LdN 418 Interview Frau Major

Hallo an Alle,

ich fande das Interview mit Frau Major spannend, weil es darum zumindest sehr kurz auch darum ging, wie ein Ende des Kriegs aussehen könnte. Sie sagt dabei (ab ca. min 20), dass für einen Frieden sowohl stabile Sicherheitsgarantien notwendig sind als auch die Konfliktursachen überwunden werden müssen. Die Kriegsursache ist (…), dass Russland die Unabhängigkeit der Ukraine bestreitet. Ich frage mich nun, was dieser zweite Teil letztendlich bedeutet. Heißt dies nicht, dass entweder Putin gestürzt werden muss oder Russland so stark geschwächt werden muss, dass es die Unabhängigkeit der Ukraine anerkennt? Ich frage mich nun wie dies geschehen soll. Auch wenn ich mir wünschen würde, dass Russland von heute auf morgen so stark geschwächt ist, dass es den Krieg abbricht, sehen Experten diesen Punkt nicht in naher Zukunft (zumindest hört sich das was ich so lese nicht nach einer sonderlich guten Lage für die Ukraine an). Läuft diese Friedensdefinition nicht also darauf hinaus, dass der bereits drei Jahre andauernde Abnutzungskrieg auf unbestimmte Zeit weitergeführt werden muss? In der Hoffnung, dass die russische Wirtschaft schneller zusammen bricht als den Ukrainern die kampffähigen Menschen ausgehen.

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Frau Majors Interview hat bei mir Stirnrunzeln verursacht. Als Politikwissenschaftlerin sollte sie wissen, dass zwischen Staaten ein Wettbewerb um Macht und Einfluss herrscht. Dieser Wettbewerb ist vergleichbar mit einem „sozialdarwinistischen“ Kampf, da es keine übergeordnete Instanz wie eine Weltregierung gibt, die die Staaten zur Ordnung rufen könnte. Die UNO sollte diese Rolle einmal einnehmen, kann diese aber aktuell nicht erfüllen.

Leider bedeutet dies, dass Staaten ständig um die besten Ressourcen und Einflussgebiete konkurrieren. Dies mag moralisch verwerflich sein, ist aber seit jeher Teil der internationalen Beziehungen. Die Ukraine ist ein Beispiel für ein Land, um das sowohl die USA und der Westen als auch Russland ringen. Dass die USA langfristig Russlands Schwächung anstreben, sollte Frau Major als Senior Vice President für Transatlantische Sicherheitsinitiativen des German Marshall Fund eigentlich bewusst sein.

Wer sich näher mit dieser Thematik beschäftigen möchte, dem empfehle ich das Buch „The Grand Chessboard“ von Zbigniew Brzeziński (1997). Darin wird beschrieben, wie Russland auf eine weitere Ausdehnung der NATO reagieren würde. Zudem ist das Interview mit Henry Kissinger aus dem Jahr 1994 sehr aufschlussreich (siehe: https://www.youtube.com/watch?v=AR54khFhpIU). Kissinger spricht sich darin für eine Schwächung Russlands aus, selbst wenn von Russland keine unmittelbare Bedrohung ausgeht.

Frau Majors Forderung nach einem Verteidigungshaushalt von 3,5 oder sogar 4 bis 5 Prozent des BIP erscheint angesichts dieser Zusammenhänge in einem anderen Licht. Um die Dimensionen dieser Forderung zu verdeutlichen:

Das deutsche BIP beträgt im Jahr 2024 etwa 4,31 Billionen Euro. 3,5 Prozent davon entsprechen rund 150,85 Milliarden Euro. Zum Vergleich: Der gesamte Bundeshaushalt für 2024 umfasst rund 476,8 Milliarden Euro. Ein Verteidigungshaushalt in dieser Höhe würde also fast ein Drittel des gesamten Haushalts ausmachen.

Um das zu veranschaulichen: Der bisher größte Einzelposten im Bundeshaushalt ist das Bundesministerium für Arbeit und Soziales mit 175,67 Milliarden Euro. Wir würden also fast genauso viel Geld für das Militär ausgeben wie für den gesamten Sozialbereich.

