Die Finanzwirtschaft passt hier in meinen Augen nicht so recht rein, da dort lediglich umverteilt wird. Wachstum bezieht sich ja auf Güter (Waren und Dienstleistungen).
Und dass im Rahmen der Dienstleistungserbringungen keine Ressourcen verbraucht werden, wage ich mal anzuzweifeln.
Du sprichst zu sehr aus der Rolle des Eigenheimbesitzers, der tatsächlich durch eigenes Handeln etwas verändern kann. Für die meisten Menschen ist das nicht die Realität. Ich konnte nicht mitentscheiden, als die Vivawest hier nach 2014 noch auf die Idee kam, die Nachtwärmespeicher durch eine Gas-Etagenheizung zu ersetzen.
Diejenigen, denen Umweltschutz wichtig ist, tun ohnehin in den meisten Fällen schon genug, um das 1,5°-Ziel einzuhalten - wenn alle sich so verhalten würden. Das Problem ist aber eben: Es verhalten sich nicht alle so. Nun denjenigen, die sich für mehr Klimaschutz einsetzen, zu sagen: „Macht halt selbst mehr“ bedeutet, diejenigen, denen Klimaschutz nicht wichtig genug ist, um ihre Lebensführung zu ändern, weiter gewähren zu lassen.
„Jeder sollte einfach selbst tun, was er kann“ hört sich daher prima an, ist aber im Kern der gleiche Unsinn wie bei Forderungen nach höherer Besteuerung zu sagen: „Jeder sollte einfach so viel Spenden, wie er entbehren kann“. Es ist realitätsfern, denn das Problem sind nicht diejenigen, die zum Wohle der Allgemeinheit freiwillig verzichten, sondern diejenigen, die Druck seitens des Gesetzgebers oder allgemeiner Markt-Mechanismen brauchen, um dazu gedrängt zu werden, ein sozialverträgliches Verhalten an den Tag zu legen…
Dass du deinen Post damit abschließt invalidiert deine eigene Argumentation. Denn eine Verbesserung des ÖPNV erreicht man eben auch nicht, indem „jeder seinen Beitrag leistet“, sondern dadurch, dass der Politik Druck gemacht wird, mehr Finanzmittel in den ÖPNV und weniger in den Individualverkehr zu stecken.
Nein, andere Ideen habe ich auch nicht. [quote=„Mike, post:120, topic:17445“]
und ggf notwendigem Druck von außen (Gesetze, Regelungen, Einschränkungen)
[/quote]
Nein, andere Ideen habe ich auch nicht. Der letztgenannte Punkt wird aber bisher weitestgehend ignoriert, von denen deren Aufgabe es wäre, den gewählten Volksvertretern. Hier sehe ich ein Hauptproblem. Die werden doch gewählt, um nötige Entscheidungen zu treffen.
@Daniel_K hat es ja schon angesprochen, warum das nicht reicht, was m. E. noch hinzukommt ist, dass es völlig unverantwortlich ist, die Verantwortung nur den Menschen im privaten zuzuschieben und die Wirtschaft außen vor zu lassen. Das geht aus meiner Sicht damit fast immer einher. Jeder solle seinen Beitrag leisten hört man selten an DAX-Vorstände in Bezug auf geschäftliche Entscheidungen adressiert, sondern nur, wenn es um Urlaubsreisen, Heizungen oder energetische Sanierung etc. geht.
Das ist zwar erstmal richtig, nur verkennst du halt die Tatsache, dass wegen mangelndem Interesse nicht mehr allzuviele Generationen geben wird die daran lernen und staunen können, schlicht weil sie die Zeit die sie haben mit ganz alltäglichen Problemen zu tun haben werden.
Könnte natürlich auch sein, dass du auf die Superreichen schießt, für die dürfte das vielleicht noch 1-2 Generationen länger gehen als für Normalsterbliche, nur gehen die eher selten in ein Museum um zu lernen und zu staunen.
