Das ist falsch, siehe etwa die Entwicklungen der Positionen der KMK seit Beginn der Pademie. Darüber hinaus ist mir unklar, was genau „allerorten“ heißen soll. Der Diskurs ist (inzwischen) viel differenzierter. SPIEGEL: RKI – Schüler „nicht als Motor“.
Das Gerede von einem „Treiber“ oder „Motor“ der Pandemie ist m. E. völlig fehl am Platz und bringt niemanden weiter. Jegliche Art von Mobiltität und Kontakten, insb. in Innenräumen, trägt zum Infektionsgeschehen bei. Das gilt auch für Schulen, für die sich die Studienlage in den letzten Monaten erheblich verbessert hat. Mit der Zunahme der Variante B.1.1.7 werden viel mehr Infektionen bei Kindern und Jugendliche nachgewiesen, was dazu führt, dass stärkere Schutzmaßnahmen getroffen werden sollten bzw. müssen.
In Österreich wurden innerhalb von drei Wochen im Februar 1500 positive Ergebnisse mittels ‚Nasenbohrer-Tests‘ (als Selbsttest) festgestellt, die wahrscheinlich auch familiär weitergetragen worden wären, wären sie unerkannt geblieben. In Wien gibt es das Projekt „Alles gurgelt“, das inzwischen PCR-Gurgeltests ermöglicht. An diesem können auch Schulen partizipieren.
Besonders ein Fall in Hamburg im letzten Jahr war aufschlussreich, weil sich im Nachhinein per Sequenzierung herausstellte, dass viele Ansteckungen auf eine Person zurückzuführen waren. Die Kultursverwaltung war eher ‚zurückhaltend‘ mit der Kommunikation dieses Falls, weil er für die KMK-Position nicht gerade unterstützend wirkt.
Das verdrängt völlig, dass Maßnahmen im Berufsleben überhaupt nicht ergriffen werden. Als letztes geschlossen würde ja heißen, dass Volkswagen und Tönnies schon zu wären, aber es reicht ja nichtmal für eine Homeofficepflicht.
ich muss nochmal suchen wo das her kam, aber wenn wir schon fast 1 im privaten Umfeld haben und Arbeit und Schule mit je 0,2 auf den R-Wert einzahlen sind das die Punkte die den Unterschied machen zwischen exponentiellem Wachstum und langsamen Rückgang.
Sehr ich genauso. Sobald Schulen wirklich als letzte geschlossen werden unterstütze ich die Maßnahme. Ansonsten ist es politischer Betrug an den Kinder zu Gunsten von großen durch Lobbyisten vertretene Branchen.
Dazu gab es mal ein ganz nettes Coronavirus update zu. Drosten meinte (ganz grob vereinfacht) der Begriff „Treiber“ wäre vielleicht nicht angemessen aber Kinder infizieren sich genau so wie Erwachsene mit dem Unterschied dass wir viele von ihnen ohne adequate Schutzkonzepte über längere Zeiträume zusammen sperren. Bei hohen Inzidenzen wie jetzt kommt es dann rein rechnerisch in vielen Klassen zu Ausbrüchen die dann zu größeren Clustern werden und die Kinder verteilen es zurück in die Familien. Das ist einfach derzeit ein ziemliches Problem bei Fallzahlen wie den jetzigen.
Deshalb hat man irgendwann gar keine andere Wahl mehr als die Schulen zu schließen, einfach durch die normale Dynamik der dritten Welle. Dass politisch ganz wo anders an Kontakten hätte gespart werden sollen, dass wir gar keine dritte Welle hätten haben müssen und Schulen / Bildung das Letzte sein sollte bei dem wir uns einschränken - das sehe ich auch so. Am Ende sind es eben aber Kontakte zwischen vielen Menschen, um das sicher zu gestalten hätten wir einfach mehr tun müssen.
Und immer dabei bedenken: Die Fallzahlen die wir heute sehen sind Menschen die sich vor 2 Wochen infiziert haben. Selbst wenn wir jetzt schließen sehen wir den Bremseffekt erst in zwei Wochen. Die dritte Welle ist schon deutlich weiter als wir das aus den Statistiken sehen. Eigentlich müsste bereits alles geschlossen werden um noch das Schlimmste zu verhindern.
Sehe ich sehr ähnlich. Für mich ist der Punkt, dass für viele Schüler die Tatsache, dass die Schule geöffnet ist, auch als Begründung dient, dass sie dann auch private Treffen machen könnten - weil sie sich in der Schule ja eh treffen. Jugendliche verhalten sich wie Jugendliche, und Kinder wie Kinder, das muss man dabei berücksichtigen. Und wenn man die Schulen öffnet mus man auch einbeechnen, welche Signale darüber hinaus dies sendet.
