Hi,
in der Folge wurde zum wiederholten gefordert einen AfD Verbotsantrag hypothetisch zu erarbeiten. Dabei kam mir folgende Frage: wer sind die konkreten und ansprechbaren Akteure die dafür zuständig wären?
Diese Frage habe ich mir gestellt weil ich denke das es sinnvoll sein könnte eben gerade diesen Menschen Nachrichten / Briefe / Petitionen zukommen zu lassen um dieses Unterfangen zu befördern.
Es gibt eine Petition an den Bundestag: https://twitter.com/petition161
erwähnt mehrere Anträge die im Petitionsausschuss eingegangen sind.
Man hat auch eine Abgeordneten-Initiative erwähnt.
Einige Leute kümmern sich drum. Aber so ganz spruchreif ist es halt noch nirgends und die Zeit arbeitet gegen uns.
Diese „Vorbereitung“ eines Verbotsantrags wurde ja seitens Lage vor allem ins Spiel gebracht, weil man verhindern möchte, dass ein gescheiterter Antrag vor Gericht die AfD öffentlich legitimieren würde. So weit so verständlich.
Allerdings ist die öffentliche Vorbereitung eines solchen Antrags für mich auf den ersten Blick da nicht viel besser. Denn wenn ich alles öffentlich zusammentrage und dann zu dem Schluss komme, das reicht nicht - dann legitimiert das die AfD ja auch. Nur eben nicht höchst richterlich. Da wäre es schon verständlicher, wenn dieser Prozess von Profis im stillen Kämmerlein vorbereitet wird und erst an die Öffentlichkeit gelangt, wenn er Hieb- und Stichfest ist.
Wie steht ihr überhaupt grundsätzlich zu einem AFD Verbot? Dass sich diese Partei jenseits des Anstandes bewegt, müssen wir nicht diskutieren.
In keinster Weise (!) möchte ich die AFD verteidigen oder verharmlosen.
Dennoch bereitet mir ein Verbot Bauchschmerzen.
Immerhin erhalten sie 15 bis regional 30% Zustimmung aus der Bevölkerung. So wenig wie ich es wahr haben möchte, so muss man sagen sie sind in der breiten Bevölkerung angekommen.
Bei einem Verbot sehe ich die Gefahr, dass die Politikverdrossenheit und Ablehnung etablierter Parteien weiter zunimmt. Die Leute werden nicht einfach wieder die CDU wählen, sondern eine andere rechte Partei groß machen. (BASIS, Heimat oder wie sie alle heißen).
Das Argument der Lage war vor einiger Zeit, dass es zumindest einige Zeit dauern würde sich neu zu organisieren. Aber ist das in Zeiten von Telegramgruppen und X wirklich ein zäher Prozess?
Ich kann den Punkt verstehen, aber das wesentliche Kriterium für ein Parteienverbot - für das es nicht ohne Grund sehr hohe Hürden gibt - ist ja, ob sie aktiv auf eine Beseitigung der verfassungsmäßigen Ordnung hinwirkt. Falls dies bei der AfD der Fall sein sollte - und genau das soll ja so ein Verbotsantrag zeigen - wäre es aus meiner Sicht umso wichtiger, dass die Partei verboten wird, wenn sie (je nach Bundesland) 15 bis 30 % der Stimmen bekommt, als wenn es nur 2 % sind.
Dieser Schritt müsste auf jeden Fall gut vermittelt werden. Ich glaube aber, dass Politikverdrossenheit und die Ablehnung etablierter Parteien ohnehin schon so groß sind - nicht zuletzt ist das ja für viele ein Grund, AfD zu wählen. Will sagen: Ein Verbot der AfD darf auf keinen Fall das Einzige sein, womit Politik und Gesellschaft auf diese Entwicklungen reagieren. Das beste Gegenmittel gegen rechte Parteien ist immer noch eine Politik, von der sich Menschen ernst genommen fühlen - und zwar jenseits nationalistischer, rassistischer oder wohlstandschauvinistischer Parolen.
Grundsätzlich bin ich aber wie Du skeptisch, dass ein AfD-Verbot die Fragmentierung und Volatilität des Parteiensystems, die ja auch in vielen anderen europäischen Ländern zu beobachten ist, aufhalten würde. Auch werden wir uns fürchte ich mit der Existenz von Parteien rechts von der Union auch in Parlamenten abfinden müssen. Aber es könnte zumindest ein Stoppschild sein für die AfD, die momentan ja (zu Recht) den Eindruck hat, dass eine immer weiter zunehmende Radikalisierung ihr nicht schadet, sondern nützt.
