LDN206 218/218a

Den Ausführungen von Ulf kann ich nur halb folgen. Einerseits verstehe ich den positiven Bezug zum Kompromiss, den 218 & 218a darstellen. Andererseits wird ja zugestanden, dass es „juristisches Geschwurbel“ ist – und genau das ist ja der Punkt. Die Regelung als solche (Fristen und Beratung) finden die meisten Frauen und Feministinnen, die ich kenne völlig in Ordnung – inklusive mir.

Aber gerade die eigentliche Illegalität sorgt eben für Missstände: dass zum Beispiel in Universitäten oft gar keine, oder keine modernen Methoden des Abbruchs gelehrt werden (weil juristisch zu heikel, man macht sich angreifbar und provoziert Stress), dass es keine Forschung gibt, um Methoden zu modernisieren etc.
Durch diesen juristischen „nix halbes und nix ganzes“-Zustand gibt es eine große Unsicherheit, bei den Anbieter:innen und in der Wissenschaft/Forschung/Lehre. Das können wir mEn nur hinbiegen, wenn wir uns von diesem juristischen Geschwurbel lösen und einen Abbruch unter der Einhaltung von Bedingungen (meinetwegen den selben wie heute) eben nicht illegal, aber straffrei, sondern ganz explizit legal machen. Das Rütteln am „Werbeparagrafen“ nützt da gar nicht viel, das kratzt nur oberflächlich am Problem.

Als Nicht-Juristin frag ich mich jetzt natürlich: ist so eine Transformation möglich?

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Das könnte man nur durch eine neue Grundsatzentscheidung des BVerfG hinbiegen - und dann bekommen wir jahrelang einen Kulturkampf um das Thema. Der Preis wäre mir für eine doch eher symbolische Frage viel zu hoch.

Ganz abgesehen davon, dass es ja auch heute schon völlig legale Abtreibungen gibt. Wer also die Illegalität als Argument anführt, der nutzt sie typischerweise nur als Vorwand. Am Verhalten dieser Leute könnte also auch eine völlige Legalisierung nichts ändern.

Die praktischen Konsequenzen, die du schilderst, könnte und sollte man daher besser ohne eine Änderung der Rechtsprechung angehen, beispielsweise indem man die Curricula für das Medizinstudium ändert. Warum sollten Methoden nicht gelehrt werden, die straffrei und in bestimmten Kontexten auch rechtmäßig angewendet werden können? Das scheint mir der richtige Ansatzpunkt zu sein. Abgesehen davon sollte man konsequent darauf hinweisen, dass es auch rechtmäßige (nicht nur straffreie) Abtreibungen gibt.

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ich will gar nicht sagen, dass es nicht einen kulturkampf geben würden, aber das wirkt trotzdem etwas vorgeschoben nach dem motto „so hab ich ein argument mehr auf meiner seite“. es droht auch ein kulturkampf wenn man für geflüchtete menschen sich einsetzt, gegen nazis, atomenergie, … als argument finde ich das sehr dünn. (und damit will ich nicht sagen, ob es nun (/nicht )sinnvoll ist das thema auf die agenda zu setzen).
nebenbei: wenn ihr nicht wollt, dass es hochgejazzt wird, warum sprecht ihr darüber ohne das es einen notwendigen anlass gab und warum positioniert ihr euch dann deutlich?

Inhaltlich fällt es mir schwer von einem guten kompromiss zu sprechen:

  • warum nicht rechtlich „umdrehen“ und komplett legalisieren aber unter bestimmten bedingungen nicht erlauben?
  • was spricht denn gegen eine komplette legalisierung? ist der schwangeren person damit geholfen ein kind bekommen zu, was niemand möchte? ist irgendjemand geholfen, dass die „medizinische indikations“-karte gezogen werden muss um die schwangerschaft doch abzubrechen?
  • selbst große gruppierungen wie „pro familia“, stellen sich ganz klar gegen §§218+§§219: https://www.profamilia.de/fileadmin/publikationen/Fachpublikationen/Standpunkt_Schwangerschaftsabbruch.pdf

was mir im allgemeinen etwas seltsam vorkommt: wäre es nicht besser gewesen das thema wegzulassen? ihr habt euch da mehr als nur aufs glatteis gewagt.
beim nächsten mal bitte:

  • betroffene personen zu wort kommen lassen
  • argumente der gegenseite nennen
  • ausführlicher oder eben das thema überspringen.
    und erst recht nicht -als person die nicht davon betroffen ist- so eine starke positionierung einnehmen.
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Wie willst Du denn bei der aktuellen Rechtslage die Situation in Krankenhäusern ändern? Da Abtreibung verboten ist, steht es ÄrztInnen frei, sich daran nicht zu beteiligen. Resultat: Frauen müssen weit reisen, um eine abtreibende Ärztin zu finden. Und Krankenhäuser bieten das aus religiösen Gründen gar nicht erst an. In Flensburg haben sich die beiden kirchlichen Krankenhäuser zusammen getan und werden ab 2026 keine Abtreibungen mehr anbieten.

