LdN 401 Handyauswertung durch die Polizei

Grüße an das Lage der Nation Team,

in der letzten Podcast Ausgabe (401) wurde zum Schluss das Thema „Auswerten durch die Polizei von Handy Inhalten“ besprochen.
Mich interessiert noch ein Punkt dazu:
wenn ich mein IPhone der Polizei aushändige (ohne den Entsperrcode zu geben), könnte ich doch mit einem 2. Gerät (Bsp. einem IPad) mein
Handy aus der Ferne löschen. Würde das theoretisch noch funktionieren bzw. mache ich mich strafbar, wenn ich die Daten aus der Ferne lösche?
Vielen Dank für eine kurze Rückmeldung.

Ihr treuer Lage der Nation Hörer

Jörg Z.

Das Handy wird sofort in den Flugmodus gesetzt und vom Internet getrennt, damit du eben genau das nicht tun kannst und die Daten lokal gesichert bleiben.

Deshalb am besten das Aufrufen des Kontrollzentrums aus dem Lockscreen am iPhone ausschalten, auch allgemein gegen Diebstahl. Dann ist fernlöschen möglich und unter Juristen (z.B. Konstantin Grubwinkler) ist das auch nicht als Beweismanipulation zu werten.

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Der Beitrag war sehr interessant, allerdings musste ich mich über das Framing in der Lage doch wundern. Ich weiß nicht, wie man Menschen am besten davon überzeugt, dass Komplettdurchsuchungen von Handys nicht zulässig sein sollten, aber ich bezweifle mal, dass „Es könnte Kinderpornografie gefunden werden!“ der richtige Weg ist.

Dass dann noch von „konsensualen“ Beziehungen zwischen 13- und 18-Jährigen gesprochen wird und damit sexueller Missbrauch von Minderjährigen bagatellisiert wird, setzt dem Ganzen noch die Krone auf.

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Was ich etwas merkwürdig fand war das iOS so gelobt wurde wenn gerade die neueren (ab 6) Google Pixel Geräte auch noch nicht geknackt werden können.

Hallo.
ich fand den Beitrag auch interessant und finde auch sehr erfrischend, dass auch in der Lage staatliche Institutionen kritisch beleuchtet werden und hier nicht so ein grundsätzlich positiver Blick auf die Polizei vorliegt.
Was mir dann aber doch gefehlt hat und wieder doch wieder in Richtung naives Staatsvertrauen fällt: Die Polizei ist gerade bei linken Demos sehr schnell dabei, sich Zugang zu Handys zu verschaffen. Gerade unerfahrenere Demonstrierende müssen immer wieder daran erinnert werden, bei ihren Smartphones die Fingerabdruck- bzw. Gesichts-ID auszuschalten. Es ist leider so, dass man nur durch physische Nähe zu z.B. einem Antifa-Block auf Demos gegen Rechts von der Polizei mitgenommen werden kann und gerade wenn man damit wenig Erfahrung hat sich davon überzeugen lässt, dass die Polizei Zugriff aufs Handy haben dürfe und man dann eben seinen Fingerabdruck preisgibt. Ich finde diese Verfahren unsäglich, aber es passiert. Das geht weit darüber hinaus, dass die in der Lage angesprochenen Belehrungen über die eigenen Rechte durch die Polizei nicht stattfinden – nein, es wird hart die Angst von Leuten ausgenutzt, um Zugriff auf Smartphone-Daten zu erlangen. Das wäre mir wichtig, dass solche Erfahrungen berücksichtigt werden bei solchen Themen.
Beste Grüße!

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Naja, diese Position wird glaube ich gar nicht wirklich vertreten.

Ich glaube, wir sind uns einig, dass bei extrem schwerwiegenden Verbrechen (Terrorismus, Kinderporno-Ringe, Morde) eine Komplettauswertung des Handys durchaus zulässig sein sollte. Ich bin selbst gerade als Schöffe in einem Raub-Prozess vor’m Landgericht tätig und ein großer Teil der ganzen Raubserie könnte ohne die Handy-Auswertung kaum nachgewiesen werden. Daher: Die Räuber wurden bei einem Raub schließlich in der Nahbereichsfahndung aufgegriffen und über die Auswertung der Handys (vor allem WhatsApp-Nachrichtenverläufe und Metadaten von Fotos) ließ sich eine ganze Reihe weiterer ungeklärter Raubüberfälle nachweisen.

