LdN 416 | "Andere Notlagen"

Hallo zusammen,

ich höre mir den Podcast seit einiger Zeit sehr gerne an, um meine eigene Meinung (die oft nicht mit der der Hosts übereinstimmt :wink: ) zu hinterfragen/zu challengen bzw. meinen eigenen Horizont zu erweitern.

In der aktuellen Folge (ab ca. 17:00 bei Spotify) wird ausgeführt, dass es andere Missstände in der Gesellschaft gäbe, insbesondere Femizide und Verkehrstote. Diese würden im Gegensatz zur irregulären Migration (inkl. der daraus erwachsenden Probleme) nicht als „Notlage“/„Notstand“ adressiert/behandelt.

Nun sind wir uns alle (hoffentlich) einig, dass jeder Tote im Verkehr oder jede Frau, die aufgrund Ihres „Frauseins“ getötet wird, eine/r zu viel ist. Dennoch würde eine „Notlage“ i.S.d. Art. 72 AEUV hier in meinen Augen wenig bringen. Welche EU-rechtliche Norm genießt in diesen beiden Beispielen Anwendungsvorrang vor einer nationalen Norm und schränkt somit den Gesetzgeber bzw. die Exekutive im Gestaltungsspielraum ein?

Im Falle der irregulären Migration ist ja klar erkennbar, dass es hier zu Problemen käme. Eine Zurückweisung an den deutschen Außengrenzen ist nicht ohne Notlage machbar, da die EU-Rechtlichen Normen im Normalfall Anwendungsvorrang genießen (müssen). Somit ist der Gestaltungsspielraum des nationalen Gesetzgebers/der nationalen Exekutive insoweit beschränkt.

Eine solche Konstellation fällt mir für die anderen beiden genannten Themen jedoch nicht ein. Weder macht das EU-Recht (nach meinem Kenntnisstand) Vorgaben zum Thema Tempolimit, noch zum Thema Frauenhäuser/Schutz vor Femiziden im Allgemeinen.
Dass man an den Themen Verkehrssicherheit und Femiziden generell mit mehr Druck arbeiten sollte, ist ja ein anderes, klares Thema. Aber hier implizit einen Konnex zur „Notlage“ i.S.d. Art. 72 AEUV zu bilden, ist in meinen Augen kontrafaktisch. …

Soweit meine Einlassung dazu. Macht gerne so weiter, ich genieße es, mir mal eine andere Meinung als meine eigene anzuhören und diese ggf. zu hinterfragen. :smile:

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Der springende Punkt ist ja der, dass die Migration derzeit nicht oder kaum reguliert wird, die Anzahl der von Migranten Ermordeten dennoch einem Bruchteil der durch Femizid oder im Verkehr Getöteten entspricht.

Es geht nicht darum, Femizide und Verkehrstote i.S.d. genannten Artikels zu verhindern, sondern um die Verhältnismäßigkeit, angesichts der Zahlen von einer „Notlage“ zu sprechen. Und dann müssten die jeweils passenden Maßnahmen ergriffen werden, um auf die jeweilige Notlage zu reagieren.

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Es handelt sich bei den Attentaten um extreme Ausnahmefälle. Das haben auch Ulf und Philip richtigerweise betont.

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Verstehe ich das richtig, dass demnach eine Notlage nur dadurch zur Notlage wird, dass die angestrebten Maßnahmen sonst nicht umzusetzen sind? M.E. sollte man in so einem Fall nochmal kritisch über die angestrebten Maßnahmen und die tatsächliche Situation nachdenken (wie es die Lage ja getan hat), anstatt die Notlage zu erklären, um geltende Gesetze zu umgehen.

Das finde ich sehr löblich :slight_smile: Ich selbst bewege mich viel in meiner „Wohlfühl-Bubble“. Vielleicht hast du Lust, hier ein paar Podcasts zu empfehlen:

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Hallo zusammen,

Jede Straftat ist schlimm, und jeder Mord ist tragisch. Wenn man jedoch von einer „Notlage“ sprechen möchte, sollte man das große Ganze betrachten.