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Nur kurz zu der journalistischen Kritik:

betroffene personen zu wort kommen lassen
argumente der gegenseite nennen

haben wir ausführlich getan - ich hatte ja eigens auf Twitter recherchiert und dabei auch Antworten prominenter Feministinnen bekommen, die wir auch zitiert haben.

ausführlicher oder eben das thema überspringen.

das war ein 20-Minuten-Block …

und erst recht nicht -als person die nicht davon betroffen ist- so eine starke positionierung einnehmen.

nee, das geht nun wirklich zu weit. Nur weil dir persönlich unsere Sicht der Dinge nicht passt müssen wir sie nicht für uns behalten. Außerdem ist der Podcast auch eine Einladung zum Diskurs, es steht dir und allen anderen Hörer_innen ja frei, sich hier zu äußern, und das tun ja auch einige. Und üblicherweise tragen wir spannende Argumente dann in einer der nächsten Folgen nach.

Ich finde das Thema einfach wichtig, gerade weil ich - wie ich ja deutlich gemacht habe - Angst habe vor einer antifeministischen Debatte und damit einem Eigentor derjenigen Frauen, die „das Fass aufmachen“.

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Dem Ausbildungspunkt möchte ich mich mit vollem Herzen anschließen! Man kann doch das Problem nicht auf die (auch noch in jedem Bundesland einzeln geregelten) Hochschul-Curricula abschieben.

Aber gerade die eigentliche Illegalität sorgt eben für Missstände: dass zum Beispiel in Universitäten oft gar keine, oder keine modernen Methoden des Abbruchs gelehrt werden (weil juristisch zu heikel, man macht sich angreifbar und provoziert Stress), dass es keine Forschung gibt, um Methoden zu modernisieren etc.

Da diese oder ähnliche Dinge auch hier mehrfach gesagt wurden:
Woher genau kommt die Behauptung, der Schwangerschaftsabbruch würde an Unis nicht gelehrt werden?
In meinem Medizinstudium ist der Schwangerschaftsabbruch in mehreren Modulen Thema gewesen. Im Modul Gynäkologie sind in der Vorlesung sowohl der 218 besprochen worden, als auch die Techniken der Durchführung angesprochen worden (Medikamentös/Operativ).
Im Modul Ethik ist das Thema auch behandelt worden und ebenso im Modul Rechtsmedizin im Rahmen sexualisierter Gewalt.

Es kann sein das es nicht an allen Unikliniken so ist, aber ich habe Stichprobenartig an 5 Unis mal die Gyninhalte gegoogelt, da war der Schwangerschaftsabbruch zumindest auf dem Papier immer Lehrinhalt.

Was tatsächlich nicht gelehrt wird ist die konkrete Durchführung, dies ist aber auch nicht Aufgabe des Studiums, sondern der Facharztausbildung. Man lehrt im Studium auch nicht konkret wie man einen Blinddarm operiert oder eine Plattenosteosynthese genau durchführt. All diese Dinge werden in der Ausbildung zum Facharzt gelehrt.

Hier könnte man allerdings kritisieren, dass das durchführen von Schwangerschaftsabbrüchen aufgrund der gesetzlichen Lage nicht Teil des Facharztkataloges sein kann. Man also auch ohne Gynäkologin werden kann.

Es wurden von einer Studierendengruppe an meiner Uniklinik Papaya-Workshops angeboten. Die sind in meinen Augen aber ein politisches Statement und keine ernstzunehmende Ausbildung.

Vor dem Hintergrund würde mich interessieren, wo genau die Defizite in der universitären Lehre sind und was sich da ändern soll.

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haben wir ausführlich getan - ich hatte ja eigens auf Twitter recherchiert und dabei auch Antworten prominenter Feministinnen bekommen, die wir auch zitiert haben.

du meinst den „wir haben nachgefragt, aber sehr wenig antworten erhalten“ block? ich finde auch „bei twitter nachfragen“ nicht als ausreichend zu dem thema, tut mir leid. das ist wie wenn ihr bei twitter nachragt „ist atomkraft sinnvoll“ und ihr dann 2 antworten zitiert. beide themen haben eine geschichte, es gab viele kämpfe, feministInnen diskutieren und veröffentlichen zum thema abtreibung seit mehreren jahrzehnten und von den argumenten hab ich nichts gehört. es ist auch ok nicht alles zu wissen, aber dann schneidet das thema nicht an oder holt euch ein expert*In hinein.

das war ein 20-Minuten-Block …
ihr habt x minuten über die situation in der usa berichtet, was spannend war, aber das reicht nicht zur meinungsbildung bezüglich abtreibung. es wurde nichts gesagt zu:

  • diskussion ab wann ein mensch ein mensch ist
  • diskussion über spätabtreibungen
  • diskussion über kriminalisierung von frauen
  • illegale abtreibung
  • was sind die folgen einer möglichen änderung, in die eine als auch in die andere richtung

Nur weil dir persönlich unsere Sicht der Dinge nicht passt müssen wir sie nicht für uns behalten

natürlich könnt ihr eure sicht sagen, aber als mann eine antifeministische position zu beziehen* und keine betroffene person zu wort kommen lassen ist wie als weißer zu sagen "das n wort ist ok, ich hab da auch auf twitter nachgefragt, da kamen nur 2 antworten " (! das ist überspitzt, weil ich das gefühl hab euch ist gar keine schuld bewußt).

