Du hast da eine sehr wichtigen Punkt getroffen!
Darf ich das mal prägnanter formulieren:
Der Begriff „Staat“ wird oft mit dem Begriff „Regierung“ verwechselt.
Etwas verkürzt: „Staat“ ist vielmehr die Gesellschaft (Staatsvolk) und die Regeln, die sich diese Gesellschaft gegebenen hat.
Dass man sich mit der Regierung oder den Regierungen der letzten Jahrzehnte identifizieren kann, kann ich nachvollziehen. Denn die Ergebnisse, die diese Regierungen erreicht haben, sind heute - vor allem für die jüngere Hälfte der Gesellschaft - bei weitem nicht mehr so gut wie sie für die ältere Hälfte der Gesellschaft war und ist und die Perspektive in die Zukunft aus diesem Status Quo heraus und mit den Erfahrungen, die wir mit Regierungen in den letzten Jahrzehnten gemacht haben, nicht sonderlich positiv. Es liegt eben nicht nur am deutschen Pessimismus und auch nicht die weltpolitische Entwicklung, sondern eben auch am Status Quo, in den uns die Regierungen der letzten Jahrzehnte („die Politik“) geritten hat, der eine düstere Zukunft verspricht. Wie soll man sich da mit Regierung oder Politik oder eben mit dem Status Quo / dem Zustand des Staates noch identifizieren?
Und das Argument „Dann engagiert Euch doch!“ funktioniert nicht, denn alles bürgerliche Engagement der letzten Jahrzehnte hat den heutigen Status Quo nicht verhindern können. Wie kann man hoffen, dass man selbst etwas zum Besseren erreichen kann?
Es ist etwas an unserem Staat, nämlich an unseren politischen System kaputt. Und das ist die Ursache, dass die konkrete parlamentarische Demokratie, wie wir sie heute haben, schon seit langem nicht mehr imstande ist, eine gute Gegenwart und eine optimistische Zukunftsperspektive zu liefern.
Leider ziehen daraus ca ¼ der Wähler die Konsequenz, „mal jemand anderes ran lassen“ zu wollen und dabei entweder nicht so genau hinzuschauen, wer denn dieser „jemand anderes“ ist oder es ist ihnen egal, dass sie rechtsextrem, rassistisch und z.T. faschistisch sind und eine Republik anstreben, in der die meisten sicherlich nicht leben möchten. Ein weitere Teil geht nicht mehr wählen (die berühmte Politikverdrossenheit, die schon in der Jugend beklagt wurde). Und ein dritte Teil zieht sich zurück, kapselt sich ab und sagt dann eben: „Wenn ich hier nicht mehr in Ruhe gelassen werde [weil wir angegriffen werden], dann „verpisste ich mich lieber“.
Eine Alternative wäre ja, mal genau zu analysieren, was genau eigentlich kaputt ist an unserer Parlamentarischen Demokratie und wie man die reparieren könnte.