In Deutschland gibt es pro Jahr etwa 34 Verkehrstote pro eine Million Einwohner. Dabei sind wir das größte Transitland innerhalb der EU und liegen dennoch unter dem EU-Durchschnitt. Daher sehe ich hier keine Notlage.

Femizide sind zweifellos schreckliche Verbrechen mit komplexen persönlichen Hintergründen. Meiner Meinung nach sollte der Fokus darauf liegen, frühere Straftaten wie Stalking und Körperverletzung härter zu bestrafen und diesem Thema in der Gesellschaft mehr Aufmerksamkeit und Schutz für Frauen im Gefahr. Allerdings gibt es in Deutschland etwa 40 Millionen Männer und 40 Millionen Frauen, die in komplexen Beziehungen zueinanderstehen. Eine vollständige Verhinderung solcher Taten erscheint mir daher kaum möglich.

Ich halte das Argument einer „Notlage“ in diesem Zusammenhang nicht für valide. Exposition und Häufigkeit stehen in einem anderen Verhältnis zur Anzahl der Todesfälle und eine vollständige Vermeidung ist aus gesellschaftlicher Sicht nicht realistisch.

Zum Thema Migration:

In Deutschland gibt es etwa 30.000 bis 40.000 Menschen ohne gültigen Aufenthaltsstatus, die potenziell Straftaten begehen könnten. In den letzten vier Jahren hat sich hier ein Muster abgezeichnet. Diese Gruppe sollte konsequent durch Haftstrafen und Abschiebungen sanktioniert werden – notfalls auch durch finanzielle Anreize und diplomatische Abkommen mit den Herkunftländern. Daher finde ich die relativerung der geringen Anzahl der Todesopfer von euch nicht richtig. Da sind relativ gesehen im letzten Jahr sehr hoch ist.

Dieses Problem birgt erheblichen gesellschaftlichen Spaltung. Straftäter, die laut geltender Rechtslage gar nicht mehr im Land sein dürften, untergraben das Vertrauen der Bevölkerung in die Politik. Wenn die Regierung nicht zeigt, dass sie dieses Problem ernst nimmt und messbare Erfolge mit Daten und Zahlen belegt, wird unser politisches System in seiner jetzigen Form nicht bestehen. Das zeigt sich bereits an den steigenden Wählerstimmen für die AfD.

Natürlich gibt es keine absolute Sicherheit, und Anschläge oder Gewalttaten können nie vollständig verhindert werden. Doch der Großteil der Bevölkerung dürfte verstehen, dass es hier um die Durchsetzung geltenden Rechts geht – und um den Erhalt des Vertrauens in unsere politischen Institutionen geht.

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Hinsichtlich der Beurteilung von „Notlage ja oder nein“ würde ich hier nur ungerne anfangen, Todeszahlen gegeneinander aufzurechnen. Wenn man das machen möchte, dann wäre eine Notlage beim Thema Migration sicherlich nicht gegeben.

In der Argumentation pro Notlage besteht selbige m.E. darin, dass die Behörden einfach nicht mehr hinterherkommen; die Überlastung der Behörden begann vor Jahren und sie hält bis heute an. Im schlimmsten Fall endet sowas dann wie zuletzt in Aschaffenburg.

Aus meiner naiven Sicht heraus könnte man die Notlage ggf. damit begründen, dass man (im Corona-Sprech) einfach wieder „vor die Welle kommen muss“. Nun kann man argumentieren, dass das ein innerdeutsches, politisches, praktisches, verwaltungstechnisches, wie auch immer gelagertes Problem ist. Ja, das stimmt. Aber alle Versuche diese Probleme zu lösen, sind gescheitert und genau aus diesem Grund besteht nun eben jene Notlage.