das kann ich gut verstehen, ich hab auch keine lust auf eine antifeministische debatte. aber ihr habt da irgendwie 2 sachen vermischt:

  • abtreibung, pro, contra, persönliche positionierung, …

  • sorge vor kulturkämpfen / eigentoren bei der nutzung von themen; wie kämpft man für ein thema ohne das es die gegenseite „hochjazzt“, bei welchen themen ist gut das es zu kulturkämpfen kommt und ab wann geht das vielleicht nicht mehr? an der stelle hat auch der usa beitrag gepasst und hat mich auch weitergebracht. aber daraus noch eine positionierung bezüglich abtreibung reinzubringen ohne die wichtigsten argumente zu bringen ist nicht gut.

  • abschaffung von §§218 ist eine der grundpfeiler des feminismus in deutschland, u.a. gestartet mit der damaligen aktion „wir haben abgetrieben“ (was 50 jahre her ist). damit möchte ich nicht sagen, dass ihr antifeministen seid, aber die aussage „§§218 ist ein guter kompromiss“ ist eine gegenposition zum feminismus™. vermutlich kannst du deine sicht besser begründen und ich will dir auch deine position nicht absprechen. aber daraus ergibt sich für mich, dass ihr das thema unterschätzt habt. (das ist auch ok, fehler passieren. ich bin da nicht nachtragend.)

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Ich kann nicht auf jeden einzelnen Punkt eingehen, aber ich picke mir mal den Vorwurf raus, dass unsere Position antifeministisch sei. Das scheint mir doch eine ziemlich extreme Position zu sein, denn ich kenne viele Frauen, die sich als Feministinnen bezeichnen, aber den heiligen Krieg gegen Paragraph 218 trotzdem nicht mitmachen.

Das ist aus meiner Sicht auch gut nachvollziehbar: Die ursprüngliche Idee der feministischen Opposition gegen Paragraph 218 war ja nicht, einen bestimmten Paragraphen zu tilgen, sondern sicherzustellen, dass Frauen risikolos abtreiben können und sich nicht zB in die Hände von sogenannten Engelmacherinnen begeben müssen, wo unter haarsträubenden Bedingungen illegale Abtreibungen durchgeführt wurden. Dieses Ziel ist nun aber schon seit fast 30 Jahren erreicht - in der DDR sogar noch früher. Deswegen wundert es mich nicht, dass die meisten Frauen, auch und gerade Feministinnen, dieses Thema innerlich abgehakt haben - Mission accomplished.

Ich möchte jetzt nicht über die Motive derjenigen Frauen/Feminist_innen spekulieren, die gleichwohl noch für eine Abschaffung von Paragraph 218 kämpfen - dazu ist ja die Diskussion hier sehr hilfreich, um immerhin einige Anhaltspunkte zu gewinnen, und ich habe auch schon was gelernt.

Aber eins scheint mir doch klar zu sein: Um Feminist_in zu sein, muss eins heute nicht mehr gegen Paragraph 218 kämpfen, sondern nur für selbstbestimmte Entscheidungen von Frauen darüber eintreten, eine Schwangerschaft auch beenden zu können.

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PS lesenswert fand ich auch dieses Interview mit Katrin Göring-Eckardt, das ich leider erst nach der Aufnahme gefunden habe:

Sie spricht zwar einerseits davon, dass die Abschaffung des Paragraphen ein Meilenstein wäre, warnt aber andererseits davor, darüber zu diskutieren - und was die Abschaffung konkret brächte lässt sie auch im Dunkeln. Mir scheint das langsam eine vor allem symbolische Forderung zu sein. Symbole können auch wichtig sein, klar, aber man muss sich halt überlegen, was der Preis wäre.

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Für mich waren 2 Punkte in dem Themenblock überdenkenswert

  1. Ich hätte mir gewünscht die Stimmen von Frauen oder zumindest von einer Frau zu hören, denn ihr seid nunmal zwei Männer die über den Paragraphen diskutieren in dem es um einen Teil des Selbstbestimmungsrechts von Frauen geht. Das hat immer einen etwas komischen Beigeschmack (twitter sehe ich hier nicht als repräsentativ)
  2. Und weiter gedacht: Abseits davon, dass ich persönlich den Kompromiss „Es ist nicht legal, aber erlaubt“ als „faul“ empfinde, fand ich die Argumentation ein Thema besser nicht zu hoch kochen zu lassen, weil das eventuell der Demokratie schadet, sehr schwierig. Genau das waren nicht die Worte, aber so kam es bei mir an als Ende der Argumentationskette an.
    Jetzt frage ich mich wie belastbar das unsere Demokratie erscheinen lässt.
    Es gibt ja nicht nur Amerika und es gibt Länder die das anders gelöst haben. In Irland zum Beispiel gibt es Bürgerräte, die für schwierige Themen einberufen werden. So wurde auch zum Thema Abtreibung ein Bürgerrat einberufen auf Grundlage dessen, dann die Gesetzte geschaffen wurden. Und ich komme darauf zu sprechen weil Bürgerräte jetzt Thema im Bundestag sind: Bundestagspräsident Schäuble plädiert für Bürgerräte - Politik - SZ.de
    (Zum Thema Trasparenz: Ich habe an einer Regionalkonferenz zu diesem Thema teilgenommen)
    Ich fände es wichtiger und richtiger unsere Demokratie weiter zu denken und zu stärken als Themen lieber unter den Teppich zu kehren.

