LdN 401: Dänemark Migrationspolitik

Du (und die politisch Linke) machst dafür komplett die Aufnahmegesellschaft verantwortlich, die Rechte schiebt die Schuld auf die Migranten.
Beide Positionen sind meiner Meinung nach unvollständig.
Wenn man sich z.B. die türkische Community anschaut, dann wird denen von Erdogan und den ihm unterstellten Moscheen seit Jahrzehnten eingebläut, sich nicht zu sehr zu integrieren.
Erdogan redet von der Überlegenheit des Türkentums, von der Reinheit des türkischen Blutes, davon, dass Muslime nur untereinander heiraten dürfen u.s.w…
All dies ist sicher nicht hilfreich, um sich als Mensch mit türkischem Background in Deutschland einzubringen. Und dann kommen die Ausgrenzungserfahrungen durch die Aufnahmegesellschaft noch hinzu.

2 „Gefällt mir“

In deinen folgenden Beispielen zeigst du zwei Schuldige auf, die „ausgrenzende Aufnahmegesellschaft“ und die türkische Staatsführung, die du zu Recht kritisierst (und die auch aus der politisch linken Richtung stets kritisiert wird). In beiden Fällen liegt die Schuld aber nicht bei den Migranten, sondern bei denen, die auf sie einwirken. Insofern stimme ich dir zu, dass Migranten es wegen solcher toxischer Einflüsse der Aufnahmegesellschaft ebenso wie der Herkunfsgesellschaft schwierig haben. Eine Schuld der Migranten sehe ich darin jedoch gerade nicht.

1 „Gefällt mir“

Vor allem, wenn man sich mit manchen Hintergründen dieser Zahlen nicht befassen zu wollen scheint. @Margarete hat schon einige Gründe genannt, wieso die Gruppen unterschiedlich ausfallen können. Dazu kommt, dass es auch für manche Länder vereinfachte Verfahren gibt, um in Dänemark zu arbeiten. Z.B. gibt es für junge Menschen aus ausgewählten Ländern (und die sind nicht alle westliche Länder) die Chance erst mal vereinfacht nach Dänemark zu kommen und zu arbeiten [1]. Ja, das Beispiel ist erst mal immer 1 Jahr pro Person, aber es zeigt, dass es auch anders geht und diese Menschen dürften auch danach einfachere Chancen gegenüber den anderen Ländern zu haben in Dänemark bleiben zu können. Gemeinsam dürften die betroffenen hier alle haben, dass sie danke der Chance zu Arbeiten quasi von Tag eins einen „positiven“ ökonomischen Beitrag leisten.

[1] New to Denmark

1 „Gefällt mir“

Wie gesagt, die Graphik habe ich als Antwort auf die am Anfang gestellte Frage gepostet, ob durch die rigide Migrationspolitik die Sozialausgaben für Dänen gestiegen seien. Auch wenn die Graphik dabei die Frage nicht konkret aufgreift, so bietet sie doch eine faktische Grundlage anhand derer man den Vorteil für den Sozialstaat sieht. Lediglich ob das „gesparte“ Geld für höhere Sozialausgaben verwendet wird, bleibt offen.

Im Gegensatz dazu, dreht sich der Großteil der Diskussion hier um faktenlose Einschätzungen oder allgemeine Probleme und hat kaum etwas mit der Ausgangsfrage zu tun.

2 „Gefällt mir“

Öhm … nein.

Die Schuld in Bezug auf die Türken ist zuallererst bei der Aufnahmegesellschaft Westdeutschlands zu suchen, das ist richtig, aber Integration ist schon immer eine Sache von beiden Seiten, heißt ab dem beginnenden Familiennachzug hätten beide Seiten an der Integration arbeiten müssen.

Ich bin mit einer Gruppe Wanderarbeiter nach Schweden gekommen, bei mir mit dem Ziel zu bleiben, die anderen wollten nach Projektende weiter ziehen.

Heißt ich hab mich von Anfang an um Kontakt zu schwedischen Arbeitskameraden bemüht, die anderen nicht. Soweit ja auch völlig in Ordnung, aber wenn die schwedischen Leute den Kontakt verweigert hätten, ist es sehr schwer sich irgendwo zu integrieren.

Das ist der Teil den die Aufnahmegesellschaft zu leisten hat und den die Rechten komplett ignorieren/ablehnen.

Ich vermute dass du den Teil zu den Aufgaben der Migranten bei den Linken einfach nicht wahr nimmst, bzw. auch dass der nicht sehr gut kommuniziert wird.
Die Sozialdemokraten hier in Schwedennsind da deutlich konkreter, dass es der Mitarbeit beider Seiten bedarf um Erfolg zu haben.

Wofür stehen WIR denn? Die Mehrheiten verschieben sich gerade ganz gewaltig. Tusk hat heute verkündet. das EU Asylrecht auszusetzen.