Dass Frau Major die Tragweite dieser Zahlen nicht weiter erläutert, halte ich für fahrlässig. Natürlich können wir als Gesellschaft entscheiden, so viel Geld für die Verteidigung auszugeben. Wir müssen uns aber auch über die Konsequenzen bewusst sein und uns fragen, ob wir bereit sind, diesen Preis zu zahlen. Oder gibt es vielleicht andere Wege, um Frieden und Sicherheit in Europa wiederherzustellen?

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Als Politikwissenschaftler mit Studienabschluss in Internationaler Politik würde ich empfehlen, zur Kenntnis zu nehmen, dass diese einseitige Sicht auf internationale Politik und Institutionenentwicklung auch dann einseitig bleibt, wenn man zwei reichlich kritisierte (und in Teilen widerlegte) Quellen anführt. Es gibt konkurrierende Theorien und Analysen internationaler Beziehungen, die man zumindest kennen sollte, bevor man eine Kritik so formuliert, als würden diese Theorien den Tatsachen entsprechen. Sie sind ein Analysemuster, es gibt zahlreiche andere. Jede hat ihre Punkte, keine beschreibt vollständig die Realität. Ergänzend noch der Hinweis, dass jede Regierung einer Weltmacht vielstimmig kommuniziert und von konkurrierenden Ideen und Interessen geleitet wird, auch die der USA. Eine oder mehrere Stimmen zu zitieren, die eine bestimmte Position vertreten, ist als Beleg für eine langfristige, globalstrategische Ausrichtung einer Nation nicht hinreichend. Man müsste mindestens mal untersuchen, ob sich auch eine konsistente, anti-russische Politik belegen lässt.
Ergänzung: Eine relativ aktuelle, kurze Kritik an den Ansätzen, denen die o.g Autoren anhängen, findet sich beispielhaft hier: Realismus, Realpolitik und Geopolitik: Eine kritische Auseinandersetzung - Blogs - derStandard.de › Diskurs auf Wunsch kann ich gern auch noch ausführlichere Quellen angeben.

Aber nehmen wir mal kurz an, man würde die These teilen, dass „da draußen“ eine Welt im hobbeschen „Naturzustand“ bestünde, in der jeder Staat jedem anderen Staat gegenüber in vulgär-darwinistischer Konkurrenz gegenübertreten würde, ein 0-Summen-Spiel, das dauerhafte Kooperationen quasi ausschließen würde: Ist es dann nicht nur nicht übertrieben, sondern eigentlich noch viel zu wenig, nur 5% unserer Wirtschaftsleistung in militärischen Schutz zu stecken?

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Eine zentrale Frage, um die sich m. E. viele entscheidende Leute viel zu lange herumgedrückt haben. Natürlich heißt es nicht zwangsläufig, dass der Krieg so wie er gerade stattfindet, endlos lange weitergehen „muss“. Es heißt aber schon, zu überlegen, wie man Russland dazu bewegen kann, seine Absichten zumindest nicht mehr praktisch umzusetzen, was auch bedeuten würde, dass seine militärischen, aber auch seine hybriden Angriffe einen zu hohen Preis haben. Darüber wurde in den letzten drei Jahren zwar viel geredet, aber praktisch angegangen wurde es nur unzureichend (Beispiel: offizielles Ölembargo, aber de facto Duldung von dessen Umgehung).

Und von all jenen, die in den letzten drei Jahren lauthals „Frieden“ geschrien oder auf ihre Transparente und Wahlplakate geschrieben haben, dürften sich nur die allerwenigsten ernsthaft die Frage gestellt haben, welche Voraussetzungen denn ein tatsächlicher Frieden hat und wie der überhaupt aussehen soll, wenn man darunter mehr versteht als „NATO-Länder sollen nicht mehr militärisch gegen Russland agieren“.

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Ich war etwas enttäuscht, dass Fr. Major von euch gefühlt keinen Widerspruch geerntet hat. Dabei war da schon vieles zumindest fragwürdig.

Fängt schon an bei der, man möchte fast sagen Umdeutung, des Wortes Frieden, die schon seit der letzten Welle Kriegsmüdigkeit eingesetzt hat.
Frieden ist für Fr. Major „ein belastbarer, langfristiger Zustand“, gleichzeitig aber irgendwie auch ein „Prozess“ dahin, indem zwischen „Gesellschaften und Staaten die Konfliktursachen ausgeräumt sind“, und dass ein Krieg „unnötig und de facto unmöglich wird“.