Was mit Recht kritisiert wird, ist, dass
a) Generell die Auswertung von Handys schon bei kleinen Delikten zulässig ist
b) Das Ausmaß der Auswertung nicht im (angemessenen) Verhältnis zu den vorgeworfenen Straftaten steht

Das sind die Punkte, an denen wir mMn gesetzlich nachbessern müssen. Ähnlich wie für die Telekommunikationsüberwachung und die Online-Durchsuchung sollte eine Auswertung des Telefons nur bei Straftaten ab einer bestimmten Schwere zulässig sein. Denn letztlich greift die Auswertung des Telefons ähnlich schwer in die Privatsphäre des Beschuldigten ein wie die Telekommunikationsüberwachung oder die Online-Durchsuchung, daher ist es nicht verständlich, warum dafür geringere Schranken gelten sollen. Würde man daher für die Handy-Durchsuchung des gleichen Katalog (§ 100a StPO) nutzen wie für die Online-Durchsuchung oder die Telekommunikationsüberwachung, wären die Probleme weitestgehend gelöst.

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Ich arbeite im Bereich der Strafverfolgungsbehörden und auch mir ist Rechtssicherheit in meiner Arbeit wichtig. Eingrenzungen bei der Auswertung von Mobiltelefonen finde ich in der Praxis aber in der Hinsicht schwierig, das man vorher natürlich nicht unbedibgt weiß, wo man suchen muss. Geht es um Betäubungsmittel kann es sein, dass der Beschuldigte Codewörter benutzt und nicht zum beispiel „Kokain“ oder „Heroin“ in den Chatverläufen schreibt. Auch Bilder vom Btm können sich in versteckten ordnern in der Galerie befinden. Aus demselben Grund gibt es ja auch bei Durchsuchungsbeschlüssen in der Regel kaum Einschränkungen.

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Die Frage ist tatsächlich, welchen „Privatsphäre-Schutzwert“ wir dem Smartphone zuordnen und welche „Notwendigkeit für die Effizienz der Strafverfolgung“ dem entgegen steht. Abhängig von der Beurteilung wird man zu dem Schluss kommen, ab wann eine Smartphone-Durchsuchung erlaubt sein soll.

Zieht man den Vergleich zur Hausdurchsuchung ist die Schwelle noch vergleichsweise niedrig, weil Hausdurchsuchungen teilweise schon bei Bagatelldelikten durchgeführt werden (z.B. bei der „Pimmelgate-Affäre“ um Andy Grote).

Zieht man den Vergleich zur Telekommunikationsüberwachung oder Online-Durchsuchung, wären wir beim gleichen Straftatenkatalog, also im § 100a StPO. Dann wäre die Durchsuchung nur bei erheblichen Straftaten erlaubt und folglich auch „grenzenlos“ zulässig (wenn solche Straftaten im Raum stehen ist die vollständige Durchsuchung wohl zulässig).

Ich persönlich bin der Meinung, dass die Schwelle für Hausdurchsuchungen grundsätzlich höher liegen sollte (Hausdurchsuchungen wegen Beleidigung, wie in der Pimmelgate-Affäre sind einfach nicht verhältnismäßig!) und wäre auch hier für ein Angleichen an die Katalogstraftaten aus § 100a StPO. Dann würde sich die Frage bei Smartphone-Auswertungen auch nicht mehr stellen.

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Zunächst einmal muss ich einigen Vorredner beipflichten: Auch ich habe sehr gestutzt, als von der „konsensualen Beziehung“ zwischen einem 18-jährigen und einer 13-jährigen gesprochen wurde. Nicht umsonst geht der Strafgesetzgeber davon aus, dass unter 14-Jährige noch nicht reif genug sind im Sinne einer sexuellen Selbstbestimmung, so dass Sexualkontakte mit unter 14-Jährigen völlig unabhängig von einer „Konsensualität“ strafbar sind. Auch ich finde, dass hier Kindesmissbrauch bagatellisiert wird.