1 „Gefällt mir“

Wir Demokraten, nehme ich an.
Jeder, der immer härtere Maßnahmen beschließen möchte, die das Asylrecht einschränken, sollte sich fragen, ob er wirklich den demokratischen Rechtsstaat aushöhlen möchte. Das ist zwar leicht, wenn es andere betrifft und gefährdet, aber letztlich bauen wir alle doch auf diesen Rechtsstaat.

Das kann nicht passen. Keiner wird bestreiten, dass Sozialdemokraten, Christdemokraten, Liberale und Grüne demokratische Parteien sind. Und alle diese wollen Maßnahmen gegen irreguläre Migration und für die Ausweisung abgelehnter Asylbewerber verschärfen.

Ich verstehe @Daniel_K s „wir“ und uns eher als Verweis auf die Menschen im linksliberalen Sektor. Diese Gruppe schrumpft gerade aber in atemberaubender Geschwindigkeit.

2 „Gefällt mir“

Das Fehlen insb. gering qualifizierter Ausländer die überall in Europa Teller waschen, Essen ausliefern etc. ist sicherlich ein Grund für die hohen Lebenshaltungskosten, da Lohnkosten für diese Jobs steigen sodass auch Einheimische bereit sind solche Jobs zu übernehmen

Nein finde ich ganz klar nicht. Ich weiß aber auch nicht, wo ich gesagt habe, dass ich die Maßnahmen alle gut finde. Ich habe Effekte einfach nur ohne Wertung beschrieben.

Ob man für den demokratischen Rechtsstaat einsteht oder nicht, bestimmt sich nicht nach Pateinamen, sondern nach Inhalten.

1 „Gefällt mir“

Dann bleibt aber immer noch die Frage, ob drastische Abschottung die Lösung ist (wobei in Dänemark vieles an den Sanktionen, die abschrecken sollen auch in Wahrheit gar nicht so schlimm ist) oder ob es nicht sinnvoller wäre Menschen einfach schneller und gut zu integrieren. Der von dir mit eingebrachte Artikel zeigt das Problem doch wunderbar. Es wird die Familie Tumeh aufgeführt. Von der Ankunft in 2001 aus dem Irak bis zur permanenten Aufenthaltsgenehmigung in 2020 hat es 19 Jahre gebraucht. Dazu scheinen die Eltern gut ausgebildet gewesen zu sein und mussten offensichtlich komplett andere, einfache Tätigkeiten ausführen. Das ist kein Einzelfall, wenn im diesem Fall aufgrund der anscheinend sehr guten Ausbildung der Eltern vermutlich ein Extrembeispiel.

Gerade da auch Dänemark keine komplette Abschottung wird realisieren können ist es doch umso wichtiger an der Stelle etwas zu tun, die man sonst noch sinnvoll beeinflussen kann. Das ist eben die Integration in den Arbeitsmarkt zu vereinfachen. Ich habe den Eindruck, dass es da in Dänemark schon besser ist als in Deutschland, aber bis Menschen arbeiten können dauert es doch lange und dann oft eben nicht entsprechend ihrer Ausbildung.

Verrohung durch Hetze, Angebot von einfachen Lösungen, Gebetsmühle. Heute hat Tusk uns vorgeworfen, von den Migranten, also Merkels Politik , gezielt profitiert zu haben, so wie Amerika jahrelang von der Einwanderung profitiert hat. Niemand sieht die Gewinner durch Unterbringung, Einkäufe der Migranten. Wir meckern über die noch nicht arbeitenden ukrainischen Frauen u Kinder, freuen uns aber nicht über 200000 arbeitende Ukrainer:innen.

1 „Gefällt mir“

Um die Ecke" die Maßnahmen zeigen der Bevölkerung, dass man alles tut …"

Also auch die hässlichen Dinge die man selber vermeiden wöllte.

Auf Deutschland bezogen: erst hat man zugesehen, dass die Ausländer unter sich bleiben, weil man sie nicht als Nachbarn haben will und da sich dass jetzt als Problem erweist verschiebt man sie per Anordnung.

Kann man auch anders fordern: es gibt ja Wohngebiete die sozial am unteren Ende rangieren (auch hier quasi Parallelgesellschaft, denn solche Nachbarschaften funktionieren in der Regel anders als die Reihenhaussiedlung) also ordnen wir jetzt Vermischung an und sagen Reihenhausbewohnern sie müssen in den Sozialblock ziehen, damit die aus dem Sozialblock in das Reihenhaus ziehen können.

Und hej, damit zeigen wir doch der Bevölkerung, dass wir bereit sind alles zu tun um die sozial abgehängten Wohnviertel als Problem zu lösen …

Selbe Situation, selber Lösungsvorschlag, nur wären die Reaktionen ganz andere.

Da hätte ich ja gerne mal eine Liste von dir welche Maßnahmen du warum als nicht so schlimm erachtest.