Sorry was bitte? Staaten stehen in Konkurrenz zueinander, auch wenn sie sich nicht gerade aktiv an die Gurgel gehen. Sie sind ihrer Natur nach Gewalt und Machtprojekte, Konfliktursachen ausräumen ist da einfach kategorisch nicht drin. Mal abgesehen davon, dass „unnötig“ und „unmöglich“ zwei wirklich völlig verschiedene Dinge sind… Gibt es dann ihrer Definition nach keinen Frieden zwischen Nord- und Südkorea? Zwischen Indien und Pakistan? Zwischen Saudi Arabien und dem Iran? Zwischen Griechenland und der Türkei? Ernstgemeinte Frage: Gäbe es überhaupt irgendwo jemals Frieden? Denn wenn „nur“ die Waffen schweigen, dann reicht das ihrer Meinung nach ja definitiv nicht.

Solche Definitionen sind derart schwammig, dass sie für jemanden der etwas verstehen will, einfach völlig unbrauchbar sind. Sie taugen allerdings durchaus für ein entsprechendes politisches Framing à la: „Wenn dieser Zustand herauskäme, bei dem ‚unsere‘ Interessen nicht verwirklicht sind, dann sieht das vielleicht so aus wie Frieden, ist aber kein echter Frieden!“

Die Frau ist halt eine ziemlich saftige Nationalistin. Das wird auch deutlich als sie gegen Mitte mal (versehentlich?) etwas direkter wird:
„denn es geht letztlich nicht nur um einen Waffenstillstand. Es geht letztlich darum, wer die Vorherrschaft, die Kontrolle in Europa hat, wer die Regeln schreibt“. Na und für so eine wichtige Aufgabe kommen natürlich nur die Richtigen in Frage, und das sind selbstverständlich WIR. Sie tritt halt nicht nur gegen die russische Vorherrschaft ein, sondern auch für die eigene. Das hätte in Deutschland früher mal mehr Widerspruch geerntet. Schade.

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Hallo JohannesSAC,

vielen Dank für Deine gute und fundierte Antwort.

Ja ich gebe zu, dass mein Beitrag sehr direkt, vereinfacht und auch vielleicht etwas provozierend geschrieben wurde.

Ich selber sehe den „sozialdarwinistischen“ Ansatz auch eher so, dass Staaten vereinfacht gesagt danach streben für sich einen Vorteil zu erzielen. Das können günstige Handelsbeziehungen, politischer Einfluss oder auch militärisch/politisch Dominanz beinhalten.

Vielen Dank auch für Deine Quelle, ich habe sie mir gleich einmal abgespeichert. Ich finde es ja interessant, dass in dem Beitrag der für eine politische Verantwortungsethik plädiert wird, die ich auch unterstütze.

Der Artikel spricht davon eine möglichst offene und vielseitige Analyse internationaler Beziehungen durchzuführen, die sowohl materielle Machtfaktoren als auch gesellschaftliche und ideelle Aspekte einbezieht. Methodenpluralismus und eine diverse Perspektive sollen dafür essenziell sein.

Heißt das dann nicht, dass verantwortungsvolle Politiker analysieren sollten welche Faktoren hinter der Zuspitzung eines außenpolitischen Konfliktes stehen, ist es Macht sind es Werte oder auch ökonomische Bedürfnissen?

Und bedeutet das dann nicht, ganz radikal gefragt, dass unsere aktuelle Politik gegenüber Russland und auch beispielsweise China aus Ihrer Enge ausbrechen müsste um mehr Platz für Diversifikation zu lassen?

Gerade wenn es um die aktuellen politischen Herausforderungen in Bezug des Klimawandels geht welche die gesamte Erde betreffen.

Ist es da nicht besser gemeinsam auch mit Ländern die keine Demokratie im westlichen Sinne sind eine Lösung zu finden, anstelle einfach nur in Rüstung zu investieren?

Vereinfach gesagt, ich halte es für schlauer die 5% des BIPs lieber in fortschrittliche Technologien investieren als einfach mehr Panzer zu produzieren.

PS:

Gerne interessieren mich auch weitere Quellen oder auch Bücher zu diesem Thema.

