LdN326 - Gender pay Gap / Gleiche Bezahlung von Männern und Frauen

Was mir in der Diskussion hier viel zu kurz kommt: wie soll das technisch gehen?

Geht es nur um gleiche Bezahlung bei ähnlicher Arbeit?
Was ist ähnliche Arbeit?
Wie wird Berufserfahrung/Qualifikation/Ausbildung in die Rechnung einbezogen?

Der Arbeitgeber kann sich ja immer auf den Standpunkt zurückziehen, dass alle seine Mitarbeiter unterschiedliche Tätigkeiten haben, anders qualifiziert sind oder unterschiedliche lange Berufserfahrung haben.

Oder geht es nur um den Fall „Gleiche Tätigkeit/gleiche Qualifikation/gleiche Berufserfahrung“?
Der wäre dann aber auch esoterisch klein.

Sorry, ich meinte „bias“ im sinne von „verzerrter Warnehmung“.

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Ganz einfach: eine nachvollziehbare sachliche Begründung.

Im Endeffekt genau das.

Wenn ein Mann auf einem Posten Summe X verdient, darf eine Frau auf dem gleichen Posten nicht Summe Y verdienen.

Im Bereich der unteren Tarifangestellten ist die meistens auch bereits so, dass da kein Geschlechterunterschied mehr ist, da sind Gehaltsunterschiede sachlich anhand von Tätigkeit und Produktivitätszahlen erklärbar.

Bei allen die Löhne auf Verhandlungsbasis haben ist das dann eher vorhanden und eben meist ohne sachliche Begründung. Zumal gleiche Qualifikation nur bei der Besetzung eine Rolle spielen und Berufserfahrung auch nur einen geringen Anteil an Begründung haben sollte.

Diese Begründung könnte aus meiner Sicht als nächstes fallen. Ich kenne etliche junge Kollegen, die einige erfahrene, aber fachlich überforderte alte Hasen in ihren Abteilungen locker in die Tasche stecken. Sollte ein Arbeitgeber die alten Hasen dann aber, mit Bezug auf die 20 Berufsjahre mehr, besser bezahlen, wäre das doch diskriminierend oder?

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Was mich etwas gewundert hat, dass so getan wurde als wäre es egal ob man Teilzeit oder Vollzeit arbeitet und man gleiche Karriere Möglichkeiten haben sollte.
Das ist doch falsch, dass bei „Wissensarbeiter*innen“ das Niveau gleich gehalten werden kann wenn man nur die Hälfte dafür macht.
So ist es doch überall, wer mehr Zeit reinstecken wird im Schnitt am Ende besser sein. Sport, Schule etc.
Ich bin in der Softwareentwicklung und es gibt so 3 Stunden Meetings die man grundsätzlich hat. Dann ist eine 20 Stunden Kraft noch 17 Stunden produktiv, eine „normale“ 37.
Genau so gibt’s doch diese Memes „Leader vs Boss“ -moderne Arbeitswelt. Ich erwarte von meinen Vorgesetzten, dass sie Leader sind. Mehr reinstecken als ihre Angestellten und dass sie wenigstens meistens verfügbar sind. Man kann nunmal nicht immer auf den Entscheider warten.

Für diesen unnützen Kommentar zum Thema habe ich mich jetzt extra registriert. :smiley:

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Ich empfand den Beitrag verhältnismäßig ausgeglichen, auch wenn das Interview leider etwas unnötig polemisch ausfiel.

Was aber leider (wie immer) zu kurz kommt, ist die ökonomische Realität, mit der sich viele Eltern konfrontiert sehen, wenn es um das Thema Kinderbetreung geht.
In einem kleinen Nebensatz wurde im Interview durchaus bekräftigt, dass eine Verbesserung der Kinderbetreuung ein zentraler Bestandteil der Geschlechtergerechtigkeit ist. Der Fokus wurde dann allerdings auf die Gesetzeslage gelegt. Das mag zwar durchaus ein Faktor sein, ob sich dadurch jedoch ökonomische Verbesserungen einstellen halte ich für ein großes Fragezeichen.
Kinderbetreuung ist noch immer ein massiver Kostenfaktor. Hier in Baden-Württemberg, je nach Stadt, zwischen 300 und 500 Euro pro Kind. Und damit ist keineswegs ein voller Arbeitstag abgedeckt, sondern realistischerweise eine Kernzeitbetreuung, die dank Personalmangel dann auch gerne mal Tageweise ausfällt. Das mag bei einem Kind noch von zwei vollzeit-arbeitstätigen Elternteilen ausgleichbar sein. Ab dem zweiten Kind lässt sich dann aber (rein anekdotisch) beobachten, dass ein erschreckend hoher Teil der Frauen in Teilzeit arbeitet oder die berufliche Tätigkeit pausiert. Meine Erlebnisse im Bekannten- und Freundeskreis sind da doch ziemlich eindeutig. Und das bewegt sich primär im akademischen Bereich.
Ökonomisch lässt sich das auch leicht erklären. Wenn die Kosten der 2x Kinderbetreuung >= Mehrgewinn durch Teilzeit-Arbeit, kann es zur individuell besseren Entscheidung werden, diese Tätigkeit zu unterlassen. Und ganz realistisch gesehen frage ich mich auch, wie die Betreuung von 2 Kindern durch 2 vollzeit-arbeitstätige Elternteile überhaupt machbar sein soll.
Man nehme dann noch hinzu, dass Frauen in den ersten Lebensmonaten des Kindes durch das Stillen oft ortsmäßig gebunden sind und es ist absolut nicht verwunderlich, warum das Teilzeit-Los oft von Frauen ergriffen wird.

