LdN229 Autofreie Innenstadt

Nein, das ist bei Bußgeldern nicht so, sondern nur bei Geldstrafen, die nach dem Tagessatz-System zugemessen werden.

Und mal ehrlich: Wenn man keine so hohen Bußgelder verhängen will, warum schreibt man es dann ins Gesetz? Das macht doch keinen Sinn.

§ 17 Abs. 3 OWiG: „Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt.“

Passiert diese im Gesetz angelegte Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse in der Praxis nicht (bei 100.000 € wäre man ja nicht mehr bei einer geringfügigen Ordnungswidrigkeit)?

1 „Gefällt mir“

Normalerweise nein. Ich kenne zumindest keinen solchen Fall.

„Kommt in Betracht“ ist eben nicht dasselbe wie „wird berücksichtigt“. In der Praxis jedenfalls spielen die wirtschaftlichen Verhältnisse keine Rolle. Schau dir mal den Bußgeldkatalog für Verkehrsordnungswidrigkeiten an, von den Einkommensverhältnissen ist da nirgends die Rede. Deswegen ist Rasen für Reiche vergleichsweise billig, für Empfänger von Hartz IV hingegen eine Katastrophe.

Ich denke diese Verkehrsordnungswidrigkeiten fallen nach der Wertung des Gesetzgebers unter „geringfügig“. Natürlich sind ein paar hundert Euro für jemanden, der wenig Geld hat, alles andere als geringfügig. Wenn es aber wirklich um 100.000 € geht, ist das noch mal ein ganz anderes Kaliber und wenn in einem solchen Fall die wirtschaftlichen Verhältnisse nicht berücksichtigt werden, hielte ich das für begründungsbedürftig bis ermessensfehlerhaft.

(Bzw. kennst du einen Fall in dem ein Bußgeld annähernd in dieser Höhe festgesetzt wurde?)

1 „Gefällt mir“

Natürlich gibt es Bußgelder auch in Millionenhöhe. Aber ich denke die Diskussion liegt neben dem Punkt. Entscheidend ist doch, dass die Verfasser des Gesetzentwurfs ein ziemlich radikales Verständnis davon haben, mit welchen Mitteln man Autos aus der Stadt vertreiben muss. Die Bußgeld-Drohung in Höhe von 100.000 Euro auch für fahrlässig fehlerhafte Angaben im Anzeigeverfahren macht deutlich, dass man im Grunde auch dieses Anzeigeverfahren nicht will. Keiner der in dem Bußgeldtatbestand beschriebenen Sachverhalte rechtfertigt ein Bußgeld von mehr als sagen wir 500 Euro.

1 „Gefällt mir“

Noch radialer, Sie lehnt m.W. Car Sharing explizit ab. Ich finde gerade das Zitat nicht mehr, aber die sind einfach gegen Autos, egal, wem die gehören.

Ich halte hier Busgelder von wesentlich mehr als 500 € auch für völlig überzogen.

Es hatte mich jetzt bloß spontan interessiert wie es in der Praxis bei sehr hohen Bußgeldern eigentlich läuft, ob in diesen Fällen dann die wirtschaftliche Situation der Person dann genauso völlig außer Acht gelassen wird wie bei den klassischen Verkehrssachen (vor allem wenn es gerügt wird). Deshalb die Frage ob die dir persönlich schon mal untergekommen sind.

Grundlage für die Zumessung der Geldbuße sind die Bedeutung der Ordnungswidrigkeit und der Vorwurf, der den Täter trifft. Auch die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters kommen in Betracht; bei geringfügigen Ordnungswidrigkeiten bleiben sie jedoch in der Regel unberücksichtigt.
§ 17 Abs. 3 OWiG (§ 17 OWiG - Höhe der Geldbuße - dejure.org)

Zusätzlich gilt § 17 Abs. 2 OWiG - also „nur“ die Hälfte des maximalen Rahmens ohne Vorsatz.

Natürlich kann man das immer noch für zuviel halten.

Ich wundere mich nur das hier tatsächlich denkt es würden Bußgelder von 100.000 Euro an Privatpersonen verhängt werden, weil die ausversehen die 13. Fahrt machen.

Weil die Fälle in denen Bußgelder verhängt werden sich mitunter deutlich voneinander unterscheiden. Und ja - auch weil es mitunter nur um Abschreckung geht, seltenst wird der Rahmen ja ausgenutzt. Natürlich kann sich überlegen - warum bis maximal 50.000 ohne Vorsatz, was sind das für Fälle wo man sowas verhängen muss? Warum nicht maximal 25.000, wie es für Müll oder ähnliches gilt?

Ich fände 25.000 Euro für eine Chipstüte am Rande eines Landschaftsschutzgebietes auch viel. Das hat aber nichts mit der Praxis zu tun.

Ich vermute mal man hat die Höhe gewählt weil es alle Sondernutzungen umfasst, auch gewerblicher Art.
Vielleicht finden sie auch einfach nur die Zahl schöner? Oder als sie geguckt haben wie hoch das geht, haben sie zuerst was mit 100.000 gefunden?

Anstatt hier das Kopfkino der Zuschauer anzuwerfen für falsche Angaben 100.000 Euro zu zahlen (hört die Stelle bei Gelegenheit vielleicht nach): Da hätte man auch nachfragen können, oder?

Natürlich muss das nichts an eurer Bewertung ändern, der ich im Grundsatz auch zustimme (s.o.). Aber ich fand da wart ihr nicht mehr sauber in der Darstellung des Sachverhalts.