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Hi! Danke für die Rückmeldung. Je nachdem, wo deine Interessenschwerpunkte liegen, gibt es natürlich unterschiedliche Empfehlungen. Der Theorienstreit in der Internationalen Politik begleitet das Fach ja quasi schon seit seiner Gründung. Etwas ausführlicher als der Beitrag im Standard gibt es dazu einen Übersichtsartikel bei der bpb: Weltbilder und Weltordnung in den Internationalen Beziehungen | Weltbilder | bpb.de
Eine in der Geopolitik verwurzelte Analyse, die trotzdem für eine kooperative Weltordnung plädiert gibt es als Video hier:https://www.youtube.com/watch?v=u9VSg4ZSwJs (erste 4 Minuten kann man überspringen)
Wenn es noch mehr ins Detail gehen soll, gibts natürlich auch Fachartikel, die sind allerdings meist nicht ohne weiteres online verfügbar, sondern meist an ein Abo gebunden.

Was die Genese von Entscheidungen in der internationalen Politik gibt es verschiedene empfehlenswerte Bücher, aber naheliegend und sehr aktuell finde ich „Mary Elise Sarotte, Nicht einen Schritt weiter nach Osten, München 2023“ super. Sehr quellengesättigt werden da die Entscheidungsprozesse verschiedener Regierungen (auch wenn der Schwerpunkt auf den USA liegt) dargelegt.
Es gab vor einigen Jahren auch eine sehr ausführliche Studie zur Entscheidungsfindung auf US-Seite während der Kubakrise, da müsste ich aber erstmal im Keller alte Ordner durchsuchen, die hab ich seit dem Studium nicht wieder verwendet.

Um hier nicht zu weit auszuholen will ich mich auf Europa uns speziell Deutschland fokussieren. Deutsche Regierungen haben schon vor der Wende und noch sehr viel intensiver ab den 90er Jahren bis nach 2014 viel politisches und ökonomisches Kapital in gute Beziehungen zu Russland investiert. Über massive Verstöße Russlands gegen Völker- und Menschenrechte wurde dabei ebenso weitgehend hinweggesehen, wie über Einwände und Kritik der osteuropäischen Staaten. Selbst nach 2014 war Deutschland bereit, für den Bau von NS2 die Beziehungen zu seinen Verbündeten soweit aufs Spiel zu setzen, dass die USA mit Sanktionen drohten. Russland hat in all den Jahren natürlich für unsere Verhältnisse günstig Energie geliefert, aber wenn man im Vergleichszeitraum auf die Preise schaut, die Russland anderswo bekommen konnte, war das ein hervorragendes Geschäft für beide Seiten. Die Europäer (mit Abstrichen auch die USA) haben in den gut 30 Jahren von 1990 bis 2022 ihre konventionellen Streitkräfte und ihre Materialreservern für einen Krieg mit Russland weitgehend abgerüstet. Russland hat, sobald es die wirtschaftlichen Turbulenzen der 90er überwunden hatte, einen erheblichen Anteil der eigenen Wirtschaftsleistung in Aufrüstung gesteckt. Materialreserven aus dem Kalten Krieg wurden weniger verschrottet, sondern aufbewahrt, wenn auch unter teils fragwürdigen Lagerbedingungen. Es lag mMn ein erstklassiges Angebot an Russland auf dem Tisch, sich in die europäische Wohlstandsgemeinschaft soweit zu integrieren, wie das in Moskau gewünscht wurde. Handelsverträge etc. Ernsthafte (überhaupt) Pläne, Russland millitärisch zu bedrohen oder gar anzugreifen gab es nicht.
Man kann halt nicht beides haben: Eine Friedensordnung, die auf einem wechselseitigen „Ende der Geschichte“ also auf einer Akzeptanz der existierenden Grenzen beruht und einen Nachbarn, der seinen imperialen Geschichtsrevisionismus militärisch in die Tat umsetzen will und wiederholt androht, unser Land und unsere Verbündeten Nuklear anzugreifen und fordert, ein halbes Dutzend souveräner Staaten wieder zum Teil des eigenen Imperiums zu machen.
Ich würde sagen, dass insbesondere Deutschland buchstäblich jede Alternative zu einem konfrontativen Kurs versucht hat, bevor es Aufrüstung überhaupt nur diskutiert, während Russland sich seit Jahren völlig eindeutig auf einen Konfronatationskurs begeben hat, von dem es nicht durch Geld und gute Worte abzubringen ist. Passiert ist bisher ja noch ziemlich genau nichts. Das Sondervermögen diente im Wesentlichen dazu, bestimmte Fähigkeiten überhaupt wieder auf aktuellem Stand sicherzustellen. Wieviel % am Ende wirklich in Rüstung gesteckt werden, warten wir mal ab, für mich persönlich wäre alles über 2,5% unter ansonsten gleichen Bedingungen eine riesige Überraschung.

