Beim hören der aktuellen „Lage“ musste ich plötzlich überrascht aufhorchen, als die Situation um den Wald im Harz zur Sprache kam. Wir Harzer und insbesondere meine Familie sind davon direkt betroffen. Mein Vater arbeitet in zweiter Generation als Förster in einer städtischen Harzforst und muss nun kurz vor seiner Pensionierung die Abwicklung – sprich den Kahlschlag und den Ausverkauf, teilweise zu Negativpreisen – seines Lebenswerkes und das seines Vaters, sowie von Generationen schwerstarbeitender Forstwirte, organiseren.
Zur allgemeineren Situation: Was ihr in der Lage kurz geschildert habt, ist die Situation im Nationalpark Harz, wo die Fichtenmonokultur, bis zu einem gewissen Grad, durch die geografische Höhe natürlich bedingt war. Durch den Klimawandel jedoch, konnte der Borkenkäfer sich spätestens seit Beginn der 2010er Jahre auch in den hohen Lagen mehr und mehr behaupten und den Fichtenbeständen zu Schaden gehen, wie es auf dem Kapitelbild zu sehen war. In den umliegenden Wirtschaftswäldern, die auch bis in die niedriegeren Harzrandlagen reichen, enstprach die Fichtenmonokultur abhängig von der geografischen Höhenlage und abhängig von anderen Standortfaktoren immer schon nur bedingt einem natürlichen Wald.
In erster Linie wurden diese Monokulturen seit Jahrhunderten aus wirtschaftlichen Gründen angelegt um einen relativ schnell wachsenden Rohstoff mit guten Eigenschaften für z.B. den Bergbau, für Bauholz (z.B. Dachstühle) oder für die Versorgung der Bevölkerung zu gewinnen (Möbel, Brennholz, Papier, etc.). Dabei wurden die in Deutschland seit jeher praktizierten Nachhaltigkeitsprinzipien von Carlowitz – man entnimmt nur so viel wie nachwächst – immer wieder von Katastrophen, wie z.B. den Reparationshauungen der Siegermächte im 2. Weltkrieg, unterbrochen. Die Bekämpfung des Borkenkäfers, bzw. die Bekämpfung seiner Ausbreitung durch entnahme von sich im Sterben befindlicher Brutbäume, gehörte dabei schon immer zur forstlichen Praxis, wobei Stürme und trockenere Jahre in regelmäßigen Abständen (z.B. einmal pro Dekade) bessere Bedingungen für den Borkenkäfer boten und dieser klein- bis mittelschwere Schäden anrichten konnte. Die Situation war jedoch meistens kontrollierbar und/oder zeitlich auf einzelne Jahre begrenzt.
Der Schaden jedoch, der durch die Trockenjahre '18, '19 und '20 angerichtet wurde, ist mit nichts in der Vergangenheit der deutschen Forstwirtschaft zu vergleichen. Alleine in unserer städtischen Forst haben wir einen Totalverlust der Fichte mit 600ha von rund 1000ha Gesamtwaldbestand zu verzeichnen; im Harz sind es ca. 150.000ha von 250.000ha. Bundesweit hat man unabhängig von der Baumart bei knapp 40% des Baumbestandes eine Verlichtung der Krone zu verzeichnen und man geht von über 300.000ha Waldfläche aus die neu begründet, heißt bepflanzt, werden muss [BMEL]. Um dem einen Maßstab zu geben: 300.000ha sind etwa 420.000 Fußballfelder.
Damit ist klar, die Katastrophe begrenzt sich auf keinen Fall nur auf den Harz oder Deutschland, nicht nur auf Fichten in Monokulturen und nicht nur auf die Fichte als Baumart. Große Teile unserer deutschen und mitteleuropäischen Wälder, die dem Trockenstress der gennanten Jahre ausgesetzt waren, haben sichtbare Schäden davongetragen. Dabei sind vielerorts auch Fichten in Mischwäldern betroffen, die durch die Borkenkäfer in ihrer Überpopulation und durch ihren feinen Geruchsinn ausgemacht und beschädigt wurden. Andere Baumarten, wie Birke oder Buche sind durch Weiß- oder Wurzelfäule betroffen, usw. Letztere ensteht wenn das Feinwurzelwerk durch Trockenheit abstirbt, Pilze eindringen können und das restliche Wurzelwerk anfängt am noch lebenden Baum zu verrotten. Solche Laubbäume können dann spontan bei leichtem Wind oder einfach so umfallen und stellen neben den wirtschaftlichen Verlusten vor allem ein Risiko für erholungssuchende Waldbesucher und Verkehrswege, z.B. Landstraßen, dar.
Natürlich hat es in der Geschichte immer Trockenperioden gegeben aber spätestens seit Etablierung der Attributionsforschung wissen wir, dass der Klimwandel solche Vorkommnisse wahrscheinlicher macht. Deswegen ja, wir stehen knietief im Klimawandel! Leider verstehen immernoch zu wenig Leute diese Zusammenhänge und sehen vielmehr die Forstwirtschaft in der Schuld, wobei nur allzu häufig auf der Monokultur herumgeritten wird. Dabei ist die Forstwirtschaft mit ihren nachwachsenden natürlichen Rohstoffen (z.B. zur Substitution von fossilen Kunststoffen) vorallem ein Mittel und Partner im Kampf gegen den Klimawandel.
Hoffen wir, dass die Politik bald versteht, dass die Kosten einer inkonsequenten Klima- und Gesellschaftspolitik weit höher sein werden als die aktive, wissenschaftsgestützten Gestaltung mit Mut zur Investition in die Zukunft. Wir hier in der harzer Forstwirtschaft und auch im Tourismus müssen dies schon heute am eigenen Leib mit allen Konsequenzen spüren.