Zum Glück funktioniert Demokratie so nicht und es gibt immer mehr als nur ein Thema, weswegen die Leute ihr Kreuz machen.
Überfremdung, Sicherheitsgefühl und Statuserhalt sind DIE bestimmenden Themen, die Leute bei ihrer Wahlentscheidung beeinflussen, Klimawandel hat stark an Einflussnahme verloren. Wenn du als Partei den Leuten das Gefühl gibst, nicht auf sie zu hören oder ihnen erzählst, dass ihre Wahrnehmung nicht der statistischen Realität entspricht, wirst du halt nicht gewählt. Exakt so funktioniert Demokratie.
Demokratie funktioniert schon so, dass Leute entsprechend ihrer Meinungen wählen. Aktuell wählen viele Leute eher rechts/konservativ. Ich finde das nicht so gut, da ich sozialdemokratische Politik gut finde. Und dann muss man sich doch Gedanken machen, wie man wieder mehr Prozente für die eigene Seite gewinnt? Oder übersehe ich was?
Das war die Idee;). „Die Leute“ sind meines Erachtens nach sehr aufgeklärt und gerade nicht nur ein Spielball der Medien. Und sie schweigen ja Gerade nicht mehr. Das ist ja das Problem. Sie wählen rechts. Und das finde ich schade und mache mir Gedanken, wie man wieder mehr Leute für linke Parteien begeistert. Und ich meine, die Migrationspolitik spielt hier eine große Rollen.
Hier sehr gutes Imterview mit EU-Polotiker Erik Marquardt:
Nichts davon wirst du los indem du die Grenzen dicht machst. Denn die meisten Themen kommen ja daher, dass die Gesellschaft nicht mehr den Zusammenhalt wie früher. Wir sind einfach individueller, selbstbezogener und egoistischer geworden. Das liegt vor allem an unserem Wohlstand. Die meisten wissen das auch, geben es nur nicht gerne zu.
Es wird den Umfragen, der AFD, der BILDzeitung nachgerechnet und immer krasser Vorschläge gemacht bis hin, sich doch mal an „den Elefanten im Raum“ ranzumachen und das Asylrecht zu verändern (aktuelle Pressestimmen im Deutschlandfunk) wider jede Vernunft und jedes Menschenrecht. Das ist ein Teufelskreis aus wachsenden Ängsten in der Bevölkerung, die sich aus unterschiedlichen Quellen speisen ( u.a. Verlustängste, Zukunftsängste, Kriegsängste, Wohlstandsverlust…) und hektischen, ziellosen Aktivitäten, die nicht oder so gut wie nicht zu Lösungen führen werden. Und das ist des Pudels Kern: es werden lautstark Taten angekündigt, die gar nicht umgesetzt werden können. Und das führt wieder zu Frust und der wieder zu Wahlen von rechts.
Mit anderen Worten: es ist ein Holzweg, der in die Sackgasse führt.
So verlockend griffig die populistische Idee der Abschiebung von Straftäter ist, so gefährlich ist sie auch. Natürlich liegen die Vorteile auf der Hand: Deutschland ist einen Asylanten los und spart sich auch noch die Kosten für den teuren Strafvollzug.
Hochproblematisch, denn auf diese Weise sät man den Samen für die die 2 Klassengesellschaft. Ist nur eine Frage der Zeit bis so eine Regelung „weiterentwickelt“ wird. Da braucht es nicht viel Fantasie. 2 Klassengesellschaften sind nicht so toll und wir sollten uns davor hüten aufgrund vordergründiger Vorteile in diese Richtung zu denken. Mittelbar ist das grundsätzlich ein Rezept für’s Desaster.
Leider kann ich dem aus eigener Erfahrung nur zustimmen.
Ich arbeite als angestellte Tierärztin in einer Praxis in der Nähe von Essen, mein Mann der ebenfalls Tierarzt ist, arbeitet in einer Tierklinik in der Nähe von Köln.
Leider häufen sich in den letzten Jahren Vorfälle in denen Mitarbeiter schwer beleidigt, bedroht und bespuckt werden.
