht es mir um Clustering, wie es dort vor allem betrieben wird. Selbst wenn unsere KI so weit wäre, dass sie das verlässlich könnte (das kann sie nicht), würde es doch nichts bringen, denn die Menschen hätten wieder mit rheotischen Mitteln und Beispielen herum argumentiert und somit aneinander vorbei geredet. Durch fehlende Leitung und Struktur wäre das Meinungsbild verzerrt und unvollständig.

Das Matching soll ja nur dafür da sein für dich festzustellen, wer im öffentlichen Diskurs noch deiner Meinung ist. Es ist ein viel besserer Ersatz für den Wahl-O-Mat. Und da zu keinem Zeitpunkt etwas „gefiltert“ wird, kann es auch nicht zu einer Bubble kommen. Du konsumierst ja nicht kleine Ausschnitte aus großen Datensätzen, die dann gefiltert werden könnten. Du siehst immer alles für diejenigen Themen, nach denen du suchst, ohne Filter. Da alle Beiträge anonym sind, könnte auch gar nicht „personalisiert“ gefiltert werden.

Ich wünsche mir gar nichts her oder weg. Ich arbeite schon seit Jahren am Konzept. Aktuell bin ich an der Querfinanzierung, damit ich mich dann in Ruhe und ohne Abhängigkeiten von außen an die Umsetzung machen kann. Es wird also noch ein paar Jahre dauern, bis ich etwas vorzeigen kann, aber der Nutzen motiviert mich ungemein. Dass viele skeptisch auf meine Idee reagieren und den Nutzen in Frage stellen und mehr Gefahren sehen stört mich nicht. Kein Gegenargument hat mich je wirklich überzeugt, sondern mir eher das Gefühl vermittelt, dass meine Idee gar nicht verstanden wird. :person_shrugging:

Dass viele Menschen in unserer kapitalistisch motiverten Welt den Glauben daran verloren haben, dass noch erfolgreiche Projekte zur Verbesserung der Demokratie möglich sind, kann ich zwar irgendwo nachvollziehen, aber dafür kann ich nichts. Deswegen gebe ich nicht auf.

Ich kenne interessante Projekte, die genau das Thema der öffentlichen Plattformen behandeln:

Eines ist public space incubator vom ZDF, das öffentliche Plattformen entwickeln will, auf denen politische Debatten gut moderiert möglich sind. Es wird gemeinsam mit öffentlich-rechtlichen Medien anderer Länder entwickelt und wurde auf der re-publica 2023 vorgestellt. Eine Einführung hierzu: Neues aus dem Fernsehrat (95): Fragen und Antworten zum „Public Spaces Incubator“ des ZDF – netzpolitik.org
damit verknüpft ist new public (Public Spaces Incubator).

Dies sind ja eigentlich genau die Ansätze, die in der Folge - zurecht - eingefordert wurden.

Hilfreich und notwendig wären darüber hinaus aber auch Ansätze für safe spaces im Netz, wo sich bestimmte Communities, ohne Angst, Hass ausgesetzt zu werden, vernetzen und empowern können. Falls jemand hier einen Hinweis hat, wäre ich dankbar!

Ich möchte mal einen anderen Gedanken in den Raum werfen: Wenn wir uns die Profile der Zeitungen und ÖR-Medien in irgend einem sozialen Netzwerk anschauen, findet dann da tatsächlich ein Austausch oder ien Diskurs statt? Also, wenn die Lage z.B. postet „Lage 356 ist raus“, dann finden sich die Kommentar zur Folge wo? Doch hier und nicht in irgend einem sozialen Netzwerk. Ähnlich dürfte es bei Zeitungen und ÖR-Medien aussehen, da ist das soziale Netzwerk der Kanal um auf seinen Podcast oder Newsartikel zu verweisen. Oder ganz frech gesagt: Man postet Click-Baits um die Nutzer aus dem sozialen Netzwerk auf die eigene Präsenz zu locken, denn nur dort vierdient man mit Werbung usw. Ein Rückkanal der Nutzer die das Thema dann kommentieren können ist eher nicht gewünscht, es sei denn man betreibt sein eigenes Forum

Um mich mit diversen Nachrichten zu versorgen tut es mir ein gut konfigurierter RSS-Feedreader, der strukturiert meine Quellen dann auch deutlich besser als ein soziales Netzwerk. Ich klicke mir so quasi meine eigene Tageszeitung zusammen und kann mich aus verschiedensten Quellen informieren.

Just my 2 cent.

