LdN 401: Dänemark Migrationspolitik

Ich hab da leider keine Zahlen. …

Die AfD und das BSW sagen ja nicht, euch geht es besser. Sie sagen, den anderen soll es schlechter gehen und da liegt die Sozialdemokratie in Dänemark ja voll auf Kurs. Wäre fast spannender zu fragen, was fordern denn dann noch die Rechtsextremen in DK, wenn die Regierung schon so weit geht?

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Punkt 1, meine Antwort bezieht sich nicht auf die historische Verantwortung Deutschlands im Bezug auf den Kolonialismus.
Punkt 2, nach zwei Weltkriegen und der Weltwirtschaftskrise den wirtschaftlichen Erfolg Deutschlands am Kolonialismus fest zu machen, das würde ich doch gerne mal Quellen sehen.

Das ist aber schon eine äußerst pessimistische Sichtweise. Das es nach den fetten Jahren auch mal wieder magere Jahre gibt, das muss ja nicht per se schlecht sein. Vielleicht erinnert sich dann auch mal wieder eine breite Masse daran, dass eine gute Lohntüte oder auch das Bürgergeld und volle Supermärkte kein gottgegebener Zustand sind und man sich Wohlstand tagtäglich kollektiv erarbeiten muss. Das wunder mich tatsächlich immer, insbesondere auch hier im Lage Forum. Die meisten Themen muss man sich leisten können. Wenn deine Prognose für dieses Land eintritt, dann wird es wirklich schwer noch etwas zum Besseren zu bewegen.

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Dann setz in Gedanken noch den Marshallplan hinzu. Etc. Ich halte es für eine selbstverliebte Erzählung, dass Deutschland sich alles selbst erarbeitet habe. Es gehört auch jede Menge Glück dazu.

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Das ist derzeit so, aber ist ja kein Muss. Die SPD könnte ja diese Sichtweise vertreten und entsprechende Gesetze beschließen. Sie stellen derzweit den Kanzler, habe ich gehört. Stattdessen wurden nichteinmal No Brainer wie automatische Arbeitserlaubnis bei fehlendem Widerspruch umgesetzt.

Naja, nur ein Zehntel der Asylanträge pro Einwohner. Und was im Podcast als Fail beschrieben wurde, ist keiner: wenn man keine asylbewerber will und nicht will, dass die die kommen sich integrieren, dann ist jeder gut ausgebildete der woanders hingeht ein Erfolg der Methode.

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Die abgeschreckten Flüchtlinge sind untergetaucht oder in andere europäische Länder ausgewichen. Sie sind keinesfalls in ihren Heimatländern geblieben.
Wo bleibt der europäische Gedanke? Ist sich jeder Nationalstaat wieder selbst der nächste? Wenn man die Flüchtlinge gerecht auf die Länder aufteilen würde, soweit das möglich wäre, wäre es ein Plus für jedes Land. Ich empfehle an dieser Stelle mal wieder „Das nomadische Jahrhundert“ von Gaia Vince. Migrationsbewegungen erweisen sich fast immer als positiv für die aufnehmenden Länder.

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Bezüglich der Frage des dänischen Sozialstaats und der Entwicklung in den letzten Jahren wird sich vermutlich schwer ein kausaler Zusammenhang zwischen der allgemeinen Entwicklung und den Maßnahmen bei der drastischen Begrenzung der Einwanderung im Vergleich zu Deutschland feststellen lassen. In beiden Ländern ist der Anteil der Ausgaben für Soziales zuletzt angestiegen. Also so einfach sagen zu können den Dänen geht es besser, weil durch weniger Migration mehr Geld für Sozialausgaben vorhanden ist, wird nur schwer bis unmöglich nachweisbar (so gerne Rechte in Deutschland so etwas als einfachen Fakt vertreten mögen).

