Der Harz und seine Fichten

Die dargestellte Situation im Harz möchte ich ein wenig relativieren. Ich war als Kind in den 80ern viel im Harz und auch damals war der Borkenkäfer ein ständiges und altes Thema. Das ist also kein Problem der letzten Jahre. Die im Harz (noch) vorherrschenden Fichtenmonokulturen sind das Ergebnis der Anpassung an die Jahrhunderte (mindestens) alte Bergbauwirtschaft. Das schnell wachsende Fichtenholz wurde unter anderem zum Abstützen der Stollen verwendet.

Es wächst inzwischen auch einiges nach. Wenn man den Schreck der vielen umgefallenen Bäume überwunden hat sieht man eine ganze Menge junges Holz mit wesentlich mehr Diversität als die bisherigen reinen Fichtenwälder.

Geschichte, Zustand und Perspektiven kann man sich ganz gut hier durchlesen. Es sind auch etwas unterschiedliche Standpunkte beschrieben:

Die Darstellungen von Randy sind leider etwas unpräzise. Der Borkenkäfer gehört zur Fichte und lebt üblicherweise mit ihr in einem Gleichgewicht. Da der Borkenkäfer sich in den höheren Harzlagen durch das kältere feuchte Klima weniger vermehren konnten, war hier die Fichtenmonokultur durchaus natürlich. Durch den Klimawandel hat sich dieses Gleichgewicht jedoch in der geografischen Höhe nach oben verschoben, wodurch es im Nationalpark Harz zum Totalverlust der Fichtenaltbestände gekommen ist. Es ist also sehrwohl ein Thema der letzten Jahre!
Wie auch der Nationalpark bis zu seiner Schaffung, ist der Rest des Harzes Wirtschaftswald in dem die Fichtenmonokultur nicht überall dem natürlichen Wald entspricht. Besonders in den niedrigeren Lagen war hier die Bekämpfung der Ausbreitung des Borkenkäfers immer schon ein Thema – jedoch nichts im Vergleich zu dem was durch die Trockenjahre '18 - '20 ausgelöst wurde! Im Nationalpark wird sich ein neues natürliches Gleichgewicht etablieren und auch die Wirtschaftswälder müssen zukünftig anders gestaltet werden. Aber grade in Letzteren ist der Schaden für die Natur, die Nutzer und die Eigentümer groß und oft ruinös.
Mehr dazu in einem eigenen Thema von mir.

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Ich bin seit 20 Jahren im Harz und kenne die Borkenkäferproblematik auch schon aus den Alpenregionen seit den 80ern. Aber die letzten 3 Jahre sind definitiv was anderes. Vorher waren es hier und da ein paar Berge oder Berghänge die betroffen waren. Jetzt ist das deutlich mehr. Man kann z. B. von Torfhaus nach Schierke fahren und sieht da rechts und links nur abgestorbene Bäume.

Ich hatte schon mal was vom Oderteich gepostet:
Ein sehr plastisches Beispiel ist auch der Harz. Die Fichten sind im Westharz inzwischen zu einem großen Teil tot bzw. im sterben. Die Borkenkäfer kommen gar nicht mehr hinterher mit dem Futtern. Hier ein kurzes Video aus dem Oberharz:

Waldsterben im Harz am Oderteich

Ist aber nicht so, dass das wo anders viel besser aussehen würde. Gibt auf youtube eine Menge weitere Videos, z. B.

Das Ausmaß hat jetzt halt völlig andere Dimensionen. Die heißen Sommer 2018-2020 haben dem Wald schwer zugesetzt und es ist jetzt einfach fast der komplette Fichtenbestand betroffen. Das Ausmaß ist auch noch schlimmer, als es in den Videos aussieht. Denn wenn in einem Wald ein paar abgestorbene Bäume zu sehen sind, stirbt der Rest auch bald. Und die paar schönen grünen Wälder sind i. d. R. frisch nachgewachsene Bäumchen, die von weit weg jedoch wie Wald aussehen.

Das steht auch im Nabu-Artikel:
„Waren es damals einzelne Initiale (meist Windwürfe), von denen lauffeuerartige und am Ende nicht mehr kontrollierbare Entwicklungen ausgingen, so haben wir heute aufgrund des eingetretenen Klimawandels eine auf der gesamten Fläche zu verzeichnende Schwächung der Fichten mit sehr, sehr vielen Befallsherden.“

Und es ist auch eindeutig der Klimawandel. Ich war mehrfach mit dem Fahrrad oder zu Fuß unterwegs auf Wegen die im Sommer komplett mit gründen Fichtennadeln bedeckt waren. Die Borkenkäfer haben sich erst danach vermehrt, stellen aber natürlich ein enormes Problem dar.

