@DyingOcean
Ich möchte Dir vorab für den anregenden Austausch danken, gerade auch deswegen, dass wir nicht kongruenter Meinung sind.
Tatsächlich empfinde ich es so, dass wir beide grundsätzlich übereinstimmen, dass die Materie deutlich komplexer und komplizierter ist, als es in erster Linie scheint. Gleichzeitig gehen wir offensichtlich von zwei unterschiedlichen Ausgangspunkten aus.
Zunächst: ich wollte dir nicht böswillig eine Haltung unterstellen. Dein gewähltes Beispeil und die Schlussfolgerung veranlasste mich, einen bestimmten Blickwinkel anzunehmen. Tatsächlich hast du jedoch nur meine Aussage kritisiert, aber keinen Ansatz für eine Lösung geboten. Was denkst du, was ein fairer Ansatz wäre? Oder ist das System für dich fair? Was wäre eine bessere Lösung? Das würde zumindest mir helfen, über welche grundsätzlichen Annahmen wir uns unterhalten.
Deine folgende Argumentation (bitte entschuldige, dass ich nicht adäquat zitiere, aber das habe ich am Handy noch nicht raus ) besteht wieder in einer verschachtelten Aufstellung von Belastungen, Freibeträgen und Anrechnungen, die doch genau das derzeitige System abbilden. Was wäre dadurch besser?
Problem ist doch, dass diese Quer- und Mitnahmeeffekte dazu führen, dass ab einem gewissen Punkt die anteilige Steuerlast (nicht die absolute) geringer wird (bei gleichzeitig wachsenden Vermögen und Einkommen). Das ist doch genau der Vorteil, den ich in Frage stelle.
Was spricht dagegen, transparente und eindeutige Steuern an neurologischen Punkten zu erheben? Beispielsweise eine generelle Einkommenssteuer für Unternehmen und Personen? Ein Steuersatz, wobei später abzugspflichtige Anteile abgerechnet werden (beispielsweise Personalaufwendungen). Dann wären Zinseinkünfte automatisch steuerpflichtigen Einkommen. Oder man schaft bestimmte Privilegien ab, wir der Vorsteuerabzug für Verbrauchsmaterial oder die Dienstwagenanrechnung (was sogar noch einen ökologischen Effekt hätte)?
Du unterstellst (mir), die „Reichen“ zu verteufeln und eine Haltung zur Verteilung von Leiden. Das finde ich als Argumentation aber schon sehr subjektiv, da es ja nicht um die Schlechterstellung geht. Tatsächlich habe ich nicht behauptet, dass diese sich auf Kosten anderer gütlich tun oder unfair bevorteilt werden. Ich habe sogar darauf hingewiesen, dass ich Eingriffe in bestehendes Vermögen für überaus problematisch halte.
Aber ich habe darauf hingewiesen, dass hier doch deutliche Vorteile bestehen, die nicht nur monetär sind. Das empfinde ich ebenfalls als Problem und der Staat steht hier für mich in der Pflicht.
Tatsächlich darf ich mich zu dem besserverdienenden Teil der Bevölkerung zählen. Ich erkenne an, wie previligiert ich bin. Wie sieht das bei dir aus? Kannst du behaupten, alles allein geschafft zu haben? Oder ist deine Perspektive aus der „Haben-Seite“ entstanden?
Und: ich sehe das Problem an der Entwicklung. Die Aggregation von Vermögen ist ein Problem. Stell dir vor, dass nur noch sehr wenige für unser Gesellschaftssystem aufkommen müssen. Oder können. Werden diese die Verantwortung schultern? Was ist dann mit der Abwanderung von Vermögen, ist die dann nicht noch viel problematischer? Sollten wir dann nicht nachhaltig für Umverteilung sorgen, gerade um sich „breiter aufzustellen“?
Ich hoffe du erkennst, dass diese Diskussion (zumindest für mich) nicht nur eine Frage von monetären Zuweisungen ist. Es geht auch darum, nachhaltig eine gleichmäßig leistungsfähige Gesellschaft zu erhalten. Und die Debatte um die Vermögenssteuer ist ein Symptom, die eher von Hilflosigkeit zeugt statt von wirklichen Willen, das zu ändern.