Inhaltlich würde ich gerne noch zwei Dinge anmerken: Wenn der Polizei vorgeworfen wird, sie kopiere die kompletten Inhalte der Handy, dann muss man differenzieren: Die von der Polizei vorgenommene sog. „Spiegelung“ des Gerätespeicher, also der Download der gespeicherten Daten, läuft über ein Gerät, das verhindert, dass die Daten auf dem Handy verändert werden. Nur so sind die kopierten und dann später ausgewerteten Daten auch belastbar, da man dem Vorwurf vorbeugt, es seien Dateien „untergejubelt“ worden. Über dieses System ist meines Wissens aber eben nur die vollständige Spiegelung möglich, also das Kopieren des gesamten Speichers. Ein selektives Kopieren / Herunterladen geht in diesem Fall gerade nicht. Das wäre nur möglich, wenn der Betroffene seine Zugangsdaten preisgibt und dann das Telefon händisch durchsucht wird, z.B. nur einzelne Chats. Gegebenenfalls wäre es im Rahmen der Recherche sinnvoll gewesen, einen Forensiker der Polizei insofern zu hören?
Davon unberührt bleibt natürlich die Frage, ob man die so gesicherten Daten auch vollständig durchsucht. Um die geht es hier. Man darf also der Polizei nicht zum Vorwurf machen, die kopiere die gesamten Daten völlig unselektiert, da dies eben technisch nicht anders möglich wird.

Und schließlich will ich nur noch einen Denkanstoß geben: Bei einer Wohnungsdurchsuchung würde doch auch niemand auf die Idee kommen, den Umfang der Durchsuchung einzuschränken. Auch hier werden regelmäßig Zufallsfunde gemacht. Auch hier ist der Intimbereich des persönlichen Lebens betroffen, sogar meines Erachtens in noch größerem Maße als bei einer Sichtung des Handys. Und bei Wohnungsdurchsuchungen kommt doch auch niemand auf die Idee, deren Umfang einzugrenzen. Wieso dann beim Handy? Nur so ein Gedanke…

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Ja, theoretisch kann auch der Sex einer 14-jährigen mit einem 13-jährigen strafbar sein, praktisch sollte aber klar sein, dass wirklich niemand ein Interesse daran hat, hier strafrechtlich zu ermitteln. Dafür gibt es auch § 176 Abs. 2 StGB:

Das Beispiel mit der 18-jährigen und dem 13-jährigen (ich vertausche hier bewusst die Geschlechter, um den Fall weniger „klischeemäßig“ zu machen) ist eben in dem Punkt absurd, dass der Sex am 01.10.2024 eine schwere Straftat sein kann, aber am 02.10.2024, wenn der 13-jährige Geburtstag hat, plötzlich in Ordnung ist. Bei so scharfen Grenzen, bei denen ein einzelner Tag über viele Jahre Gefängnis entscheiden kann (obwohl unbestritten ist, dass der 13-jährige nicht plötzlich über Nacht ein anderer Mensch wird) ist es relativ klar, dass man immer sehr genau hinschauen muss, ob eine strafrechtliche Intervention nötig ist. Von Kindesmissbrauch würde ich in solchen Fällen nicht sprechen wollen, dazu ist das Wort „Kindesmissbrauch“ zu sehr eine Kanone, mit der auf eine (zwangsläufig willkürliche) Altersgrenze geschossen wird. (Ich sage nicht, dass Sex zwischen einer 18-jährigen und einer 13-jährigen Person immer okay ist, ich sage nur, dass wir da über Grenzfälle sprechen, bei denen wir im Hinblick auf das Gerechtigkeitsempfinden doch sehr schnell in’s Straucheln geraten sollten, wenn es um derart fixe Grenzen geht…). Egal, Sexualstrafrecht sollte nicht der Kern der Debatte sein.

Wenn das so ist, gebe ich dir Recht, dass eine vollständige Spiegelung dann sinnvoll ist. Ein Grund mehr, die Handy-Durchsuchung nur bei schwerwiegenden Straftaten zuzulassen, also den Maßstab des § 100a StPO hier anzusetzen.

Doch, selbstverständlich. Eine Wohnungsdurchsuchung muss immer verhältnismäßig sein. Das bedeutet z.B., wenn ein Durchsuchungsbeschluss mit dem Ziel ergeht, eine vermisste Person zu finden (weil man davon ausgeht, die Person hält sich in dieser Wohnung auf oder wird dort gar festgehalten), wäre es unverhältnismäßig, Bereiche zu durchsuchen, in denen sich offensichtlich keine Person aufhalten kann. Und auch bei einer Hausdurchsuchung muss - ähnlich wie bei der Telekommunikationsüberwachung - die Intimsphäre der Betroffenen, so weit wie möglich, gewahrt bleiben.