Ich finde es sollte eine Öffnung von sozialen Medien geben. Inhalte aus Facebook, Instagram, X, Reddit usw. sollten per Schnittstelle (gegen angemessene Bezahlung) zur verfügung gestellt werden bzw. interoperabel sein. (z. B. von Signal zu Whatsapp schreiben zu können). Dadurch kann ein richtiger Wettbewerb entstehen und neue Platformen stehen nicht vor dem „Empty Room“ Problem und können einfacher Konkurrenzfähiger werden.

Damit verbunden sollte nur Identifizierte Nutzer:innen Inhalte veröffentlichen dürfen. Idealerweise mit einem datenschutzfreundlichen Verfahren. So, dass Platformen nicht die Identität der Nutzer:innen erhalten, aber beweisen können, es handelt sich hier um einen Menschen, der sich selbst Identifiziert hat.

Ich habe das weiter oben versucht anzudeuten: Die offenen Protokolle unter Mastodon ermöglichen es verschiedenen Communities, ihr eigenes soziales Netzwerk aufzubauen, das sie nach eigenem Gutdünken in ein größeres verstricken können. Die Moderation funktioniert dann häufig so wie ich es aus Foren in den Nullerjahren kenne, dass das Menschen aus der Community direkt übernehmen, eben weil’s die eigene Community ist, der man sich verpflichtet fühlt. Und viele Instanzen haben gelernt oder erkennen müssen, dass der Menschn nicht nur von Luft und Liebe lebt, und finanzieren den Betrieb der Instanz (technisch, administrativ und sozial) durch Spenden. Das skaliert, soweit ich das bisher sehe, ganz gut.

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Sehe ich sehr ähnlich (über Umsetzungsdetails lässt sich streiten), ich hatte vor kurzem mal bei den Themenvorschlägen was ähnliches aufgebracht: Digitale Demokratie und Diskussionsplattform Wäre sehr interessiert daran sich diesbezüglich zusammenzuschließen. Gerade einen Ausbau zu einem politischen social media finde ich auch spannend, wenn auch separiert von der sehr strukturierten Diskussionsplattform, wie ich sie mir vorstelle.

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Soweit ich das beurteilen kann, findet bei den öffentlich-rechtlichen Medien derzeit eher ein Rückzug aus der „Fläche“ statt. Wie z.B. auch im Podcast „Aufruhr“ des NDR beschrieben, gibt es nicht mehr die Möglichkeiten zu flächendeckender lokaler Berichterstattung. In die Lücke stossen dann andere mit ihren Inhalten, und sind dann irgendwann das Infomedium der Wahl für alles. Plattform und Technik ist das eine, aber die potenziellen User erst mal zu interessieren und an sich zu binden, und auch vom passiven Konsumieren zum aktiven Austausch zu bringen, ist entscheidend. Ich glaube, lokale Vernetztheit ist dafür ein riesen Vorteil, und genau hier räumen die Ö-Rs ihre frühere Stärke. Ich wünsche mir „früher“ definitiv nicht zurück, aber dieser Aspekt müsste als Auftrag an die Ö-R’s erneuert werden, incl. erforderliche Mittel. Sonst bringt das beste Tool nix.

(erster Post hier)

Ich halte Mastodon (und das Fediverse) für eine absolut ernst zu nehmende Alternative zu kommerziellen Sozialen Netzwerken. Ich würde gerne einen Aspekt hier beisteuern, der das „öffentlich-rechtliche Medien“ etwas verlässt, dafür aber in den öffentlichen Bildungssektor ins Auge fasst.
Ich arbeite an einer Hochschule und bin im Vorstand einer wissenschaftlichen Fachgesellschaft aktiv, die sich weitgehend für gute Hochschulbildung einsetzt (Details über mein Profil, Webseite etc.). Seit einem knappen Jahr beobachte mit großer Freude, dass sich mehr und mehr Bildungs- und Forschungseinrichtungen dem Fediverse anschließen. Gerade im Bildungssektor halte ich eine datenschutzkonforme (da selbst gehostete) Alternative für enorm wichtig. Es geht mir dabei primär um den Austausch innerhalb einer (Fach-)Community, die sich qua Profession nicht der Marktlogik und Aufmerksamkeitsökonomie unterwerfen sollte.
Ich habe in mich dem Aufruf von Leonhard Dobusch auf Netzpolitik in einem Blogbeitrag angeschlossen und zusätzlich eine kleine Vision dazu verfasst, wie sich das Fediverse positiv auf die Hochschulen und Wissenschaft auswirken könnte. Inzwischen bin ich an verschiedenen Stellen dabei, zu erwirken, dass mehr bildungsnahe Instanzen entstehen. Einige der großen Wissenschaftsgesellschaften sind hier bereits tätig und betreiben eigene Instanzen (z.B. hierzulande die Helmholtz-Gemeinschaft, die Max-Planck-Gesellschaft, in den Niederladen die SURF).