Meine Beobachtung ist, dass viele Schüler Abstand und Maskentragen als ein in der Schule gefordertes Verhalten ansehen. Bis zum Schulbeginn kommen sie zusammen, stehen eng beieinander, dann beim Betreten des Schulgeländes wird die Maske aufgesetzt. Das Verhalten muss man eben mit berücksichtigen, wenn man über Schulöffnungen nachdenkt.
Das ist da vielleicht falsch interpretiert. Tatsache ist dass es früher die Idee gab besonders junge Kinder wären weniger betroffen und würden weniger Menschen anstecken. Das stimmte aber wirklich auch nur für sehr junge Kinder und nicht für Jugendliche.
Eine Vermutung war dass sie ein geringeres Atemvolumen haben und daher die Viren die durch jüngere Kinder verteilt werden in vielen Fällen nicht zu einer Ansteckung ausgereicht haben. Durch B117 scheint allerdings genau dieser Threshold überschritten worden zu sein, weil diese Mutante einfach ansteckender ist. Kinder stecken sich genau so häufig an wie Erwachsene, deshalb steigt die Inzidenz in diesen Altersgruppen derzeit stark von einem vorher recht niedrigen Level. Und würden Erwachsene derzeit in Gruppen von mehreren Dutzend zusammen sitzen wäre das derzeit auch ein Problem.
Daher sind ja nicht nur Schulen sondern auch Büros derzeit problematisch. Viele Kontake = viele Ansteckungen. Tatsache ist, der R-Wert muss unter 1, bis dahin haben wir ein exponentielles Wachstum. Derzeit müssen zusätzlich auch die Zahlen runter aber später ist wieder einmal die Frage was uns am Wichtigsten ist. Büros zu, damit Schulen offen bleiben können? Oder sparen wir wieder bei den Kindern?
Mir ist leider vollkommen unklar, auf wessen Interpretation von was sich dieser Satz bezieht, aber die Frage, wie infektiös Kinder generell gegenüber Jugendlichen oder Erwachsenen sind, ist ja noch einmal eine andere als die empirische Frage, wie viel Schulen (mit den derzeit praktizierten Schutzmaßnahmen) tatsächlich zum Infektionsgeschehen beitragen und ob die dortigen Infektionszahlen über denen in der Gesamtbevölkerung bzw. innerhalb der entsprechenden Altersgruppen liegen oder nicht. Denn darum geht es ja bei der Behauptung, Schulen seien ein „Treiber“ der Infektion.
Auch die von @Martino verlinkte Studie besagt ja im Umkehrschluss lediglich, dass an Schulen Infektionen stattfinden. Aber auch das ist eine andere Frage - die aus meiner Sicht in der Tat nicht mehr wirklich kontrovers diskutiert wird.
Entschuldigung für die Unschärfe. Zu Klarstellung: Eine Fehlinterpretation ist, das Schulen jetzt „Treiber“ der Pandemie seien. Der Begriff kommt aus der Influenzaforschung, wo ganz grob gesagt die meisten Erwachsenen teilimmun sind und Kinder die volle Grippe durchmachen und dadurch die Krankheit jedes Jahr wieder in die Gesamtbevölkerung einschleppen. Das ist kein guter Begriff für die Corona-Pandemie, das trifft hier einfach nicht zu. Medien lieben aber den Begriff und benutzen ihn fröhlich weiter.
Aber: Kinder werden jetzt so häufig wie Erwachsene infiziert. Und wir können uns in der derzeitigen Lage einfach nicht mehr erlauben, Massenveranstaltungen (was Schulen ja sind) trotz Schutzkonzepten laufen zu lassen. Und ich verweise auf den Kommentar von @Martino, in dem eine sehr gute Quelle gezeigt wurde die eindeutig zeigt dass dies der Fall ist. Hier nochmal sein Kommentar verlinkt:
Dass die Rolle von Kindern bei der Corona-Pandemie eine ganz andere ist als bei der Influenza, ist schon seit einem Jahr klar. Dennoch wird Schulen in den Debatten ein Raum eingeräumt, als wäre das so. Das führt in der Tat zu einigen Verzerrungen in den Medien, aber leider nicht nur dort. Unter anderem wird m. E. die Studienlage in Deutschland ganz anders wahrgenommen, als international.