Das kann ich so nicht ganz bestätigen. Firmen ist ihr Image wichtig und so ist die Energiewende und Einsparungen eben auch in vielen Unternehmen ein Thema.
Spontan fällt mir die Vattenfall ein, die sogar die Unternehmensstrategie auf „fossilfree in one generation“ geändert hat.
Thyssenkrupp stellt erste Stahlproduktionen auf Direktreduktion (Wasserstoff) um statt Gas oder Kohle zu nutzen.
Die BASF baut riesige Windkraftparks um seine Produktion wo es geht auf Strom umzustellen
Ehemalige Kollegen aus der Forschung von mir (Chemieingenieure) arbeiten in verschiedensten Unternehmen mit enormem Hochdruck an Projekten zur Energieeffizienz und CO2 Vermeidung.
Ich will nicht ausschließen, dass oft monetäre Gründe (CO2 Abgabe, hohe Preise für Gas) ausschlaggebend für solche Projekte sind (am Ende muss halt der Business Case stehen), aber je größer Unternehmen sind, umso wichtiger ist denen auch ihr Image in der Öffentlichkeit. Und gerade diese Unternehmen sind der Politik weit voraus und tun schon weit mehr als oftmals in der Öffentlichkeit (an)erkannt wird.
Richtig. Und meines Erachtens ist das sogar der Hauptbeitrag, der beim Einfordern der Verantwortung der Einzelnen außen vor bleibt. Es kann eben ein produzierendes Unternehmen so viel mehr erreichen als alle seine Kunden zusammen, indem es seine Produktion entsprechend umstellt. Das soll nicht heißen, dass das Einzelne sich nicht ebenso anstrengen muss, aber die Verantwortung nur beim Einzelnen zu verorten ist ein Trick der Unternehmen, um von sich selbst abzulenken (siehe CO2 Fußabdruck und BP).
Ich verstehe nicht, wie man „zu sehr“ aus einer Rolle argumentieren kann. Und ich sehe auch nicht das Argument, dass Eigenheimbesitzer es ja leicht haben was zu ändern und Mieter dagegen nicht. Sicherlich kann der Mieter die Auswahl einer neuen Heizung meist nur wenig beeinflussen, aber Du hast doch x andere Mittel:
Stromvertrag: Bist Du selbst für verantwortlich. Hast Du einen Anbieter mit grünem Strom aus neuen regenerativen Anlagen oder nutzt Du nur grün zertifizierten Strom oder gar das Bundesmix?
Wen Du nicht die Möglichkeit einer eigenen PV-Anlage hast, kannst Du aus Idealismus eine Balkonanlage nehmen oder Dich finanziell an einem Bürgerprojekt beteiligen.
Gasvertrag: Als ich zur Miete mit Gas-Etagenheizung wohnte, hatte ich Vertrag direkt mit Anbieter. Wenn das bei Dir möglich ist, kannst Du selber bestimmen ob fossiles Gas oder Bio-Gas.
Und last but not least: Du bestimmst selber wo Du wohnst, so unbequem und aufwendig es auch sein mag daran was zu ändern.
Ich bin nicht so naiv, dass ich glaube, dass „Jeder wie er kann“ zum Erfolg führt. Ich sehe aber jeden erstmal in eigener Verantwortung für sein Handeln und ich frage mich, ob die die am lautesten rufen oder die sich so gerne kleben selber schon das ihnen Mögliche getan haben. Und Kleben erzeugt keine einzige kWh regenerative Energie, sondern ist in meinen Augen primär Fingerpointing auf Andere.
Außerdem: Das mit dem ÖPNV ist doch eine ganz andere Ebene und hat mit dem Thema „Eigenverantwortliches Handeln“ erstmal gar nichts zu tun. Solange das Angebot und die Zuverlässigkeit des ÖPNV schlecht sind und mit individuellen Verkehr oftmals in keinster Wiese mithalten können, werden ein Großteil der Menschen (inkl. mir) nicht bereit sein auf das Auto als erstes Verkehrsmittel zu verzichten. Aber man kann zumindest was am Spritverbrauch tun
OK, dann präzisiere ich meine Aussage: Ich erwarte von jedem der auf Andere zeigt oder nach der Politik ruft, dass er/sie zuerst selber prüft, ob er/sie wirklich schon so viel selber macht, dass es ihm /ihr zusteht auf Andere zu zeigen. Und das schließt Jede(n) ein, egal ob klein/groß, dick/dünn, DAX-Vorstand oder Bürgergeldempfänger.