Das scheinen wirklich zwei sehr unterschiedliche feministische Welten zu sein in denen wir uns aufhalten; in meiner Welt (Bubble) ist die patriarchale Wucht des 218 nahezu unbestritten – die Notwendigkeit dessen Abschaffung somit genau so wenig.

Aber selbst wenn es wie du sagst nur eine Extremposition einiger weniger wäre (in jedem Fall Millionen würde ich sagen), sagt das doch nichts über die Legitimität aus, mit der diese Menschen ihr Recht auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper erkämpfen. Dieses prinzipielle Recht können andere Betroffene (die Schwanger werden können) für sich erfüllt sehen und die symbolische Legitimität als wenig relevant einordnen – aber das ändert doch nichts für die, die ein Problem damit haben symbolisch unterdrückt zu werden!

Wenn du jetzt – als Menschen der nicht schwanger werden kann – urteilst, dass Betroffene doch jetzt mal zufrieden sein sollten, dann finde ich diese Position vor allem uninteressant, aber auch ärgerlich, da du sie in eurem hochgeschätzten Podcast in hunderttausende Ohren sprichst. (Ich kann mir vorstellen, dass es nicht wenige Betroffene gibt, die diese öffentliche Positionierung sogar verletzend empfinden, da ihnen das Patriarchat ein weiteres mal erzählt, dass irgendwann auch mal Schluss mit Feminismus ist.)

Wow… Zuallererst: wie kommst du darauf, dass die in der Lage vertretene Position antifeministisch sei‽

Sie mag vielleicht diskussionswürdig sein, aber die Position ist definitiv nicht antifeministisch! Und „abschaffung von §§218 ist eine der grundpfeiler des feminismus in deutschland“ – äh nein? Zumindest nicht in der Form, wie du das suggerierst.
Das mit dem „grundpfeiler“ kann man so nicht sagen; erst Recht, wenn du von „deutschland“ sprichst – alleine schon, weil in der DDR Schwangerschaftsabbrüche schon 6 Jahre vor der „Wir haben abgetrieben!“-Aktion erlaubt waren.
Aber auch wenn wir uns auf Westdeutschland beschränken, war der Schwangerschaftsabruch nur ein Punkt von leider sehr sehr vielen – und andere Probleme waren lange Zeit sehr viel drängender; bspw. die Forderung, dass Frauen ohne Erlaubnis arbeiten dürfen. Deine 1:1-Übertragung auf die Moderne definitiv nicht sinnvoll – der Kampf damals wurde obviously im damaligen Kontext geführt.
Und ja, manchen Leuten geht der Kompromiss nicht weit genug (was btw. auch eine vollkommen vertretbare Position ist); aber für viele ist er gut oder zumindest hinnehmbar (was man meiner Meinung nach auch vertreten kann).
Aber du kannst die heutige Debatte nicht einfach mal so an die Damalige anknüpfen – der gesellschaftliche Kontext hat sich komplett verändert und auch die Debatte ist ein paar Jahrzehnte weiter. Diese Aussage ist IMHO absolut nicht sinnvoll; weder um deine Unterstellung der „antifeministischen Position“ zu untermauern, noch um die Debatte weiterzubringen.

Dein anderer Punkt: „diskussion ab wann ein mensch ein mensch ist“ ist nicht relevant; diese Frage ist im Kontext der Abtreibungsdebatte biologisch nun wirklich hinreichend geklärt! Allerspätestens ab der ersten Zellteilung des Fötus hast du einen neuen Menschen – gibt natürlich ein paar Hardliner, die meinen, man müsse das immer noch diskutieren; aber die futtern im Zweifel auch Globuli, trinken energetisiertes Wasser und glauben, Covid19 sei eine Weltverschwörung.
Die Frage ist eher, welche Rechte eine Gesellschaft diesem neuen Menschen einräumt und wie sie dessen Rechte im Vergleich zur denen der schwangeren Person gewichtet.

Sorry, aber den Punkt fand ich wirklich daneben. Zuallererst gibt es echt keinen Grund, Ulf hier auf diese Weise anzugehen. Zweitens ist es ein massiver Unterschied, ob man über das „n wort“ diskutiert, oder ob man ethische Probleme wie Schwangerschaftsabbruch erörtert! Dieser Punkt von dir ist IMHO nicht überspitzt, sondern nicht fair und absolut nicht zielführend.

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Da war ich gestern ungenau, in etwa das meinte ich eher.