Aber ich zitiere dazu einfach mal die Homepage einer Anwaltskanzlei (keine Werbung!):

Also ja, auch Durchsuchungsbeschlüsse dürfen dem Prinzip der Verhältnismäßigkeit folgend nicht „ausufernd“ sein, auch wenn genau das in der Praxis vermutlich oft ein Problem ist. Die generelle Aussage jedoch, dass niemand auf die Idee kommen würde, einen Durchsuchungsbeschluss zu beschränken, ist mMn nicht haltbar.

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Von mir auch noch ein paar Anmerkungen zum Beitrag: Handy auslesen

  1. Es gab auf den Datenspuren zum Thema „staatliche Überwachung“ einen Vortrag:
    https://www.youtube.com/watch?v=717XfmnThDY

Da geht es die ersten 20 Minuten um beschlagnahmte Telefone. Danach auch um Funkzellenabfrage und Telekommunikationsüberwachung.

  1. Ich komme (basierend auch auf diesen Vortrag) zu anderen Schlussfolgerungen, gerade wenn man sich auch die Tabelle anschaut. Was Cellebrite aufbekommt:
    x.com

A) Sie kriegen auch alle modernen iPhones auf, nur halt im Zustand AFU. Die meisten Handys die sie beschlagnahmen werden wahrscheinlich an (und untschlüsselt) sein. Im Podcast hörte es sich so an, als hätten sie mit moderneren iPhones Probleme, bzw dass neuere Geräte gerade „Work in Progress“ sind, was auch nicht stimmt. Grundsätzlich stimme ich natürlich zu, dass iPhones sicherer sind als Android.

B) Was ich auch gar nicht verstehe, dass dann nicht auf GrapheneOS verwiesen wurde. Das kriegen sie halt gar nicht auf und ist das sicherste (siehe auch dazu der Vortrag): x.com

C) Ich verstehe auch nicht die Aussage von Linus Neuman, der sagt „mein Handy ist sicher, es kommt nur auf das Verhalten der Leute an“. Die Tabelle oben zeigt ja ganz klar, was sie aufbekommen…

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Eventuell noch ein weiterer Aspekt: Im Rahmen der Verhältnismäßigkeit des Vollzugs eines Wohnungsdurchsuchung ist gerade die Erfolderlichleit eine entscheidender Faktor: Händigt die betroffene Person die Beweismittel aus, die Ziel der Durchsuchung sind, ist der weitere Vollzug unverhältnismäßig. Selbiges würde doch für die Durchsuchung eines Dmartphones gelten. Entsperrt der betroffene das Telefon und zeigt das fragliche Bild oder den möglicherweise inkriminierten Chat vor zwecks Sicherung, wäre auch hier die Durchsuchung des gesamten Gerätes - auch ohne gesetzliche Regelung - unverhältnismäßig. Hier greift der Hinweis des süddeutschen Amtsrichters, man solle auf keinen Fall das Handy entsperren, eventuell etwas zu kurz.

Das mag ein Theorie-Praxis-Problem sein.

Ich kann mir leider zu gut vorstellen, dass die Polizei in der Praxis eben doch den ganzen Arm nimmt, wenn der Beschuldigte den Finger ausstreckt. Gerade wenn das von dir vorher gesagte stimmt und es eigentlich nur die komplette Spiegelung zwecks Beweismittelsicherung gibt, ist es doch eher fraglich, ob Polizei und Staatsanwaltschaft beim freiwilligen Entsperren des Smartphones sagen würden: „Okay, kopier nur das eine Bild, das der Beschuldigte freiwillig gezeigt hat, und gib ihm das Gerät zurück“.

Also du magst Recht haben, dass ein guter Verteidiger die komplette Spiegelung dann als unverhältnismäßig angreifen würde, aber zum einen ist es dann zu spät, zum anderen ist fraglich, ob Unverhältnismäßigkeit vorliegt, wenn tatsächlich nur die komplette Spiegelung eine hinreichend rechtlich wasserdichte Beweissicherung ermöglicht (denn nach dieser Argumentation wäre die Spiegelung ja gerade „notwendig“).