Ein Teil der Lösung ist für mich hier ziemlich klar:

  • Finanzielle Entlastung von Eltern, nicht von Ehepartnern
  • Kostenlose, garantierte Kinderbetreuung ab dem 12. Lebensmonat
  • Verpflichtende, bzw. verfallende (wenn nicht wahrgenommen) Elternzeit für Väter
  • Massive Erhöhung des Elterngelds (bei uns bedeutete Elterngeld einen Verlust von 1500 € Haushalts-Netto pro Monat für 12 Monate, da wird es irgendwann wirklich knapp, insbesondere angesichts der steigenden Ausgaben).

Und man muss sich ja nicht wundern, warum diese Dinge von der Politik sträflich vernachlässigt werden und der Diskurs immer wieder auf Dinge wie den GPG, Frauenquoten oder sonstiges gelenkt werden. Nichts davon kostet, man kann es auf die Privatwirtschaft abwälzen und es emotionalisiert natürlich gut.

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Ich würde dafür ein eigenes Thema aufmachen, hier geht es um Gender Pay Gap.

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Mal kurz zu dem Aspekt „Im Osten war/ist weniger Pay-Gap“: Ich würde nicht völlig ausschließen, dass die DDR hier irgendwie kulturell nachwirkt, halte den Zusammenhang allerdings für recht spekulativ.

Ein spontaner alternativer Erklärungsversuch: Pay-Gap ist generell eher ein Problem reicher Leute. An der Supermarktkasse, auf dem Kurierfahrrad und überall, wo (geringe) Standardlöhne gezahlt werden, ist der Unterschied minimal oder nicht vorhanden. Das Gegenteil ist der Fall bei Vorstandsgehältern oder auch Verdiensten von Spitzensportlern. Die Unterschiede steigen überproportional mit der Höhe des Einkommens.

Da in den Neuen Bundesländern das Einkommensniveau statistisch durch die Bank weg niedriger ist, sind eben auch die (geschlechtsbedingten) Unterschiede geringer. Vielleicht ist das zumindest ein Teil der Erklärung?

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Aus der Sicht eines jungen Mitarbeiters sicher, aber aus der Sicht des erfahrenen nicht.
Und wer wen in die Tasche steckt entscheiden ja die Vorgesetzten und nicht die Selbstwahrnehmungen des älteren oder jüngeren Kollegen.

Nur wenn das schon zwischen Mitarbeitern desselben Geschlechts nicht funktioniert, wie soll das dann zwischen weiblichen und männlichen Kollegen aussehen?

Was sollte mich als Firma daran hindern, gewisse Positionen nur noch mit consultants zu besetzten? Dort kann ich ja dann nehmen wen ich möchte, ohne dass mich jemand verklagen kann. Zumindest für mich wäre das dann eine valide Alternative dazu, jemanden einzustellen, den ich nicht möchte. Ansonsten fand ich das interview schwierig, weil es mir 0 ausgeglichen vorkam. (…)

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Kurze Anmerkung: mehrfach wurde bei der Nennung des IAB von der Bundesanstalt für Arbeit gesprochen. Nach 20(!) Jahren Umbenennung in Bundesagentur für Arbeit ist das für mich nicht nachvollziehbar-jedenfalls nicht in einem journalistischen Format. (…)

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Wenn du nicht aufpasst, das Arbeitnehmerüberlassungsgesetz.

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Das wäre nachvollziehbar und wird in hoch bezahlten Mangelbranchen wie der IT ja auch schon genau so praktiziert.

Andererseits hat man mit Consultants immer das Risiko, dass kritisches Wissen mit wenigen Monaten Vorlaufzeit verloren geht. Und wegen der Regeln zur Scheinselbständigkeit wird man den Consultant ganz sicher nach X Jahren verlieren müssen.

Ein hoher Consultant-Anteil kann daher auch nachteilig wirken.

