LdN331 Pflegebeiträge - Kinderrabatt und ungewollt kinderlose Paare

Hallo.

Nachdem ich nun schon länger euren tollen Podcast höre und dieser zu einer wöchentlichen Routine geworden ist, möchte ich nun auch einmal eine Diskussion im Forum starten/führen.

In eurem aktuellen Podcast besprecht ihr ausführlich die Pläne der Bundesregierung zu Reform der Pflegekasse und die damit verbundenen steigenden Pflegebeiträge. Besonders aufgefallen ist mir dabei das Thema, dass kinderlose Paare höhere Beiträge zahlen sollen.

Da ich persönlich von diesem Thema betroffen bin, ärgere ich mich über diese Idee. Ich verstehe ja den Ansatz, dass Kinder die „Steuerzahler der Zukunft“ sind und in einer Generation dann die Kosten der Pflege stemmen. Wer sich bewusst gegen Kinder entscheidet, kann dies ja auch in seinen Planungen berücksichtigen. Ich finde es jedoch unfair, dass Paare, die aus medizinischen Gründen keine Kinder bekommen können jetzt auch noch zusätzlich „bestraft“ werden sollen indem Sie höhere Steuern/Abgaben zahlen sollen.

Ich kann diese Idee verstehen und daher hat man hier ja auch nicht eingegriffen, solange genug Kinder für eine Sicherung der Pflege nachgekommen sind. Jetzt wo das nicht so ist und wir ein ernsthaftes Finanzierungsproblem haben, stellt sich aber natürlich schon die Frage nach einem sozial gerechten finanziellen Ausgleich. Hier siehst du wahrscheinlich selbst das Dilemma. Wie soll der Staat feststellen, ob jemand gewollt oder ungewollt kinderlos ist?

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Da musst du wirklich weniger emotional sein. Fakt ist, dass Kinder für die Eltern immense Kosten und Gehaltseinbußen. Zeitgleich entlasten diese Kinder aber die Sozialkassen aller. Jeder ohne Kinder (auch ungewollt kinderlos) hat wesentlich bessere finanzielle Mittel, kostet aber auch im Alter die Allgemeinheit mehr, da keine Kinder da sind die eben schon früh Teile der Pflege übernehmen.

Ich gehe sogar soweit, dass Eltern mit Kindern noch mehr entlastet werden müssten, nicht nur in der Pflegeversicherung sondern auch bei Rentenbeiträgen.

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Den PV-Zuschlag, den es schon gibt, kannst du relativ leicht umgehen, indem du einen Tag mit einer Person mit Kind verheiratet bist. Musst nur eine(n) Alleinerziehende(n) finden, der/die sich darauf einlässt. Mich ärgert der Beitrag auch und ich sehe, dass Singles eher nicht im Mittelpunkt der Gesetzgebung stehen, zumal je nach Verdienst man ja durchaus finanzielle Vorteile daraus ziehen kann keine Kinder zu haben, das gilt insbesondere für Paare.
Aber, dass es so leicht umgangen werden kann, zeigt, dass der Gesetzgeber eine ernsthafte „Bestrafung“ nicht verfolgt.

Ob ungewollt oder nicht: Du hast die Kosten für die Kinder nicht und kannst die höheren Abgaben daher genauso tragen, wie jemand, der gewollt keine Kinder hat.

Du vermischst emotionale und finanzielle Belastungen.

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Danke für den Beitrag, genau der gleiche Gedanke ging mir auch durch den Kopf und ich bin sichtlich irritiert, dass das einfach kritiklos so akzeptiert wird und auch in der Lage kein Wort dazu gefallen ist als wäre es eine absolute Selbstverständlichkeit.

Kinderlose Menschen mit höheren Beiträgen „abzustrafen“ ist ja im Prinzip nichts anderes als diesen Menschen subtil durch die Hintertür den Vorwurf an den Kopf zu knallen, dass sie Mangels Nachwuchs ihren Beitrag zur Gesellschaft nicht geleistet haben. Dass es in vielen Fällen aber gar keine freie Entscheidung war, sondern vielleicht medizinische Gründe vorliegen oder derjenige vielleicht einfach keinen passenden Partner hat finden können fällt dabei komplett unter den Tisch. Dass man diesen Menschen, die es deswegen vielleicht sogar im Leben nicht besonders leicht haben, dann hintenrum noch zusätzlich einen reingewürgt kriegen find ich schon sehr bedenklich.

Abseits dessen finde ich, dass es aus rein ethischer Sicht eine klare rote Linie überschreitet und ein absolutes No-Go sein müsste die Gestaltung der Sozialversicherungsbeitrage individuell an an die spekulativ zu erwarteten Kosten des Einzelnen anzupassen. Wenn man wirklich ein Befürworter einer solchen Differenzierung ist müsste man auch konsequenterweise hingehen und beispielsweise die Beiträge zur Krankenkasse bei Menschen mit Behinderungen oder Erbkrankheiten kräftig nach oben schrauben, da durch diese ja - statistisch gesehen - die Krankenkasse dann auch stärker belasten werden als vom Ottonormalbürger. Das wird - verständlicherweise - auch nicht getan. Es wäre aber letztlich exakt der gleiche Ansatz und die gleiche Denkweise und das gleiche Argument, welches bei der Pflegeversicherung jetzt angeführt wird.