Wer bestimmt dann, was genug ist? Ich kann die Haltung zwar nachvollziehen, finde das aber sehr schwierig und frage mich, ob das nicht ein bisschen kindisch ist. Einigen können wir uns vielleicht auf „auf keinen zeigen, der weniger CO2 ausstößt“. Ist eine spontane Idee, habe ich noch nicht abschließend durchdacht. Es ist mir aber insofern unlieb, weil es ein gesellschaftliches Problem ist und man das nicht so sehr auf Einzelne runterbrechen sollte. Vor allem, wenn man die Lebensrealitäten nicht kennt.
Mein Eindruck ist, dass dies getan wird, weil man befürchtet, dass entsprechende Gesetze kommen könnten, nicht immer aus Überzeugung. Zumindest mit Blick auf die Automobilindustrie bin ich da sehr überzeugt von.
Auch das halte ich für problematisch.
Das erinnert mich einfach immer an die Reaktion auf Initiativen wie „Besteuert uns, und zwar jetzt“.
Hier wird den Millionären, die eine Vermögenssteuer fordern, auch immer vorgeworfen, sie könnten ja statt dessen selber mehr tun (z.B. ihr Vermögen spenden). Die Probleme mit dieser Logik habe ich oben schon erläutert.
Ich sage ganz grundsätzlich: Nein, man muss nicht mit „gutem Beispiel vorangehen“. Man muss sich nicht selbst in eine finanziell nachteilhafte Position bringen, um das Recht zu erwerben, vom Staat zu verlangen, dass er Zustände schafft, in denen diese finanziell nachteilhafte Position alle betrifft.
Auch jemand, der jetzt noch nicht alles in seiner Kraft stehende tut, um den Umweltschutz voranzutreiben, hat ein Recht, mehr staatliche Vorgaben für den Umweltschutz zu fordern. Denn die Position „Ich bin bereit, mehr zu tun, aber ich will, dass ich mich dadurch nicht in einen Nachteil gegenüber denjenigen, die nichts tun, begebe“ ist eine völlig nachvollziehbare und berechtigte Position. Nicht falsch verstehen: Ich bin froh über jeden, der bereit ist, mit gutem Beispiel voranzugehen. Aber ich verurteile niemanden, der sagt, er ist bereit mehr zu tun, der aber gleichzeitig fordert, dass der Rest der Gesellschaft auch mitzieht.
Deine Position hingegen verlangt, dass man mit gutem Beispiel vorangeht. Und das halte ich für problematisch.
Moral …. Nenne es wie Du willst. Wir wollten unseren Kindern nicht später sagen müssen, dass wir auch nur Gas verbrannt haben. Die Kombi aus Gasheizung + PV + BWWP schien ökologisch / wirtschaftlich ausgewogen, auch zum Preis, dass wir nach wie vor 3 mal im Jahr die Steuerung der Komponenten selber manuell anpassen müssen, da es damals (und bis heute) noch keine integrierte Regelungstechnik gab.
Aber Gegenfrage: Was tut ihr den konkretes, dass mithilft die Klimaziele zu erreichen / Euren CO2-Abdruck zu senken? Wieviel regenerative Energie habt ihr dieses Jahr erzeugt oder nachvollziehbar durch geändertes Verhalten vermieden?
Gute Frage. Die Möglichkeiten der Einflussnahme sind ja unterschiedlich verteilt. Ich wohne zur Miete, habe Gasheizung, mein Vermieter sieht die Immobilie als reine Wertanlage und will nicht mehr Geld reinstecken als nötig.
