LdN 416 | Interview Maral Koohestanian (Volt)

Zunächst einmal großes Dank und Lob für dieses Interview mit Frau Koohestanian - ich finde es gut, dass hier auch den sogenannten „kleinen“ Parteien Platz gegeben wird.

Was mich an der Position von Volt irritiert, ist Folgendes:
Auf der einen Seite möchte man - mit europäischem Blick - viel voneinander abschauen, lernen, übernehmen und adaptieren ( :+1:t2: ). Auf der anderen Seite möchte man - Beispiel Bildungspolitik - viel zentralisieren und für alle vorgeben (warum eigentlich dann nicht eine europäische Bildungspolitik?). Das klingt für mich inkonsequent. Ich glaube auch, dass sich die Probleme bei der Bildung nicht durch Zentralisierung lösen lassen, sondern tatsächlich durch den ersten Ansatz, dass Länder und Schulen ausprobieren, evaluieren, Erkenntnisse teilen und Best Practices von anderen übernehmen.

Generell ist aber der Grundansatz richtig, den Förderalismus reformieren zu wollen in dem Sinne, dass man überlegt, auf welcher Ebene eigentlich welche Entscheidung getroffen werden sollte. (Und ja, Klimaschutz ist sicher ein supranationales Thema, genauso wie Außen- und Sicherheitspolitik.)

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Ja, so richtig habe ich auch nicht verstanden, wie der Föderalismus in Deutschland reformiert werden soll, außer dass mehr Kompetenzen auf Bundesebene kommen sollen.

Mir ist in der Anmoderation aber auch aufgefallen, dass da ein kleiner Flüchtigkeitsfehler ist - Volt hat drei Plätze aus Deutschland im EU Parlament - nicht zwei (ist im Podcast ab Minute 1:19:10 irgendwann) (Ergebnisse Deutschland - Die Bundeswahlleiterin) :wink:

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Ich hatte Volt immer als deutlich neoliberalen wahrgenommen, als sich die Spitzenkandidatin in dem Interview gegeben hat. Ob das an dem erwarteten Publikum lag oder ob Volt in Deutschland wirklich so tickt wäre interessant zu wissen.

Ich habe in dem Interview aber nicht wirklich einen Unterschied zu den Grünen gehört. Sie hatte dann auf Europa verwiesen, ist dabei aber nie konkret geworden und all ihre Lösungsvorschläge klangen national.

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Mein - bitte, was - Moment war als sie sich damit gerühmt hat, sie hat dafür gesorgt, das eine Behörde das VideoIdent-Verfahren eingeführt hat. Best practices und evidenzbasiert hin oder her, aber wenn der Staat schon seinem eigenen Produkt der e id misstraut, dann können wir doch wieder zum lamminierten Perso zurück.
Es ist ja nicht so, also ob die Ausweiapp2 gar nicht funktionieren würde. Ich kenne da ein paar erfolgreiche Implementierungen.
Warum hat sie das VideoIden-Verfahren über eine privaten Dienstleister WEBID eingeführt?
Eine Beurteilung der Sicherheit dazu:

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Danke für das Interview. Leider hat es mich und ich denke Euch auch, ziemlich ratlos zurückgelassen. Es war einfach nur ein allgemeines BlaBla, selbst auf konkrete Fragen zur Digitalisierung oder Bildung. Ich erwarte da einfach mehr von einer Spitzenkandidatin.
Zum Thema „verschenkte Wahlstimme“: für mich ist jede Stimme bei einer Wahl, die abgegeben wird, keine verschenkte Stimme, denn schließlich ist wählen gehen besser als nicht wählen. Ich hoffe Ihr habt das in diesen Kontext gemeint.

