LdN318 Panzer für die Ukraine

Im letzten Podcast, aber auch in der öffentlichen Berichterstattung, wird der Leopard 2 Kampfpanzer quasi als der Gamechanger beschrieben.
Also Scholz muss nur zustimnen und in wenigen Wochen erobert die Ukraine mit den gelieferten, weil ja bei der Industrie und Bundeswehr ausreichend vorrätig, die besetzten Städte zurück.
Also quasi die leos nur volltanken, abstauben, 4-8 Wochen Ausbildung, los geht’s.

Nun das:

Vor 2024 geht von Seiten der Industrie nix, dazu braucht es auch noch einige hundert Millionen Steuergelder.
Die Bundesweh hat nur angeblich 60% der eigenen Leos einsatzbereit, das sind wohl nur maximal 150 Stück etwa.
Von Munition und Ersatzteilen hat man noch nicht gesprochen.

Ja, ein Leo 2 ist schwer gepanzert, hat eine 120 mm Kanone, stabilisiert, so das man auch bei voller Fahrt trifft. Für einen beweglichen Angriff über grosse Distanzen ideal.
Aber: mit einem Leo erobert man keine Städte. Da traut sich kein Panzer rein. Ein Leo lässt sich halt auch durch Minen, Panzerfäuste, Lenkraketen vom Boden und aus der Luft, ausser Gefecht setzen. Die Russen haben so angeblich schon fast 1000 Kampfpanzer verloren. Risiko dürfte auf beiden Seiten ähnlich sein.
In Städten braucht es Infanterie im Orts- und Häuserkampf. Wer als Soldat der Bundeswehr Bonnland in Hamnelburg kennt, hat eine ungefähre Vorstellung, was das heißt.

Daher mein Gefühl: der Ruf nach dem Leo2 folgt der Prämisse, viel hilft viel. Grosser Panzer gleich grosser Vorteil.
Ich befürchte, das ist alles etwas zu einfaxh gedacht…

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Ich stelle mal dieses Interview mit Ex-Brigade-General und ex-militärpolitischen Berater von Angela Markel Erich Vad dazu. Seine Einschätzung finde ich recht interessant.

Da bin ich nicht bei dir. Es wird nur zum zigsten Mal die Behauptung formuliert, dass wir mit den jetzt anstehenden Waffenlieferungen aber wirklich, endgültig und unumkehrbar einen Weg beschreiten, der … [langer Text mit vielen Konjunktiven-Verben] … uns zur Kriegspartei machen könnte.

Sorry aber das Thema ist doch nun echt durch. Wird aber natürlich von den üblichen Verdächtigen jetzt und auch demnächst wieder hoch geholt, wenn es dann um die Lieferung der Leopard 2 geht, auch wenn zu diesem Zeitpunkt z.B. Groß Britannien schon längst Kampfpanzer geliefert haben wird.

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Mir geht es weniger um diese diffuse Angst, Kriegspartei zu werden. Sind wir doch längst.
Was mich irritiert ist diese Vorstellung, wenn wir nur genug schwere Waffen in die Ukraine schieben, reicht das aus.
Das wir der Ukraine zur Seite stehen, ist völlig unstrittig.
Nur mir ist das Ziel nicht ganz klar, da liegt Vad nicht ganz verkehrt.
Wir liefern also ab 2024 Leopard2 Kampfpanzer, wenn Scholz das abnickt.
Was ist die Erwartung? Auch hinsichtlich Russland?
Die Vergleiche mit dem ersten Weltkrieg sind nicht so abwegig.
Wollen wir eine Art Versailler Vertrag mit Russland? Maximale Demütigung?
Ist ja damals auch nicht so optimal gelaufen.
Wir werden wohl tatsächlich um irgendeine Art von diplomatischer Lösung nicht herumkommen.
Nur wer macht den ersten Schritt?

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Jeder zieht so seine eigenen Informationen aus solchen Artikeln. Für mich ist es die Lageeinschätzung durch einen Militär, wie sehr die Lieferungen die Siegchancen der Ukraine verbessern können, die Erläuterung der Interessen Russlands in diesem Konflikt, etc. Auch die Info, wie der Chef des amerikanischen Generalstabs die Lage einschätzt war neu für mich.