An Versuche, das Personal in Prävention, Ermittlungs- und Vollzugsbehörden aufzustocken und von demokratiefeindlichen Ideologieprojekten wie der Verfolgung von weitgehend harmlosen Klimaschützern als Terroristen abzulassen und das Personal sinnvoller einzusetzen, kann ich mich nicht erinnern, aber ich kann mich täuschen.

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Magdeburg und Aschaffenburg stellen keine Notlage dar. Das ist noch nicht mal ein Problem. Das sind 2 Fälle bei 84 Millionen Menschen, sowas passiert halt.

Bewusster Strohmann: „Ok, aber das war ja vielleicht nur der Anfang, was ist wenn es schlimmer wird? Bei Corona hatten wir doch auch exponentielles Wachstum und mussten rechtzeitig Maßnahmen ergreifen um einen kompletten Kontrollverlust zu verhindern!“

Bei Corona wussten wir, dass es eine Infektionskrankheit ist und wir kannten historische Beispiele für exponentielle Ausbreitung solcher Krankheiten, bei Gewaltverbrechen wüsste ich jetzt kein Beispiel eines exponentiellen Anstieges. Des Weiteren geben uns 2 Datenpunkte einfach null Aussage über irgendeine Entwicklung. Wenn diesen Monat und nächsten Monat jeweils ein Balkon zusammenbricht, wäre die Antwort ja auch nicht, dass wir das betreten sämtlicher Balkone in Deutschland verbieten, bis wir alle Balkone untersucht haben. Magdeburg und Aschaffenburg würden ja sogar eher eine positive Tendenz zeigen, von 6 auf 2 reduziert. Wir haben aber jetzt schon seit 10 Jahren stärkere Migration in Deutschland, also hätten wir genug Zahlen, um eine Aussage zu machen. Ich sage nicht, dass es nicht sein könnte, dass wir eine Notlage hätten, aber dann müsste man das doch bitte mit der Entwicklung der letzten Zehn Jahre begründen und nicht an Hand von 2 Datenpunkten.

Aktuell sieht es eher für mich so aus, als wenn die Argumentation für eine Notlage nur darauf basiert, dass die Leute wollen, dass es eine Notlage ist, ohne irgendwelche objektiven Belege nennen zu können.

Und ich sehe halt kein Verhältnis dazwischen, für Milliarden von Euros die Grenzen dicht zu machen, um 2 Menschenleben zu retten. Wenn man so drauf ist, kann man auch gleich sagen, wir verbieten sämtliches Fahren auf Autobahnen, bis wir das Problem mit den Unfällen gelöst haben.

Ich bin hier gar nicht gegen Maßnahmen im generellen nur sie sollten halt irgendwie einen vernünftigen Kosten-/Nutzen-Faktor haben.

Mit der aktuellen Debatte sehe ich das Problem, dass sie gewollt oder ungewollt eine schlechte Stimmung gegen Ausländer schafft. Diese fühlen sich dadurch stigmatisiert und ausgegrenzt und die Integration scheitert. Das führt zu einem tatsächlichen Abrutschen in die Kriminalität und auf einmal ist das Problem massiv größer, als wenn wir einfach nichts gemacht hätten

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Hallo zusammen,

ich finde den gesuchten Zusammenhang zwischen der nationalen Notlage durch Migration bzw. ansteigende tödliche Übergriffe mit der Anzahl an Verkehrstoten und einem ideologischen Tempolimit bzw. Merz‘ unterstellte Idee der Verhinderung von Toten im Allgemeinen schwierig. Zumal jeder weiß, worum es eigentlich geht. Dazu kommt, dass die genannte Zahl an Verkehrstoten zu über 90% nicht von Autobahnen kommt und somit das Tempolimit darauf ziemlich genau null Einfluss hat. Hier liegt leider der Verdacht nahe politische Themen mit persönlichen grünen Ideen zu verbinden.

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Ich nicht. Worum?

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