Dieser Satz ist m. E. ein gutes Beispiel dafür. Die Frage ist ja nicht, wie viel Kinder infiziert sind (denn das Risiko für eine ernsthafte Erkrankung oder gar Tod ist in dieser Altersgruppe ja denkbar gering) - zumindest wenn es um die Folgen einer Infektion geht und mal die Zahl der Infizierten nicht zum Fetisch erhebt. Entscheidend ist also die Frage, ob Kinder so infektiös sind wie Erwachsene und die kann inzwischen zumindest für bestimmte Altersgruppen ganz klar mit nein beantwortet werden (siehe u. a. diese Übersicht der CDC: https://www.cdc.gov/coronavirus/2019-ncov/more/science-and-research/transmission_k_12_schools.html).
Zudem ist die Frage, wer sich was „erlauben“ kann, ja eine politische, keine medizinische. Du könntest genauso sagen, dass wir es uns in der derzeitigen Lage einfach nicht mehr erlauben können, Schulen länger zu schließen. Die CDC kommt da zu ganz anderen Schlüssen, an denen orientieren sich auch einige MPs in Deutschland. Aber in der deutschen Öffentlichkeit - und dafür war der zitierte Spiegel-Artikel ein Beispiel - wird so getan, als seien das bornierte Idiot:innen, die „die Wissenschaft“ ignorierten.
Nochmal: unbestritten ist, dass sich auch Kinder infizieren und dass es auch an Schulen Infektionen gibt. Die wichtigen und für Deutschland zum großen Teil empirisch noch nicht beantworteten Fragen sind: Wie häufig passiert das? Welche Rollen spielen Schulen dabei? Wer infiziert da wen? Für wen besteht welches Risiko? Welche Schutzmaßnahmen außer Schulschließungen haben welchen Einfluss auf dieses Risiko?
Du hast in einem anderen Thread so stark auf akkurate Forschungsergebnisse sowie auf den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität gepocht, warum gilt das hier auf einmal nicht mehr?
Sie sind da nicht ganz auf dem neuesten Stand. Das war für den Virus auch so der bis vor kurzem zirkulierte und gilt nicht mehr für B117. In den USA hat sich diese Mutante nicht ausgebreitet, für sie gelten diese älteren Daten also noch. Derzeit ist noch nicht klar warum exakt Kinder jetzt mehr von B117 betroffen sind, aber es ist klar dass es so ist. Da ist nichts widerlegt.
Das heißt dort breiten sich in Clustern die Infektionen aus und werden zurück in die Familien eingeschleppt wo wir viele vulnerable Personen haben. Das ist ein Fakt in dem sich Wissenschaft und die Realität ziemlich einig sind.
Da ein Bild immer schöner ist habe ich noch eine Grafik herausgesucht. Auf der unten verlinkten Seite findet man einen Graph mit Inzidenzen sortiert nach Altersgruppe. Daran sieht man sehr schön wie in der zweiten Welle die Inzidenz bei den unter 15 jährigen relativ niedrig waren, als die B117 Mutante sich noch nicht ausgebreitet hatte und wie derzeit die Inzidenz in dieser Altersgruppe sich synchron zu allen anderen Altersgruppen verhält.
Titel des Diagramms ist „Neuinfektionen pro 100.000 Menschen in der jeweilgen Altersgruppe (7-Tage-Inzidenz)*“
Dass B117 zu einer erhöhten Infektiosität bei Kindern im Vergleich zur Wildtyp-Variante bei Kindern führt, ist nach meinem Kenntnisstand in der Tat unumstritten. Aber beim Vergleich von Kindern zu Erwachsenen wäre mir ein so klarer Kenntnisstand, dass Kinder und Erwachsene bei B111 gleich infektiös seien, neu. Herr Drosten sagt z.B. in Folge 80:
Es sieht so aus, als wären diese Änderungseffekte, die diese Mutante hat, sowohl die Übertragbarkeit als auch die krankmachende Wirkung, als wären diese Änderungen in gleichem Maße für alle Altersgruppen gültig.
Wenn das so stimmt, sind Kinder immer noch ein bisschen weniger infektiös als Erwachsene. In der von dir verlinkten Studie wird mE die Vorweihnachtszeit betrachtet, in der in England ein Lockdown vorlag und ausschließlich die Schulen geöffnet waren. Aus diesem Grund gab es eine relative Erhöhung der Inzidenz bei Kindern im Vergleich zu Erwachsenen (ebenfall Podcast-Folge 80). Wenn ich das Paper richtig interpretiere, sagen auch die Autoren des Papers, dass deren Datenauswertung eine erhöhte Infektiosität bei Kindern nicht klar identifiziert:
Hypotheses 2 (longer infectious period) and 4 (increased susceptibility in children) also fitted the data well, although hypothesis 4 is not well supported by household secondary attack rate data (fig. S15) or by age-specific patterns of S gene target failure in the community (fig. S16), neither of which identify a sub-stantial increase in susceptibility among children.