Am Ende läuft dieses Argument darauf hinaus, dass Parteienverboe nie zulässig sind. Schließlich ist das NPD-Verbotsverfahren gescheitert, weil die Partei nicht genug Zustimmung in der Bevölkerung hatte, um eine ernsthafte Gefahr darzustellen.
Für mich ist eben die Frage, nimmt man das Konzept von der wehrhaften Demokratie ernst? Dann muss man auch zu Parteienverboten von demokratiefeindlichen Gruppierungen greifen. Auch wenn diese viel Zuspruch haben. Gerade wenn diese viel Zuspruch haben.
Eine Partei aufzubauen ist schon was anderes als eine Chatgruppe zu erstellen.
Das Problem löst sich auf, wenn man die AfD-Wähler:innen mal beim Wort nimmt. Die wollen unsere liberale Demokratie zerstören. Die wollen nicht zu „uns“ Demokraten gehören, sondern uns „entsorgen“. Das sind nicht Leute, die eine andere Meinung haben, sondern Feinde der Normen und Werte, die uns ein Leben in Frieden, Freiheit und Sicherheit ermöglichen. Es gibt kein Grundrecht, eine solche Partei zu wählen. So eine Partei wird auch nicht weniger unser Feind, wenn mehr Menschen sie wählen. Entsprechend gehört die verboten. Wenn die Leute, die wissentlich rechtsextrem wählen, danach politikverdrossen werden, umso besser. Mehr, als Nicht-Wähler zu werden, kann man von solchen Leuten doch realistischerweise nicht an postiviem Beitrag zum Gemeinwesen erwarten. Wenn die eine neue rechtsextreme Partei wählen, wird die eben beizeiten auch wieder verboten. Man muss sich mal grundsätzlich von der Illusion verabschieden, die Leute würden aus „Notwehr“ AfD wählen, weil sie so unzufrieden wären. Da stehen 30 Parteien auf dem Wahlzettel und die wählen Rechtsextremisten. Solche Leute kann man nicht dazu bringen, ihre charakterlichen und/oder kognitiven Mängel zu beheben, die müssen das selber wollen. Die sind aus unserer Gemeinschaft ausgestiegen und es ist nicht unsere Aufgabe oder Verantwortung, die von irgendwas zu überzeugen, sondern alle anderen vor denen zu schützen.
Sorry, aber wenn 20 oder auch nur 15 % der Bevölkerung die Demokratie zerstören oder loswerden wollen, ist das kein Problem, was sich „auflöst“, wenn man eine Partei verbietet, die das umzusetzen verspricht. Wer nicht versteht, dass eine solche „kritische Masse“ ein Problem für die gesamte Gesellschaft ist, das man nicht einfach durch Repression und Ausgrenzung „lösen“ kann, der hat m. E. die Tragweite des Problems noch nicht erfasst. Und selbst wenn man es für die richtige Strategie hielte, habe ich noch nichts darüber gehört, wie es denn praktisch funktionieren soll, 20 % der erwachsenen Bevölkerung so zu isolieren, dass alle anderen vor ihnen und ihren Ansichten geschützt sind.
Ja und nein. Inzwischen kann niemand mehr bei klarem Verstand die AfD als Protestpartei wählen. Man bekennt sich mit seiner Stimme zu rechtem/weit rechtem Gedankengut.
Nichtsdestotrotz bringt uns ein Ausschließen dieser Leute nichts, außer weiterer Radikalisierung und Polarisierung.
Letztendlich ist die Partei AfD auch nicht Ursache, sondern Symptome der aufgeheizten Stimmung im Land, die sich durch ein Verbot null komm null ändert. Was wir brauchen wäre eine Politik, die den Argumenten den Wind aus den Segeln nimmt.
Wenn wir es schaffen Asylsuchende schneller in die Arbeit zu vermitteln, sinkt der „Sozialneid“.
Wenn wir es schaffen (oder wenigstens angehen) eine Lösung für das Rentensystem zu finden, dann sinkt die Zukunftsangst.
Die ökologische Wende kostet nur Geld? Senkt die Stomkosten und die Leute werden mitgenommen.
Ein paar Prozent äußerst Rechte müssen wir immer dulden, denen kann man es nicht recht mache. Aber 19 der 20 Prozent sind mit einer Politik zurückzuholen, die aktuelle Probleme angeht statt zu vertuschen
Wofür haben wir ein Parteiverbot als Option wenn wir sie nicht nutzen bis es zu spät ist?
Wir haben hier eine Partei die mit Steuergeldern finanziert die Demokratie absägen möchte.
Das kann man nicht zulassen.
Ein Verbot würde das beenden.
