LdN: 392 Idee: Maximalen Erbbetrag einführen

Was ich im Erbschaftssteuer-Diskurs vermisst habe, ist die Frage nach einem maximalen Betrag, den ein Mensch in seinem Leben erben kann.
Ich sehe auch, dass man den Menschen hohe und komplizierte Erbschaftssteuern nicht erklären kann.
Wie wäre es stattdessen mit folgender Regel: Jeder Mensch darf innerhalb seines Lebens zum Beispiel maximal 10 Millionen Euro in Geld oder Sachleistungen erben.

Beträge bis zu bestimmten Summen werden gar nicht versteuert, und darüber hinaus gibt es klare und einfach zu versteuernde Abgaben ab, sagen wir, 3 bis 10 Millionen Euro. Alles darüber hinaus wird mit 100 % versteuert.

Das Problem mit dem Vorschlag sind - wie so oft beim Thema Erbschaftssteuer - die Unternehmen.

Für Erbschaften von anderen Vermögensgegenständen ist das Ganze recht unproblematisch, aber wenn man dem Familienunternehmen mit diesem Vorschlag faktisch erklären würde: „Wenn der Inhaber des Unternehmens tot ist, fällt das Unternehmen an den Staat“ wird es viel Widerstand geben. Und natürlich würden liberale Wirtschaftswissenschaftler argumentieren, dass das auch schlecht für die Wirtschaft wäre, weil der Staat kein guter Unternehmer sei (was zumindest bezogen darauf, wie ein Staat notwendigerweise agiert (Stichwort: Bürokratie) einen wahren Kern hat, aber eine ganz andere Diskussion ist).

Die Problematik beim Erbrecht ist grundsätzlich, dass die „richtig großen Erbschaften“ in der Regel aus Unternehmen bestehen, kein Mensch hat Milliarden auf dem Bankkonto rumliegen. Deshalb muss man gerade die Idee eines maximalen Erbbetrags von dieser Warte aus denken.

Das heißt übrigens nicht, dass ich gegen derartige Ideen bin. Sie brauchen lediglich viel mehr Substanz, wie genau der Erbfall bei Unternehmen aussehen soll, insbesondere im Hinblick auf verschiedene Unternehmensformen.

Bei einer Aktiengesellschaft ist das vermutlich noch am einfachsten. Also die Anteile der Quandts einfach an den Staat fallen zu lassen (der diese dann wieder langsam verkauft, so langsam, dass der Kurs nicht zusammenbricht, und sich in der Zwischenzeit bei Abstimmungen enthält) ändert am operativen Geschäft der Unternehmen wenig, das wird ohnehin vom Vorstand geführt.

Bei den typischen Familienunternehmen, in denen der Erblasser und deren Kinder maßgeblich das operative Geschäft bestimmen, wird das hingegen schwieriger (nicht: unmöglich!). Wenn daher der Eigentümer-jetzt-Erblasser bei einer GmbH oder einer Kommanditgesellschaft (z.B. die ganzen Unternehmen der Schwarz-Gruppe; Lidl, Kaufland) stirbt und die Kinder jeweils nur 10 Millionen ergeben können, fallen plötzlich Milliardenbeträge an den Staat. In diesem Szenario kann man sich natürlich vorstellen, dass der bald-Erblasser in den letzten Jahren alles versuchen wird, irgendwie seine Pfründe zu sichern (oder schlicht aus Desinteresse das Unternehmen zu Grunde gehen lässt…). Also hier muss einfach eine ganze Menge bedacht werden.

Gleichzeitig kann man diese riesigen Unternehmens-Erbschaften, die wie gesagt den absoluten Großteil aller Mega-Erbschaften ausmachen (oder sogar alle?), bei der Erbschaftssteuerdiskussion auch nicht einfach übergehen, weil dann natürlich jeder reiche Mensch sein Geld für den Erbfall in Unternehmen packen wird.

Lange Rede, kurzer Sinn:
Ich denke auch, dass wir massiv höhere Erbschaftssteuern gerade auf für Unternehmenserbschaften brauchen, aber wir sollten nicht der Versuchung nachgeben, zu denken, dass es simple Lösungen für dieses Problem gibt.