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Frau Major weist völlig zurecht darauf hin, dass Frieden ein Begriff ist, der unterschiedlich gefüllt werden kann, und sie nutzt eine Definition, die sicherlich weitgehend, aber deswegen noch lange nicht falsch ist.
Was genau definiert für dich denn Frieden? Es macht nach gängiger Lehrmeinung schon einen Unterschied, ob ein Waffenstillstand vorliegt, wie bspw. zwischen Nord- und Südkorea (auch was Indien und Pakistan angeht dürfte es wenige Fachleute geben, die den Zustand der Beziehungen als „Frieden“ beschreiben würden, ich will mich aber nicht in deinen Beispielen verlieren), es aber trotzdem regelmäßig zu Zwischenfällen und feindlichen Handlungen kommt, auch wenn die nicht das Ausmaß eines konventionellen Krieges erreichen oder ob - wie in den vergangenen Dekaden - alle grundlegenden Konflikte zwischen Staaten ausgeräumt sind und die verbleibenden im Rahmen etablierter Institutionen ausgehandelt werden, ohne dass Gewalt überhaupt eine denkbare Handlungsoption für beide Seiten ist, wie etwa zwischen allen EU-Staaten.

Die Unterstellung, Frau Major würde als (deutsche?) Nationalistin argumentieren, finde ich fast schon amüsant, wenn man bedenkt, dass ihr von deutschen Nationalisten gern mal vergeworfen wird, sie argumentiere als Büttel der USA. Da will ich inhaltlich nicht weiter drauf eingehen.
Die Vorstellung, dass unter europäischen Staaten Konflikte friedlich in Verhandlungen und jedenfalls unter Verzicht auf militärische Gewalt gegeneinander gemanaged oder beigelegt werden, ist eine Vorstellung, auf die sich außer Russland eigentlich alle europäischen Staaten einigen können und konnten und zu der sich Russland wiederholt in diversen internationalen Verträgen und Erklärungen (nicht zuletzt gegenüber der Ukraine im Budapester Memorandum) bekannt hat. Es ist also mitnichten so, dass entsprechende Forderungen, sich an diese Friedensordnung untereinander zu halten, ein Versuch wären, Russland irgendwelche egoistischen Interessen aufzuzwingen. Vielmehr geht es tatsächlich um die Verteidigung der regelbasierten Ordnung untereinander, die Europa ein präzedenzloses Goldens Zeitalter in Frieden und Wohlstand ermöglicht hat, gegen einen Staat, der diese Ordnung nicht mehr akzeptieren will, ohne einen einzigen legitimen Grund dafür zu haben.

Insgesamt finde ich deinen Ton und Inhalt etwas irritierend für das Forum hier.

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Hallo Zusammen,

bei dem Interview mit Frau Major bleiben einige wichtige Fragen unbeantwortet und leider wurde an einigen Stellen nicht nachgehakt.

  1. Wie sieht es eigentlich aktuell mit der Kriegsfähigkeit der russischen Armee aus? Hier stellen sich nach drei Jahren Abnutzungskrieg in der Ukraine viele Fragen. Sollte man den Russen überhaupt Zeit zur Nachrüstung geben? Machen die Amerikaner mit ihrem einseitigen Vorstoß die Russen unnötigerweise wieder stark?

  2. Wenn die Ukraine mit beschränkten Fähigkeiten den Russen drei Jahren standhalten kann, muss man die Frage stellen ob die europäischen Armeen nicht beständig kleingeredet werden. Offensichtlich fehlen auch der russischen Armee wichtige Fähigkeiten. Deutschland, Polen, Frankreich und Großbritannien sollten in der Lage den Frieden zu sichern.

  3. Wenn die USA sich nicht an einer Mission in der Ukraine beteiligen wollen bzw. können, muss die Antwort darauf sein, dass sie weitere Aufgaben in der Nato übernehmen müssen, da europäische Armeen dort Streitkräfte abziehen müssen. Warum sollten die Europäer in so einem Fall ihren Verpflichtungen einseitig nachkommen?

