LdN 405 Minderheitsregierung

In den Medien wird gerade massiv verbreitet, dass „die Deutschen“ laut Umfragen mit großer Mehrheit für sofortige Neuwahlen sind.
Ich frage mich, ob denen mal jemand genau erklärt hat, wie das funktionieren kann, bevor sie befragt wurden. Wieder einmal setzen die Medien den Ton, bzw. verstärken die Unions-Position.
Danke für eure Erklärungen im aktuellen Podcast. Ich finde, Minderheitsregierung für so kurze Zeit hört sich gar nicht schlecht an.

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"Der parteilose Abgeordnete Robert Farle, der 2022 aus der AfD ausgetreten ist, fordert die CDU auf, gemäß Grundgesetz (das er hochhält) ihren Vorsitzenden als neuen Kanzler vorzuschlagen. »Wenn es so dringlich ist, schlagen Sie den Merz vor, und wenn der am meisten Stimmen hat, wird er Bundeskanzler.« Seine Stimme werde der CDU-Vorsitzende aber nicht bekommen, Farle verweist auf die frühere Tätigkeit von Merz für die Investmentgesellschaft Blackrock. "

Aus dem Spiegelliveticker

Recht hat der Mann, wenn es der Union nicht schnell genug geht, sollen sie doch ein konstruktives Misstrauensvotum stellen.

Aber dazu werden sie auch nicht bereit sein, weil sie lieber auf Neuwahlen setzen …

„Sofortige Neuwahlen“ sind natürlich Quatsch, aber ich vermute mal, dass damit in den meisten Fällen möglichst schnelle Neuwahlen gemeint sind. Und da finde ich es grundsätzlich nicht verkehrt, sich an den Vorgaben des Grundgesetzes zu orientieren (max. 21 Tage zwischen Vertrauensfrage und Auflösung, dann max. 60 Tage bis zur Wahl). Und wenn - wie es ja derzeit aussieht - Bund, Länder und Kommunen de facto nicht in der Lage sind, in dieser Zeit eine ordnungsgemäße Wahl zu organisieren, dann sollte das m. E. auch offen so kommuniziert werden. Dann kann man sich in Zukunft vielleicht mal darüber Gedanken machen, ob die Fristen im GG angepasst oder die Ressourcen der zuständigen Behörden aufgestockt werden müssen.

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Ich verstehe nicht warum die Union auf die Vertrauensfrage wartet. Sie kann ein Konstruktives Misstrauensvotum stellen (gleich der Vertrauensfrage).

Hat jemand eine Idee warum dieses Mittel nicht angewendet wird?

Man könnte zwar einen neuen Kanzler präsentieren (Merz), bräuchte für eine Mehrheit aber Stimmen der AfD oder BSW, sonst reicht es nicht, wenn SPD ubd Grüne für Scholz stimmen sollten.
Zuviel Risiko, und Merz will kein Kanzler von Gnaden der AfD werden.
Neuwahlen sind da sicherer

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Fehlende Mehrheit?

Die Union allein kann eine Abstimmung zwar beantragen, aber um Merz zum Kanzler zu wählen, braucht es eine Mehrheit der Abgeordneten. Wenn man mal davon ausgeht, dass SPD und Grüne Merz nicht wählen, bräuchte er alle Stimmen von AfD und FDP sowie noch 5 weitere. Und warum sollten die das tun?

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Da der Bundeskanzler die Möglichkeit hat, auf Sommerpause oder Weihnachten Rücksicht zu nehmen, ist das ja nicht zwangsläufig nötig.
Grund solcher Fristen ist, dass eine lange Hängepartie vermieden wird. Die Sommerpause (oder auch Weihnachtsurlaub) kann übrigens gestrichen werden, wenn eine Notlage eintritt, wenn zum Beispiel Putin nicht im Februar, sondern im August in die Ukraine einmarschiert wäre. Scholz könnte also jetzt die Vertrauensfrage stellen und der Bundespräsident dann eine Urlaubssperre fordern. Das wäre alles mit Zusatzkosten verbunden, aber sicher machbar.

Was meinst du hier mit „Möglichkeit“? Offizielle Feiertage gibt es zwischen 23.12. und 2.1 genau drei Stück. Und die Fristen im Grundgesetz sind fix, egal ob Weihnachten oder Sommerferien.

Ich weiß nicht, ob der Bundespräsident so viel zu melden hat, wenn es um Urlaubssperren bei lokalen Verwaltungen geht. Und das Problem scheint nicht nur das Geld zu sein:

Die Sommerpause und der Weihnachtsurlaub sind fixe Zeiten, die es in jedem Jahr gibt.
Da verlassen sich Politiker und Mitarbeiter drauf, da planen sie ihren Urlaub.
Und zum Bundespräsident: drum schreibe ich ja: „fordern“ und nicht „anordnen“
Tatsächlich weiß ich gar nicht, wer dann die Anweisungen gibt: der eben entlassene Scholz?

Edit: das mit den Wahllisten ist ein nettes Thema.
Das BSW dürfte bei schnellen Neuwahlen in vier Bundesländern gar nicht antreten, weil die Landesverbände noch nicht gegründet sind.

Die Fristen für Kandidatenaufstellungen sind nicht das Problem, die müssten entsprechend verkürzt werden, das war auch schon bei vorherigen Neuwahlen so, siehe https://www.bundestag.de/resource/blob/548304/2b64378dad0e7dff02a4a446e4b3297e/WD-3-014-18-pdf.pdf. Da muss das BSW sich dann im Zweifelsfall halt beeilen.