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Danke für den Input. Ich sehe auch, dass Unternehmen die Hauptproblematik darstellen.

Trotzdem glaube ich, dass es nicht schädlich ist diese Mega Erben dazu zu „zwingen“ ihre Unternehmen sowie die Gewinne auf mehrere Nutznießer zu verteilen. Hier kann man ja auch überlegen Regelungen einzuführen, die Langjährige Mitarbeitende Beteiligungen einräumen.
Das Argument kein Mensch braucht mehr als x Millionen Euro zieht glaube ich trotzdem.

Mal angenommen dieses System hat keinerlei Lücken und Umgehungsmöglichkeiten (was schwer vorstellbar ist) dann wird man damit das Ziel sicher erreichen, dass niemand mehr als einen bestimmten Betrag erbt.
Was man bei der 100% Steuer immer beachten sollte, ist dass die zu versteuernden Beträge kaum erst entstehen werden. Denn was ist der Anreiz für jemanden, ein Vermögen aufzubauen, von dem man weiß, es wird zu 100% versteuert?
Sprich, wenn ich nach Abzug aller Freibeträge noch 100.000 übrig habe, die an den Staat gehen würden, dann mache ich mir doch lieber einen schönen Lebensabend damit. Würde der Betrag dagegen nur mit 20% versteuert, dann würde ich ihn ggf. lieber vererben und die Steuern zahlen. Sprich für die Einnahmen des Staates würde eine 100% Steuer wenig bringen.

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Ich glaub, der Charme höherer Erbschaftsteuern liegt in der Nachhaltigkeit. Der vorliegende Vorschlag „schlachtet die Kuh“ in einer Generation. Danach ist Ende. Das System sollte aber so ausgestaltet sein, die Kuh zu melken und nicht zu schlachten…

(Sorry für das, für Veganer unsensible Beispiel)

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Einen schönen Lebensabend macht man sich ja wohl über Konsum in diesem Beispiel, also gehen da ja auch 19% Umsatzsteuer an den Staat. Insofern kann man die Erbschaft ruhig auch höher besteuern.

Dann wäre mein Vorschlag, dass Familienunternehmen dieser Größe einfach gar nicht mehr erlaubt werden. Das löst auch schnell das Problem mit Unternehmenserbschaften.

Wir sollten uns von diesem archaischen Feudalsystem langsam mal verabschieden.

Zumindest wenn man sich den in Deutschland macht. Aber ja im Prinzip schon. Aber von was hätten wir denn gesellschaftlich mehr? Wenn der Vererbende bis zu seinem Ruhestand hart arbeitet und das Geld in ein Unternehmen steckt, das er dann seinem Erben vermacht. Oder wenn der Vererbende gar nicht mehr arbeitet, weil er ja genug Geld hat und gar nicht alles vererben kann.
Es hat halt beides Vor- und Nachteile. Im einen Fall wird sehr viel neuer Wert erschaffen, der Besitz selbst bleibt aber in den Händen der Reichen. Im anderen Fall wird sehr wenig neuer Wert erschaffen, der Besitz ist danach aber gleicher verteilt.
Mit einer geschickt gewählten Erbschaftssteuer kann ich erreichen, dass weiter der Anreiz besteht, Vermögen aufzubauen und dafür zu arbeiten und gleichzeitig die Möglichkeit da ist dieses teilweise umzuverteilen.

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Das überschüssige Geld kann ja in Zukunftsentwicklungen gesteckt werden.
Obwohl Deutschland das Zukunftsvermögen der Unternehmen in besonderem Maße schützt, ist Deutschland hier nämlich international weit zurück.

Ich dachte eigentlich, dass wir als Gesellschaft zu weniger statt mehr Konsum kommen wollten?

Anyway, mich erinnert das an die französische Reichensteuer aus den 2010ern, die in einem Desaster endete weil erst einige Vermögende das Land verließen und in der Konsequenz so viele Schlupflöcher ins Gesetz gebaut wurden, dass sie kaum mehr griff.

