LdN313 - COP27 & Klimafinanzierung

Lieber @vieuxrenard und @philipbanse,

vielen Dank für Eure stetigen LdN Ausgaben, die ich regelmäßig gerne höre. Ich habe mich gerade frisch in diesem Forum registriert, um eine Anmerkung/Korrektur zu Eurem Beitrag zum Thema internationale Klimafinanzierung in LdN313 zu machen.

In der LdN313 berichtet Ihr korrekt über den neu beschlossenen Entschädigungsfonds auf der COP27. Der Vergleich zur bisher bestehenden Klimafinanzierungsarchitektur ist allerdings nicht ganz richtig:

Im Podcast zieht Philipp den Vergleich „Das ist auch was anderes als dieser andere Fonds, über den schon seit Jahren gesprochen wird, wo jährlich 100 Mrd. eingezahlt werden sollen, aktuell waren es jetzt zuletzt 83 Milliarden die eingezahlt wurden, aber dieses Geld dient eher so der langfristigen Mitigation, wie das so immer heißt, also der langfristigen Vorbeugung gegen Klimaschäden, also Dämme bauen, Deiche bauen, und solche Sachen. Dagegen ist jetzt diese Idee, die sie jetzt beschlossen haben, eher so was, Loss und Damages ist die Überschrift, also schnell Geld aus der Versicherung beantragen.“

Ich habe einige Zeit im Themenfeld Klimafinanzierung gearbeitet und möchte kurz ein paar Dinge in diesem Zitat gerade ziehen. Die internationale Klimafinanzierung folgt bisher dem (gescheiterten) „100 Milliarden Ziel“: bis 2020 sollen „entwickelte“ Länder (gemäß UNFCCC Definition) 100 Milliarden US-Dollar pro Jahr an „Entwicklungsländer“ für die Klimafinanzierung mobilisieren. Dieses Ziel entstand auf der COP in Kopenhagen 2009 und wurde im Pariser Klimaabkommen erneut bestätigt. Die Sprache ist vage, es geht um die „Mobilisierung“ von Klimafinanzierung.

Das Ziel bezieht sich nicht auf einen spezifischen Fonds, wie im Podcast suggeriert. Wahrscheinlich habt Ihr hier an den Green Climate Fund (GCF) gedacht, dieser hat aber a) nicht die Zielsetzung, 100 Mrd. Dollar zu umfassen und b) hat in seiner ersten Wiederauffüllungsrunde lediglich 10 Milliarden Dollar akquirieren können. Tatsächlich rechnen sich Industrieländer Zahlungen an viele verschiedene multilaterale Fonds (z.B. GEF, AF, CIFs…,) auf Ihre Klimafinanzierungsbeiträge an.

Außerdem besagt das Ziel, dass die Finanzierung sich möglichst gleichermaßen auf Klimaminderungs- und Anpassungsaspekte konzentrieren soll, nicht nur auf die langfristige Mitigation, wie im Podcast beschrieben (das gilt übrigens auch für den GCF). Begrifflich steht Mitigation hier für Klimaminderung, also Treibhausgasreduzierung. Die von Philip beschrieben Maßnahmen wie Dämme bauen und Deiche bauen fallen dagegen in den Bereich Adaptation, also Anpassung an die Auswirkungen des Klimawandels.

Gut zu wissen: Auch bilaterale Projekte der Entwicklungszusammenarbeit werden von Industrieländern als Klimafinanzierung angerechnet, je nachdem wie „klimarelevant“ sie nach Eigenermessen sind. Dazu werden die zwei sogenannten Rio Marker für Klima („KLM“ = Klimaminderung, „KLA“ = Klimaanpassung) genutzt: Ein Rio Marker von 1 deutet darauf hin, dass ein Projekt unter Anderem auch Klimaziele in sich trägt, ein Marker von 2 deutet auf Klima als Hauptziel hin. Deutschland rechnet Projekte mit 1-er Marker zu 50%, mit 2-er Marker zu 100% auf die nationale Klimafinanzierung an. Es gibt hier kaum einheitliche Standards, jedes Industrieland macht es anders. Unterm Strich sind dadurch die berichteten Klimafinanzierungszahlen nur zu einem gewissen Grad belastbar. (das Thema Mobilisierung privaten Kapitals, das auch angerechnet wird, lasse ich hirr mal aus…)

Ich hoffe das hilft und vielleicht könnt Ihr das ja nochmal klarstellen.

