LDN241 - Vermögensabgabe

Grundsätzlich haben wir in Deutschland doch nicht das Problem dass wir zu wenig besteuern (siehe auch Zitat des FDP-Manns in der letzten LDN), sondern dass wir falsch besteuern. Nirgendwo auf der Welt (überspitzt, gibt sicher Ausnahmen) werden Konsum und Einkommen so hoch besteuert wie bei uns, und Vermögen so gering. Vermögenssteuern wie die in der letzten LDN diskutiert allgemeine Abgabe sind aber immer äußerst schwierig einzutreiben und führen wenn falsch implementiert zu wirtschaftlichen Schäden. Daher 2 Vorschläge wie wir unter diesen Limitationen die Steuerlast auf Vermögen umlegen können

  1. Signifikant hohe Bodenwertsteuer einführen: Boden ist immer noch der größte Asset-Class weltweit, und kann nicht in Niedrigsteuerländer transferiert werden. Länder wie die USA erheben schon signifikante Teile ihres Steueraufkommen über Grund und Boden, und diese Art der Steuer wird in der Literatur generell als die „least distorting“ Art der Besteuerung angesehen
  2. Erbschaftssteuer erhöhen - habe nichts zu der sehr guten Argumentation von @lolilu hinzuzufügen
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  1. Zwingende Steuererklärung bei Kapitalertragssteuer und Kapitalertrag einfach auf Einkommen addieren und mit dem entsprechenden Einkommenssteuersatz / den entsprechenden Sozialabgaben besteuern
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Vieleicht eine interessante Randnotiz. Es gibt deutliche Gewinner der Krise, die wohl ihr Vermögen im Schnitt um 60% in einem Jahr steigern konnten.

https://www.zeit.de/wirtschaft/2021-05/vermoegenskonzentration-corona-pandemie-ungleichheit-milliardaere-zunahme-reichtum-aktienmarkt

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Hallo Globetrotter,

ich habe den Eindruck, dass der Großteil von hier eben nicht für eine Vermögensabgabe ist. Das Wort „Enteignung“ finde ich in dem Zusammenhang auch unpassend: es geht eben nicht um die zwangsweise Abgabe von Besitz, sondern darum, die Vorteile aus hohen Vermögen abzuschöpfen. Sonst wäre alle Steuern ja Enteignung. Ich finde auch, dass mein Einkommen viel zu hoch besteuert wird, also ist das ja eigentlich Wucher (§291 StGB, da Zwangslage) oder, da die Gegenleistung fehlt, Betrug (§263 StGB). :wink:

Ich bin dafür, keinem etwas wegzunehmen, was er bereits besitzt. Das Vermögen ist an sich nichts schlechtes. Aber dass die Einkünfte aus den Vermögen so deutlich bevorteilt sind, inklusive der Übertragung durch Schenkung und Erbschaft, das sollten wir zum Erhalt der Gesellschaft sehr energisch hinterfragen.

Darauf haben Ulf und Philipp in der LdN auch hingewiesen: natürlich besteht die Möglichkeit, gerade für die, die kein Anlagenvermögen haben, sondern „nur“ über Geldmittel verfügen. Aber: Deutschland ist eben auch ein stabiler Wirtschaftsraum und Rechtsstaat. Selbst wenn die Besteuerung steigen würde, wäre es vielleicht trotzdem deutlich günstiger gegen Auslandsalternativen. Beipiel: GB ist nicht mehr Teil der EU, der Vermögenstransfer wird schwerer.
Dazu kommt, dass andere EU-Länder nicht so zimperlich sind, wenn es Vermögen und Besteuerung geht, gerade in Spanien, Portugal, Frankreich. Und wenn dann nur noch Steueroasen bleiben, wird sich die Welt eher früher als später mit den Leistungsungleichgewichten beschäftigen.

Dazu braucht man in der Regel aber auch einen Kapitalstock. Den man nicht erwirtschaften kann, weil das Einkommen so hoch besteuert wird. Und dann noch mit dem Risiko, alles zu verlieren, zumal die mit hohem Vermögen (oder auch Einkommen) hier deutlich Marktmacht ausnutzen können. Vergleiche hierzu die Monopolstellung der Bahn.