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Genau. Es wäre viel besser wenn solche Unternehmen im Besitz amerikanischer oder chinesischer Investoren, des norwegischen Staatsfonds oder was auch immer wären.

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In einer idealen Welt würde ich mir das auch wünschen, die Frage, die aber die Realpolitik beschäftigt, ist, ob das auch in der realen Welt funktioniert. Wie gesagt, ich bin absolut nicht gegen eine deutlich höhere Erbschaftssteuer, als jemand, der nie etwas erben wird (und auch deshalb das aktuelle System extrem ungerecht findet), rennst du bei mir da offene Türen ein. Mein Mitleid mit Erben, wenn sie darüber klagen, dass sie etwas von dem, was sie ohne eigene Anstrengung erhalten, an die Gemeinschaft abgeben sollen, ist extrem begrenzt.

Dennoch muss ich mir die Frage stellen, ob das Institut des Erbens in unserer aktuellen Gesellschafts- und Wirtschaftsordnung eine nützliche Funktion erfüllt. Das hängt ganz maßgeblich davon ab, wie sehr man den eher liberalen Ökonomen glauben mag, dass dieses „freie Unternehmertum“ der Familienunternehmen gesünder sei als z.B. ein reines Aktiensystem - und wie wichtig Anreize dafür sind, solche Familienunternehmen erfolgreich über Generationen zu führen. Ich maße mir nicht an, wirklich überzeugende Antworten auf diese Fragen zu haben, die haben mMn nichtmal die Experten auf diesem Gebiet (weil die Wirtschaftswissenschaften mir eben doch einen Ticken zu ideologisch sind).

Daher: Wenn du das Erbschaftssteuerproblem der Familienunternehmen dadurch lösen willst, dass es gar keine Familienunternehmen mehr gibt, musst du dich natürlich fragen, was die Konsequenzen einer solchen Wirtschaftsordnung wären. Letztlich bedeutet das, dass du unsere ganze Wirtschaftsordnung umbauen möchtest, um eine Erbschaftssteuer einzuführen. Ich glaube, es wird schon sehr schwer, Mehrheiten für eine vernünftige Erbschaftssteuer zu bekommen, wenn wir an diesem Punkt das Ziel auf den kompletten Umbau der Wirtschaftsordnung setzen, werden wir vermutlich nicht einen einzigen Schritt voran kommen. Daher denke ich nicht, dass das der Weg sein sollte. Lieber erstmal eine Erbschaftssteuer, die überhaupt einen relevanten Effekt hat, die dafür aber wenigsten realistisch ohne die ganz große Revolution umsetzbar ist.

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Nö. Ich möchte unsere ganze Wirtschaftsordnung umbauen. Dass das dann die Erschaftssteuer leichter macht, ist nur ein netter Nebeneffekt.

Man sollte auch nicht so tun, als seien Aktiengesellschaften dann die einzige Alternative. Ich würde auf jeden Fall für eine massive Stärkung von Genossenschaften plädieren.

Ich wünschte, es gäbe klare gesellschaftliche Mehrheiten dafür, zumindest einen Teil des Eigentum an Unternehmen auf die Belegschaft zu übertragen. Also ich bin da ganz bei dir, Genossenschaften fände ich auch prima, wer über Jahre am Erfolg eines Unternehmens mitarbeitet, sollte auch einen Teil des Unternehmens besitzen.

Aber diese Diskussion sollten wir dann wirklich in einem anderen Thread führen. Wie gesagt, der Widerstand gegen eine ernsthafte Erbschaftssteuer-Reform ist schon gewaltig, der Widerstand gegen die komplette Neuordnung unseres Wirtschaftssystems weg vom Kapitalismus und hin zu einem partizipativen Wirtschaftssystem wäre jedoch noch um ein vielfaches größer. So ziemlich jedes Großkapital in diesem Land würde Sturm laufen und auch unsere Verbündeten (vor allem die USA, aber auch die EU) würden mit allen Mitteln dagegen kämpfen… wir reden hier wirklich über revolutionäre Systemänderungen (mit allen ihren Risiken).