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Das Problem ist aber, dass das nicht wirklich funktioniert, auch, weil unheimlich viel Ideologie im Bildungssystem liegt. Wie lange haben die Konservativen gegen Gesamtschulen und für den Erhalt des dreigliedrigen Schulsystems gekämpft? Da geht es nicht um Argumente und objektive Vergleiche, sondern um Weltanschauungen. Mit Studiengebühren will ich erst gar nicht anfangen, das Thema haben wir zum Glück im Bildungsstreik 2009 beerdigt. Aber auch da wurde klar, wie ideologisch Bildungspolitik ist.

Wir hatten die letzten 75 Jahre Bildungspluralismus - man sollte meinen, dass sich nach 75 Jahren irgendwann eine best practice herausbildet. War aber offensichtlich nicht der Fall. Insofern scheinen die Länder einfach nicht die Vernunft und den Willen zu haben, voneinander zu lernen. Stattdessen will jeder sein Süppchen kochen und stellt sein eigenes System als überlegen dar.

Weil das allenfalls ein Langzeit-Ziel wäre, realistisch vielleicht in 20 Jahren. Aktuell hat die EU keinerlei Kompetenzen im Bereich Bildung und aktuell driftet sie eher auseinander als dass sie enger zusammen kommt. Es ist aktuell einfach nicht denkbar, dass es in den nächsten Jahren (oder gar Jahrzehnten) eine Mehrheit dafür gibt, die Bildungspolitik an die EU zu übergeben… es macht daher aktuell keinen Sinn, das auch nur als Ziel in ein Wahlprogramm zu schreiben, weil es einfach noch viel zu sehr in der Ferne liegt.

Das Ergebnis von Volt und den Grünen war bei mir bei allen Wahl-o-Maten und anderen ähnlichen Tools immer nahezu identisch. Also rein inhaltlich unterscheiden sich die beiden Parteien im Wahl-o-Mat meist kaum.

Siehe dazu meine Ergebnisse zur Europawahl in zwei verschiedenen Tools:

Einmal ist Volt ganz knapp vor den Grünen, das andere Mal sind die Grünen vor Volt. Da tut sich daher vermutlich nicht viel.

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Dazu eine Anmerkung: Best Practices übernehmen findet nicht statt, weil jeder glaubt sein System wäre der Stein der Weisen.

Es gibt 16 unterschiedliche Systeme mit 16 unterschiedlichen Abschlüssen bei gleichem Namen.

Ich bedauere Kinder deren Eltern während ihrer Schullaufbahn in ein anderes Bundesland umziehen …

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Bei mit hat das Interview einen eher negativen Eindruck hinterlassen, obwohl ich das Voltprogramm beim lesen gut fand und Volt sogar bei der Europawahl unterstützt habe.
Ich hatte meine Buzzword-Bingo-card noch nie so schnell voll. Und immer wenn es konkret werden sollte, wie hier im threat schon angerissen, wurde es das eher selten, sondern es klang dann vor allem naiv: Einfach mal evidenzbasiert best practices umsetzen - wir sind doch alle dialogfähig! Dabei zeigen doch die zurückliegenden Debatten in der Politik über Klima und Migration - und im Prinzip jedes Thema - dass es immer Akteure gibt, die kein Interesse an evidenzbasierten Lösungen haben (oder gegebenenfalls die Evidenz völlig anders ausdeuten). Es ist doch nicht so, als hätte Volt das Projekt best practices jetzt entdeckt, sondern es ergeben sich halt auch gegebenfalls einfach große Probleme irgendeine dänische Lösung dann einfach mal zu skalieren in Deutschland. Es sind doch ständig Modelle aus anderen Ländern in der Diskussion und die Gegenargumente von Union und FDP die hier binnen Tagen jede Diskussion über ne Vermögenssteuer derailen lassen sich doch nicht (nur) dadurch entzaubern, dass man auf Praktiken in anderen Ländern verweist (denn das passiert doch ständig!).
Insbesondere die Aussage a la „einfach mal Schule neu denken“ klang so als wäre nur Volt jetzt aufgefallen, dass wir da nicht am Optimum sind. In diesem Feld haben sich schon Generationen von Kultuspolitikern verschlissen, weil die Widerstände auf allen Ebenen gewaltig sind. Wir haben in Deutschland Heerscharen an Hochschuldidaktikern, die ständig SChule neu denken, aber dann frustriert in den Sack hauen, weil die Implementierung kaum möglich ist. Gerade das politisch verminte Feld der Schulpolitik (siehe G7/G8 oder auch Kulturkampf in den USA) einfach wegzuwischen mit: Na es wissen ja alle, dass es so nicht weitergehen kann und dann schieben wir einfach Sachen an, erschien mir nicht mehr frisch optimistisch, sondern realitätsfern. Das Patentrezept, alles einfach mit dem Abbau des Föderalismus wegzaubern zu wollen, müsste man dann schon detailliert erläutern, aber das ist leider unterblieben.