Was mich immer wieder erschüttert, ist das Argument der „Leistungsträger“. Wie kommt man darauf, dass der Beitrag eines Vermögenden, eines einkommensstarken Managers, eines Fondsmanagers höher ist als der eines Facharbeiters, Handwerkers oder einer Pflegekraft?
Erstmal gibt es von letzte genannten deutlich mehr als von den „großen Steuerzahlern“, da macht das Kleinvieh Mist. Zum anderen verrichten gerade die - und machen wir uns nichts vor, dass das so ist - mit niedrigeren Einkommen essentielle Arbeiten. Ohne Bäcker kein Brot, ohne Maurer kein Haus, ohne Lieferfahrer kein Amazon-Paket und ohne Pflegekraft kein Leben. Ja, auch ohne Bänker kein Vermögen. Aber je mehr man hat, um so mehr ist der Verdienst für einen selber statt für die Allgemeinheit. Schließlich- das behaupte ich jetzt mal steil - profitieren von Semmeln mehr Menschen als von ETFs.
Im Zweifel sind wir aber eher nett zu „sozialem Status“ sprich Vermöge und Einkommen, als zur/zum Kassierer*in. (bitte korrigiert mich beim Gendern, wenn ich es falsch mache, das ist noch nicht so mein Spezialgebiet :slight_smile: )

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Das klingt ja ganz so, als hätte Geld quasi eine:n natürliche:n Besitzer:in und in dem Moment, wo ich es umverteile ist es das Geld anderer Leute. Das ignoriert natürlich vollkommen, wie diese „anderen Leute“ zu „ihrem“ Geld gekommen sind und unter welchen gesellschaftlichen Bedingungen das passiert ist.
Um jetzt nicht das große Fass des Widerspruchs zwischen Kapital und Arbeit aufzumachen, nur mal zwei besonders krasse, aber zugleich alltägliche Beispiele:
a) Ein landwirtschaftlicher Unternehmer, der rumänische Spargelstecher bis zum Maximum ausbeutet, als würde er nicht genug an ihnen verdienen, wenn er ihnen tatsächlich den gesetzlich vorgeschriebenen Mindestlohn zahlt.
b) Eine Verwaltungsbeamtin, die von ihrer Großmutter fünf Wohnhäuser in Berlin erbt und dort erst mal die Mieten so weit erhöht wie es geht, um sich daran maximal zu bereichern.
In beiden Fällen stehen sich zwei Interessen gegenüber: die einen müssen grundlegende Bedürfnisse erfüllen (mit ihrer Hände arbeit Geld zum überleben verdienen bzw. ein Dach über dem Kopf haben), die anderen drängen darauf, den Profit, den sie aus ihrer privillegierten Situation ziehen, noch weiter zu maximieren - wohl wissend dass das auf Kosten anderer geht.
Und wenn dann aus verständlichen Gründen nach der Einhaltung arbeitsrechtlicher Standards und mehr Vermögensabgaben gerufen wird, heulen sie über die angebliche „Enteignung“. Man kann halt nicht nur die letzten fünf Minuten eines Films anschauen und sich dann beschweren, dass die Pointe fehlt.

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Aber die Wirtschaft ist ja in Europa chronisch unausgelastet, siehe Arbeitslosenquote

Zur Produktion braucht der Unternehmer Arbeit und Maschinen. In den meisten Branchen sind die Maschinen ausgelastet und es herrscht Fachkräftemangel. Unsere vergleichsweise niedrige Arbeitslosenquote besteht aus Un- und Unterqualifizierten (sowie ein paar Arbeitsunwilligen). Das ist bedauerlich, aber die werden nicht gebraucht, denn das, was die können, können Rumänen, Ukrainer, Chinesen, Vietnamesen mindestens genauso gut, aber viel billiger.

Witzig, du fängst damit an dass du wiwi bist und aus der Perspektive etwas dazu sagen musst. Dann spricht du jedoch über Gerechtigkeit, Armut, politischem Opportunismus, alles Begriffe deren Definition anderen Wissenschaftszweigen näher ist. Hinzu kommt dass es vor allem normative Begriffe sind, meines Wissens ist jedoch der Anspruch der modernen formalisierten Wirtschaftswissenschaft eine deskriptive Wissenschaft im Sinne der Nawis zu sein. Möchte man etwas polemisch sein, könnte man meinen dein Kommentar würde eine gewisse ideologische Prägung innerhalb der WiWis nahe legen.