Eine Illegalität ist eben immer auch ein möglicher Grund, etwas nicht zu lehren und nicht „anzubieten“. Ich würde mir aber wünschen, dass es eine Prozedur ist, die unter bestimmten Rahmenbedingungen eben durchzuführen ist, und nicht die Klinik/der Arzt/die Ärztin das nach gusto entscheiden und ablehnen können.
Die aktuelle Situation führt für ungewollt schwangere Frauen eben dazu, dass die Suche nach einer Praxis/Klinik extrem schwierig und unangehem werden kann. Nicht selten wird man am Telefon unfreundlich/herablassen etc. abgewatscht. Das kann in einer Krisensituation doppelt belastend sein. Beratungsstellen können da auch nicht immer helfen. Ich sehr nicht, wie das anders gelöst werden kann, als den Eingriff aus der Illegalität zu holen.

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Ich kann mich der journalistischen Kritik nur anschließen. Ein derartiges wichtiges Thema unter der Überschrift „USA“ zu diskutieren, ist nicht nachvollziehbar. Das ist ein Thema, das in und für Deutschland eine eigenständige Bedeutung hat und dementsprechend auch Berücksichtigung finden sollte. Und warum diskutiert ihr diese Frage überhaupt, wenn ihr das Thema nicht wieder hochkochen lassen wollt? Schließlich: eine Anfrage bei Twitter (bezogen auf die Lage in Deutschland) macht noch keine hinreichende Recherche aus.

Diese journalistischen Probleme machen sich dann auch bei der weiteren Erörterung des Themas hinsichtlich der Lage in Deutschland bemerkbar. Ich möchte hier nicht die überwiegend berechtigten Kritikpunkte (Illegalität, Beratungspflicht, regelmäßig fehlende Kostenübernahme durch die Krankenkassen etc.), die bereits genannt wurden, wiederholen. Ich möchte aber auf zwei Aspekte hinweisen, die mir besonders wichtig sind: der Eine ist die historisch-rechtliche Herleitung des Themas, die hier leider zu kurz gekommen ist, der Andere die christlich-religiösen Implikationen, die leider auch keine hinreichende Rolle in Euren Ausführungen gespielt haben.

Zum historisch-rechtlichen Teil: Es gibt hier zwei Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, die leider gar nicht oder nur oberflächlich gewürdigt worden sind. Zum einen die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus den 70er Jahren, die ihr überhaupt gar nicht angesprochen habt, zum anderen die Entscheidung aus den 90er Jahren, die von euch kurz gestreift worden ist. Beide Urteile sind kein Ruhmesblatt des Bundesverfassungsgerichts und bedürften einer vertieften Darstellung, die hier aber unter diesem Thema (USA) offensichtlich nicht möglich war. Für einen ersten Einstieg empfehle ich das sehr lesenswerte Kapitel in Darnstädt, Verschlusssache Karlsruhe, Seite 329-374.

In meiner Leseempfehlung wird auch schon die religiös-christliche Komponente der ganzen Diskussion deutlich. Hierzu möchte ich aus einem Beitrag der GBS (Giordano Bruno Stiftung) zitieren, abrufbar unter „Es ist an der Zeit, die Gesetzgebung zum Schwangerschaftsabbruch zu revidieren!“ | Giordano Bruno Stiftung

Die religiösen Hintergründe der deutschen Gesetzgebung

Die eigentümliche Idee, bereits empfindungsfreien Zellformationen ein „Recht auf Leben“ zuzubilligen und schwangeren Frauen aufgrund dieses „Rechts“ ein „zumutbares Opfer“ abzuverlangen, beruht, so Schmidt-Salomon, auf dem Konzept der „Simultanbeseelung“, dem vermeintlichen „Eingießen des Geistes im Moment der Befruchtung“. Viele halten diese Vorstellung für „urchristlich“ – tatsächlich aber ist sie für Katholiken erst seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts verbindlich: „Viele Theologen, Bischöfe und Päpste waren zuvor von der alternativen Konzeption der ‚Sukzessivbeseelung‘ ausgegangen, wonach die ‚Seele‘ des Menschen erst am Ende des dritten Schwangerschaftsmonats voll ausgebildet ist, so dass Abtreibungen bis zu diesem Zeitpunkt religiös legitimiert werden konnten. Dann aber verkündete Papst Pius IX im Jahr 1854 das Dogma der ‚Unbefleckten Empfängnis Mariens‘. Offenkundig litt er in der Folgezeit sehr unter dem Gedanken, dass die angeblich ‚sündenfrei‘ empfangene Gottesmutter jemals ‚vernunft- und seelenlose Materie‘ gewesen sein könnte. Daher erhob Pius IX. im Jahre 1869 zu Ehren der ‚Heiligen Jungfrau Maria‘ die ‚Simultanbeseelung‘ zur verbindlichen ‚Glaubenswahrheit‘ – eine Entscheidung, über die man heute schmunzeln könnte, würde sie nicht noch immer die Gesetze des säkularen Staates bestimmen.“
Besonders absurd wirke die religiös aufgeladene Argumentation, wenn man sich vergegenwärtige, „dass etwa die Hälfte der Embryonen, die sich in der Gebärmutter einnisten, spontan wieder abgeht, was nur in knapp 20 Prozent der Fälle bemerkt wird“, meint Schmidt-Salomon: „Trotz der Häufigkeit des natürlichen Aborts und der logischen Klimmzüge, die christliche ‚Lebensschützer‘ ob dieser Tatsache eigentlich machen müssten (wäre der ‚liebe Gott‘ dann nicht der der ‚größte Abtreibungsarzt aller Zeiten‘?!), hat der deutsche Gesetzgeber den künstlichen Abort, den Schwangerschaftsabbruch, mithilfe von § 218 StGB verboten. § 218a StGB verfügt zwar, dass der Abbruch unter bestimmten Bedingungen straflos ist, das ändert aber nichts daran, dass der Staat sich auf der Basis überkommener religiöser Vorstellungen anmaßt, Frauen ins Gewissen zu reden (§219 StGB) und ihnen den freien Zugang zu relevanten Informationen zu verwehren (§219a StGB). Mit dem Gebot der weltanschaulichen Neutralität ist dies unter keinen Umständen zu vereinbaren!“