Was aber gegenüber dem deutschen Sozialsystem anzumerken ist, ist das vieles in Dänemark grundsätzlich erst mal anders läuft. @Christian87 hat ein paar Punkte genannt, wobei man dazu aber auch wieder Einschränkungen erwähnen muss. Dänemark hat dort in der Vergangenheit das System auch immer restriktiver gestaltet, dass ist aber schon in den 2000er und Anfang der 2010er Jahre erfolgt, weil man auf den demografischen Wandel reagiert hat. Das Sozialsystem gewährt sehr viele Mindestleistungen, aber es ist inzwischen allgemein anerkannt, dass es oft notwendig ist zusätzlich private Versicherungen abzuschließen. z.B. ist das Gesundheitssystem steuerfinanziert und prinzipiell gratis. Viele Dinge, wie Zähne sind darin nicht enthalten und viele Medikamente oder Physiotherapie (wo in Deutschland Zuzahlungen bestehen, aber eben Anteilig), sind ohne zusätzliche Versicherung komplett selber zu zahlen. So sind ca. 2,7 Mio Menschen dort in der zusätzlichen Versicherung Sygeforsikring Denmark [1]. Dazu bieten auch viele Arbeitgeber ihren Angestellten zusätzliche Leistungen. Es gibt also auch in Dänemark wie in Deutschland eine Form der Zweiklassenmedizin, mit schnelleren Arztterminen oder einer umfassenderen Versorgung für diejenigen, die es sich leisten können. Die Nummer an Menschen mit einer solchen Zusatzversicherung ist in den letzten Jahren immer weiter angestiegen.

Auch die Arbeitslosenversicherung ist anders aufgebaut als in Deutschland. Es gibt eine staatliche Sozialversicherung, da würde ich aber soweit gehen, dass das auch nicht viel besser als die Grundsicherung in Deutschland ist und auch sehr viel mehr Sanktionen umsetzbar sind. Viel wichtiger ist die freiwillige Arbeitslosenversichrung über die A-Kasse (arbejdsløshedskasse) [2]. Hier bekommt man nach einer Mindesteinzahlungsdauer über maximal 2 Jahre bis zu 90% des Lohns (mehr als in Deutschland) aber das ist aktuell auf knapp 20.000 Kronen (ca. 2700 Euro und damit geringer als das Maximum in Deutschland) gedeckelt.

Was ein wesentlicher Faktor sein dürfte, dass es vielen Menschen besser geht als in Deutschland, ist das der hohe Lebensstandard durch vergleichbar höhere Löhne gerade in Branchen mit in Deutschland sehr geringen Löhnen deutlich höher sind. Es sich also dadurch viele Menschen schon mehr leisten können als in Deutschland.

[1] https://www.sygeforsikring.dk/membership
[2] What Is A-Kasse In Denmark? - The Copenhagen Post

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Glück gehört zweifellos dazu.

Aber Nomax hat schon einen Punkt. Du könntest nämlich selbst den Kausalitätscheck deiner Aussage machen. Ein Teil Deutschlands hatte nämlich keinen Marshallplan und litt darüber hinaus auch noch heftigst unter Reparationszahlungen, für die der Besatzer im Zweifel sogar Produktionsanlagen demontierte und verschiffte.

Dieser Teil Deutschlands hat sich im Vergleichszeitraum dennoch besser entwickelt als viele Länder des globalen Südens. Es kann also nicht nur am Marshallplan gelegen haben. Ich würde daher empfehlen weitere Faktoren in die Gleichung einzufügen. Was ist mit kulturellen Konflikten, hoher organisierter Kriminalität, einer schwachen Regierung, (zu) hohem Bevölkerungswachstum, das wirtschaftliche Kapazität bindet und vielem mehr?

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Welcher Teil? Die DDR? Da würde ich mal ein großes Fragezeichen setzen.

Aber ehrlich: Kommt jetzt bitte auf Dänemark zurück.

Recht hast du. Es braucht eine nachhaltige europäische Lösung. Aber bei der politischen Stimmung wird das nicht zur Verteilung sondern zur Abschottung führen.

Das trifft erst mal nur auf die BRD zu. Hat aber auch nichts mit Kolonialismus zu tun, wie du es unterstellt hattest. Und nein, Es ist halt kein Glück. Sonst würde ja viel mehr Länder dieser Welt auch mal „Glück“ haben. Solange die Mehrzahl der Länder nichts für good governance tut, gegen Korruption kämpft, das Gemeinwohl über das Wohl (und die Taschen) des Einzelnen stellt, solange wird es keinen nachhaltigen Aufschwung und Verbesserung der Lebensbedingungen in den Ländern geben. Und solange wird es auch Fluchtbewegungen geben. Vielleicht sollte es einfacher werden die Lebensumstände im eigenen Land zu verbessern, als in die Welt zu ziehen. Das wäre mal ein Ansatz der dann auch allen Beteiligten helfen würde.

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Natürlich hat es etwas mit dem Kolonialismus zu tun, dass es vor allem den sog. westlichen Staaten gut geht.
Agree to disagree.
Wir können diesen Diskussionsstrang wirklich beenden.