Was genau willst du eigentlich mit dem Verweis auf relative Armut aussagen? Ich nehme mal an du willst nicht implizieren, dass das reine überleben, sprich relative Armut gegenüber absoluter Armut ein Referenzwert für irgendetwas sein kann, gerade in einer wirtschaftsstarken Industrienation ?
Zu mal man sich auch Fragen kann ob es diese Absolute Armut im engeren Sinn überhaupt gibt, der Begriff der Grundbedürfnisse ist letztlich auch ein relativer Begriff, sofern man nicht darauf anspielen will dass die Leute einfach an Hunger sterben. Dann wären auch Leute die zu wenig Nahrung haben, aber überleben letztlich nur relativ Arm im Vergleich zu jenen die einfach Sterben. Also welche Verkürzung der Lebenszeit und, um wie viel Jahre ist hier relevant ? und bleibt diese Grenzziehung nicht relativ willkürlich ?

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Wer bis hierhin mitgelesen hat oder noch fleißig kommentiert und mutdiskutiert, den wird bestimmt auch diese dreiteilige Dokureihe von Terra X interessieren! :slight_smile:
Ich habe eben (zwar erst) die ersten beiden Folgen geschaut (die 3. muss ich aus Zeitgründen wann anders schauen) und war begeistert.
Einige Dinge aus der Geschichte wusste ich noch nicht und man erhält einen neuen oder wenigstens erweiterten Blick auf das Thema Besitz und Gerechtigkeit.

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Ich verstehe nicht, wie das relativiert.
Ich bin davon überzeugt, dass die Menschen, die es betreffen würde, zutiefst rational sind. Und da wird es eine Interessensabwägung geben. Und ich nicht so überzeugt, dass „mir wird das Geld weggenommen, ich gehe woanders hin“ hier so einfach funktioniert.
Das Beispiel Frankreich ist mir so nicht bewusst. Aber ich kann nicht sagen, dass es in Frankreich an großen Vermögen und Einkommen mangelt. Das Problem in Frankreich ist eher das der abgeschlossenen Eliten und der sehr großen Einkommensschere. Wie ist es in Frankreich durch den Wegzug von Vermögen zu einer Verschlechterung gekommen?

Nochmal: ich bin ebenfalls dagegen, in bestehende Vermögen mittels einer Vermögenssteuer einzugreifen und zu vermindern.

Kann es wirklich jeder? Hartz IV Empfänger? Kinder von jenen? Und wie wir wissen, ist es unglaublich schwer, Vermögen mit kleinen Beträgen anzuhäufen. Ja, durch Einsatz und Willen ist vieles möglich. Wenn man jedoch scheitert ist es nahezu unmöglich, es erneut zu versuchen. Man bekommt keinen Kredit von der Bank oder man wird nicht zur Führung eines Betriebs zugelassen.
Und dann ist da noch das Problem, dass meine Geschäftsidee unter Umständen von jemand mit mehr Geld einfach kopiert oder aufgekauft wird. Wo wir wieder beim Punkt wären, dass ein vorhandenes Vermögen vieles vereinfacht und gleichzeitig so selber mehrt.

Und deswegen sind diese Einkommen mehr relevant? Außerdem: hier geht es um Einkommen, nicht Kapitaleinkünfte. Die ja dank der Abgeltungssteuer nicht zum Einkommen zählen, ebenso Aktiendividenden. Man kann ja beispielsweise die Altersvorsorge steuerlich begünstigen, damit würden beispielsweise Spekulationsgeschäfte (die ich in vielen Punkten problematisch finde), nicht gleichgestellt mit dem Zinseinkommen auf einem Sparbuch.

Die USA als Land mit einer Armutsquote von 22% und China als kommunistischer Zentralstaat finde ich in dem Kontext kein passenden Beispiele. Ich weiß nicht, ob die Konkurrenz des Systems ausgerechnet zu den beiden Staaten eine Verbesserung bedeuten würde.

Ich sehe auch hier den Tenor, dass es früher oder später auf eine „Neiddebatte“ rausläuft, was aber impliziert, dass der „Neider“ etwas unrechtmäßig ungerecht findet. Ich würde es unter Fairnessdebatte laufen lassen, wo man sich selbst die Frage stellt: „werde ich hier fair behandelt, gerade im Kontext zu anderen“. Und der freiwillige Beitrag ist deutlich mehr wert.