Ich fände es richtig und sinnvoll, wenn öffentliche Bildungs- und Forschungseinrichtungen allen ihren Angehörigen, Mitarbeitenden wie Studierenden bzw. Schüler:innen, ein Mastodon- oder anderes Konto im Fediverse anlegen würden, exakt so wie es mit E-Mail-Adressen bereits funktioniert. So kann eine dezentrale Kommunikations- und Austauschinfrastruktur entstehen, die in der jeweils eigenen Regie der Akteure liegt. Daten sind sicher/transportabel und alle Beteiligten blieben unabhängig von kommerziellen Einflüssen wie Werbung oder die oben erwähnten aufmerksamkeitsgetriebenen Algorithmen.

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Liebes Lage Team,
vielen Dank für den Beitrag, den ich diesmal verspätet erst eine Woche später gehört habe. Eine Woche, in der Musk erneut antisemitische Post gepushed hat und große Werbekunden nun überlegen, ihre Etats einzustellen bzw. das schon gemacht haben (IBM).

Interessant finde ich an den Ergebnissen eurer Umfrage zu sehen, wie sehr die klassischen Medien an dieser Plattform kleben, die doch letztlich zu ihrem Niedergang führen kann - ich liebe einmal mehr das Deutschlandradio. Denn immer mehr User*innen glauben, dass sie Tagesschau, Tagesspiegel, ZEIT oder andere Medien gar nicht mehr brauchen, weil sie ihre Informationen ausschließlich über Social Media beziehen. Das wird dann sehr bedenklich, wenn sie gar nicht mehr unterscheiden, woher die Informationen eigentlich stammen. Was laut aktueller Studien in einigen Teilen der Bevölkerung schon zu beobachten ist.

Ihr hattet gefragt, welche Rolle der ÖR spielen könnte. Irgendwo, leider weiß nicht nicht mehr genau wo, habe ich den Vorschlag gelesen, dass sich die ÖR zu einem Public Private Partnership mit Threads und Bluesky zusammenschließen sollten - basierend auf dem ActivityPub-Protokoll. Denn ich glaube nicht daran, dass ein eigenes Netzwerk von den ÖR aufgebaut und betrieben werden könnte, das ähnlich funktionieren wird wie die Plattformen, die wir kennen bzw. die gerade weiter entwickelt werden. Das sollte von Anfang an europäisch gedacht werden. Ich sehe die vielen Fragen und Probleme, die da auftauchen. Aber es ist ja vielleicht gerade an der Zeit, endlich einmal ganz neue Modelle auszuprobieren. Die vornehmliche Aufgabe des ÖR wäre für mich in der Etablierung eines Systems der Regulierung.

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Liebe Anneli und liebes Lage-Team,

diese Projekte sind mir auch eingefallen bei der Diskussion zu diesem Thema. Besonders das Konzept von „Digital Commons“ (angelehnt an Public Commons), also digitale öffentliche Räume, welches die Organisation New_Public vorantreibt, unterstreicht wie wichtig es ist, (digitale) Orte der Öffentlichkeit zu de-privatisieren.

Das Thema Soziale Netzwerke als (mittlerweile nicht mehr wirklich) neue zentralen Orte für den öffentlichen Diskurs ist eine Entwicklung, auf welches Regierungen und Gesetzgeber global verspätet reagieren („Pacing Problem“).

In einem aktuellem Seminarkurs zur Innovation im öffentlichen Sektor mittels Technologien behandle ich genau dieses Thema. Die Vorstellung einer öffentlich-rechtlichen sozialen Netzwerk ist gar keine ferne Vorstellung ist, sondern eine Notwendigkeit für demokratischen Diskurs im digitalen Zeitalter. Social Media Kanäle sind die primäre Informationsquelle für Bürger*innen aller Altersgruppen geworden. Es wird definitiv schwierig, ähnlich wie beim Fernsehen, das Angebot von ÖR-Kanälen auf dem selben Level wie privat finanzierte zu heben, vor allem durch den Vorsprung. Doch es ist auch eine Chance, die aktuelle Idee eines sozialen Netzwerks zu umzumünzen in eine ÖR-Version zu, die den Regeln des Medienstaatenvertrag folgt und ihre Dienstleistungen auf einen Weg anzubieten. Und das geht nur mittels einer eigens betriebenen Plattform, am Besten natürlich dezentralisiert, mit öffentlichen Geldern.