Dem kann ich mich nur vollumfänglich anschließen. Auch diese religiösen Gesichtspunkte kommen in Eurem Beitrag leider zu kurz.

Zusammenfassend bin ich der Auffassung: Die bestehenden Regelungen sind Ausdruck einer misogynen, patriarchal paternalistischen Auffassung, die mit einer liberalen Gesellschaft nichts zu tun hat. Frauen werden hier kriminalisiert und entrechtet, letztlich wie Unmündige behandelt. Das darf so nicht stehen bleiben. Und last but not least zum taktischen Argument (zur Theologin Kathrin Göring-Eckhardt habe ich da nur geringes Vertrauen): Die Feinde einer liberalen Regelung werden nicht auf uns warten. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.

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Hi Arne, danke für die religiösen Hintergründe, das ist spannend zu lesen. Aber ich bin mir nicht sicher, ob das etwas zur Diskussion hier beiträgt, denn man kann einem werdenden Menschen ja auch ganz ohne transzendente Überlegungen einen moralischen Wert zusprechen. Nicht umsonst hatte selbst die DDR - christlicher Motive sicher unverdächtig - keine komplette Freigabe von Abtreibungen geregelt, sondern eine Fristenlösung.

Zu deiner journalistischen Kritik: Die Vorwürfe, die hier erhoben werfen, bis hin zu einem Schuldvorwurf (seriously?), kann ich nicht so richtig nachvollziehen. Natürlich haben wir nicht alle Aspekte des Themas angesprochen - aber das tun wir nie. Die Lage ist ein allgemeinpolitisches Format, kein Spezialformat für feministische Theorie.

Wirklich gefehlt hat - jedenfalls gemessen an den Beiträgen hier im Forum - die Empfindung mancher Menschen, dass es sich bei dem Kompromiss aus den 90ern um „Kriminalisierung“ und „Entrechtung“ von Frauen handele (deine Terminologie). Ich kann ehrlich gesagt auch nicht so richtig nachvollziehen, warum eins sich so fühlen sollte, weil ja jeder schwangere Mensch in D folgenlos abtreiben kann, wenn er das will. Das ist doch etwas völlig anderes als „Kriminalisierung“. Aber wir werden diese Emotionen und die daraus resultierende Symbolkraft des § 218 StGB in der kommende Folge nachtragen.

Auch das ist übrigens völlig normal - wir sprechen immer mal wieder Aspekte nicht an und kommen dann einfach auf das Thema zurück. Also kein Grund, sich zu ereifern.

Schließlich kommt die Überschrift USA daher, dass uns dieses Thema gar nicht so sehr als solches interessierte, sondern als Beispiel dafür, dass man sich gut überlegen muss, welche Kämpfe man führt und wie. Bei der GFF beispielsweise kämpfen wir an vielen feministischen Fronten, zB bei Equal Pay und auch bei § 219a StGB, weil es hier konkret etwas bringt und die Risiken gering sind.

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Lieber Ulf,

hinsichtlich der journalistischen Kritik: der Schuldvorwurf kommt nicht von mir und ich würde ihn mir auch nicht zu Eigen machen (das hätte ich vielleicht klarstellen sollen). „Schuld“ ist aus meiner Sicht eine zugespitzte Form der Verantwortlichkeit und hier nicht angebracht.