Ich sehe ebenfalls das Problem, dass der Staat in der derzeitigen Form nicht sehr effizient ist bzw. häufig die Lösung für etwas besteht, ein Thema mit mehr Geld aufzublasen. Dann wird wieder eine Stelle geschaffen, die auf Jahre Geld kostet, jedoch kaum nutzen bringt. Von den Einkommen im Bundestag ganz zuschweigen. Ich kenne keine Privatperson, die auf Basis ihrer Tätigkeit legal Nebeneinkünfte in beliebiger Höhe generieren kann. Das aufzulösen wird aber ein Projekt auf Jahre und ist wohl am ehesten mit dem Aufwand der Energiewende (finanziell wie willentlich) zu vergleichen.

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Naja, das ist das Argument der chosen few seit Jahrzehnten. Und so leicht ist es in vielen Bereichen nicht, und weniger erfolgversprechend als die Unternehmensberater gerne den Großkonzern-Managern vorrechnen. Billige Montage in China? Mit dem sicheren Verlust von Insiderwissen und sofortigem Reverse Engineering verbunden. Billiges Callcenter in Indien? Mit enormen Rückgang der Kundenzufriedenheit verbunden. Verlängerte Werkbank in Rumänien? Erheblicher Anstieg des Verkehrsaufkommens, drohende CO2-Abgaben.
Und doch kommen diese Chosen Few dann wieder zurück nach Deutschland wenn sie ihre Krebsvorsorgeuntersuchung machen wollen oder ihre Zähne richten, weil hier wird dann wieder entsprechend Cherrypicking betrieben.
Ich schrieb schon weiter oben: Einkommen vernünftig besteuern, auch Vermögensabfluss ins Ausland besteuern, v.a. in Länder die nicht nach den Geldwäschestandards handeln (und ja, da besteht auch in Deutschland Handlungsbedarf), Vermögensbesteuerung bei der Erbschaftsteuer anpacken, aber nicht über Neiddebatten-Abgaben. Klarer Fall, Leistung soll sich lohnen, aber ich würde weiter vermuten, dass die letzte Million leichter verdient ist als die erste und davon etwas zu teilen weniger schwer wiegt.

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Da stimme ich dir grundsätzlich zu, was den ersten Teil betrifft. Ich verstehe den anspruchsvollen Begriff, den Lessenich ins Spiel bringt, so, dass es vor allem um Überzeugung, Gegenseitigkeit und Einsicht geht (und eben nicht Zwang). Es ist qualitativ etwas anderes, wenn bspw. ein Millionär freiwillig sagt: „Ich gebe einen Teil meines Vermögens, weil ich damit einer guten Sache diene/dienen kann“ oder dies aus egoistischen Motiven („Dann habe ich Ruhe“) geschieht. In beiden Fällen kommt aber ‚Zwang‘ – und so verstehe ich eine Vermögensabgabe in der besprochenen Konzeption – nicht vor. Bei Habermas wird das Prinzip der Reziprozität noch mit ins Spiel gebracht, das ist u. a. das, was aus meiner Sicht einen anspruchsvollen Begriff ausmachen kann. Aber ‚Handlung‘ und ‚Ergebnis‘ sind für mich zwei unterschiedliche Kategorien.

Lieber @SvenP
ich muss hier einfach mal aufklären.
Du behauptest Aktiengewinne und Dividenden (andere Assets klammere ich hier mal aus) würden nur mit 25% besteuert und das seie nicht gerecht der Versteuerung von Arbeitseinkommen gegenüber. Das kann und will ich so einfach nicht unkommentiert stehen lassen.

Was ist eine Dividende bzw. ein Aktiengewinn?
Eine Dividende ist die Ausschüttung von erwirtschafteten Überschüssen des Unternehmens. Aktiengewinne sind (stark vereinfacht) die Ansammlung der Überschüsse die nicht ausgeschüttet sondern im Unternehmen behalten (meist reinvestiert) wird.
Überschüsse von Unternehmen werden pauschal mit 15% Körperschaftssteuer sowie mit (3,5%xHebesatz der Gemeinde) Gewerbesteuer belegt. Der Hebesatz in Deutschland liegt durchschnittlich bei 400% (in der Spitze sogar über 500%). Es fallen also durchschnittlich 14% Gewerbesteuer an. Auf das was davon übrig bleibt werden dann vom Anleger die 25% Abgeltungssteuer fällig.

