LdN 405 Minderheitsregierung

Wer soll denn die Vorbereitung von etwas anordnen, was es noch gar nicht geben darf?

Die zuständigen Stellen werden ob des absehbar kommenden Ereignisses schon aus Eigeninteresse ihre Schlüsse ziehen.
Also Urlaubsplanungen überdenken, erste Planungen und Abläufe schon durchspielen …

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Der Lokalpresse ist zu entnehmen, dass bereits Personalplanungen geändert und Räumlichkeiten wie etwa Turnhallen zu verschiedenen möglichen Daten geblockt werden (für Vereine usw. also nicht planbar zur Verfügung stehen, jedenfalls bis klar ist wann die Wahl tatsächlich stattfindet).

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Wenn aus einer Mehrheitskoalition eine Minderheitsregierung wird, muss das keine Neuwahlen nach sich ziehen. Minderheitsregierung ist ja per se kein Argument für sofortige Neuwahlen. In Sachsen wird ja auch nicht neu gewählt, wenn es dort zu einer Minderheitsregierung kommt.

Das hat auch niemand behauptet. Aber wenn eine Regierung keine Mehrheit im Parlament hat und der Bundeskanzler die Vertrauensfrage stellt, kommt es ziemlich wahrscheinlich dazu. Und da Scholz genau das angekündigt hat, ist alles andere an dieser Stelle ziemlich hypothetisch.

Nur wenn eine Regierung zustandekommt, die von einer Mehrheit des Parlaments gewählt wird. Passiert das bis Anfang Februar 2025 nicht, müssen nach der sächsischen Verfassung tatsächlich automatisch Neuwahlen stattfinden.

Die jeweiligen Wahlleiter z.B. Und die tun das heute schon, sogar ohne dass es überhaupt einen fixen Wahltermin gibt [1] [2]. Und mir scheint nicht, dass sie damit Verfassungsbruch begehen.
Ich verstehe auch ehrlich gesagt das Problem nicht. Dass es nicht erlaubt ist eine Wahl ohne konkrete Anordnung abzuhalten, bedeutet doch nicht, dass es verboten ist, sich darauf vorzubereiten. Natürlich hat das Grenzen. Man wird z.B. sicherlich noch keine Wahlbenachrichtigungen verschicken können. Aber, dass man durch entsprechende Vorwarnzeit schon etwa 2 Wochen der vorbereitenden Arbeiten erledigen kann, sobald sich der Kanzler mit der Union auf einen Termin für die Vertrauensfrage geeinigt hat, scheint mir doch sehr realistisch.

[1]

[2]

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Für alle, die gern noch eine gute Erklärung der Situation haben möchten und die interessiert, warum Scholz’ Plan wohl tatsächlich im Sinne des Landes (und nicht nur im Sinne von Scholz) ist, empfehle ich die aktuelle Folge der Parlamentsrevue. Darin erklärt Politiklehrer Thomas Brandt (der auch im Podcast WRINT Politik erklärt) die Geschehnisse ganz fantastisch und verständlich.:

Im aktuellen Fall kann ich da mitgehen, es erscheint richtig, bald neu zu wählen - wobei mir vor dem Ergebnis graust.
Wenn dieser Weg beschritten wird, wäre meine Befürchtung aber, dass in den kommenden Krisen die Regierung dann leicht wieder scheitern kann. Am Ende haben wir dann alle 6 Monate Neuwahlen.

Im Politikpodcast des Deutschlandfunk wird dagegen relativ klar herausgearbeitet, warum der Scholz Move vor allem parteipolitisch motiviert ist:

Den hab ich gehört, fand ihn aber keinesfalls überzeugend.
Mich interessiert, ob Union und FDP die Interessen des Landes über ihre eigenen stellen.
Ich nehme mal an, dass sie das nicht tun, insbesondere Merz nicht und das würde eine kurzfristige Minderheitsregierung sehr schön zeigen.

Was den Termin angeht, am 16. November 2001 hatte Gerhard Schröder (SPD) die Vertrauensfrage gestellt (allerdings gewonnen). Die Fragen, Weihnachtspause und organisatorische Herausforderungen spielten offenbar keine so grosse Rolle. Am 17. Dezember 1982 stellte Helmut Kohl (CDU) die Vertrauensfrage und verlor sie. In der Folge wurde der Bundestag am 7. Januar 1983 aufgelöst und es gab dann Neuwahlen Anfang März.

Wenn Scholz die Frage jetzt erst im Januar stellen will, dann schiebt er das machbare (Kohl 1982) schon bewusst nach hinten.

Es wäre doch völlig irre, sich jetzt nicht mit der Vorbereitung der Wahl zu beschäftigen. Viele Probleme, etwa die Beschaffung von Papier klingen vorgeschoben und errinnern an die Unmöglichkeit des Tempolimits, weil nicht genug Schilder vorhanden wären.