Kennst du noch andere Studien oder Artikel, die die altersabhängige Infektiosität bei B117 untersuchen? Ich habe leider nicht allzu viel gefunden.
Bei dieser Statistik muss man aber auch fairerweise die vermehrten Tests in Schulen (stark angestiegen) berücksichtigen. Wenn man die Positivquote betrachtet, ist diese bei Kindern (5-14 Jahre) nicht stark angestiegen: https://ars.rki.de/Docs/SARS_CoV2/Wochenberichte/20210330_wochenbericht.pdf
Andererseits sind Kinder wahrscheinlich immer noch im Vergleich zur Restbevölkerung untertestet, da sie kaum Symptome entwickeln und wir (abgesehen von den neuen Schnelltests + ggf anschließende PCR) symptomgerichtet Testen. Hier müssen also wahrscheinlich viele Effekte berücksichtigt werden.
Damit ich nicht missverstanden werden: Ich will Infektionen bei Kindern überhaupt nicht kleinreden oder verharmlosen. Man muss anerkennen, dass Kinder nicht vernachlässigbar zum Infektionsgeschehen beitragen und Schulen (Stichwort: Infektionsdrehkreuze) zwingend geschützt werden müssen. Der Grund, wieso wir „früher“ kaum Infektionen bei Kindern gesehen haben, ist mE die starke Untertestung. Wir sind gerade dabei das Licht anzumachen und sehen nun Infektionen, die vorher verborgen geblieben sind. Fokus sollte also darauf liegen, wie Schulen sicher gemacht werden können.
OK, stimmt, das geben die Daten nicht her. Ich finde lediglich, dass es dadurch oft verharmlost wird und wir rechtfertigen warum Schulen trotz mangelhafter Schutzkonzepte offen bleiben dürfen. Es sind einfach Kontakte und viele Infektionen finden in Schulen statt.
Die Quelle die ich eigentlich gesucht habe, habe ich nicht mehr gefunden, stammte aber ebenfalls aus dem Coronavirus update. Darin wurde die Hypothese formuliert dass vielleicht jetzt gerade der threshold überschritten sei, bei dem genug Virus ausgeschieden werde um umgebende Personen zu infizieren, was der Grund für die beschleunigte Infektion unter Kindern sei. Aber ja, Vergleiche zwischen Erwachsenen und Kindern gibt es sicherlich keine direkten. Mein Fehler.
Wenn Schnelltests der Grund für mehr Infektionen bei Kindern wäre, würden die Positivraten stark ansteigen. Die Tests in Schulen sind Antigentests, die nicht in der Statistik auftauchen, während nur im Fall eines positiven Tests eine Abklärung durch PCR stattfindet. Da wir keinen solchen Anstieg in der Positivrate sehen, kann man den stark exponentiellen Anstieg von Infektionen in den Schulen, nicht dadurch erklären, dass mehr getestet wird.
Und ich möchte da auch nicht missverstanden werden - Schulen sind mir deutlich wichtiger als andere Teile des öffentlichen Lebens. Zu diskutieren ist derzeit aber die Frage, ob jeden Tag den wir Schulen in solch einer komplizierten Lage offen halten nach hinten raus deutlich längere Schulschließungen bedeutet, weil die Zahlen irgendwann einfach runter müssen. Spätestens in ein paar Wochen, wenn die Intensivmedizin an der Belastungsgrenze ist, wird sich diese Frage stellen genau wie in allen anderen Bereichen. Und dann wird die Reaktion heftig und undifferenziert ausfallen. Da wäre für mich ein harter und kurzer Lockdown, der die Schulen einschließt eine angemessenere Lösung. Wenn man diesen bereits in den Osterferien begonnen hätte, wäre man nach den Ferien sogar fast durch gewesen…
Da hast du Recht. Ich dachte an die durch PCR bestätigten Tests, aber das hätte tatsächlich die Positivquote nach oben treiben müssen. Der starke Anstieg bei der Anzahl der Tests bei Kindern im Vergleich zu den anderen Altersgruppen wundert mich aber schon (Quelle):