Bitte versteh meine Aussage nicht als Generalisierung. Ich sprach von

Das soll natürlich nicht ausdrücken, dass alle jungen Mitarbeiter besser sind als ältere, erfahrene Kräfte.

Aber gerade in Bereichen, die einem enorm schnellen technologischen Wandel unterliegen (bspw. IT), tun sich ältere Mitarbeiter nachvollziehbarerweise manchmal schwerer. Manche dieser Mitarbeiter kann man zwar dann auf diesen Gebieten schulen, ihre Fähigkeiten sind dann aber schnell ausgeschöpft.

Ist das Problem nicht eigentlich ein anderes? Weil Gender Pay Gap kann ich auch ausführen bei Alter. Warum bekommt ein Mann, der 50 Jahre alt ist, mehr Geld, wenn er in einen Berufwechselt, nur weil er älter ist, als ein Berufseinsteiger Mann?

Man müsste konkret mit der Offenlegung aller Gehälter anfangen, erst dann könnte man konkret an diesem Problem mit dem „Pay Gap“ (Zwischen egal wem), arbeiten.
Auch ich, der in einer hochbezahlten, männerdominitierten Welt arbeitet, erhalte aus meinen Augen deutlich weniger als ein „neuer Kollege, der nur einfach „älter ist““. Ist das fair? Wahrscheinlich nicht. Aber so ist die Welt nunmal. Wir können das nicht addressieren, solange niemand weiß, wer wieviel erhält (brutto).

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Birte Meier (…) findet es also total sinnvoll, das Gehalt vom männlichen CEO mit der Putzkraft zu vergleichen und nachher zu sagen, da ist einen riesigen Paygap. Ich will gar nicht in Abrede stellen, dass Frauen systematisch benachteiligt werden, ich denke nur, der Paygap ist eines der geringsten Probleme und bei aktuell 6–7 %, wobei das nur das durch die schlechte Datenlage mögliche Maximum darstellt und der echte Paygap niedriger liegen dürfte, ist nicht so gravierend wie viele andere Sachen.
(…) Sie war eine „feste Freie“ beim ZDF und hat ihren Lohn mit dem von männlichen Angestellten verglichen. Ich bin mir definitiv im Klaren darüber, dass diese „feste Freie“ Geschichte eine riesengroße Sauerei ist. Aber das hat nichts mit dem Paygap zu tun. Der Scheiß passiert genauso gut männlichen Bewerbern. Man kann da sehr wohl beklagen, dass Scheinselbstständigkeit strikter geahndet werden soll, aber das hat nur sehr indirekt etwas mit dem Thema zu tun. (…)

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BTW: Wurde das System von „Festen Freien“ bei Böhmermann nicht mal diskutiert? Jung, divers & mega Programm: der öffentlich-rechtliche Rundfunk | ZDF Magazin Royale - YouTube Wenn man sich das so anhört, braucht man sich nicht wundern, dass ein „Pay Gap“ überall existiert. Da wird Transparenz bestimmt „groß geschrieben“.

Frage eines Laien, der sich mangels persönlicher Relevanz nie intensiver mit der Thematik beschäftigt hat:

Wäre es nicht einfach sinnvoller, die im Vergleich zur Situation vor etwa 30 Jahren deutliche geringere Quote an Tarifverträgen wieder zu steigern bzw. dort politisch anzusetzen?

Beim Thema mit Frau Meier in der aktuellen Lage hatte ich das Gefühl, dass da viel Pathos und Emotion mitschwingt, es sich letztlich aber als sehr schwierig gestalten dürfte, die arbeitgeberseitigen Schlupflöcher zu stopfen, ohne den individuellen Arbeitnehmer (und v.a. die individuelle Arbeitnehmerin) sehr konkret und belastend zu exponieren.

Das statistische Bundesamt schreibt:

Die Reichweite von Tarifverträgen ist im Westen zwischen 1998 und 2021 (54 %) um 22 Prozentpunkte gesunken. In Ostdeutschland galten 1998 für 63 % der Angestellten Branchen- oder Firmentarifverträge. Bis 2021 (45 %) ist dieser Anteil um 18 Prozent gesunken.

Als Klinikarzt ohne Vorerfahrungen in Privatkliniken oder gar der freien Wirtschaft fehlt es mir aber - wie oben eingeleitet - aber halt auch an realitätsnahen Erfahrungen in diesem Spannungsfeld.

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Der Einwand, dass Männer vermutlich nicht bereit wären, auf 3,5% ihres Lohnes zu verzichten, um das auszugleichen, zeigt, dass das keineswegs nur eine Kleinigkeit ist.
Auch Gewerkschaften und Arbeitgeber streiteten schon öfters wochenlang um sich dann auf 3,5% Lohnerhöhungen zu einigen.

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Na wenn es darauf hinaus laufen würde, wäre es wohl schwierig überhaupt eine passende Datenlage der Gehälter zu ermitteln.