Erwirtschaftet ein Unternehmen mit dem Geld was ein Anleger zur Verfügung gestellt hat jetzt hypothetische 100€ ergibt sich folgende Steuerlast:

100€*0,29 = 29€
(100-29)*0,25 = 17,75€
17,75€+29€ = 46,75€

Dem Anleger bleiben also 53,25€.
Der reale Steuersatz auf Aktiengewinne (ob durch Verkauf oder Dividende ist egal) beträgt somit 46,75%. Weitere Späße wie Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer lasse ich hier mal außen vor.

Ich hoffe hier in Zukunft seltener Märchen lesen zu müssen in denen behauptet wird, dass Kapitalerträge ja so unfair besteuert werden.

Welcher Begriff von Fairness liegt dem zu Grunde ? Letztlich ist das ja ein relationaler Begriff der sich schwerlich in absoluten Zahlen Ausdrücken lässt.

Btw ist es auch etwas seltsam die Steuern welche das Unternehmen abführen muss mit jenen des Anlegers gleich zu setzen. Ich meine wenn man noch paar Akteure hinzu nimmt bekommt den Steuersatz bestimmt noch deutlich höher ^^

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Lieber Hufschmied,

das ist überhaupt nicht seltsam, da Aktionäre die Inhaber der Unternehmen sind und folgerichtig anteilig die Steuern. Das Bild wird einfacher, wenn Du Dir vorstellst, du hältst 100% der Anteile. Dann versteuerst Du deinen Gewinn analog der o.g. Berechnung.

Du könntest jetzt natürlich die Körperschaftssteuererleichterung bei Holding Strukturen oder cum ex Gewinne anführen.

Auch ist das Bild unvollständig, da die meisten Aktionäre den Preis ihrer Aktien nicht allein durch den Gewinn, sondern durch den abgezinsten Cashflow bestimmter Perioden bestimmt sehen und dieser Diskontfaktor und damit der Aktienpreis werden von zwei Dutzend Faktoren beeinflusst; siehe Unternehmen, die keine Gewinne fahren, aber deren Aktienkurse durch die Decke und die Aktionäre mit prall gefüllten Geldsäcken nach Hause gehen, aber ich will Dir die Argumente nicht in den Mund legen :wink:

Grüssle

M

@DyingOcean

Danke für die Aufklärung. Wobei das „Märchen“ deutlich differenzierter ist, als die nackten Zahlen Ausdrücken.

Zum einen generieren sich aus dem Geschäftsbetrieb Steuerschulden, beispielsweise Gewerbe- und Körperschaftsteuer. Das ist vollkommen korrekt. Aber investierten Kapital ermöglicht ja erst den Geschäftsbetrieb. Wenn man das so kalt dazurechnen würde, müsste man auch infrage stellen, warum ich auf die ganzen Steuern auf Benzin noch zusätzlich Umsatzszeuer zahlen muss. Platt gesagt: wenn Benzin 1 Euro kostet, davon 99 ct Steuern sind, zahle ich trotzdem darauf noch 19% USt. Einen intrinsischen Faktor als Basisrechnung zu verlaufen, halte ich für sehr gewagt.

Zusätzlich: das Gehalt eines Angestelten ist für das Unternehmen primär steuermindernd (Aufwand in GuV), wenn man die Sozialabgabem abzieht (was in deinem Beispiel auch der Fall war). Dazu kommen diverse Steuevorteile (Umsatzsteuer, Aufwendungen für Dienstwagen, Ausnahmen bei der EEG um einige zu nennen). Ich kenne jetzt die einzelnen Faktoren nicht im Detail, jedoch ermöglicht die Masse hier eine deutlich Korrektur der Steuerschuld bzw. führen dazu, dass eben nicht die gleichen Steuersätze wie bei der Einkommensteur gelten.

Ich versuche damit auszudrücken, dass die Verhältnisse deutlich komplizierter sind, als nackte Zahlenbeispiele suggerieren. Auf der anderen Seite sind die realen Auswirkungen mehr als nur rudimentär spürbar, nämlich daran, dass sich Arbeit immer weniger lohnt, gleichzeitig Einkommen aus sehr großen Vermögen sehr bevorzugt wird.