Mir persönlich ist es noch nie untergekommen, dass Bußgelder nach den wirtschaftlichen Verhältnissen zugemessen werden. Andererseits kenne ich aber Situationen, wo Datenschutzbehörden Bußgelder gegen Firmen sehr individuell verhängt haben. Da wurde dann beispielsweise berücksichtigt, dass das Unternehmen parallel dazu einen Lehrstuhl für Datenschutzrecht an einer Universität für einige Jahre finanziert …

2 „Gefällt mir“

Und warum dürfen nur Berliner auf den Straßen fahren?
In „meiner“ Stadt dürfen alle zu gleichen Teilen die Straßen nutzen. Niemand wird bevorzugt, niemand benachteiligt. Egal woher er kommt, egal aus welcher Absicht er sie nutzt.
Im Internet heißt dieses Prinzip „Netzneutralität“.

Und dort wo es ein guten ÖPNV gibt sagen die Leute danke, und dort wo nicht „bedanken“ sie sich.
Um Geld aus dem Ärmel zu schütteln muß man vorher eins rein tun.
Autofahren ist auch deshalb so teuer, weil die Kraftstoffe extrem besteuert sind. Ein Großteil der Tankstellenrechnung geht an den Staat. Und nur ein kleiner Teil der Einnahmen fließt in Form
von Straßen etc. wieder zurück.

Mobilität ist eine Frage der Gerechtigkeit. Aber nicht nur zwischen Arm und Reich, sondern auch zwischen Stadt und Land.

Das hängt ja auch beides zusammen. Ärmere Menschen wohnen tendenziell in schlechteren Wohnlagen wie an großen Straßen, und werden dann von den wohlhabenderen Menschen mit pendlerpauschalensubventionierten Haus im Grünen mit Feinstaub, Lärm und CO2 „versorgt“, wenn letztere meinen, alleine mit dem KFZ in die Stadt fahren zu müssen.

2 „Gefällt mir“

Hallo Dave, bei 6 km Arbeitsweg kann man sehr gut mit dem Fahrrad fahren. In einer Großstadt ist man damit häufig schneller am Ziel, als mit dem Auto. Es ist nicht nur gut für die Umwelt, sondern auch für einen selber. Statistisch regnet es zu ca. 5%. Da kann man ja zur Not das Auto nehmen oder sich entsprechend anziehen.
Im schon erwähnten Kopenhagen werden 60% der Fahrten zur Arbeit mit dem Rad gemacht, weil es schneller geht und sicher ist. Und das Wetter ist dort auch nicht besser, als bei uns.
Dort fahren auch Banker und Unternehmensberater mit dem Rad zur Arbeit, geht alles.

2 „Gefällt mir“

Freiheit ist, sich nicht dafür rechtfertigen zu müssen nicht mit dem Fahrrad zur Arbeit fahren zu wollen.

Aber: Deine Freiheit endet wo die Freiheit der anderen anfängt.
Weiterhin hat Gerhard auch nicht gefordert, dass Dave sein Auto stehen lässt, sondern gute Argumente für das Fahrrad geliefert. Es muss eben mehr Anreize für Leute wie Dave geben, ihr Auto stehen zu lassen und die 6km zur Arbeit anders zurück zu legen. Am besten nicht mit Verboten, sondern mit Alternativen.

2 „Gefällt mir“

Ich weiß der Thread ist zwar schon etwas älter, allerdings tut sich in den letzten Jahren in Frankfurt einiges hin zur autofreien Innenstadt. Nun liegt der Abschlussbericht für die Umgestaltung des „Oeder Weg“ vor und der enthält doch einige interessante Fakten zu dem Thema, wie ich finde. Für alle Interessierte hier der Link: FRANKFURT.DE - DAS OFFIZIELLE STADTPORTAL | FRANKFURT.DE - DAS OFFIZIELLE STADTPORTAL

1 „Gefällt mir“

1/3 der Gewerbebetriebe vermelden Verschlechterung der Geschäftszahlen. Laut dem Abschlussbericht wurde die Befragung auch vor Ort und in den Nebenstraßen durchgeführt. Das heißt, das diejenigen die nicht mehr kommen schlecht ihre Meinung kundtun konnten.

Das es für Anwohner fast nur Vorteile gibt Stand ja auch nie zur Debatte,oder? Was hier auch nicht erwähnt wird ist, wie und ob es eine Anpassung bei den öffentlichen Verkehrsmittel gab. Im Abschlussbericht wird auch erwähnt das die Parkplatzsituation im Umfeld als mangelhaft wahrgenommen wird und hat sich im Nachgang auch nicht verbessert.

Im Endeffekt ist doch das Ergebnis genau das was vorher gesagt wurde. Bessere Lebensqualität bei weniger Umsatz. Wobei hier auch nur ein kleiner Bereich und nicht die komplette Innenstadt „umgebaut“ wurde.

Wobei auch in Städten in denen sich nichts verändert oder gar Maßnahmen zur Reduzierung des Verkehrs rückgängig gemacht wurden die Umsätze des Einzelhandels weiter zurückgehen. Einkaufen in der Innenstadt ist gerade für jüngere halt nicht mehr der Automatismus wie für frühere Generationen.

1 „Gefällt mir“

Werden dann die Städte nicht irgendwann eh autofrei. Zumindest was den Einkauf angeht. Für den Rest ist dann eigentlich wichtiger den öffentlichen Nahverkehr auszubauen und billiger zu machen als baulich was zu ändern. Das sehe ich in der Studie oben aber zu 0%

Nicht ganz. Es sind 16-30% (10-15 von 50-60 Betriebe), die eine Verschlechterung melden und 66%, die keinen Unterschied melden.
Das bedeutet im Umkehrschluss, dass 4-18% sogar eine positive Entwicklung hatten.

1 „Gefällt mir“