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Vlt. hilft diese Themenreihe bei positiven Visionsbildung beim Thema Migration

Es geht auch anders! Visionen für eine Migrationspolitik der Zukunft #Arbeit | Boell Calendar

Ich fand auch dieses Interview mit Gilda Sahebi [1] sehr wichtig.
Ein paar Gedanken, die ich daraus mitgenommen habe:

  1. Der Wert eines Menschen hängt nur von einer einzigen Sache ab: von seiner Existenz.

  2. Wer absolute Kontrolle/Sicherheit verspricht, der lügt. Wir müssen lernen, damit umzugehen.

  3. Wenn man Salz auf dem eigenen Fuß verschüttet, ist das kein Problem. Hat man dort jedoch eine offene Wunde, brennt es natürlich und es liegt nahe, dem Salz die Schuld zu geben. Die aktuellen Herausforderungen in Migration/Integration sind allenfalls ein Indikatrr, der uns aufzeigt, wo es in unserer Gesellschaft hapert, sie sind aber keinesfalls die Ursache für marode Infrastruktur, kaputtes Bildungs- und Gesundheitssystem, schwächelnde Wirtschaft etc.

Bei Punkt 3 hinkt der Vergleich meines Erachtens etwas, da wir ja sogar auf Zuwanderung (das Salz) angewiesen sind, um die angesprochenen Probleme (Die Wunde. Fachkräftemangel, Infrastruktur, Bildung, Gesundheit) zu lösen. Dennoch bringt es mE die Absurdität der aktuelle Debatte auf den Punkt.

[1]

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Genauso wie der wirtschaftliche Erfolg nicht nur am Kolonialismus festgemacht werden kann, kann der Effekt des Kolonialismus auch nicht einfach negiert werden.

Mögliche Effekte gehen dabei über die reine Existenz deutscher Kolonien hinaus. Die bis heute andauernde wirtschaftliche Schwäche ehemaliger Kolonien (egal welchen Landes) bietet im globalen Handel selbstverständlich fundamentale wirtschaftliche Vorteile für die westlichen ehemaligen Kolonialmächte.

Das ist doch ein absolut schiefer Vergleich. Da die Länder des globalen Südens keinen Marshallplan hatten, kannst du nicht wissen, wie es ihnen mit Marshallplan gegangen wäre. Genauso ist die Ausgangssituation in Ostdeutschland nach dem Krieg ja nicht die selbe wie in allen Ländern des globalen Südens. Auch hier kann man also nur schwer irgendwelche konkreten Vergleiche ziehen.

Tja und jetzt kann man sich natürlich fragen, ob ein Teil dieser Probleme nicht durch koloniale Grenzziehung, wirtschaftliche Ausbeutung und negative koloniale Erfahrung mit westlichen Staatsformen noch verstärkt werden. Vom Verhalten von Akteuren wie der EU, dem IWF und der Weltbank ganz abgesehen…

Natürlich entlässt das die Länder nicht aus ihrer Selbstverantwortung.
Trotzdem ist es zumindest etwas wohlfeil zu behaupten, dass man einfach inhärent besser darin sei, etwas zu erwirtschaften, wenn man als westlicher Staat in Europa, u.a. in der Vergangenheit zB von den USA massiv unterstützt wurde (finanziell und state building) und vor dem Weltkrieg ja auch bereits eine einflussreiche Macht war. Die Ausgangssituationen sind einfach völlig andere.

Super und wie? Als Person, die selbst nie in einem instabilen und wirtschaftlich bankrotten Staat aufwachsen und leben musste, sagt sich das leicht.

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Zurück zu Dänemark:

Man kann Dänemark für den Verrat an der europäischen Idee kritisieren und eine europäische Lösung verlangen, aber dafür sollte man sich zunächst vergewissern, welche Positionen die einzelnen Länder vertreten. Ich kenne kein Land, das noch den Merkel-2015-Kurs der offenen Grenzen verfolgt. Neben Deutschland sind auch alle skandinavischen Länder von ihrem anfänglichen Kurs abgerückt. Wenn hierzulande selbst die SPD unter einem Kanzler Scholz mittlerweile migrationskritisch auftritt, sehe ich keine Möglichkeit, wie wir Länder wie Ungarn oder Italien davon überzeugen wollen, sich wieder stärker zu beteiligen.
Wenn Deutschland meint, sich hier dauerhaft gegen die Mehrheitsmeinung in der EU zu stellen, befürchte ich, dass das europäische Projekt ernsthaft Schaden nehmen könnte. Das Schließen der Binnengrenzen in Dänemark oder der Krieg vor der Haustür sind Symptome eines Auseinanderdriftens, das uns ernsthaft Sorgen bereiten muss.