Durchmischung von Wohnvierteln ist tatsächlich durchaus erstrebenswert, aber ich glaube, die erreicht man durch gute Stadtplanung, z.B. geschickte Verteilung von Sozialwohnungen, vernünftiger Mietpreisdeckel etc.

1 „Gefällt mir“

Da habe ich mich zu unklar ausgedrückt. Ich wollte nicht sagen, dass einiges, was in Dänemark auf dem Papier möglich ist in der Praxis nicht so krass umgesetzt wird. Es ist also auch viel Symbolpolitik dabei und wir sollten uns nicht vormachen, dass wir das alles kopieren kopieren sollten, um die Lage „zu verbessern“. Z.B. wird oft angeführt, dass es in Dänemark keine Geldleistungen gibt. Das ist schlicht falsch und eigentlich schon lange so bekannt [1]. Trotzdem gibt es in Deutschland immer wieder Verweise, dass es doch woanders auch nur Sachleistungen gibt.

Damit will ich andere andere Maßnahmen gar nicht in Abrede stellen oder als nicht so schlimm darstellen. Ich wollte nur zum Ausdruck bringen, dass wir eben nicht einfach sagen sollen, die Dänen machen es doch auf diese Weise und das ist dann auch erfolgreich (im Sinne von weniger Migration). Es gilt vielmehr auch dort, dass man sich anschauen muss, wie Dinge wirklich umgesetzt werden.

[1] Doch, in Dänemark bekommen Asylbewerber weiterhin Geld

Oh das Ziel (Durchmischung) ist durchaus gut und erstrebenswert, nur das Mittel das die Dänen gewählt haben ist schlecht, da es mit der Brechstange jahrzehntealte Nachbarschaften zerstört.
Hinzu kommt, dass es keine Berücksichtigung der tatsächlichen Mischung gibt, sondern nur Europa und Nicht Europa, heißt es spielt keine Rolle ob da Asiaten, Araber und Afrikaner mit Dänen friedlich zusammenleben. Einzig die Tatsache dass es mehr wie 30% nicht Europäer sind reicht aus um die Behörden tätig werden zu lassen.

1 „Gefällt mir“

Yo. Ich wollte die dänische Vorgehensweise auch nicht verteidigen.

Es ist schon ziemlich grotesk, wie einige …„argumentieren“ und was sie vorschieben, um weniger Menschen aufzunehmen.

Am Beispiel von Deutschland lässt sich einiges zeigen.

Weniger als sechs Prozent der Schutzsuchenden wurde der Schutzstatus (vorübergehend) abgelehnt:

Bei 83 % von ihnen war eine Duldung im AZR registriert, das heißt die Abschiebung wurde vorübergehend ausgesetzt.

Was alles unter Duldung fallen kann, wird hier näher erläutert:

Dass Ablehnungen darüber hinaus oft unzureichend begründet werden, ist hier nachzulesen:

Wer substanziell weniger Schutzsuchende aufnehmen will, kann dies, das sollte deutlich geworden sein, nur, wenn unsere humanitären Standards geschliffen werden. Menschenwürde würde damit im Kern abgeschafft, da sie zum Privileg weniger würde.

Wer das will, soll das auch offen bekennen. …

Falls nicht, kann man sich überlegen, wie man jemanden, der reale Konsequenzen und wahre Absichten verschleiert, bezeichnen würde.

2 „Gefällt mir“

@Daniel_K bezog sich in meiner Interpretation auf D. Da würde ich anfangen mit dem GG, mit besonderem Gewicht auf den Grundsätzen der Art. 1 und 20 GG, die von der „Ewigkeitsklausel“ in Art. 79 Abs. 3 GG umfasst sind. Dann vermutlich, da besonders programmatisch, wenngleich nicht rechtlich bindend, die Präambel des Grundgesetzes.

Wenn es um die EU geht, dann Art. 2 und 3 des EU-Vertrages.

Das sind natürlich keine rechtlichen Formalitäten, sondern ist gegründet auf einer kulturellen und historischen Entwicklung. Einige nennen es Errungenschaften oder Fortschritt, Du hast oben einige dieser kulturellen Elemente ja auch bereits angepriesen. Ich weiß nicht, wie weit ich mit „Fortschritt“ und ähnlichen Begriffen genau gehen möchte. Ganz vorsichtig würde ich es mindestens ein Erbe nennen, das wir verantwortungsvoll weiterentwickeln müssen, wenn wir unsere Eigenschaft als moralische Wesen und unsere zufällige Geworfenheit in diese schon geschaffene Welt annehmen wollen.

Was ich sagen will, auch wenn das abstrakt und nach hehren, aber leeren Worten klingen mag, ist eigentlich, dass wir uns diese Frage stellen können, aber die Kulturgeschichte uns einfach schon eine Menge auf den Weg gibt. Wir müssen uns nicht alles neu beantworten und dabei hinter schon geschaffene Fundamente zurückfallen (Mist, jetzt bin ich doch beim „Fortschritt“ gelandet :D).