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Du vermischst hier Sachlichkeit mit Emotionalität. Es gibt kein Abstrafen von Kinderlosen und die Gründe der Kinderlosigkeit spielen zu Recht keine Rolle. Menschen mit Kindern haben wesentlich höhere Ausgaben und weniger Einkommen als Kinderlose, da mindestens 1 Partner längere Zeit Arbeitszeit reduzieren muss. Meine Kinder müssen später also auch die Kinderlosen tragen im Sozialsystem und nicht nur Ihre Eltern. Da ist dieser leicht höhere Beitrag immer noch extrem wenig im Vergleich. Eltern müssten sogar noch mehr entlastet werden, auch bei den Rentenbeiträgen.

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Das liegt daran, dass es bereits heute eine Selbstverständlichkeit ist.
Menschen mit Kindern zahlen weniger Steuern (oder die ohne Kinder höhere Steuern), es gibt Kindergeld, und - Achtung - bereits heute zahlen Menschen ohne Kinder höhere Beiträge zur Pflegeversicherung. :open_mouth:

Erklär doch mal bitte, wie diese Menschen, würde man ihnen nicht „hintenrum einen reinwürgen“ (also fast der Status Quo heute), mit ihrem höheren Netto-Einkommen ihr Leid über die Kinderlosigkeit lindern. Vielleicht mit dicken Autos und ausschweifenden Urlauben?
Wie von mir und @Tris schon erklärt, mischst du emotionale und finanzielle Belastungen.
Oder kriegen Top-ManagerInnen mit Burnout demnächst auch einen Steuerrabatt?

Es geht nicht um die zukünftigen Kosten, es geht um die aktuelle finanzielle Leistungsfähigkeit. Die ist bei Kinderlosen nunmal im Allgemeinen höher.
(Und jetzt rechne mir bitte keinen kinderlosen Mindestlohn-Job und einen Spitzenverdiener mit Kindern vor.)

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Ist es speziell die Zahlung an die Pflegeversicherung, die dich stört? Wäre dir z.B. eine Anrechnung durch Steuerfreiheit des Grundsockels pro Person lieber? Oder höheres Kindergeld?

Eltern müssen mehr Lebensmittel und Kleidung kaufen, zahlen also hier mehr Mehrwertsteuer, brauchen größere Wohnung und ggf. ein größeres Auto. Faktisch sind Kinder einfach sehr teuer und im Gegensatz zu anderen „Hobbys“ können Eltern nicht nach 2 Jahren entscheiden, es zu beenden sondern sind bei Studium des Kindes 25 Jahre finanziell belastet.

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@Tris @Martino: Eure Rechnung geht aber auch nur dann auf, wenn ihr davon ausgeht, dass die kinderlosen Menschen trotzdem in einer Partnerschaft mit zwei Vollzeit-Erwerbstätigen leben.

Ansonsten wage ich es stark zu bezweifeln, dass bei den heutigen Lebenshaltungskosten ein typischer kinderloser Single mit einem durchschnittlichen Einkommen am Ende des Monats mehr Geld zum Privatvergnügen übrig hat als ein Doppelverdiener-Paar mit Kind, wenn man alle alle Kosten und alle Vorteile gegeneinander aufrechnet. Da ist dann nix mehr mit dickem Auto und ausschweifendem Urlaub.

Warum sollte das so sein? Ein Single isst nicht mehr oder weniger als jemand in Partnerschaft und auch die Einkommenssteuer sollte identisch sein, wenn beide Partner gleich viel verdienen. Sind die Einkommen stark unterschiedlich, zahlt ein verheiratetes Paar weniger, dafür sind die Partner auch wechselseitig unterhaltspflichtig.

Wenn du in ein WG Zimmer ziehst, sollten auch die Unterkunftskosten ähnlich sein.

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Man kann sich immer den Einzelfall raussuchen, macht es aber nicht richtiger. Fakt ist, dass Eltern immense Kosten für die Solidargemeinschaft stemmen, da diese auf Kinder angewiesen ist. Die Unterstützung vom Staat gleicht dies nicht im Ansatz aus und führt sogar oft in der Zukunft zu einer geringeren Rente, leider meist der Frau. Kinderlose haben alle Freiheiten zu tun was sie wollen. Selbstverständlich müssen sie aber die durch die ausgehende Mehrbelastung finanziell ausgleichen, meiner Meinung nach eben auch bei der Rente.

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Wenn der/die Single aber in einer eigenen Wohnung wohnt, ist der Unterschied offensichtlich und erheblich. Eine eigene Wohnung für Singles ist kein Luxus, sondern der Normalfall. Die kriegt man schließlich auch bezahlt, wenn man Bürgergeld bezieht.
Dazu kommen noch Ausgaben für z.B. ein (gemeinsames) Auto, Urlaub etc., die alle ebenfalls noch kein Luxus sind.