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Demokratie in komplexen Strukturen wie der EU kann aber auch nicht bedeuten, dass nur weil überall alles nach Rechts kippt, jeder andere auch mitmachen muss. Ebenso wie Ungarn klare außenpolitische Positionen vertritt, die der Großteil der EU klar ablehnt, kann Deutschland durchaus auch klare migrationspolitische Positionen vertreten, die andere EU-Länder ablehnen.

Politik heißt nicht, seine Fahne immer in den Wind der Mehrheit zu hängen, sondern eben auch, dafür zu kämpfen, was man für Gerecht hält. Einigkeit in der EU ist wichtig, gar keine Frage, aber nicht um jeden Preis. Wenn die EU keine Meinungsverschiedenheiten über zentrale politische Kurse aushält, befürchte ich nicht, dass sie „Schaden nehmen könnte“, sondern dann wäre sie einfach bereits irreparabel geschädigt. Das glaube ich aber nicht.

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Ich glaube nicht, daß die deutschen Positionen 2024 in zentralen Punkten so unterschiedlich von Ungarn oder Dänemark sind. Die letzten Landtagswahlen lassen erahnen, wo wir nach der der nächsten Bundestagswahl, wohl unter einem Kanzler Merz, stehen werden.

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Die abgeschreckten Flüchtlinge sind untergetaucht oder in andere europäische Länder ausgewichen. Sie sind keinesfalls in ihren Heimatländern geblieben.

Hier wäre es interessant zu wissen, was passieren würde, wenn ganz Europa so restriktiv wäre. Würden Flüchtlinge dann nicht mehr nach Europa kommen? Wenn man bedenkt, dass flüchtlingskritische Tendenzen europaweit (zurecht?) erstarken, wäre das eine wichtige Information. Denn wie gesagt: Aus dänischer Sicht wurde das Ziel ja erreicht.

Wo bleibt der europäische Gedanke? Ist sich jeder Nationalstaat wieder selbst der nächste?

Ist halt die Frage, was hier der europäische Gedanke ist. Wenn die Mehrheit der europäischen Länder gegen hohe Flüchtlingszahlen ist (wovon ja weitaus nicht jeder tatsächlich einen anerkannten Fluchtgrund hat), dann wäre es gegen den europäischen Gedanken, Flüchtlinge „anzulocken“.

Migrationsbewegungen erweisen sich fast immer als positiv für die aufnehmenden Länder.

Das steht zum Widerspruch zu der Aussage des Wirtschaftswissenschaftlers, der vor Kurzem in der Lage interviewt wurde und der meinte, dass Flüchtlinge wohl weder eine negative noch positive Auswirkung auf die deutsche Wirtschaft haben werden.

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Gut das ich fast ein Jahrzehnt in Ländern des globalen Südens gewohnt habe. Alles Länder in der zweiten Hälfte des HDI rankings. By they way. Es gibt auch Länder ohne koloniale Historie, zum Beispiel Äthiopien…aber das sprengt jetzt den Rahmen.

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Politik heißt nicht, seine Fahne immer in den Wind der Mehrheit zu hängen, sondern eben auch, dafür zu kämpfen, was man für Gerecht hält.

Demokratie in komplexen Strukturen wie der EU kann aber auch nicht bedeuten, dass nur weil überall alles nach Rechts kippt, jeder andere auch mitmachen muss.

Richtig. Aber nur weil man seine Meinung ändert, heißt das nicht, dass man dies nur tut, weil die Mehrheit es auch tut. Wenn viele Länder nach „rechts“ kippen, dann hat das ja vielleicht einen anderen Grund als einfach nur „ist halt gerade cool“.

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Heißt Demokratie in komplexen Strukturen wie der EU nicht aber auch, dass sich Individualinteressen der Nationalstaaten möglicherweise hinter der Mehrheitsmeinung der Mitglieder anstellen müssen?

Soll heißen, wenn die Mehrheit der Staaten es kritisch sehen, dass Deutschland sich migrationsfreundlich positioniert und damit Migrationsanreize nach Europa setzt, muss dann Deutschland nicht vielleicht irgendwann seinen moralischen Kompass an den Nachbarn und Freunden anpassen? Für diese Frage ist auch unerheblich, ob es diese Anreize tatsächlich gibt.

An dieser Stelle interessiert mich, ob es andere EU Staaten gibt, die eine migrationsfreundliche Politik in der EU unterstützen oder fordern. Mir scheint, dass der deutsche Weg von 2015-2022 mittlerweile von allen Nachbarn abgelehnt wird. Aber vielleicht nehme ich das auch falsch wahr.

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