Ich nutze einen Anbieter mit „grünem“ Strom. Wir heizen maximal einen Raum (was baulich auch möglich ist), ich fahre einen 11 Jahre alten sparsamen Benziner (ca. 5 Liter Super/100 km), der seinen Produktionsfussabdruck schon hinterlassen hat, praktiziere mit 2 Kollegen eine Fahrgemeinschaft, um die halbe Wegstrecke zur Arbeit nur mit einem Auto statt mit dreien zu fahren, kaufe vorwiegend lokale Produkte, und hab den Konsumwahn weitgehend hinter mir.
Aber: Wir besitzen 3 Autos (inkl. Tochter mit 45 km einfach zur Ausbildung) mangels ÖPNV, heizen wie gesagt mit Gas, haben keine PV-Balkonanlage (weil sich Ertrag gegenüber Invest nur lohnen würde, wenn ich mindestens noch 13 Jahre dort wohnen bleibe, laut Rechner TU Berlin), ich fahre die 45 km bis zur Arbeit nicht mit dem Fahrrad, habe aus Kostengründen kein E-Auto, und esse tatsächlich einmal die Woche Fleisch.
Mache ich nun genug? Bin ich zu bequem? Wer entscheidet das? (wieder mit etwas Augenzwinkern…)
Und genau das ist aus meiner Sicht ein ganz normaler und richtiger Vorgang. Aber erst mal sorry, dass ich dich als Beispiel für die Antwort an reyma herangezogen habe. Wie pitus weiter oben beschrieben hat, ticken Firmen gar nicht so viel anders (ok, die Wirtschaftlichkeit spielt eine größere Rolle).
Wenn wir es so verstehen möchten, dass wir uns gegenseitig anspornen, dann finde ich deine Frage konstruktiv. Viel zu oft wird auch hier im Forum rumgemäkelt, man könne es doch noch besser machen, bis hin man müsse jedem Konsum abschwören.
Aber zu deiner Frage, Mike hat ja schon viele tolle Dinge beschrieben die er macht. Ich würde es wie folgt beschreiben:
schon Mitte der 90ziger Jahre konnte man ökologisch und energiesparend bauen. Mit viel Holz, Brennwertheizung und Solarthermie.
seit 2 Jahren sind Wärme, Strom und Mobilität vollständig de-carbonisiert (WP, PV, BEV).
seit vielen Jahren arbeite ich aktiv in einer Radinitiative für den Rad-Alltagsverkehr
fliegen tu ich seit ein paar Jahren nicht mehr (kann sein, dass es wieder mal eine Ausnahme gibt)
das Auto bleibt zu Gunsten eines Lastenrads stehen, das E-bike zu Gunsten des normalen Rads
Car Sharing haben wir auch schon gemacht, ist aber wegen Kleinkindern schwierige (nicht meine)
Fast Fashion war uns schon immer ein Greul
auch so kleine Dinge wie festes Shampoo statt flüssiges, regionale Produkte, oder aus alten Sachen neues zu gestalten machen Freude.
ach ja, ich hatte das Glück meine Neigung zum Beruf zu machen und arbeite seit über 30 Jahren im industriellen Umweltschutz. Heute mache ich ganze Fabriken energieeffizienter, plane große Anlagen für regenerative Energie und de-carbonisiere die Fabriken komplett. Dabei habe ich das Glück mich schon seit über 10 Jahre mit Energieforschung beschäftigen zu können, das ist einfach spannend.
Und äusserst hier mal einfach einen Verdacht ohne auch nur den geringsten Hinweis. Sowas ist absolut unzulässig. Genauso gut könnte dich jeder verdächtigen, dass du im Laden klaust. Und selbst wenn Mitglieder der LG nicht alle alles einsparen was nur geht, dann ist die Botschaft nicht um ein Fitzelchen weniger wahr.