Und: dein Beispiel impliziert, dass Einkommen aus Investitionen nicht besteuert werden sollen, da diese ja schon über Unternehmenssteuern gemindert wurden. Das würde den Effekt noch deutlich verschärfen, den wir aktuell haben. Was spricht denn aus deiner Sicht dagegen, die Zinseinkommen wie andere zu besteuern? Anders: warum geben nicht alle den gleichen Teil ab, statt diese komplizierte Aufrechnung? Was macht investierten Geld „besser“?
Ich wünsche mir, abseits von nahezu ideologischen Dogmen, dass man erkennt, dass das bestehende System nicht einfach reformiert werden kann, ohne dass bestimmte Previlegien wegfallen und es tatsächlich zu schwerwiegenden Ungerechtigkeiten führt, die unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt als Ganzes bedrohen.

Die Rechnung ist so ja nur sinnvoll, wenn man davon ausgeht, dass nur natürliche Personen steuerpflichtig sind bzw. sein sollten. Es hat aber einen guten Grund, dass z. B. auch Unternehmen steuerpflichtig sind und damit ihren Beitrag leisten, denn sie nehmen Leistungen in Anspruch, die das Allgemeinwesen zur Verfügung stellt und somit die unternehmerische Tätigkeit erst möglich macht. Die Unternehmenssteuer auf den Gewinn als zusätzliche Steuer auf die Dividende den Aktionären zuzurechnen ist somit zu kurz gesprungen, da es diesen Gewinn ohne den Rahmen, der auch finanziert sein will, nicht geben würde.
Hinzu kommt, dass die Rechnung bei Unternehmen, die gar keine Steuern in der Höhe zahlen (Apple?) noch einmal ganz anders aussieht.

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Da hast du vollkommen Recht. Ich wollte nur aufzeigen, dass die Aussage „Kapitalerträge werden nur mit 25% besteuert“ ebenso verkürzt und undifferenziert ist.
Da du dich mit den steuerlichen Belangen von Unternehmen durchaus auszukennen scheinst, ist es umso bedauerlicher.

Hier ist halt die Frage ob Kapitaleinkommen (egal wie groß das Vermögen ist) bevorzugt wird, oder Arbeitseinkommen immer weiter mit zusätzlichen Steuern, Abgaben und Belastungen belegt wird. Die Einkommensschwachen haben rein gar nichts davon, wenn „die Reichen“ mehr besteuert werden, solange das Steuersystem ärmeren Menschen gegenüber so feindlich ist. Ein sehr gutes Beispiel hat dazu @lolilu in diesem Thread geliefert:

Das bei mir raus zu lesen ist schon mutig. Mein Beispiel soll sagen: Wir sollten nicht immer mit dem Finger auf andere zeigen und „die Reichen“ verteufeln.
Wenn mein Beispiel etwas impliziert, dann dass unser Steuersystem zu kompliziert ist. Warum kassiert der Staat in einem Prozess beim Herausgeber sowie beim Empfänger ohne, dass dazwischen irgendwelche Wertschöpfungsschritte oder Handlungen passiert sind?
Von mir aus können wir gerne Kapitalerträge (und alle anderen Einkommensarten) beim Aktionär mit dem persönlichen Steuersatz versteuern. Dann müssen wir aber die Gesamtsteuerbelastung betrachten und z.B. Dividenden für Unternehmen von der Steuer absetzbar machen. Simplifizieren und Transparenz schaffen.

Verwaltungsabläufe für deren Durchlaufen der Bürger einen Verwaltungsfachangestellten benötigt, gehören genauso abgeschafft, wie ein Steuersystem das ohne Steuerberater nicht zu durchblicken ist.

Wie ich mit meiner Rechnung zeigen wollte, sehe ich eben nicht, dass investiertes Kapital so signifikant besser gestellt ist als Arbeitskraft. Die Steuerlast wird nur auf zwei Parteien aufgeteilt wie z.B. bei AG/AN Anteil bei den Sozialabgaben.

Selbstverständlich werden Reformen nicht durchführbar sein, ohne dass sich etwas verändert. Aber ich frage mich dann immer, warum so viele Leute „fanatisch“ versuchen dafür zu sorgen, dass es anderen schlechter geht, als dafür zu sorgen, dass es denen die es nötig haben (die vom Steuersystem benachteiligten Geringerverdiener) signifikant besser geht. Da ist die Energie in meinen Augen weitaus besser aufgehoben.
Höhere Freibeträge, Erleichterung des Zuverdienstes, steuerliches Absetzen/nicht Beachtung von Privater Altersvorsorge bei der Vermögensbetrachtung etc.
Wie finanzieren? In der (zinstief) Krise mit Schulden.
Wie abbezahlen? Gleichbleibende Steuerlast, bei gleichbleibenden* staatlichen Ausgaben und steigendem Wirtschaftswachstum.
*mengenmäßig, nicht inhaltlich

@DyingOcean

Ich möchte Dir vorab für den anregenden Austausch danken, gerade auch deswegen, dass wir nicht kongruenter Meinung sind.

