Sehr geehrter Herr Banse, sehr geehrter Herr Buermeyer, liebe Lage-Talkende,
auch wir wollen uns der Kritik hier anschließen. Konkret geht es um das hier:
In der LdN 214 sprachen Sie „die Schulen“ kritisch an.
Ca. 30:33
Philipp Banse: „Da vermisse ich jetzt einfach von den Schulen und vom gesamten Bildungswesen: OK wenn die Gesellschaft schon sowas wie Opfer bringt damit wir hier weitermachen können, dann sind wir in der Verantwortung da bessere Konzepte zu machen.“
Als Lehrkräfte fühlen wir uns angesprochen. Wie weit sind wir? Was machen wir? Warum haben viele Schulen die Milliarden vom DigitalPakt Schule noch nicht benutzt? Wer ergreift die Initiative für alle, also für „die Schulen“?
Hören Sie mal rein, in den Entwicklungsprozess der Schulen. Die „Lage der Schulen“ stellt sich für uns anders dar als in der LdN 214. Wir sprechen regelmäßig über unsere persönliche „Lage“ zu diesem Thema, in unserem eigenen Podcast „Schule Macht Medien“. Wir sind beide Lehrkräfte an einer Gesamtschule im sozialen Brennpunkt am Rande von Hannover mit über 1.500 Schülerinnen und Schülern. Wir arbeiten am Thema „Digitalisierung“ mit, versuchen iPad-Klassen einzuführen, sind in der Lehrkräfte-Fortbildung tätig, haben einen berufl. IT-Hintergrund und haben vor allem selbst Kinder, … und wir machen, wie gesagt, einen Podcast zu diesem Thema.
Initiative für „die Schulen“ ergreift zum Beispiel der heise-Verlag in Hannover, den kennen Sie beide ja sehr gut. Und zwar zusammen mit dem Landesprojekt n-report.de zum journalistischen Arbeiten in der Schule, welches mein Kollege Jako Erchinger für Lehrkräfte in Niedersachsen organisiert. Im Januar 2020 haben Jako und ich die Lage live in Hannover gesehen … Lange ist’s her … Vielleicht ergreifen Sie auch die Initiative für „die Schulen“ und sind beim nächsten n-report mit dabei?
Der Begriff „die Schulen“ erscheint uns unpräzise gewählt. Es entsteht der Eindruck, dass „die Schulen“, also jede einzelne, sich doch bitte mal an die Arbeit machen und Konzepte für die Digitalisierung und die Corona-Krise erarbeiten soll… und das sie das mit Absicht nicht tun.
Ein paar vermutlich bekannte Hintergründe dazu. Es sind zunächst einmal deutlich zu wenige Lehrkräfte verfügbar. Diese Personal-Krise verschärft Corona, Stichwort Risikogruppe, noch mehr.
Hauptaufgabe von Lehrkräften ist der Unterricht. Damit haben wir genug zu tun, so wie die meisten anderen Berufe auch. In Zeiten von Hybrid-Unterricht ist Zeit für Innovation zu finden noch schwieriger. Und wenn Sie Innovation und Ideen sehen wollen, gehen Sie ins Twitter-Lehrerzimmer.
Die Schulleitungen waren auch schon vor Corona massiv überfordert und überlastet. Wie soll eine kommissarisch eingesetzte Grundschulleiterin, das ist sehr häufig der Fall, mal eben ein Medienkonzept entwickeln oder die Corona-Krise in ihrer Schule organisieren, wenn der Landes- und Bundespolitik außer 20-5-20 Minuten Fenster öffnen und Lüften nichts, überhaupt gar nichts einfällt?
Selbst wenn „die Schulen“ tolle Konzepte erfinden würden, wäre dies ein äußerst ineffektiver Prozess, da jede Schule das Rad neu erfinden würde. Um nichts anderes geht es hier. Die Digitalisierung bzw. „das mobile Lernen unterstützt durch digitale Endgeräte und Softwarelösungen“ wird auch als digitale Revolution bezeichnet. Solange es friedlich bleibt passt auch digitale Transformation.
In der Verantwortung stehen hier aus unserer Sicht nicht die Lehrkräfte oder die Schulleitungen, sondern die Schulträger und Landesregierungen. Sie können über die Mittel entscheiden, die es den Lehrkräften und Schulleitungen erst ermöglichen würden, ein Konzept für alle „die Schulen“ oder ein angepasstes, individuelles Konzept, zu entwickeln.
Abschließend ein großer Dank für die Lage der Nation. Sie erfüllen damit seit Jahren ein großes Bedürfnis an unabhängiger journalistischer Berichterstattung inklusive einem Standpunkt/Kommentar. Weiter so und viel Erfolg!
In diesem Sinne: wir hören uns!
Jako Erchinger und Ben Quinkenstein