Vielen Dank und viele Grüße,
ilikelage

Liebes Lage-Team,

hier noch ein paar kurze Hinweise zu Eurer COP Berichterstattung:
(1) Die nächste COP findet nicht in Saudi-Arabien statt, sondern in den United Arab Emirates.
(2) Bezüglich der von Euch genannten Erwärmungsprojektionen gegeben verschiedener Policies war Eure Einschätzung nicht ganz korrekt, hier könnte dieser Link zum Vergleich sehr hilfreich sein: https://data.climateresource.com.au/ndc/20221110-briefing/ComparisonGraph_14Nov2022.png
(3) Den Loss and Damage Fund als Entschädigungsfond zu bezeichnen ist nicht ganz korrekt (da ihr sonst juristisch so exakt seid, sogar eher absolut nicht korrekt). Entschädigung („compensation“) wurde ausgeschlossen (siehe eg https://twitter.com/aruna_sekhar/status/1589207766337716226 oder auch hier https://www.thedailystar.net/opinion/politics-climate-change/news/the-story-behind-the-loss-and-damage-fund-cop27-3176401 „the US only agreed with the caveat that it would not be used for liability or compensation“).

Viele Grüße,
clp

danke clp, checken wir!

Liebes Lage-Team,

ich finde es schade, von Euch gar keine Rückmeldung auf meinen Post erhalten zu haben. Und ernüchternd, dass in der letzten Lage-Episode auf keinen meiner Punkte und nur auf einen der Punkte von clp eingegangen wurde.

Das demotiviert ZuhörerInnen, die sich die Mühe machen, mit sachlichen Beiträgen Fehlinformationen aus Eurem Podcast glattzuziehen. Hier hätte ich mir eine andere Fehlerkultur gewünscht.

Wir korrigieren sehr konsequent alle Fakten-Fehler, aber wir können schon aus Zeitgründen nicht alle Themen noch einmal wieder aufgreifen, wo lediglich andere Perspektiven oder Schwerpunkte denkbar gewesen wären.

Ich habe deinen Beitrag an Philip weitergeleitet, der diesen Block für die 313 recherchiert hatte, und er meint, dass wir hier nichts korrigieren müssen und eine erneute Diskussion für unsere Zuhörer:innen keinen Mehrwert bieten würde. Ich fand seine Einschätzung ehrlich gesagt plausibel, denn dein Beitrag scheint mir auch eher technische Details zu betreffen.

Mir ist es eigentlich sehr positiv aufgefallen, DASS darauf eingegangen wurde.

Vollstes Verständnis.

Ich rechne es euch sehr hoch an, dass ihr regelmäßig Fehler korrigiert und außerdem, dass ihr intensiv verfolgt, was hier im Forum passiert. Das ist ja nicht bei jedem Format der Fall. Ich würde gar nicht mal erwarten, dass ihr ALLE Fakten-Fehler korrigiert. Es würde eigentlich reichen, wenn es diejenigen sind, die eine kritische Relevanz für die getätigten Aussagen haben.

Hier gibt es immer Luft nach oben. Aktuell würde ich z.B. hier [1] einen relevanten Fakten-Fehler sehen, der nicht korrigiert wurde.

Verständnis hätte ich allerdings auch dafür, wenn die ihr nicht die Zeit aufbringen könnt, all diese Infos aus den Posts im Forum raus zu ziehen. Was ich auf der anderen Seite beobachte ist, dass ihr schon sehr intensiven Kontakt mit der Community hier im Forum haltet – was erstmal sehr positiv ist. Sehr häufig gibt es z.B. Posts von euch, in der ihr ungerechtfertigter Kritik teils durchaus ausführlich widersprecht. Das ist prinzipiell gut, insbesondere wenn false facts etc. involviert sind. Was mir schon seit Anmeldung hier im Forum auffällt, ist dass diese Entgegnungen häufig sehr scharf sind – oft aus meiner Sicht unangemessen scharf relativ zum Inhalt und der Tonlage der geäußerten Kritik. Das hinterlässt bei mir oft den Eindruck, als ob ihr Kritik manchmal nicht als konstruktive Hilfestellung versteht, sondern als persönlichen Angriff. Ich hoffe, dass ich mich da täusche, denn das wäre schade – gerade vor dem Hintergrund, dass die allermeiste Kritik hier auf mich einen konstruktiven Eindruck macht.

Unabhängig von meinem subjektiven Eindruck, wäre meine Anregung dennoch, eure Energie doch etwas mehr in die Anerkennung konstruktiver Kritik hier im Forum zu stecken, als in die Falsifizierung ungerechtfertigter Kritik. Letzteres erledigt die Community eigentlich zu 99% zuverlässig selbst. Und ersteres fände ich vor allem dann angemessen, wenn jemand sich einige Mühe macht, um die richtigen Quellen zu recherchieren und darzustellen.

So wie ihr es hier im Thread gemacht habt, finde ich es übrigens vorbildlich. Es reicht ja eine Notiz, dass man die Kritik registriert hat und ggf. prüft. Da es sehr zeitaufwändig ist, alle Beiträge hier im Forum mitzulesen: ihr habt ja eine sehr engagierte Moderatorin, die sehr viel mitliest. Falls das nicht schon längst passiert, wäre es ja auch eine Idee, dass ihr von der Moderation ab und zu mal Feedback bekommt, falls ein halbwegs offensichtlicher Fehler oder ein Problem angesprochen wird.

[1]

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