Mein Chef und eine Mitarbeiterin wurden letztes Jahr brutal zusammengeschlagen weil die Mutter des Agressors angeblich von uns Tierärzt/innen respektlos behandelt wurde.
Freunde aus der Humanmedizin berichten Ähnliches.
Ich denke die Reaktion auf vermeintlich erfahrenes Unrecht ist stark kulturell geprägt.
Wir haben auch viele sozial schwache Patientenbesitzer/innen mit christlichem, jüdischem oder atheistischem Hintergrund, diese reagieren aber bei Unzufriedenheit nicht gewalttätig.
Spielst du jetzt auf DDR- oder Nazi-Vergangenheit an?
Nein. So sehr ich Rechtsradikale verabscheue aber bei den Erfahrungen die ich gemacht habe hat es sich nicht um Menschen aus der rechten Szene gehandelt.
Ich habe in muslimischen Gesellschaften gelebt und die waren im Alltag nicht gewalttätiger als die deutsche. Insbesondere gegenüber Autoritätsfiguren (Ärzte, Polizisten, etc.) ist dort der (öffentlich zur Schau gestellte) Respekt oft erheblich höher.
Nochmal: Menschen werden nicht gewalttätig oder asozial, weil sie an einem bestimmten Ort geboren wurden. Insbesondere die von euch beschriebene Gewalttätigkeit gegen Repräsentanten der öffentlichen Ordnung, Rettungskräfte etc. lässt sich auch in keiner Weise durch „kulturelle Prägung“ erklären. Der Schluss liegt höchstens bei der Gewaltbereitschaft gegenüber Frauen nahe, wobei das auch bei deutschstämmigen Menschen durchaus präsent ist.
Vielleicht hilft es sich Gedanken darüber zu machen, warum ein Mensch der in der Türkei oder in Syrien aufwachsend nie im Leben auf die Idee kommen würde einen Rettungssanitäter oder Feuerwehrmann anzugreifen, in Deutschland dazu bereit ist.
Das ist nicht mit Genetik oder „Kultur“ zu erklären, sondern nur mit dem individuellen sozialen Kontext und persönlichen Erfahrungen. Das heißt nicht, dass ich Gewalt gutheiße, aber man wird der Problematik nicht Herr, wenn man immer versucht Zusammenhänge herzustellen wo es keine gibt.
Praktisch niemand verhält sich „asozial“, wenn er oder sie sich als Teil der Gesellschaft empfindet und mit einem entsprechenden Verhalten seine als positiv empfundene gesellschaftliche Stellung verlieren würde.
Du meinst also ernsthaft, dass die Art der Sozialisation nichts mit späterem Verhalten zu tun hat? Das widerspricht so ziemlich allem, was zum Beispiel die Erziehungswissenschaft sagt. Gewalterfahrung in der Kindheit prägen das gesamte spätere Leben. Gewalttäter haben fast immer selbst Gewalt erlebt. Und Menschen, die in Bürgerkriegsländern wie Syrien oder Afghanistan aufgewachsen sind, haben unzählige Gewalterfahrungen erlebt. Das spricht erstmal nicht dagegen, diesen Menschen Schutz zu gewähren. Aber diesen Zusammenhang zu leugnen ist einfach unehrlich. Hinzu kommt weiterhin, dass Menschen aus Syrien oder Afghanistan nie stabile staatliche Institutionen erlebt haben und deshalb ein großes Mißtrauen gegen solche Institutionen und deren Vertreter haben.
Ich empfehle sehr dieses extrem differenzierte Interview eines syrischen Migrationsforscher von der Uni Saarbrücken.
Da würde mich Deine Erklärung aber mal interessieren. Denn gerade in der Türkei erfahren Syrer massiv Ausgrenzung und Rassismus.
So habe ich die Aussage von @ped überhaupt nicht verstanden. Er hat ja nur der These widersprochen, dass Verhalten vor allem von einer vermeintlichen „Kultur“ geprägt ist. Und das ist etwas ganz anderes als die Sozialisation, von der du sprichst und bei der es ja gerade um die Vermittlung zwischen Gesellschaft und Indiviuum geht.