Zunächst zur Vergleich der Wohnungsdurchsuchung: Das Beispiel mit der Suche nach einer vermiasten Person hinkt, denn hier wird die Durchsuchung regelmäßig wohl nicht nach strafprozessualen Vorschriften erfolgen, sondern nach polizeirechtlichen. Dann stellt sich die Situation ohnehin nochmal anders dar. Im strafproezessualen Bereeich erfolgen die meisten Durchsuchungen doch bei beschuldigten Personen nach Paragraph 102 StPO. Und während zunächst bei der Frage der Anordnung der Durchsuchung natürlich die Frage der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen, gilt für den Vollzug dass zunächst die gesamte Wohnung durchsucht werden darf, soweit sie dem Beschuldigten zuzuordnen ist - dem entspricht die Durchsuchung des gesamten Speicherinhalts eines Handys. Für Durchsuchungen einer regelt die StPO sogar ausdrücklich in Paragraph 108: „Werden bei Gelegenheit einer Durchsuchung Gegenstände gefunden, die zwar in keiner Beziehung zu der Untersuchung stehen, aber auf die Verübung einer anderen Straftat hindeuten, so sind sie einstweilen in Beschlag zu nehmen.“ Es braucht gerade keine (gesonderte) richterliche Anordung hierfür. Und es erschließt sich mir einfach nicht, warum das bei Handys anders zu beurteilen sein sollte. Immer vorausgesetzt natürlich, wir reden über ein bei einer Person, die einer Straftat verdächtig ist, beschlagnahmtes Mobiltelefon…

Beides ist möglich. Es ist lediglich ein Beispiel, das zeigt, dass durchaus Beschränkungen bei Durchsuchungen möglich sind.

Wobei hier, wie oben zitiert, durchaus eine Beschränkung für den Bereich der persönlichen Gegenstände gilt, die offensichtlich keinen Bezug zu den Ermittlungen haben. Wie gesagt, es geht hier um die Grundsatzdiskussion, ob eine Hausdurchsuchung immer „völlig grenzenlos“ ist. Und hier lautet die Antwort durchaus: Nein, auch innerhalb der Hausdurchsuchung gibt es - teils schwammige, relativ schwache - Grenzen. Aber es gibt sie.

Dass Zufallsfunde erlaubt sind wurde nicht bestritten. Ob Zufallsfunde so generell erlaubt sein sollten wird jedoch auch bei der Hausdurchsuchung schon lange kritisiert, gerade wenn es um Bagatelldelikte geht. Nach dem Motto: „Wir durchsuchen bei der Letzten Generation wegen Bildung einer kriminellen Vereinigung und stellen dann - vor der Teillegalisierung - ein paar Gramm Cannabis fest. Ha, Strafverfahren!!!“. Insofern kann es nicht verwundern, dass die GFF, CCC und andere Akteure für Freiheitsrechte den Status Quo auch bei der Handyauswertung sehr kritisch sehen.

Wie gesagt, es ist eine kriminalpolitische Debatte. Das Argument: „Das System ist auch bei der Hausdurchsuchung kaputt, also gibt’s keinen Grund, bei der Handydurchsuchung kritischer zu sein“ ist für Kritiker des Status Quo definitiv kein gutes Argument.

Ein anderer Grund, den man aufführen kann, ist, dass die Daten auf Mobiltelefonen regelmäßig noch tiefer in die Privatspähre einer Person eingreifen, als die Daten, die man bei einer Hausdurchsuchung gewinnen kann. Aus einem Telefon kann man teilweise ganze Bewegungsprotokolle (Google Maps Timeline z.B.) ziehen, man kann im Prinzip eine retroaktive Abhörung bis Jahre in die Vergangenheit damit erreichen (Chatverläufe von Anbietern wie WhatsApp). Vor allem vor dem Hintergrund der retroaktiven Abhörung ist wie gesagt zu diskutieren, ob ein Vergleich mit der Telekommunikationsüberwachung nicht nähe liegt, folglich wie für diese der Katalog aus § 100a StPO auch Voraussetzung sein sollte. Auf diesen Standpunkt habe ich mich gestellt, wobei ich dazu sage, dass mMn auch für Hausdurchsuchungen dieser Katalog gelten sollte.