Man kann das auch anders sehen: es stecken die Museen so voll von guter und weniger guter Kunst (vermutlich, wer will das entscheiden…?). dass ein paar weniger der Menschheit fehlen werden. Es geschähe ja nicht in einer vandalistischen Wüterei, sondern wäre ein Fanal, selbst vielleicht sogar mehr und lebende Kunst als die eingesargte und isolierte Kunst in den Museen.
Neulich war Gerhard Baum im Interview (Kulturfragen, DLF). Er sagte viele richtige Dinge, (im Übrigen bewunderswert frisch mit seinen 90 Jahren). Er sagte aber auch, die Aktionen der LG in den Museen wären „Barbarei“. Das hat mich richtig erbost. Er geht offensichtlich auf in allem was Kunst ist und kann es natürlich tun. Aber Kunst zu einer Religion zu erheben und alle sollen sich daran halten ist arrogant und weltfremd. Wieviel Prozent der Bevölkerung hat echtes Interesse an der musealen Kunst? Schätze im einstelligen Prozentbereich. Für mein Verständnis setzt Herr Baum die Prioritäten hier sehr falsch.
Es herrscht eine Vorstellung von der absoluten Unantastbarkeit dieser Art von Kunst, die mir schon längst auf die Nerven geht, so dass die Aktionen der LG in meinen Augen nicht nur die wichtigste Botschaft zur Zeit aussenden, sonder gleich auch noch die Verkrustung um dieses starre Bewahren und Verehren ein wenig ankratzt. Man hat schon den Eindruck, dass die „Kulturelite“ sich recht bequem in ihrer durchaus luxuriösen Blase einrichtet, ein wenig FFF lobt, ein wenig hie und da selbst umweltbewusst ist wenn es nicht weh tut, und sich mit Flug-Kompensationen den beruhigenden Ablass kauft. Es sind das die „Schlafwandler“ von heute, so wie sie für die Zeit vor dem 1. Weltkrieg von Herman Broch in „Die Schlafwandler“ gezeichnet wurden. Dann muss man sie halt mit „Barbarei“ wecken.
Nein, aber es zeigt, dass es eher extrinsisch motiviert ist und daher Gesetze erforderlich sind, um hier mehr zu erreichen.
Verstehe ich nicht. Wo steht da drin, wie viel man für den Klimaschutz tun muss, bevor man Einsatz von anderen verlangen kann?
Hier bin ich bei @LeoWom, die Frage kann konstruktiv sein, aber auch schnell in Whataboutism abdriften. Zur Frage, ab wann man das Recht hat zu kritisieren, hat @Daniel_K sehr überzeugend dargestellt, dass man dazu nicht autark im Passivhaus leben muss.
Man oder vielleicht doch eher du selbst hast diesen Eindruck? Ich kann zwar verstehen, dass du das so siehst, es ist schließlich immer leicht mit dem Finger auf andere zu zeigen, aber das macht es nicht automatisch wahr.
Ach weißt du, früher habe ich mich immer gefragt wie die Menschheit zulassen konnte, dass große Kunstwerke der Geschichte bis zur Unkenntlichkeit zerstört wurden. Was ist vom Kolosseum noch geblieben, vom Forum Romanum, von Städten wie Troja, von Weltwundern, von Urkunden aus dem Frühmittelalter und großen Gemälden, die irgendwann mal überpinselt wurden und vielem mehr.
In den meisten Fällen sind diese Dinge ebenfalls nicht Vandalismus zum Opfer gefallen, sondern schlichtem Mangel und Not (beispielsweise wurden aus Bauwerken wie dem Kolosseum Baumaterialien für den Städtebau gewonnen). Man war eben der Meinung mit der Zerstörung (oder Beschädigung) eines Kunstwerks oder historischen Dokuments etwas besseres, wichtigeres zu schaffen. So verständlich diese Taten aus damaliger Sicht waren, sie haben Einblicke in unsere Geschichte unwiederbringlich zerstört und selten war ihr Erfolg gleichwertig mit dem Verlust den sie herbei gebracht haben. Nur leider merkt man das meist erst hinterher (und viele gar nicht, da ihnen die akuten Probleme wichtiger sind als größere Fernziele - Analog zur Klimadebatte).