Das liegt auch nicht in unserer politischen Entscheidungsgewalt. Die Ukraine ist ein souveräner Staat, sie muss entscheiden, wie weit sie in diesem Krieg gehen will. Wir können nur entscheiden, ob wir ihr helfen wollen oder nicht.

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Keine Frage. Aber im ungünstigsten Fall unterstützen wir zwei Nationen dabei, sich über Jahre gegenseitig auszubluten.
Wir können dann zwar sagen, die wollten das beide so, wir haben nur geliefert was gewünscht war, …aber so richtig intelligent und zielführend klingt das nicht…

Aber eine optimale Lösung weiß ich auch nicht

Am besten Russland indem es sich aus der Ukraine zurückzieht. So lange sollte aus dem Westen geliefert werden was geht.

Vor dem 2. Weltkrieg wurde es leider durch Großbritannien und Frankreich versäumt Nazi-Deutschland entschlossen entgegen zu treten. Stattdessen hat man geglaubt, durch appeasement den Frieden retten zu können.
Das ist damals nicht gut gelaufen.

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Das z.B. sieht Erich Vad etwas anders: Es ist egal, wie weit die Ukraine in diesem Krieg gehen will - sie hat keine Möglichkeit, ihn zu beenden. Das liegt nicht in ihrer Macht.

Vielleicht könnte man sich ja wenigstens mal darauf einigen, dass Erich Vad ein neurechter Ideologe ist, der bisher mit jeder einzelnen Einschätzung zur Ukraine daneben lag. Dass das neuerliche Pamphlet im Magazin von Alice Schwarzer, die die Ukraine nicht von Ungarn unterscheiden kann, erschienen ist, spricht darüber hinaus, wie man so sagt, Bände.

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Das Problem mit Expertenmeinungen ist immer, dass jeder sich diejenigen rauspickt, die der eigenen Auffassung entsprechen. Ja, es gibt auch renommierte Wissenschaftler (z.B. Professoren), die den Klimawandel bestreiten, aber sie machen nur einen winzigen Teil der wissenschaftlichen Community aus, während 98% und mehr aller Experten das Gegenteil sagen.

Ähnlich ist es hier. Vad und Milley vertreten eher Außenseiterpositionen innerhalb der Community der Militärexperten, sie vertreten nicht die Meinung der Mehrheit. Nebenbei hat Milley genau genommen gesagt, dass die gesamte Rückeroberung der Ukraine einschließlich der Krim eher unwahrscheinlich sei - und das ist denke ich die Einschätzung der meisten Experten. Die Krim zurück zu erobern wird schwierig, vielleicht auch unmöglich sein, das ist allen klar. Aber das heißt nicht, dass man die Ukraine nicht unterstützen sollte. Dass Milley für die Aussage kritisiert wurde liegt daran, dass er sich in seinem politischen Amt natürlich der Außenwirkung seiner Aussagen bewusst sein sollte, daher: Öffentlich zu sagen, die Ukraine habe eh kaum eine Chance, die Krim zurück zu erobern, ist in seinem Amt eher keine gute Idee. Das ist auch nachvollziehbar.

Aber was ist die Alternative?
Option A: Wir liefern der Ukraine nicht genug, um sich gegen Russland zu behaupten. Die Ukraine muss kapitulieren, Russland unterwirft die Ukraine in einem Diktat-Frieden. Wenige Jahre später wird Russland seine Truppen in Odessa und Transnistrien aufmarschieren lassen, um dort weiter zu machen…

Option B: Wir liefern der Ukraine genug, um zumindest einen Patt aufrecht zu erhalten. Es sterben unheimlich viele Menschen und irgendwann einigen sich die Kriegsparteien auf einen für beide schmerzhaften Kompromiss. Die Ostukraine und die Krim fallen an Russland, die Ukraine wird wirtschaftlich verkrüppelt und Russlands Angriffskrieg hat sich gelohnt, sodass in wenigen Jahren mit einem weiteren Versuch zu rechnen ist.

Option C: Wir bekommen endlich Eier und schicken der Ukraine alles, was sie sich auch nur erträumen kann. Wir setzen alles daran, dass die Ukraine die Russen zumindest aus der Ostukraine vertreiben kann (die Krim ist ein anderes Thema), sodass Putin zumindest keinen Gewinn gegenüber der Vorkriegssituation zu verzeichnen hat.

