LdN325 LehrerInnen-Mangel / Berufsstart von ReferendarInnen

In der 325. Folge habt ihr ja unter anderem über den Lehrermangel in Deutschland gesprochen und da habe ich mich gefragt, ob folgende Thematik für euch vielleicht interessant sein könnte. In den Medien wurde darüber meines Wissens nach noch nicht berichtet, auch nicht lokal.

Im Mai endet in NRW für alle Lehramtsanwärter*innen für Grundschulen, die es vor 1 1/2 Jahren begonnen haben, ihr Referendariat. Wie es nach dem Referendariat allerdings weitergeht, ist oft sehr unsicher, da die Stellenvergabe durch die Bezirksregierung unglaublich kompliziert geregelt ist (mMn).

Die Bezirksregierung des Regierungsbezirks Düsseldorf hat nun aber Anfang des Jahres entschieden, dass alle Absolvent*innen im Bereich einiger Schulämter (u.a. Neuss, Krefeld, Mönchengladbach, Düsseldorf, …) ausschließlich Stellen mit der Bedingung angeboten bekommen, sich für zwei Jahre nach Duisburg oder Remscheid abordnen zu lassen. Diese Schulämter dürfen keine feste Stellen für Schulen in ihrem Kreis für die neuen Grundschullehrerinnen ausschreiben, obwohl nicht nur in Duisburg und Remscheid Lehrermangel herrscht, sondern genauso auch in Neuss, Düsseldorf, Krefeld, etc. In Duisburg und Remscheid scheint er aber besonders groß zu sein.

Darüber berichtete im vergangenen Jahr u.a. etwa die SZ, der Westen: Bildung - Duisburg - GEW: Personalmangel an Schulen in strukturschwacher Lage - Bildung - SZ.de So will die Schulaufsicht Probleme in Duisburg lösen - waz.de Bildungssenatorin will Lehrkräfte „gezielter“ auf Schulen verteilen – GEW: Bankrotterklärung | News4teachers (Alles Artikel aus dem vergangenen Jahr)

Nun werden also die neuen Grundschullehrerinnen nach Duisburg bzw. Remscheid „abgeordnet“, wie es so schön-schrecklich im Beamten-Deutsch heißt. Man kann das Ganze als Lehrkraft ablehnen; wenn man aber nicht nach Duisburg geht, hat man keine Chance, woanders eine feste Stelle zu bekommen, sondern bleibt zunächst auf Vertretungslehrer-Stellen hängen, die weniger Geld und keine Verbeamtung bedeuten.

Unter den Absolventinnen hat das zu großem Frust geführt. Die meisten hatten gehofft, an ihren Schulen bzw. in Wohnortsnähe bleiben zu können. Sie müssen nun aber für mindestens zwei Jahre lange Fahrtwege in Kauf nehmen und werden u.U. an Schulen eingesetzt, die schlecht ausgestattet und maximal unterbesetzt sein könnten. Wird der Lehrerberuf so attraktiver? Wenn man jederzeit „abgeordnet“ werden kann, lebt man trotz Verbeamtung in ständiger Unsicherheit.

Ich habe dafür kein Verständnis und wäre froh, wenn jemand diese ganze Vorgehensweise vielleicht mal aufarbeiten, auf- und erklären könnte.

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In „normalen“ Branchen führt der gleiche quantitative Mangel an Fachpersonal dazu, dass bspw Azubis schon während der Ausbildung eine Übernahme im Betrieb in Aussicht gestellt wird. In begehrten Studiengängen gibt es mittlerweile Firmen, die kooperative Masterarbeiten mit attraktivem Gehalt und Übernahmemöglichkeit schon im Studium anbieten. Jemand der Lehramt studiert kann auch mit top Noten nicht davon ausgehen, dass er/sie sich den Job im Wunschort/ an der Wunschschule aussuchen kann. Ein Informatiker mit (sehr) guten Noten kann (Erfahrung diverser Bekannter) sich mit einem einfachen Anruf einen guten Job beim Wunscharbeitgeber sichern.

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Das kommt darauf an, was man unter „Sicherheit“ versteht. Gerade bei Beamten ist es ja seit jeher schon so, dass diese durch die Weisungsgebundenheit auch „Nachteile“ gegenüber regulären Angestellten haben.

Das, was man dem Beamtenstatus an Sicherheit zuschreibt, meint ja in der Regel Unkündbarkeit, fortlaufende Bezüge auch bei längerer Krankheit und eine (im Vergleich zur Rente typischerweise hohe) Pension.

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Jo, das stimmt sicherlich. Aber Planungssicherheit gibt es da auch nicht so wirklich, wenn man etwa eine Familie gründen will. Kann ja jederzeit passieren, dass man abgeordnet wird - und zwar sonstwohin. Es hieß Sommer, man könne sich die Stelle aussuchen, da es ja so einen Lehrermangel gäbe. Das stimmt nicht, nein - das Gegenteil ist der Fall.

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Eine Familie hilft aber häufig, bei einer solchen Abordnung die Wege kurz zu halten.

Ansonsten muss ich @David zustimmen: Die Verbeamtung ist mit so vielen Vorteilen verbunden, da sollte man sich dieser Nachteile schon bewusst sein.
Wem das nicht gefällt, der findet vielleicht eine Anstellung als Lehrer anstelle einer Verbeamtung?

Jetzt muss man natürlich sagen, dass das alles im Prinzip Ruhrgebiet ist (auch wenn man das in Düsseldorf nicht gerne hört) und die Wege hier natürlich durchaus zumutbar sind.
Ein Umzug ist hier (für die 2 Jahre) nicht zwingend erforderlich, wenn man lieber in den genannten Städten bleiben möchte.

Was diese Regelung allerdings über Duisburg und Remscheid aussagt, ist schon fatal. Und dass man damit den Lehrerberuf nicht gerade attraktiver macht, ist auch klar.

Bei der Bundeswehr gab es den schönen Spruch: Heimatnah heißt deutschlandweit. Es sollte klar sein, dass nicht 70% der Absolventen in ihrer Studentenstadt bleiben können.

Ansonsten scheint die Bezirksregierung erreichen zu wollen, dass nicht die besten jungen Lehrer in die gut ausgestatteten und sozial stabilen Schulen gehen und für die Brennpunkte der Rest übrig bleibt. Ein Vorhaben, das ich begrüße.

Das ist natürlich alles andere als schön und die Kommunikation ist da natürlich auch schlecht.

Ich kann verstehen, dass das mies ankommt. Das scheint aber eine Praxis zu sein, die auch auf Gymnasialstellen angewendet wird. In manchen Städten bei der letzten Wahl würden auch Lehrkräfte als Wahlhelfer verpflichtet. Also, da muss man sich als zukünftiger Beamter auch auf andere Gegebenheiten einstellen.

Habe das mal nachgelesen. A12 NRW Pension liegt höher, als die theoretisch maximale Rente (für die man 45 Jahre lang über der Bemessungsgrenze verdienen muss, also heute als 22jährige:r für über 80.000€ einsteigen müsste).

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Bei Gymnasien wird (in NRW) offenbar auch gerne erstmal gesplittet. Also die frischgebackene Lehrkraft bekommt eine feste Stelle am Gymnasium, wird gleichzeitig aber für ein paar Jahre mit halber Stundenzahl an eine notleidende Grund-, Real- oder Gesamtschule abgeordnet mit der Begründung, dass bei Gymnasien rechnerisch eine Überausstattung vorliegt (was allerdings nichts über die tatsächliche Fächerabdeckung aussagt).