Die Faktoren, die du ansprichst und die - soweit ich sie kenne - auch in Psychologie und Erziehungswissenschaft diskutiert werden, können zwar unter bestimmten Bedingungen (wie Krieg, Bürgerkrieg oder Diktatur) eine Vielzahl von Menschen beeinflussen, wirken aber dennoch individuell unterschiedlich. Um mal ein plattes Beispiel zu nehmen: Als Kind oder Jugendlicher Gewalt zu erfahren wird sicher das Leben eines Menschen in irgendeiner Weise beeinflussen, aber längst nicht alle, die diese Erfahrung machen mussten, reagieren darauf, indem sie selber später gewalttätig werden.
Niemand spricht über Genetik. Aber die „Kultur“ ist eng mit der individuellen Sozialisation verwoben. Die Sozialisation prägt das Handeln. Entsprechend werden Zusammenhänge erkannt die da sind.
…
Das habe ich nicht gesagt. Ich habe nur gesagt, dass sich die hier beschriebenen Verhaltensweisen nicht durch „Herkunft“ oder „Kultur“ erklären lassen.
Das Traumata zu Verhaltensauffälligkeiten führen können ist doch klar. Darum ging es aber doch in der bisherigen Debatte überhaupt nicht. Vielmehr wurde hier über das Narrativ Migration ganz allgemein diskutiert und z.B. @WilliSchmitz hat da generell angebliche Verhaltensweisen eines „problematischen Klientels“ angeprangert. Auch @Co83 hat argumentiert, dass aggressives Verhalten „kulturell geprägt“ sei. Darauf habe ich Bezug genommen. Entsprechend würde ich dich bitten, mit Vorwürfen der „Unehrlichkeit“ zurückhaltend zu sein.
Einerseits wird hier also argumentiert, dass es die Kriegserfahrung oder andere Traumata seien, die zu problematischen Verhaltensweisen führen. Andererseits ist es die aus der Kultur abgeleitete Sozialisation. Was denn nun?
Nochmal: Das jemand in Deutschland einen Feuerwehrmann im Einsatz mit Böllern bewirft, lässt sich nicht mit dessen Geburt und Sozialisation in Syrien, Tunesien, der Türkei, Marokko oder Nigeria erklären. Mal davon abgesehen, dass diese Länder extrem unterschiedlich sind, wäre dieses Verhalten dort auch absolut gesellschaftlich inakzeptabel.
Bei Bürgerkriegsflüchtlingen gibt es sicherlich Fälle der Verhaltensaufälligkeiten durch Traumatisierung. Aber einerseits stellt sich dann die Frage, warum wir als Gesellschaft dann die Schuld bei den Geflüchteten suchen, anstatt in deren mentale Gesundheit zu investieren. Andererseits sehe ich da wirklich nur schwer einen Zusammenhang mit z.B. Jugendlichen, die an Sylvester die Feuerwehr mit Böllern bewerfen. Wo ist da genau die kausale Kette, vor allem wenn viele dieser Jugendlichen in den Medien eben nicht als Geflüchtete (bzw. nicht aus Bürgerkriegsgebieten kommend) dargestellt werden.
Wir können uns doch darauf einigen, dass Syrien/ Afghanistan Länder sind, wo es seit Jahrzehnten bürgerkriegsähnliche Zustände gibt, keinerlei stabile staatliche Institutionen, eine sehr traditionalistische, religiöse Lebensweise mit starken patriarchalen, autoritären Familienstrukturen. Oder?
Und du glaubst nicht, dass dadurch bestimmte Verhaltensweisen begünstigt werden? Gerade die Kombination „eigene Gewalterfahrung“ und die -aus biographischer Erfahrung nachvollziehbaren- Ablehnung von staatlichen Repräsentanten. Das sind alles Bausteine einer kulturellen Sozialisation.
ped:
„Vielleicht hilft es sich Gedanken darüber zu machen, warum ein Mensch der in der Türkei oder in Syrien aufwachsend nie im Leben auf die Idee kommen würde einen Rettungssanitäter oder Feuerwehrmann anzugreifen, in Deutschland dazu bereit ist.“
Ich kenne keine Statistik, die irgendwas dazu aussagt. Wenn es aber so sein sollte, dann liegt es sicher nicht daran, dass Syrer in der Türkei besser behandelt werden.