Also ich bin hier ganz klar für Option C, da sowohl Option A als auch Option B vor allem langfristig kein sinnvolles Szenario sind…

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Hier müsste Europa schon zusammen arbeiten und möglichst alle Nutzer gemeinsam Panzer zur Verfügung stellen, inklusive Ausbildung, Ersatzteilen, etc. So könnte man auf nennenswerte Stückzahlen kommen. So wurde dies ja auch im Podcast besprochen.

Ein Neubau in größerer Stückzahl wird auch bis 2024 nicht funktionieren. Das würde einige Jahre beanspruchen. Solange hat die Ukraine nicht Zeit.

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Das galt ebenfalls für den Vietcong, die Mudschahidin sowie die Taliban.

Solange kämpfen bis dem überlegenen Gegner die Unmöglichkeit eines Sieges bei gleichzeitig eskalierenden Kosten klar wird.

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Russland hat Teile der Ukraine, die es damals gar nicht komplett besetzt hielt und aus denen es nun noch weiter vertrieben wurde, zum eigenen Staatsgebiet erklärt. Ohne Demütigung oder aber Sieg kommen die da nicht mehr raus.

Putin hat hier, wie an anderer Stelle, die Brücken verbrannt, über die ein Weg zu einem gesichtswahrenden Frieden denkbar gewesen wäre.

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Das Russland mit seinem Angriffskrieg keinen Erfolg haben darf, ist ja völlig richtig. Sonst setzt das ein fatales Signal.
Letzlich läuft es aber auf einen sehr verlustreichen Abnutzungskrieg hinaus.
Wir werden so sicher nochceine gsnze Weile Krueg in Europa haben, ein absehbares Ende sehe ich da nicht. Auch nicht mit Leopard2 Panzern.

Das irritierende ist daran, das es nur noch im der öffentlichen Debatte darum geht, wer liefert welche Waffen wie schnell in welcher Zahl? Andere Optionen, vor allem gemeinsame Aktionen von westlicher Seite, sind kaum ein thema.

Es geht auch nicht um Apeasement, über die Phase sind wir längst hinaus.

Zwei Fragen:

  1. Wie weit sind wir bereit zu gehen bei Waffenlieferungen? Wenn die Ukraine jetzt gern die Schwarzmeerflotte versenken möchte, welche Raketen auf die Ukraine abfeuert, und von uns U-Boote möchte?
    Oder Langstreckenbomber vom typ B52 der Amerikaner, um russische Flugplätze und Stellungen besser flächenmässig bombardieren zu können? Langstreckewaffen wie Cruise Missiles? Liesse sich alles begründen.

  2. Kennen wir die russische Mentalität und die Person Putin gut genug, um zu wissen wie er reagiert, wenn er mit dem Rücken zur Wand steht? Am Wochenende lief eine sehr ausführliche Putin Doku auf ZDF info. Da wurde Putin als absoluter Machtmensch charakterisiert, der keine Niederlagen akzeptiert.
    Nimmt der eine derartige Demütigung einfsch hin?

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Welche gemeinsamen Aktionen hast du da im Sinn?
Das Problem ist halt: Dort herrscht ein heißer Krieg. In dieser Phase kann der Westen nur entweder direkt eingreifen (was ich sogar befürworten würde!) oder Waffen liefern.

Es ist, wie wenn zwei Schüler sich im Schulhof prügeln. In dem Moment, in dem dort die Fäuste fliegen, macht es keinen Sinn, darüber zu philosophieren, wie die beiden danach wieder miteinander auskommen können, in dem Moment muss man intervenieren, und wenn „Auseinander!“ schreien nicht reicht, muss man die Streithähne auch mal mit sanfter Gewalt auseinanderziehen…

Ich würde bei all diesen Dingen nicht widersprechen. Ich bin mittlerweile dafür, der Ukraine absolut alles an konventionellen Waffen zu liefern, allerdings mit der Vorgabe, dass keine Gegeninvasion stattfindet, daher: Die Ukraine schickt keine Truppen nach Russland und stellt etwaige Angriffe sofort ein, wenn Russland sich zurückzieht. Darüber hinaus: Gebt den Ukrainern alles! Russland setzt auch alles ein, hier Waffengleichheit herzustellen ist nur gerecht. So lange die Russen wissen, dass sie unentwegt angreifen können, ohne Angriffe auf die eigene Infrastruktur befürchten zu müssen, ist das Risiko für Russland einfach zu niedrig.