Ja, Zustimmung.
Es ist auch gut in LdN mal Leute und Meinungen zu Wort kommen zu lassen, die etwas „verstörend“ und „unschön“ sind.
Europa und damit auch Deutschland hat sich sehr lange in dem „der kalte Krieg ist vorbei“, das ist das „Ende der Geschichte“ gewähnt. Die gesparten Rüstungsausgaben (Friedensdividende) wurden für allerlei Annehmlichkeiten ausgegeben.
Diese Party scheint nur jäh zu Ende zu gehen. Das ist natürlich sehr bedauerlich, denn nun kommen sehr unangenehme Fragen/Entscheidungen auf den Tisch. (Bsp: E-Auto Prämie streichen um die Bundeswehr aufzurüsten? )
Spannend wird es auf jeden Fall - ich bin dabei froh nicht selbst solche Entscheidungen treffen zu müssen :slight_smile:

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Soll was bedeuten? Im Zweifelsfall präventiv die Waffenfabriken in Russland bombardieren?

Insgesamt zeigt sich die russische Armee seit 3 Jahren natürlich in einem desaströsen Zustand.
Vor allem verglichen mit dem Bild, das vor dem Krieg von ihr existierte (im Sinne von möglichen Fähigkeiten und Schlagkraft).

Es lässt sich aber auch beobachten wie die russische Armee im Laufe der Krieges das eigene Vorgehen angepasst hat:

  • Fehlende Lufthoheit → Alte Bomben zu Gleitbomben umrüsten und im sicheren Luftraum abwerfen
  • Russische Raketen werden abgefangen → einen Schwarm billige Shahed Drohnen gleichzeitig abfeuern um die Luftabwehr zu überfordern
  • Anstatt stumpf über die gesamte Front gegen die Verteidigung anzulaufen → Die Angriffe werden konzentriert (wie aktuell im Bereich Donezk) um die Verteidiger schlicht zu überwältigen.

Dazu kommen natürlich noch die ganzen „Fortschritte“ im Einsatz von FPV-Drohnen (auf beiden Seiten).

Aus Sicht der Amerikaner (vor allem der Trump Administration) kommen wir Europäer unseren Verpflichtungen ja schon seit ca. 30 Jahren nicht nach. Und mit Blick auf die Militärausgaben fällt mir hier auch nicht wirklich ein Gegenargument ein.

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Nein es herrscht seit 1953 ein Waffenstillstand (Ende des Korea-Krieges).
Beide Koreas erkennen sich diplomatisch nicht an.

Würde ich definitiv nicht Frieden nennen.

Es geht bei den Verhandlungen zunächst um die konkreten Interessen der Ukraine und von Russland.
Und gleichzeitig darum welche Zugeständnisse beide Länder bereit sind einzugehen, um diesen Krieg nach 3 Jahren endlich zu beenden.
Was richtig ist, dass die Ukraine aktuell nicht gerade aus einer Position der Stärke heraus verhandeln kann und auch generell abhängiger von Verbündeten ist (die in Form der USA definitiv auf eine Einigung drängen).

Also unterschiedliche Wahrnehmung ist ja immer wieder beeindruckend.
Ich habe die Ausführungen von Frau Major völlig anders vestanden.
Aber Sie scheinen ja generell eher anderen Ländern in Europa die Daumen zu drücken?
Ehrlich gesagt kann ich ihnen hier nicht mehr folgen… was soll das überhaupt bedeuten?

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Man kann das sicher als eine Art naive Friedensdekadenz betrachten, ich würde eine andere Interpretation wählen: Die Europäer wollten halt wirklich einfach in Frieden und Wohlstand leben und zwar mit Russland gemeinsam. Alles, worauf Russland im Tausch dafür hätte verzichten müssen, waren imperiale Wahnvorstellungen, die im Kalten Krieg schon mal sehr eindeutig in eine hoffnungslose Überdehnung geführt haben. Ist ja nicht so, dass Russland „Lebensraum“ bräuchte oder ohne die ukrainischen Gebiete nicht genug Bodenschätze exportieren könnte oder ähnliches. Die Europäer haben einfach nicht geglaubt, wie entschlossen böswillig die russische Regierung lieber ein Imperium auf einem Haufen Asche, als ein florierender Partner auf Augenhöhe sein wollte.