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Absolut, es ist dramatisch! Und nicht nur der Harz ist so stark betroffen, bei uns n Hessen/NRW (Ederbergland, Siegerland, HSK) sieht es oft genauso aus.
Wenn man unterwegs ist, sieht man schon vorab, wo in den nächsten Wochen/Monaten wieder ein „Gipfel“ kahl geschlagen wird, weil die Fichten die da noch stehen, alle abgestorben sind.
Ich flieg selbst für Landschaftsaufnahmen Drohne und es ist erschreckend, welche Ausmaße es in den letzten Jahren angenommen hat.
Und lange dachte man, dass z.B. die Douglasie vom Borkenkäfer nicht befallen wird, hat sich leider nicht bewahrheitet.

Um das ganz mal in Zahlen zu fassen, in NRW sind seit 2018 10% der Nadelwalfläche verloren gegangen.

Bezogen auf die Bundesländer ist der Waldverlust in Nordrhein-Westfalen am größten. Dort sind seit 2018 rund 10,3 Prozent der Nadelwaldfläche und 1,3 Prozent der Laubwaldfläche verloren gegangen. Ebenfalls viel Nadelwald haben Sachsen-Anhalt und Hessen mit 8,2 bzw. 8,1 Prozent verloren. In Sachsen-Anhalt ist zudem auch der Verlust an Laubwaldflächen mit 1,9 Prozent besonders hoch.

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Nochmal zur Präzisierung und für das Verständnis – der Borkenkäfer (BK) lebt und entwickelte sich in Koexistenz mit der Fichte. Der BK war früher in seiner Ausbreitung durch das Klima und Wetterereignisse beschränkt und hat i.d.R. nur geschwächte oder kranke Bäume als Brutstätte angebohrt. Eine gesunde Fichte wehrt sich gegen den BK durch Harzfluß.
Sind jedoch die Fichten im Trockenstress (wobei sie auch Nadeln abwerfen) und findet der BK durch wärmes, trockenes Klima gute Bedingungen um sich Fortzupflanzen und zu verbreiten (wie in 2018 - 2020), dann kommt es zu einer Populationsexplosion des BK und einem Massersterben der Fichten.
Die Fichten waren also durch die Trockenheit geschwächt, sind aber erst durch den BK abgestorben. BK befallen keine bereits toten Bäume!

Hier der Link zu meinem separaten Thema: LdN264: Waldsterben im Harz und in Mitteleuropa

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Ich hatte tatsächlich vergessen zu erwähnen, dass der Klimawandel auch meines Erachtens eine große Rolle, auch wenn das Problem schon alt ist. Schön zu sehen wie das Thema durch Euch alle von verschiedenen Seiten beleuchtet und mit persönlicher Erfahrung angereichert wird. Ich liebe den Harz und es ist schlimm zu erfahren, dass es noch dramatischer ist.

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Bei so vielen schlechten Nachrichten will ich mal etwas positives beisteuern, denn es gibt auch gute Nachrichten:
In Goslar ist ein gemeinnütziger Verein dabei den Stadtforst wieder aufzuforsten. Das Ganze wird wissenschaftlich begleitet, was ich sehr sympatisch finde. So soll z. B. mit Bauminseln aufgeforstet werden. Dadurch können 2/3 der Kosten gespart werden bei gleicher Effektivität. Mehr dazu hier:
https://fof-harz.de/bauminseln-weg-nach-vorn/

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Wenn ich so im Wald unterwegs bin sehe ich überall vom Borkenkäfer befallene Bäume. Durch die hier vorherrschenden Mischkulturen fällt das aber nicht so stark auf.
Bei einem Ausflug in der fränkischen Schweiz mussten wir durch ein „Kriegsgebiet“ wo 2 Harvester ein ganzes Tal einer Fichtenkultur, so um die 30 Jahre alt, abgeerntet haben. Der Boden wurde von den Harvestern regelrecht zerstört. Die Bilder erinnerten mich an einen Truppenübungsplatz. Im Arbeitsbereich der Harvester wird sich kein natürlicher Baumbewuchs entwickeln.

Dieses Bild hat mich schon verstört, aber die Bilder vom Harz sind destruktiver.

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