Es ist mir mittlerweile völlig egal, wie Putin diese Sache verkraftet. Er wird keinen Atomschlag durchbekommen, weil jeder seiner Untergebenen weiß, dass er damit den eigenen Tod auslöst. Und wenn Russland es schafft, mit Atomdrohungen einen Angriffskrieg zu gewinnen, können wir diesen Planeten ohnehin abschreiben. Sorry, aber ich bin einfach völlig dagegen, sich von dieser Atom-Panik einschüchtern zu lassen.

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Einerseits den Draht nach Russland nicht völlig abteissen lassen, so das man zumindest einen Fuss in der Tür hat.
Zudem gezielt an Länder herantreten, die zwar Russland zugewandt sind, aber gesprächsbereit, wie Indien, China oder andere asiatische und afrikanische Staaten. Da sanften Druck oder Überzeugungsarbeit leisten, um Russland Unterstützung zu entziehen.

Alles liefern, was die Ukraine braucht? Ja, doch was ist wenn die Ukraine zum militärischen Schluss kommt, das es strategisch nötig ist, Stützpunkte in Russland anzugreifen? Nehmen wir ihnen dann alles wieder weg? Zeigen wir Empörung? Sanktionen?
Man sieht, es würde dann schon krude.

Bei Putin denke ich weniger an Atomwaffen. Aber da er offenbar nicht verlieren kann und sich entschliesst, wenn er die Ukraine nicht haben kann, mache ich sie konventionell dem Erdboden gleich? Wie lange gucken wir zu, bzw. Ab wann müssen wir militärisch eingreifen? Können wir das materiell überhaupt? Wollen wir das politisch?

Was mich grad beunruhigt, ist so eine subtile Kriegsbegeisterung in der öffentlichen Diskussion. Teils geht das, verzeiht mir den Ausdruck, bis hin zu einer „Totaler Sieg-“ Mentalität.
Find ich schon beängstigend.

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Forenteilnehmer, die sich dafür aussprechen, der Ukraine solche Waffen zu liefern, mit denen sie sich verteidigen und ihre Souveränität wieder herstellen kann, Kriegsbegeisterung zu unterstellen, ist harte Tobak und hilft nicht, bei diesem wichtigen Thema einen konstruktiven Diskurs aufrecht zu erhalten.

Kriegsziel muss sein: Die Ukraine gewinnt, Russland zieht sich wenigstens auf die Grenzen vom 23.2.2022 zurück. Alles andere - einschließlich eines „Ukraine darf nicht verlieren“ (was immer das überhaupt heißen soll) dürfen wir nicht akzeptieren, aus grundsätzlichen Wertüberlegungen hinaus (Unverrückbarkeit von Grenzen souveräner Staaten) als auch aus sicherheits- und machtpolitischen Gründen (Putin und seine Nachfolger davon abschrecken, so etwas noch einmal zu probieren).

Ich bin da ganz bei @Daniel_K, der sehr schön dargelegt hat, dass auch unter dem Gesichtspunkt der getöteten und verwundeten Soldaten die „Option C“ - wir schicken der Ukraine alles, was notwendig ist, damit sie den Krieg gewinnt (s.o.) - die beste Option ist.

Selbstverständlich unter der klaren Bedingung, dass die Ukraine keine Gegeninvasion unternimmt. Aber wir können ihr z.B. auch nicht verwehren, Abschussbasen in Russland und russische Schiffe und Flugzeuge anzugreifen und zu zerstören, von denen denen aus ihre Zivilbevölkerung und Infrastruktur täglich mit Raketen und Drohnen tyrannisiert werden.

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Ich unterstelle hier keinem Forenteilnehmer etwas, hier ist der Diskurs ja angenehm differenziert.

Ist nur mein Eindruck in der öffentlich geführten Diskussion in Medien und Politik. Also meine ganz persönliche Meinung, die auch falsch sein kann.

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Nehme ich anders wahr, liegt vielleicht an den genutzten Medien. Bei mir: Süddeutsche, FAZ, Spiegel, Zeit, Tagesschau, heute Nachrichten, berlin.table, twitter