Ich wollte lediglich meine Meinung zum Ausdruck bringen, dass Ihr diesem Thema mehr Raum geben solltet, wenn Ihr es schon behandelt. Ich hatte aber den Eindruck, dass dieses Thema für Euch – vor allem für Dich – nicht so wichtig ist. Wahrscheinlich habt Ihr das gar nicht so gemeint, es ist aber so angekommen. Nach dem Motto: lasst uns über dieses Thema lieber nicht so ausführlich sprechen, es gibt andere Themen, die sonst zu kurz kommen. Ich möchte auch nicht, dass es im politischen Diskurs nur noch um dieses Thema geht. Es mag sein, dass das in den USA so ist – da fehlen mir die Kenntnisse. Das sollte aber kein Grund sein, die Debatte in Deutschland gleich ganz sein zu lassen, oder nur an zweiter Stelle zu behandeln. Die Frage rund um den § 218 StGB ist ein wichtiges Thema unter anderen wichtigen Themen, nicht mehr und nicht weniger. Und zu Deiner Aussage, „Die Lage“ sei ein allgemeinpolitisches Format, kein Spezialformat für feministische Theorie: Darum geht es hier eigentlich gar nicht. Es geht um ein Thema mit hoher Relevanz für die Allgemeinheit, weil es in erster Linie Frauen und an zweiter Stelle uns alle betrifft, dafür brauche ich kein Spezialformat für feministische Theorie. Und die von mir genannten Urteile des BVerfG hätten eine (allgemeinverständliche) Analyse durchaus verdient, dass macht Ihr ja des Öfteren bei anderen Urteilen des BVerfG, und in der Regel gelingt Euch das sehr gut.

Zum religiösen Hintergrund: Ich halte den für immens bedeutsam, gerade auch in diesem Kontext. Du schreibst, man könne einem werdenden Menschen ja auch ganz ohne transzendente Überlegungen einen moralischen Wert zusprechen. Das ist mit Sicherheit richtig; aber verwundert es Dich nicht, dass ausgerechnet der Zeitpunkt der Nidation für den strafrechtlichen Lebensschutz der entscheidende Moment sein soll? Warum nicht ein späterer Zeitpunkt? Was sind die rationalen Gesichtspunkte, die es nahelegen, auf diesen Zeitpunkt abzustellen? Ich habe (natürlich) nichts dagegen, wenn religiöse Menschen als Grundlage ihrer Moral ihren (christlichen) Glauben anführen. Im politischen Diskurs müssen Argumente aber intersubjektiv vermittelbar sein. Die Historie des nichtigen § 217 StGB ist übrigens ein weiteres exzellentes Beispiel einer Norm, die sich im Kern nur noch religiös (christlich) begründen ließ (übrigens: dafür gestimmt hat auch Frau Katrin Göring-Eckardt) . So lassen sich noch viele weitere Beispiele anführen, die die noch nicht hinreichend vollendete Trennung von Kirche und Staat, sei es in den Argumenten, sei es in den Institutionen (mir ist bewusst, dass letzteres ein Stück weit in unserer Verfassung selbst angelegt ist), verdeutlichen. Das würde hier aber den Rahmen sprengen.

Schließlich: Ja, „Kriminalisierung“ und „Entrechtung“ ist meine Terminologie und ich stehe dazu. Die Begriffe sind pointiert, treffen indes zu. Zum Begriff Kriminalisierung: Was soll es anderes sein, als jede Abtreibung stets an den §§ 218 ff. StGB messen zu müssen? Das Strafrecht als „ultima ratio“ unserer Rechtsordnung hat hier in der Tat eine hohe Symbolkraft und ist auch ein sehr gutes Argument für die sogenannten „Lebenschützer“. Zum Begriff „Entrechtung“: Auf der Basis der aktuellen Regelungen werden Frauen zum Objekt staatlicher Fürsorge gemacht. Sie werden mit dem Strafrecht bedroht und gezwungen, sich beraten zu lassen, werden gezwungen, bestimmte Fristen einzuhalten. Und die Kosten tragen dürfen sie in vielen Fällen auch noch… Die Beratung ist dann noch nicht einmal neutral, sondern muss lebensbejahend für das werdende Leben sein, vgl. § 219 Abs. 1 Satz 1 StGB: „Die Beratung dient dem Schutz des ungeborenen Lebens“. Hat das Bundesverfassungsgericht und der Normgeber vielleicht auch einmal an den Schutz der Frau gedacht? Dieser Paragraf entmündigt die Schwangere. Beratung bei einem Schwangerschaftsabbruch wäre im Übrigen schon dadurch garantiert, dass jeder Arzt stets verpflichtet ist, im Zusammenhang mit dem Behandlungsvertrag eine Beratung durchzuführen (§ 630e BGB). Und Beratungsstellen, die freiwillig besucht werden können, wären natürlich zusätzlich zu unterstützen, auch mit Mitteln des Staates.

Ich sage nicht, dass es in keinem Fall zu diesem Thema eine Strafrechtsnorm geben sollte. Aber das, was wir haben, ist kein guter Zustand.

Nope, wer sich darauf beruft, sucht nur einen Vorwand und wird auch immer einen finden. Es gibt bereits mit § 218a Abs. 2 (Medizinische Indikation) und § 218a Abs. 3 (Kriminologische Indikation) zwei vollkommen legale Gründe für einen Schwangerschaftsabbruch (also nicht nur straffrei, sondern explizit nicht rechtswidrig).
Tut mir leid, aber du bist da einem Fake-Narrativ aufgesessen, das gerne benutzt wird, um die Verantwortung von sich zu schieben.

