LdN294 Freiwilligendienste/Pflichtdienst

Hallo, erstmal vielen Dank für eure wertvolle Arbeit - jeden Freitag höre ich die neueste Folge weg :wink:
Zum Thema Freiwilligendienste habt ihr schon viel Richtiges gesagt und ich freue mich total über die Werbung! Die Gründe kann ich selbst nur teilen. Nach meinem Abi habe ich selbst ein FSJ abgeleistet, was mich in meiner Berufswahl der Sozialen Arbeit bestätigt hat. Nach meinem Studium bin ich per Zufall (oder Schicksal) wieder bei meinem damaligen Träger (Paritätischer Wohlfahrtsverband, Kompetenzzentrum Freiwilligendienste) gelandet und habe dort sechs Jahre die pädagogische Begleitung der Freiwilligen durchgeführt, bevor ich vor sieben Jahren die Leitung der Abteilung übernahm. Eine tolle Karriere also dank meinem eigenen FSJ.
Aus der Praxis möchte ich beitragen:

  • Wir sind gegen einen Pflichtdienst und für eine Verbesserung der Konditionen der bereits bestehenden Angebote. Ein Pflichtdienst würde „auf einen Schlag“ das Achtfache an Freiwilligen bedeuten → gibt es in den Einrichtungen und bei den Trägern überhaupt genügend Kapazitäten zur Betreuung? Und was passiert mit denen, die sich weigern?
  • Als Träger erhalten wir eine Förderpauschale pro besetztem Platz - alles was davor an Akquise und Öffentlichkeitsarbeit passiert, ist jedoch nicht förderfähig. Wir würden gerne so viel mehr Werbung machen, scheitern hier jedoch oft an den Grenzen der Finanzierbarkeit. Aufgrund des demografischen Wandels müssen wir bei der ÖKA auch gegen Industriebranchen bestehen, die dafür ein wesentlich höheres Budget zur Verfügung haben.
  • Eine durch das BMFSFJ verwaltete Landingpage zur Stellenaufteilung sehen wir kritisch, denn: wir kämpfen seit Jahren dagegen, dass der Staat sich zu viel einmischt (s. Bundesfreiwilligendienst, Thema Pflichtseminar an Bildungszentren). Das würde das noch weiter verstärken und das Subsidiaritätsprinzip weiter schwächen. Der Erfahrung nach werden oft Sachen ohne ausreichenden Austausch mit den Praktiker*innen der Träger entschieden. Immerhin befindet sich aber gerade eine gemeinsame Landingpage im Aufbau, die durch das BMFSFJ finanziert wird. Unserer Erfahrung nach bewirbt sich ein Großteil auf konkrete Stellen und weniger bei den zugehörigen Trägern, da man z.B. mit Lebenshilfe Trier eher etwas verbindet als mit dem Paritätischen.
  • Es stimmt nicht, dass es ausschließlich Vollzeitdienste gibt. Der BFD ist seit Beginn an für alle ab 27 Jahren auch in Teilzeit möglich. Seit 2019 gibt es zudem auch im BFDu27 und im FSJ die Möglichkeit auf Teilzeit, falls man eine Vollzeitstelle aus persönlichen Gründen (alleinerziehend, körperliche oder psychische Belastung/Behinderung etc.) nicht bewerkstelligen kann.
  • Was die Politik auf Bundes. und Landesebene konkret tun kann: Anreize schaffen! Kostenloser ÖPNV für alle Freiwilligen (vgl. Bundeswehr, da ging es ja auch), bessere und einheitliche Anrechnung auf Studiengänge und Ausbildungen, finanzielle Boni, you name it. Die heutigen Freiwilligen sind die potentiellen Fachkräfte von morgen, die so dringend gebraucht werden!

Für weitere Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Links:

Vielen Dank und liebe Grüße
Melanie

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