Ein paar persönliche Härten, wie der ausgefallene (bzw. verschobene) Weihnachtsurlaub zwischen dem 22.12. und 13.01. (Sitzungspause des Bundestags), fände ich als Opfer für die Demokratie vertretbar. Diese sind stets gegen die Nachteile einer Minderheitsregierung abzuwägen. Die EU erwartet von Deutschland verlässliche Führungsstärke und ein geeintes Vorgehen gegenüber Trump – das ist mit einem monatelangen Wahlkampf nicht möglich.

Der Unterschied hier ist: Schröder wollte die Vertrauensfrage gewinnen (er hat sie als Druckmittel genutzt, um eine eigene Mehrheit für den Bundeswehr-Einsatz in Afghanistan zu bekommen), Scholz will sie verlieren.

Aber kein Unterschied zu Kohl (1982).

Das widerrum würde dafür sprechen, dass Merz mit Grünen und FDP einen Deal aus handelt und die Misstrauensfrage stellt - aber das will er aus rein egoistischen Geünden nicht - weil er sich von Neuwahlen mehr erhofft.

Merz ist genauso im Wahlkampf Modus wie Scholz mit seiner „emotionalen“, vom Teleprompter abgelesenen Rede. Wenn der Wahltermin im März für das Wohl unseres Landes so unverzichtbar ist, dann fragt sich auch, warum die Grünen sagen, dass sie auch mit einem früheren Wahltermin keine Probleme hätten.

Ich finde ja das Argument gegen eine sofortige Vertrauensfrage durchaus sinnvoll, denn jeder weiß wie selbst kleine Pannen aktuell ausgeschlachtet werden würden.

Aber eine Vertrauensfrage in 2-4 Wochen würde ja immerhin diese 2-4 Wochen mehr Vorlauf zulassen. Wenn man sich auf einen Termin der angestrebt wird geeinigt hat könnte dann auch schon das Beschaffen von Räumen in Angriff genommen werden, ebenso wie das sonstige planen.

Auch wenn dann die 60 Tage Frist noch immer über Weihnachten laufen würde hätte man zumindest einen Vorsprung.

Also ich sehe zwischen Vertrauensfrage jetzt und Vertrauensfrage im Januar noch einiges an sinnvollem Raum für einen Kompromiss der verschiedene Faktoren berücksichtigt.

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Vielleicht ist das ein

Ich glaube es war etwas missverständlich, dass ich das Wort „Vorbereitung“ verwendet habe. Natürlich sollen Behörden, die für die Organisation einer Wahl zuständig sind, alles Mögliche schon so früh wie möglich vorbereiten, also z. B. Papier lagern, Wahlurnen bereithalten, Listen möglicher Wahlhelfer etc. Da frage ich mich ehrlich gesagt auch, warum das nicht sowieso passiert, also warum z. B. die Bundeswahlleiterin jetzt von Papierbestellungen redet und nicht einfach das Papier für eine Wahl irgendwo lagert, damit es im Zweifelsfall bereitsteht.
Aber alles was an einen konkreten Termin gebunden ist, etwa die Reservierung von Räumen oder die tatsächlich Rekrutierung von Wahlhelfern, ist ja erst möglich, wenn ein konkreter Wahltermin feststeht. Und andere Prozesse, wie die Aufstellung von Kandidaten, Wäherverzeichnissen etc. dürfen sogar erst in Gang gesetzt werden, wenn eine Neuwahl durch den Bundespräsidenten offiziell angesetzt wurde.

Wer definiert denn, was „die Interessen des Landes“ sind? Laut Verfassung ist der Wille der Wahlbevölkerung Ausgangspunkt für jegliches staatliche Handeln. Im aktuellen Bundestag gibt es wie es aussieht derzeit keine Mehrheit für eine Regierung. Warum soll es da nicht im Interesse des Landes sein, so bald wie möglich eine Neuwahl abzuhalten - nach der es allen Umfragen zufolge mit Sicherheit eine regierungsfähige Mehrheit geben wird.

Wahlvorbereitungen über die Weihnachtstage und die Zeit „zwischen den Jahren“, in denen sonst kaum etwas geregelt wird, provoziert ja geradezu Pannen…
Es geht nicht nur um Wahlzettel. Es geht um Wahllisten, Fristen und vieles mehr.
Und natürlich auch um einen ordentlichen Wahlkampf mit verständlicher Positionierungen.
Mich nervt sowieso schon, dass es nur Alphamännchen sind (und keine Frau), die gerade den Öffentlichkeitsraum einnehmen (Lindner und die drei Kandidaten), dann möchte ich wenigstens einen ordentlichen Wahlkampf sehen, der zeigt, wohin die Parteien uns zu führen gedenken.