Darüber muss man sich allerdings aufregen; insbesondere wenn die Grundversorgung nicht gegeben ist (gerade auch wegen des knappen Zeitfensters – mal eben sechs Monate auf einen Termin zu warten ist hier einfach nicht drin). Aber eine formelle Legalisierung (anstelle von straffrei) würde an diesen grundlegenden Problem halt überhaupt nichts ändern.
In dem Kontext muss man auch diskutieren, inwieweit Schwangerschaftsabbrüche nach § 218a Abs. 1 verpflichtend angeboten werden müssen – allerdings weiß ich da wiederum nicht, wie die ethischen Erwägungen da sind, wenn es um Einzelpersonen geht.
Vielleicht wäre es ein sinnvoller Kompromiss, große Institutionen wie Krankenhäuser dazu zu verpflichten? Aber auch das müsste jetzt schon möglich, wenn vom Gesetzgeber gewollt; bzw. scheitert nicht an dem „nur straffrei“.

Anderes Problem ist die Übernahme durch die Krankenkassen – aber auch da ist die Rechtswidrigkeit nur ein Vorwand. Es wäre rechtlich problemlos möglich, das generell zu übernehmen (gibt ja bereits einige wenige, die das vormachen) – man will nur nicht. Nur hier wieder: auch eine Legalisierung ändert nichts an den Kassenleistungen.

Und so zieht sich das halt durch – ich kenne halt kein Problem in der Praxis, das gelöst wird, wenn man beim § 218a Abs. 1 die Straffreiheit durch eine explizite Erlaubnis ersetzt.
Bei der Debatte geht es alleine um die Symbolwirkung – was auch voll ok ist, aber IMHO die Rahmenbedingungen verschiebt.
Und ich muss gestehen, dass ich da sehr mit Ulf mitgehe: Wir haben hier ein ethisches Problem, das nicht ohne weiteres aufzulösen ist – und der getroffene Kompromiss ist vielleicht nicht 100%ig befriedigend, löst aber auf einen Schlag alle praxisrelevanten Probleme, ohne eine Kaskade an neuen Problemen zu schaffen.

Weil spätestens mit der Nidation die tatsächliche Schwangerschaft begonnen hat. Neues menschliches Leben nach allen sinnvollen Definitionen haben wir spätestens mit der ersten Zellteilung, welche schon deutlich früher stattfindet; und die Nidation ist der letzte Punkt, mit dem man noch sinnvoll naturwissenschaftlich argumentieren kann (vorher ist zwar ein neuer Mensch da, aber noch keine Schwangerschaft). Das ist auch (anders als die 12 Woche) nicht willkürlich, sondern argumentativ absolut begründbar – dafür braucht man keinen religiösen Hintergrund.

Ja, denn wenn eine konkrete medizinische Gefahr für die Frau feststellbar ist, die über dem normalen Risiko einer Schwangerschaft liegt, fällt der Schwangerschaftsabbruch unter § 218a Abs. 2 und ist damit während der gesamten Schwangerschaft legal (nicht nur straffrei, sondern explizit nicht rechtswidrig) – damit entfällt auch die Art der Beratung, wie sie im Kontext des § 218a Abs. 1 nötig ist. AFAIK ist beim § 218a Abs. 2 natürlich eine medizinische Beratung verpflichtend, allerdings wird diese durch Ärzte durchgeführt und muss auch nicht lebensbejahend sein.

Man kann jetzt allerdings argumentieren, dass jede Schwangerschaft immer ein Gesundheitsrisiko darstellt, weshalb diese Unterscheidung blödsinnig ist – aber es ist nicht so, dass man sich darum keine Gedanken gemacht hätte.

Das ist etwas anderes – als Arzt bist du erstmal nur qualifiziert, eine medizinische Beratung durchzuführen. Bei der Beratung im Kontext des § 218a Abs. 1 geht es allerdings nicht primär um eine medizinische Beratung, sondern um allgemeine perspektivische, psychologische und ethische Aspekte.
Die Kernidee dahinter ist, dem Recht auf Leben des Ungeborenen Rechnung zu tragen – und ich muss ganz ehrlich sagen, dass das IMHO ok so ist. Denn so ein Schwangerschaftsabbruch betrifft ja nicht nur mich, sondern eben auch den ungeborenen Menschen. Und ich halte es für absolut legitim, wenn man verlangt, dass eine solche Entscheidung informiert getroffen werden muss!
Man muss allerdings darüber reden, ob die jeweiligen Beratungen gut umgesetzt sind – ich hab da schon einige Horrorstories gehört. Das ist allerdings eher eine Frage der praktischen Ausgestaltung.

Das mit der Kostenübernahme ist ein riesiges Problem – das muss sich IMHO ändern, da gebe ich dir vollkommen Recht (was aber IRC auch die Position von Philip und Ulf war?). Nur wäre das auch ohne eine Strafrechtsreform problemlos möglich; es ist halt einfach politisch nicht gewollt.

Nope; es ist kein guter Zustand. Aber das liegt IMHO wirklich weder am damaligen Kompromiss des BVerfG, noch an der jetzigen Rechtslage.

Und was ist mit den Fällen, in denen es nicht um medizinische oder kriminologische Indikation geht? Die können ja scheinbar verweigert werden. Und würde eine Legalisierung daran nicht etwas ändern?