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Vielleicht sind die Erwartungshaltungen da auch etwas zu hoch.

Auf der einen Seite haben wir Parteien wie die SPD oder die GRÜNEN, die tausende Berufspolitiker haben, die detaillierte Pläne ausarbeiten können, Zugang zu teuren Expertendiensten des Bundestages haben und sich das beste Coaching leisten können, auf der anderen Seite haben wir Kleinparteien, die fast ausschließlich ehrenamtlich arbeiten.

Also ich verstehe, dass das ein Argument gegen Kleinparteien ist, aber ganz ehrlich: Wenn wir eine für Veränderung offene Demokratie wollen, müssen wir auch verstehen, wie stark Kleinparteien gegenüber den Großen benachteiligt sind und können an sie nicht die gleichen Maßstäbe anlegen. Und ganz ehrlich: Ich glaube niemand will, dass Volt nach der nächsten Wahl den Kanzler stellt oder gar eine absolute Mehrheit erringt und dann alleine verantwortlich ist. Es geht eher darum, sich zu fragen, ob man sich die Richtung, in die Volt will, vorstellen kann - und die Partei unterstützen will, auf die 5% zu kommen, damit sie ihre Ideen auch so professionell ausarbeiten kann wie „die Großen“. Die Rolle Volts wäre daher in den ersten Legislaturperioden ohnehin nur die des Juniorpartners, der neue Impulse setzen soll.

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Frau Koohestanian wird am Freitag um 17 Uhr bei Jung und Naiv sein.

Wenn ihr auf Youtube live dabei seid, könnt ihr im Chat Fragen stellen.

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Hier kannst du gucken

Naja, es geht halt um die Bundestagswahl, da muss man schon erstmal nationale Themen liefern. Natürlich kann man da auf andere Länder schauen, was man adaptieren kann, aber letztlich zählt jetzt was anderes.

Es war ja Koohestanians Argumentation, dass der Unterschied zu den Grünen der Fokus auf Europa sei. Wenn es in den Nationalen Wahlen keinen Unterschied gibt, wäre die Frage, warum tritt man überhaupt an und riskiert, dass Wähler an der 5% Hürde verloren gehen?

Außerdem kann man sich auch national für europäische Themen einsetzen (das sollen nur Beispiele sein, keine Wertung, ob das gute oder schlechte Ideen sind):