Das Problem mit den Katalogtatbeständen ist doch aber auch die häufig leider handwerklich mangelhafte Arbeit der Gesetzgebung bei Gesetzesänderungen, siehe nur der Streit um die Verwertbarkeit von Kryptohandy-Daten bei Fällen der Einfuhr mehrerer hunderte Kilo Cannabis (34 Abs. 3 Nr.4 KCanG ist keine Katalogtat des 100b StPo mehr). Wenn hier nicht sauber gearbeitet wird, führt die Bezugnahme auf Kataloge regelmäßig dazu, das (auch schwerwiegende) Straftaten nicht aufgeklärt werden können. Insofern würde ich immer flexiblere, am Einzelfall orientierte (und der richterlichen Prüfung unterliegende) Lösung plädieren…

Ich würde ja eher fordern, dass bei der Gesetzgebung sauberer gearbeitet wird und wenn Fehler bei der Gesetzgebung passieren, diese schneller beseitigt werden.

Die Frage ist, welche Forderung realistischer ist: Weniger fehler und eine bessere Fehlerkultur bei der Gesetzgebung oder mehr Einzelfallüberprüfungen, die auch tatsächlich gewissenhaft erledigt werden.

Denn die Problematik bei Durchsuchungsbeschlüssen ist jetzt schon, dass man häufig aus der Praxis hört, dass die Unterschrift des Richters auf Grund der großen Zahl von Anträgen und der allgemeinen Arbeitsbelastung eher eine Formalie ist, daher die Richter schon jetzt nicht immer die Zeit finden, tatsächlich den Einzelfall zu betrachten, wie er es eigentlich verpflichtet wäre (und wie es eigentlich zum Schutz der Rechte der Betroffenen notwendig wäre). Noch mehr vor allem noch alltäglichere Dinge unter einen Richtervorbehalt zu stellen ist gerade in Zeiten akuten Personalmangels bei den Gerichten möglicherweise auch nicht die beste Lösung.

Das Argument mit etwaigen Gesetzeslücken kann daher nicht überzeugen. Wenn mal ein Fall wegen unsauberer Gesetzgebung nicht aufgeklärt werden kann ist das sicherlich ärgerlich, aber auch kein Weltuntergang. Dann ist mMn jedenfalls eher der Gesetzgeber gefragt, solche Gesetzeslücken zu schließen, als dass man alles einer (dem Charakter nach immer ein Stück weit willkürlichen!) Einzelfallbewertung unterzieht, weil man sich nicht zutraut, korrekte Kategorie-Bewertungen zu schaffen, die zumindest Rechtssicherheit schaffen würden.

Was ist denn eigentlich mit den Daten, die in den jeweiligen Clouds gespeichert werden?

Müsste die Polizei nicht von Apple oder Google ein jeweiliges Back-up des Handys bekommen, wenn sie es anfragt? Oder wenn ein Richter das verlangt?

Ein Auto ist kein Handy, aber ich weiß von mehreren Fällen (zum Beispiel hier), wo Tesla die Filmsequenzen zu Unfällen an Ermittlungsbehörden weitergegeben hat.

Zur Erläuterung: wenn ein Tesla einen Unfall hat (vermutlich, wenn die Airbags auslösen) dann werden die letzten 30 Sekunden von allen Kameras an Tesla gesendet. Diese Daten dienen eigentlich dem Training des FSD, aber sie sind halt nun mal da und können auch von der Polizei eingesehen werden.

Ja, die meisten (seriösen) Cloud-Anbieter haben eine entsprechende Passage in ihren AGB, dass sie mit Strafverfolgungsbehörden kooperieren und Daten ggf weitergeben. Der Mailanbieter mailbox.org veröffentlicht zum Beispiel in seinem Transparenzbericht die Art und Anzahl der Anfragen im Vorjahr.

Dagegen und gegen Leaks und andere Pannen ist man allerdings geschützt, wenn man ein verschlüsseltes Backup hat. Entweder durch manuelles Aktivieren (zB bei iCloud, standardmäßig deaktiviert) oder separate Software (zB Backupsoftware wie restic oder Cloud-Verschlüsselungs-Tools wie Cryptomator oder Boxcryptor)

Es gibt natürlich auch Cloud-Anbieter, die damit werben, wegen ihres Unternehmenssitzes im Ausland keine Anfragen beantworten zu müssen - wie vertrauenswürdig diese Anbieter und ihre Versprechen dann sind, muss jeder selbst entscheiden. Das ist ähnlich wie bei der Diskussion um VPNs.