Tatsächlich empfinde ich es so, dass wir beide grundsätzlich übereinstimmen, dass die Materie deutlich komplexer und komplizierter ist, als es in erster Linie scheint. Gleichzeitig gehen wir offensichtlich von zwei unterschiedlichen Ausgangspunkten aus.

Zunächst: ich wollte dir nicht böswillig eine Haltung unterstellen. Dein gewähltes Beispeil und die Schlussfolgerung veranlasste mich, einen bestimmten Blickwinkel anzunehmen. Tatsächlich hast du jedoch nur meine Aussage kritisiert, aber keinen Ansatz für eine Lösung geboten. Was denkst du, was ein fairer Ansatz wäre? Oder ist das System für dich fair? Was wäre eine bessere Lösung? Das würde zumindest mir helfen, über welche grundsätzlichen Annahmen wir uns unterhalten.

Deine folgende Argumentation (bitte entschuldige, dass ich nicht adäquat zitiere, aber das habe ich am Handy noch nicht raus :slight_smile: ) besteht wieder in einer verschachtelten Aufstellung von Belastungen, Freibeträgen und Anrechnungen, die doch genau das derzeitige System abbilden. Was wäre dadurch besser?
Problem ist doch, dass diese Quer- und Mitnahmeeffekte dazu führen, dass ab einem gewissen Punkt die anteilige Steuerlast (nicht die absolute) geringer wird (bei gleichzeitig wachsenden Vermögen und Einkommen). Das ist doch genau der Vorteil, den ich in Frage stelle.
Was spricht dagegen, transparente und eindeutige Steuern an neurologischen Punkten zu erheben? Beispielsweise eine generelle Einkommenssteuer für Unternehmen und Personen? Ein Steuersatz, wobei später abzugspflichtige Anteile abgerechnet werden (beispielsweise Personalaufwendungen). Dann wären Zinseinkünfte automatisch steuerpflichtigen Einkommen. Oder man schaft bestimmte Privilegien ab, wir der Vorsteuerabzug für Verbrauchsmaterial oder die Dienstwagenanrechnung (was sogar noch einen ökologischen Effekt hätte)?

Du unterstellst (mir), die „Reichen“ zu verteufeln und eine Haltung zur Verteilung von Leiden. Das finde ich als Argumentation aber schon sehr subjektiv, da es ja nicht um die Schlechterstellung geht. Tatsächlich habe ich nicht behauptet, dass diese sich auf Kosten anderer gütlich tun oder unfair bevorteilt werden. Ich habe sogar darauf hingewiesen, dass ich Eingriffe in bestehendes Vermögen für überaus problematisch halte.
Aber ich habe darauf hingewiesen, dass hier doch deutliche Vorteile bestehen, die nicht nur monetär sind. Das empfinde ich ebenfalls als Problem und der Staat steht hier für mich in der Pflicht.

Tatsächlich darf ich mich zu dem besserverdienenden Teil der Bevölkerung zählen. Ich erkenne an, wie previligiert ich bin. Wie sieht das bei dir aus? Kannst du behaupten, alles allein geschafft zu haben? Oder ist deine Perspektive aus der „Haben-Seite“ entstanden?

Und: ich sehe das Problem an der Entwicklung. Die Aggregation von Vermögen ist ein Problem. Stell dir vor, dass nur noch sehr wenige für unser Gesellschaftssystem aufkommen müssen. Oder können. Werden diese die Verantwortung schultern? Was ist dann mit der Abwanderung von Vermögen, ist die dann nicht noch viel problematischer? Sollten wir dann nicht nachhaltig für Umverteilung sorgen, gerade um sich „breiter aufzustellen“?

Ich hoffe du erkennst, dass diese Diskussion (zumindest für mich) nicht nur eine Frage von monetären Zuweisungen ist. Es geht auch darum, nachhaltig eine gleichmäßig leistungsfähige Gesellschaft zu erhalten. Und die Debatte um die Vermögenssteuer ist ein Symptom, die eher von Hilflosigkeit zeugt statt von wirklichen Willen, das zu ändern.