Zieht man das Prinzip des Äquivalenzeinkommens (Äquivalenzeinkommen – Wikipedia) heran, ist klar, dass Paare mit einem Kind günstiger wegkommen als ein Single - jedenfalls, wenn beide Elternteile so viel arbeiten und verdienen können wie der/die Single. Was überhaupt nicht klar ist.
(PartnerIn + 1 Kind entspricht einem weiteren Erwachsenen, bei doppeltem Einkommen) Dann profitiert das Paar mit Kind von den „Kind-Erleichterungen“.
Die Rechnung funktioniert dann aber auch nur, solange das Kind zu Hause wohnt, und nicht z.B. mit eigener Wohnung studiert.

Wir sind jedenfalls in dieser Diskussion inzwischen weit weg davon, dass eine solche Regelung das Leid von Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch mit Füßen tritt oder „abstraft“ (kinderlose Paare kommen in dieser Einkommensbetrachtung am allerbesten weg!), oder hier „ethische rote Linien“ überschritten werden, weil das quasi das gleiche ist, als würden wir Menschen mit Behinderungen auf ihren Kosten sitzen lassen.

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https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2022/bvg22-046.html

Der Zusatzbeitrag bei der Pflegeversicherung geht auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zurück und wurde jetzt nur noch dahingehend präzisiert, dass sich die Anzahl der Kinder auf den Beitrag auswirken muss.

Der Zusatzbeitrag ist keine Strafe, sondern eine Kompensation. Die gibt es in der Rentenversicherung (Anrechnung von Kindererziehungszeiten) und der gesetzlichen Krankenversicherung (kostenfreie Mitversicherung der Kinder) auch.

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Warum sollte Kinderlosigkeit denn überhaupt eine Rolle spielen bei der Berechnung der Beiträge? Dein Argument, dass Eltern höhere Ausgaben haben, verstehe ich ja. Aber wir kinderlosen horten unser Geld ja nicht und entziehen es der Gesellschaft, sondern wir geben es aus und zahlen dadurch mehr Steuern. Wir verursachen weniger Kosten (bspw. durch nicht Inanspruchnahme des Bildungssystems für unsere Kinder).

Und ein letzes Argument möchte ich noch anbringen. Die Eltern von Kinder, die bspw. aus gesundheitlichen Gründen später keinen Beitrag zur Pflegeversicherung beitragen, sondern lebenslang aus dieser oder anderen Sozialkasse unterstützt werden müssen, werden ja auch nicht höher besteuert. Bitte versteht mich nicht falsch, ich finde es gut, dass dies genau so ist und möchte das auch auf keinen Fall geändert sehen.
Aber rein sachlich gesehen: Warum ist es in diesem Fall etwas anderes und bei kinderlosen muss finaziell kompensiert werden?

Ich verstehe natürlich, dass Kinder teuer sind und eine lange finanzielle Belastung für Eltern bedeutet. Aber dem Argument, dass Eltern mehr MWST zahlen muss ich widersprechen. Nur weil ich kein Geld für Kinder ausgebe, bedeutet das ja nicht, dass ich mein Geld komplett auf die Bank trage und dort liegen lasse. Natürlich gebe ich einen großen Teil davon aus und zahle dann selbstverständlich MWST. In dieser Diskussion wurde ja auch erwähnt, dass kinderlose Paare durchschnittlich eher mehr Geld zur Verfügung haben, dann also auch mehr ausgeben können und somit mehr Steuern zahlen. (Wenn man mal die ganze Thematik mit 7% oder 19% MWST. außen vor lässt)
Wir als kinderloses Paar sind also mehrfach mehr belastet, durch mehr Steuern, weniger Freibeträge usw.

Ich wollte nicht andeuten, dass die Pläne illegal oder verfassungswidrig sind. Ich bin mir sogar sicher (ohne dass ich es beweisen kann), dass diese „Mehrbelastung“ von Kinderlosen sich im Rahmen der Gesetze bewegt.
Deswegen muss ich dies aber nicht korrekt oder fair finden. Zumindest eine Diskussion darüber sollte man führen, anstatt es einfach still hinzunehmen.

Die zahlen Eltern für die unzähligen Ausgaben für Kinder auch. Das ist absolut kein Argument. Nur das unsere Kinder später auch für die Pflege der Eltern zur Verfügung stehen.

Weil das System auf Beitragszahler angewiesen ist und wenn diese nun mal nicht kommen, muss das kompensiert werden. Und mal ehrlich, so hoch ist die Kompensation nicht. Ich muss ja auch für das erste Kind noch voll bezahlen bei der Pflege und kriege nur für Kind 2 etwas Abzug.

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Kinderlose werden wirklich nicht extrem mehr belastet im Vergleich. Du rechnest da geschickt auch die beruflichen Vorteile raus die Kinderlose haben auf Grund der desolaten Betreuungssituation für Eltern

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Dann muss man aber auch die Diskussion führen, ob Eltern nicht eklatant mehr entlastet werden müssen mit höherem Lohnausgleich. Die Diskussion wäre dann sicher von Seiten Kinderloser nicht gewünscht.

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