  • Eine europäische Armee
  • Ein europäisches Finanz- und Bankensystem
  • Ausbau des europäischen Schienennetzes
  • Eine europäische digitale Verwaltung
  • Eine europäische Bildungsplatform
  • Eine europäische Startupförderung
    -…
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Durch das Interview hörte ich zum ersten Mal konkret von VOLT und fand im Prinzip gut, was ich hörte. Klang für mich alles recht vernünftig und damit zugleich utopisch. Bin am Überlegen, ob ich den Grünen abtrünnig werde - denn ich finde, dass Deutschland dringend eine starke Opposition bräuchte, die dem allgemeinen Trend andere, idealistische und vernünftige Ideen entgegensetzt. Eine starke Opposition kann viel mehr bewegen als eine schwache Mitregierungspartei. Man sieht das ja an der AfD: Nicht umsetzbare Ideen - aber sie reißen damit alle anderen Parteien in ihren Strudel, weil sie so viele Wähler hinter sich haben und das die anderen nicht kalt lassen kann. Wie machtlos hingegen die Grünen, die für jede etwas unbequemere Idee eins aufs Dach kriegen (siehe Habeks Steuerideen). Es besteht natürlich die Gefahr, dass sich die Gegenseite in mehreren kleinen Parteien wie VOLT verzettelt und damit gar nichts bewirkt ist. Aber die Grünen sind ja nicht mehr Opposition, sie wollen ja weiterregieren - wenn das eintritt, sehe ich schwarz für jede klima- und sozialpolitische Entwicklung in Deutschland.

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Ich habe eine Diskussion über die systematische Benachteiligung kleiner Parteien vermisst. Schade, dass sie das nicht angesprochen hat, wo sie einmal ein relevantes Publikum hatte. Stattdessen tut sie so, als würden sie jetzt bestimmt in den Bundestag einziehen.

Na ja, wahlkampftaktisch ist das wohl leider schlauer, als die Wahrheit zu sagen. Ist grad eh ziemlich angesagt, diese Haltung …

Hab mir mal die Wahlprogramme durchgelesen und den Wahl-o-Mat angetan.

Volt wäre inhaltlich tatsächlich vorn dabei.

Wenn ich nicht strategisch wähle….

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Bei mir sind tatsächlich Volt und die Partei die ersten 2 Plätze. Bestätigt mich darin Volt zu wählen, da keine etablierte Partei mehr meine Stimme verdient.

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Hallo Lage-Team, ich finde es auch super, dass ihr kleineren Parteien (auch wenn sie sich so nicht sehen wollen) eine Plattform gebt.
Ich fand vor allem einen Aspekt in ihren Ausführungen interessant. Weniger Besteuerung des Einkommens und mehr Besteuerung des Vermögens.
Meines Erachtens ist unser Problem in Deutschland (in USA noch viel mehr) dass zu viel Geld dem Umlauf entzogen wird. Wenn es unattraktiv wäre Geld „liegen zu lassen“ und damit Menschen (natürlich ab einer gewissen Schwelle) gezwungen würden das Geld auszugeben, wäre damit allen geholfen! Geld im Umlauf findet seine Abnehmer…Geld versteckt nützt niemandem. So könnte man (ganz nach der Idee von Volker Pispers von vor vielen Jahren) den Eindruck der Enteignung vermeiden und trotzdem eine enorme Konjunkturanregung erreichen.

Das Interview war leider eher eine Katastrophe. Man sieht 2h lang wie eine Spitzenkandidatin das Programm der eigenen Partei nicht kennt. Das gilt eigentlich für jedes Thema, besonders klar ist es beim Grundeinkommen: Timestamp

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Vor allem unterscheiden sich die Systeme Europaweit ja noch viel mehr als Bundesweit. Das erstmal auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen und dann verpflichtend anzugleichen ist wirklich nur langfristig möglich und solange wir es in Deutschland nicht schaffen braucht man sich das gar nicht erst als Ziel setzen.

Und Umzüge von Kindern von Bundesland zu Bundesland, teils sogar mehrfach während der Schulkarriere, sind jetzt in der heutigen Gesellschaft keine Seltenheit, Umzüge von Land zu Land innerhalb der EU sind dagegen doch noch eine Ausnahme.

Die Priorität erstmal auf ein Bundesweites System zu setzen halte ich daher durchaus für sinnvoll.

Vom Programm her finde ich Volt aus meiner Perspektive nochmal etwas attraktiver als die Grünen, ich komme aber auch eher aus der sozialliberalen Ecke und kann verstehen wenn das Leute die Volt eher von weiter links aus beurteilen anders gesehen wird.