Du willst Unternehmen mit einem Wert > 10 Mio. Euro in der Hand eines Gesellschafters, > 20 Mio. in den Händen von 2 Gesellschaftern, etc. verbieten? Dein Ernst? Das würde dann weit über 50% aller Unternehmen in Deutschland ausradieren. Kein ernstzunehmender Vorschlag!

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Die Frage ist ja dann schon mal warum es heute nicht schon mehr Genossenschaften wie du sie dir vorstellst gibt. Es wäre ja auch heute möglich.

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Ich hege starke Zweifel, ob das Konzept mit dem Grundgesetz vereinbar wäre. Sehr hohe Erbschaftssteuer (z.B. 75%) sicherlich schon. Aber konfiskatorische Steuersätze? Ich glaube nicht.

Muss aber auch nicht sein, es gibt andere Möglichkeiten das selbe Ziel (Verhinderung von intergenerationeller Vermögensakkumulation) zu verhindern.

Das eine Element ist sicher eine ernsthafte Erbschaftssteuer mit eine effektiven Besteuerung hoher Vermögen im Erbschaftsfall im Bereich 30-50%. Das dürfte auch aus Verfassungssicht machbar sein.

Und dann eine Vermögenssteuer mit progressiven Steuersätzen, die eine Vermögensakkumulation oberhalb bestimmter Beträge über lange Zeiträume effektiv unterbindet. Zum Beispiel 8% p.a. auf Vermögen über 50 Millionen Euro.

Zuletzt noch die konsequente weltweite Durchsetzung dieser Steuern (wie es z.B. die USA tun) bei allen Steuerpflichtigen, inklusive angemessener (= sehr hoher) Abgeltungszahlungen bei Versuchen, den Steuern durch Abgabe der deutschen Staatsbürgerschaft zu entgehen.

Wenn die Stellschrauben an diesen Instrumenten richtig eingestellt werden, dann ist extremer Wohlstand eine Begünstigung der eigenen Kinder (als Motivation für Leistung) weiterhin möglich, aber de fact unantastbare Vermögen, die auch über Generationen hinweg völlig der Umverteilung entzogen werden, sind es nicht mehr.

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Ich halte es mit Philip: Der Begriff „Erbschaftssteuer“ ist falsch. Auch wenn ich „Dynastie-„ oder „Clan-Steuer“ nicht glücklich finde - das Ding muss einen anderen Namen = Framing bekommen.

Wie wäre es mit folgender Regelungen: Die ersten 1 Mio. Erbschaft sind steuerfrei („Omas Häuschen“), Erbschaftsbeträge zwischen 1 bis 10 Mio. werden mit 10% besteuert. Damit sind wahrscheinlich > 80% aller Menschen von dieser Steuer gar nicht oder wenig getroffen.

Erbschaftsbeträge ab 10 Mio. werden mit 50% (oder sogar noch höher) besteuert. Alle Ausnahmen und legale Umgehungsmöglichkeiten werden ersatzlos gestrichen.

Die Vergütung von Management und Beratern von Unternehmen, die Stiftungen gehören, wird begrenzt. Andere Umgehungstatbeständige werden mit ähnlichen Reglungen „zu gemacht“.

Erben von Unternehmen mit Beschäftigen können ihre Erbschaftsschuld mit einem Prozentsatz vom Jahresüberschuss nach persönlicher Steuer, mindestens aber einer rechnerischen Tilgungsrate auf 30 Jahre begleichen. Die Erbschaftsschuld wird mit entsprechenden Anteilen am Unternehmen besichert.

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„Ausradieren“ ist natürlich so ein Framing. Ich stimme zu, dass die Debatte nicht wirklich hierher gehört. Aber hier sieht man wohl den „Konservatismus des Alltags“ in Aktion.

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Vielleicht muss dieser Vorschlag nochmal genauer erklärt werden. Wahrscheinlich geht es ja darum, dass der Besitz eines solchen großen Unternehmens nicht in der Hand einer einzelnen Person liegen sollte. Das hätte natürlich auch Auswirkungen, aber nicht die, dass solche Unternehmen verschwinden.