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Für mich persönlich bekommt Frau Major zu oft Raum in der LDN und ich würde mir da gerne auch mal andere Perspektiven wünschen! Mir haben bei diesem Interview auch kritische Nachfragen gefehlt, z.B. wie die 3% des BIP oder mehr für Rüstungsausgaben finanziert werden sollen (bei allen anderen drängenden Themen wie Bildung, marode Infrastruktur, Wohnungsnot etc.). Wie oben bereits beschrieben würden 3.5% Aufrüstung fast 1/3 des gesamten Haushalts ausmachen und vermutlich zu enormen Kürzungen und noch extremeren sozialen Schieflagen führen. Und bei Frau Major wird die Frage völlig außer Acht gelassen, ob die Ukrainer an der Front nicht auch an einer Feuerpause interssiert sind, da sie in vielen Fällen bereits gegen ihren Willen rekrutiert wurden.

Des Weiteren hat mir eine Frage zum Friedensplan von China und Brasilien gefehlt, der schon seit ein paar Monaten auf dem Tisch liegt - da insbesondere China als Vermittler wahrscheinlich mehr Einfluss auf Putin hätte als Europa. Aber das ist jetzt vermutlich vom Tisch - durch das „Warten“ auf Trump.

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Das ist nicht ihre Expertise. Macht ja auch wenig sinn, einen Klimatologen, der einem sagt, wie die Welt aussieht, wenn man kein co2 einspart, zu fragen, wie man Klimaschutz finanzieren soll, oder? Wenn überhaupt kann man mit einer Expertin für internationale Sicherheitspolitik diskutieren, wieso es 3% sein sollen (oder sinnvoller, welche konkrete Summe ihrer Meinung nach sinnvollerweise für einen hinreichenden Fähigkeitsaufbau etwa erforderlich wäre.)

Zu solchen „Friedensplänen“ eines russsichen Verbündeten, die Im Grunde einer Erfüllung der russischen Ziele weitgehend entsprechen und an denen nichts grundlegend anders ist, als an den von Russland gebrochenen Abkommen in der Vergangenheit, hat Major dich das nötige gesagt, auch wenn der konkrete Vorschlag nicht genannt wurde. Entsprechende Kritik stand ja auch im verlinkten Artikel.

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Naja zu überlegen, wie das politisch umgesetzt werden kann, ist halt auch wirklich nicht ihre Aufgabe.
Ähnlich wie Carlo Masala kann sie ja nur ihre Expertise teilen, was alles nötig wäre damit wir uns in Europa zur Not alleine verteidigen können.

Realistisch betrachtet wird die Schuldenbremse in ihrer aktuellen Form spätestens an dieser Frage fallen.
Sowas lässt sich nicht durch Kürzungen finanzieren, sondern nur durch frisches Kapital oder massive Steuererhöhungen. Und letzteres wird unter der CDU wohl kaum passieren.

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Da hast du einen Punkt hinsichtlich ihrer Expertise, jedoch hätte ich mir dann eine kurze Einordnung dazu in der Lage gewünscht, da 3 % im Hinblick auf den Haushalt einen immensen Beitrag ausmachen.

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Danke fur das spannende und erschreckende Interview.
Für mich sind die Erlebnisse:

  • es ist unklar ob die EU es schaffen wird ausreichend Mut und Kraft aufzubringen zur Steigerung der Verteidigungsfähigkeit.
  • es ist unklar ob die BRD es schaffen wird die Ausgaben aber auch Effizienz von Einkauf für Aufbau der Verteidigung aufzubringen.
  • BSW und Linke zu wählen macht es wahrscheinlicher, dass es in DE nicht klappen wird mit der Steigerung der Verteidigungsfähigkeit. Die SPD ist da ein Wackelkandidat. Union, Grüne und FDP legen zumindest nahe, dass ihnen das Thema wichtig ist - ob sie es durchhalten müssen sie beweisen.

Im Grunde legt Frau Major nur die Optionen auf den Tisch, was es braucht, Weg A zu gehen.

Ob wir das tun wollen (nach der Wahl), oder wir Weg B gehen oder einfach nur stehen bleiben, wird sich zeigen

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Nö, da sie nicht regieren werden, sicher nicht.
Und gesagt wurde es meiner Erinnerung nach in der Lage auch nicht.

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