Gerade in den letzten 5 Jahren wird massiv Stimmung gegen Syrer gemacht.
Es kommt immer wieder zu fast pogromartigen Ausschreitungen.
Es ist unerträglich, wenn eine Gruppe von Menschen einfach so in eine Schublade gesteckt werden.
Fast alle Flüchtlinge, fast alle Syrer, werden weder straffällig noch fallen sie irgendwie negativ auf.
Einfluss auf einen Menschen hat nicht nur das, was er erlebt hat, sondern auch die Rahmenbedingungen, in denen er lebt, und vieles mehr.
Schau dir Deutschland nach dem Zweiten Weltkrieg an: Alle hatten Schlimmes erlebt. Alles war kaputt. Und wie haben die Menschen reagiert? Sie waren froh über den Frieden… wie (fast) alle Menschen, auch Syrer, auch Afghanen.
Es gibt die Fälle, die du meinst, aber es bleiben Einzelfälle, wenn du sie in Relation zur Gesamtzahl setzt. Straftäter gehören verurteilt und bestraft. Alle anderen verdienen Respekt, Chancen, Teilhabe/Integration und eine Verbesserung eben der Rahmenbedingungen, die ihnen erst ermöglichen, beitragender Teil unserer Gesellschaft zu werden.
Weder Kulturen noch eine individuelle Sozialisation sind etwas statisches und erst recht nichts, was für alle Menschen immer gleich ist. Genau in diesem Sinn wird aber „Kultur“ häufig verwendet - vor allem in rechten und rassistischen Diskursen. Diese verstehen „Kultur“ häufig als ein vermeintlich unveränderliches Merkmal, das Menschen in einer bestimmten Art und Weise prägt. In diesem Sinne diente der Begriff nach 1945 häufig einfach als Ersatz für den verpönten Begriff „Rasse“. Nur bei solch einem statischen Verständnis von Kultur macht etwa die Formulierung Sinn, dass Menschen einer Kultur „angehören“.
Die Realität ist auch hier mal wieder sehr viel komplexer.
Die Sozialwissenschaften verstehen unter Kultur grob gesagt die Summe aller Erscheinungsformen menschlichen Daseins, etwa in Form von bestimmten Wertvorstellungen, Verhaltensweisen, Angewohnheiten, Ritualen etc. Unter Sozialisation wird der lebenslange Erwerb von Werten, Normen, Verhaltensmustern und Einstellungen verstanden, der die Übernahme einer sozialen Rolle ermöglicht.
Das heißt zum einen, wie schon erwähnt, dass sowohl Kulturen als auch die individuelle Sozialisation sich ständig verändern und dass sie individuell unterschiedlich sind. Gerade im Kontext von Migration heißt es aber auch, dass sehr unterschiedliche gesellschaftliche Einflüsse einen Menschen prägen können.
Es gibt nun mal kein Naturgesetz, das besagt, ob jemand aus einem sehr konservativen und religiösen Haushalt als Erwachsener ebenso denkt und handelt, um mal ein ganz alltägliches Beispiel zu nennen. Und ebenso lässt sich aus bestimmten gesellschaftlichen Bedingungen eben nicht ableiten, dass alle Menschen, die unter diesen Bedingungen gelebt haben, darauf auf die gleiche Art und Weise reagieren.
@Flo3 Gerade das Beispiel Türkei zeigt, dass die syirschen Geflüchteten am wenigsten für die rassistische Stimmung können. Von Anfang an (also seit 2011) hatten sie Probleme, in der Türkei Arbeit und Wohnung zu bekommen, aber es gab jahrelang keine nennenswert negative Stimmung gegen sie, auch 2015 nicht. Das änderte sich erst als Erdogan und später auch fast alle Opositionsparteien diese rassistische Stimmung forcierten und die Geflüchteten für eine Reihe gesellschaftlicher Probleme verantwortlich machten. Ein Muster, das mir irgendwoher bekannt vorkommt…