Wir sollten nicht ohne extreme Not die Fehler der Vergangenheit wiederholen. Die Museumsaktionen der Letzten Generation erreichen nicht ansatzweise etwas zur Zerstörung gleichwertiges. Daher sind sie aus meiner Sicht grober Unfug.
Ich habe diesen Eindruck und andere auch, deshalb sage ich der Einfachheit halber „man“, damit ich nicht sätzelang darlegen muss, wieviele das sein könnten usw.
Stimmt, das Fingerzeigen ist nicht schwer. Die negative Konnotation (Ablenkung, Verleumdung, ungerechte Beschuldigung usw.) für meine Wahrnehmung und Kritik weise ich aber zurück. Meine Kritik trifft zu, darum gehts. Ich sehe es an allen Ecken und Enden, angefangen in meiner 5.000 EW-Gemeinde.
Das hat mir die ersten Lebensjahrzehnte auch immer sehr leid getan. Ich hätte rasend gerne das antiken Rom gesehen. Jetzt sehe ich das als eine egoistische, wenn auch harmlos naive Vorstellung, also weltfremd. Wie muss unsere westliche Kulturanbetung auf die Menschen ausserhalb wirken, abgesehen von den verwestlichten Eliten? Ziemlich absurd würde ich sagen. Es hat glaube ich noch nie ein Zeitalter und eine Kultur gegeben, die so sehr auf das unbedingte Erhalten von alten Dingen so erpicht war. Könnte es sein, aus Mangel an ehrlicher Gegenwartskunst? Oder aus Überdruss an den schnell wechselnden Alltagsmoden? Das ist aber eine andere Diskussion, die wir gerne an anderer Stelle diskutieren könnten.
Vermutlich eher, weil wir heute in einer Gesellschaft leben, in der der Alltag nicht mehr von zwingenden Notwendigkeiten und allgegenwärtigen Mängeln geprägt ist. Kurzum: Die Menschen hatten früher mehr substanzielle Sorgen vor Krieg, Hunger und co.
Dazu kommt, dass die Vernichtung der Kultur des lokalen Gegners noch bis heute (siehe Russland in der Ukraine) ein Thema ist, aber auch davor schon (siehe z.B. die ukrainische UPA gegenüber den Polen im ukrainisch-polnischen Grenzgebiet 1943…). Das betrifft übrigens auch den Westen: Kulturelemente, die unserer Denkrichtung diametral entgegenstehen, z.B. der islamische Staat, wird auch vom Westen nicht „erhalten“, sondern nach Möglichkeit vollständig zerstört (ein anderes Beispiel ist das Versenken von Bin Ladens Leiche im Meer, damit sich hier kein Kult-Ort bildet).
Da wir aber heute die Zeit und Mittel haben, die Geschichte zu erforschen und interessiert sind, die Geschichte zu verstehen, ist es schon nachvollziehbar, dass wir heute eher darauf erpicht sind, möglichst viel alte Kultur zu erhalten. Mir geht das manchmal auch etwas zu weit (sorry, wenn wir jeden alten Stadtkern und jedes Fachwerkhaus erhalten wollen ist das irgendwann auch ein Problem für den Progress, z.B. wenn dann deshalb keine Solaranlagen auf ganzen Stadtvierteln gebaut werden dürfen…).
Mit Mangel an moderner Kultur hat das denke ich wenig zu tun, eher mit der Romantisierung der alten Kultur. Ich bringe da immer wieder gerne das Beispiel von Windmühlen und Leuchttürmen. Auch die wurden, als sie neu waren, teilweise von konservativen Menschen bekämpft, heute werden sie romantisch verklärt. Diese Dinge wandeln sich eben im Laufe der Zeit, irgendwann wir es von „Neu und Nützlich, dem Konservativen aber ein Dorn im Auge“ zu „Alt und romantisch, gerade von Konservativen besonders geschützt und geliebt“. Absurd, aber so sind Menschen.