Aber die konkrete Organisation der Wahlen macht ja nicht irgendeine Bundesbehörde, sondern kommunale Verwaltungen. Und zumindest an Orten wie Berlin durfte man ja schon die Erfahrung machen, wie überfordert die schon mit regulären Wahlen sein können. Da kann auch ein Bundeskanzler nicht viel dran ändern.

Das Argument mit Weihnachten verstehe ich immer noch nicht. Die Fristen im GG sind fix und da steht nichts von Urlaubszeiten. Und so eine Verfassung gilt soweit ich weiß auch für Bundeskanzler.

Richtig. Die Fristen sind fix. Und der Weihnachtsurlaub ist fix. Wenn Scholz also jetzt die Vertrauensfrage stellen und verlieren würde, würde beides miteinander kollidieren.
Das Problem sind dann nicht die Fristen, sondern der Weihnachtsurlaub, der würde wohl gestrichen. Für den Bundestag bedeutet das Überstunden und Entschädigungen für ausgefallene Urlaube. Da viele Betriebe über die Tage zwischen Weihnachten und Heilig drei König zu machen, dürften auch da Leute aus dem Urlaub geholt werden müssen, um Wahlbenachrichtigungen, Wahlzettel, Briefwahlunterlagen zu drucken.
Hätte aus Sicht der Union was gutes, das erzeugt Kosten und kurbelt die Konjunktur an.

Können wir uns nicht darauf einigen, dass diese Forderung der Union mal wieder eine ist, die Friedrich Merz als Bundeskanzler natürlich empört weit von sich weisen würde? Es ist reine Stimmungsmache. Merz weiß genau, dass Scholz die Neuwahlen gar nicht sofort anleiern kann, weil das eine organisatorische Katastrophe wäre (mal abgesehen davon, dass es keinerlei zwingenden Grund gibt und grundgesetzlich nicht geboten ist). Hier wird mal wieder versucht billig Punkte zu machen.

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Ich fände es gut, wenn es Absprachen gäbe, die sowohl Scholz als auch Merz als verbindlich begreifen. Aber so wie ich es sehe, hat Scholz als Termin für die Abstimmung im Bundestag von sich aus den 15. Januar verkündet und Merz nächste Woche gefordert. Da erkenne ich jetzt keinen riesigen Unterschied. Wenn es Scholz vor allem um den organisatorischen Vorlauf geht, sollte er das m. E. auch klar formulieren. Wenn er aber die Hoffnung hat, in den 1-2 Extra-Monaten noch Ampel-Gesetzesvorhaben durchzusetzen, kann ich den Widerstand der Union ehrlich gesagt verstehen.
Grundsätzlich finde ich es nicht nur „Stimmungsmache“, wenn eine Partei, die in Umfragen seit langer Zeit mit Abstand stärkste Kraft ist, nach dem Scheitern der aktuellen Regierung möglichst rasche Neuwahlen anstrebt.
Scholz versucht halt auch Punkte zu machen, nur ist er in einer viel schwächeren Position. Das allein bei der Union zu kritisieren, finde ich einseitig.

Auch wenn die konkrete Forderung offensichtlich nicht im Interesse des Landes ist? Welche halbwegs objektiv handelnde Person würde denn eine Bundestagswahl veranstalten, in der zwei der 8,5 Wochen Vorbereitungszeit durch Weihnachten und Neujahr blockiert sind? Man muss kein Never-Merz-Mensch sein, um das dämlich zu finden.

Nachvollziehbar hätte ich gefunden, wenn Merz gesagt hätte „die Vertrauensfrage bitte am 3. Januar.“ Das wäre völlig legitim.

Die Union wird ja zu nichts gezwungen. Die muss ja nicht zustimmen.

Ich habe ja gesagt, dass ich die organisatorischen Bedenken einen validen Grund finde und deshalb bewusst geschrieben, wie ich es grundsätzlich sehe.

Und sie wird es auch nicht tun. Ebensowenig die meisten FDP-Abgeordneten oder die anderer Oppositionsparteien. Und deshalb ist dieser Plan von Scholz (so es ihn denn gibt) mindestens genau so Show wie das was Merz gerade fordert.

Falls ich missverstanden wurde: Ich finde nicht auf einmal alles toll, was Merz will. Ich störe mich nur daran, in einem politischen Konflikt der einen Seite „Parteitaktik“ und „Stimmungsmache“ vorzuwerfen und bei der anderen so zu tun, als handle sie völlig selbstlos „im Interesse des Landes“.

Wo habe ich das denn getan?

Wenn tatsächlich die Weihnachtsferien das Problem sind, kann man ja pragmatischerweise heute mit den Wahlvorbereitungen beginnen und die Vertrauensfrage in 2 Wochen stellen.

Das wäre nicht pragmatisch, sondern Verfassungsbruch. Solange der Bundespräsident den Bundestag nicht aufgelöst hat, gibt es auch keine Neuwahl und ergo nichts vorzubereiten. Außerdem fallen die Weihnachtsferien in jede Vorbereitungszeit, sofern Scholz die Vertrauensfrage vor Januar stellt.

Warum? Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Vorbereitungen schon heute (im Rahmen dessen was möglich ist) laufen. Was genau steht denn in der Verfassung? Es gibt bestimmt eine ganze Menge Dinge, die man heute schon vorbereiten könnte, ohne dabei Gesetze zu brechen.

Ja genau. Deswegen ja mein Vorschlag.