Ok. Bevor ich falsch verstanden werde möchte ich noch mal klarstellen, dass ich die afd nicht verteidigen möchte. Ich habe gar nichts mit ihr gemein.
Ein Parteiverbot greift mir nur zu kurz. Klar, die Steuergeldthematik ist ein großes Argument für das Verbot. Meinetwegen verbietet die AfD gleich morgen. Aber es sollte begleitet sein durch Programme die Wähler einzufangen.
Es wäre naiv zu glauben ohne die afd gäbs keine rechten Positionen mehr (rechts der cdu)
In diesem Punkt besteht weitestgehend Einigkeit. Also in jedem Podcast, der sich mit diesem Thema beschäftigt, war das immer eine Forderung der Experten. Ein Parteiverbot löst das Problem nicht, es zerstört nur die rechtsextremen Strukturen / Finanzen, aber diese werden immer unter neuem Titel wieder aufgebaut. Deshalb muss natürlich auch etwas getan werden, um derartigem Gedankengut die Gefolgschaft zu entziehen.
Die große Frage ist immer nur, wie man das erreicht. Die einen fordern eine rechtere Politik der demokratischen Parteien (wie in Dänemark), aber das halte ich für keine Lösung. Es ist keine Lösung des Problems, die Problem-Partei zu verbieten und dann deren Problem-Politik (in etwas gemäßigter Form) selbst zu betreiben. Alle anderen Maßnahmen sind aber eben sehr langfristig - natürlich helfen Dinge wie „mehr politische Bildung“ oder „bessere Integration von Migranten“, um etwas Druck vom Kessel zu nehmen, aber das sind alles sehr diffuse Zielvorstellungen, die zu erreichen viele, viele Legislaturperioden brauchen würde.
Ehrlich gesagt halte ich das für die Quadratur des Kreises. Die einzigen schlüssigen Motive die AfD zu wählen sind doch nationalistische, rassistische und andere niedere Motive. Für diesen Teil des Bestrebens dürfen wir den Menschen aber nunmal kein Angebot machen. Dann haben die doch, was sie wollen.
Für alles außerhalb, Sozialpolitik, Wirtschaftspolitik, Klima(-Nicht)-Politik gibt es konkurrierende Angebote in der Parteienlandschaft.
Deshalb halte ich es für folgerichtig, diese Partei zu verbieten. Meinungsfreiheit ist das eine, aber wir sind nicht verpflichtet jedem eine Wahlmöglichkeit auf den Zettel zu schreiben, egal was für eine Meinung er hat.
Oder wir akzeptieren Rassismus, Faschismus und was weiß ich noch alles als legitimes Ziel und beenden die Verbotsdebatte.
Das hat ja auch niemand gefordert oder? Ich sprach ja explizit von einem Angebot jenseits solcher Ressentiments. Aber wenn man ehrlich ist, muss man eben auch anerkennen, dass auch etablierte Parteien dieses Gedankengut bedienen - etwa in Form von Standortnationalismus oder Flüchtlingsabwehr. Außerdem haben traditionell gerade die „Volksparteien“ viele Menschen mit entsprechenden "Wert"vorstellungen integriert und mussten diese dann entsprechend bedienen. Das heißt nicht, dass ich das gutheiße oder gar fordere, aber zu denken, dass es nach einem AfD-Verbot keinen Nationalismus oder Rassismus in der deutschen Politik gibt, finde ich etwas naiv.
Das ist im Kern das Argument „das vorhandene Angebot ist ausreichend und wenn die Leute es nicht nutzen, sind sie selber Schuld“. Ich würde dagegen halten, dass es ein gesamtgesellschaftliches Problem ist, wenn je nach sozialer Schicht zwischen 40 und 80% der Wahlberechtigten gar nicht mehr wählen und von denen die wählen, je nach Region, Altersgruppe und Schichte zwischen 10 und 40% Parteien wählen, die sich als „Alternative“ zum bestehenden System verstehen. Und das Problem löst man nicht durch das Argument, dass das Angebot ja „eigentlich“ ausreichend ist
Ich bin ja überhaupt nicht gegen ein Verbot. Ich bezweifle nur, dass es großartig etwas löst an den Problemen, die dazu führen, dass Leute AfD wählen, vor allem mittel- und langfristig.
Der Biograph von Ronald Reagan hat diesen vor kurzem mit Donald Trump verglichen.
„Ronald Reagan war sehr radikal in der Sprache, aber als Präsident sehr pragmatisch. Auch George H. W. Bush und George W. Bush haben sehr pragmatische Politik gemacht. Der Unterschied zu Donald Trump ist, dass er das auch tut, was er sagt.“
Ich denke, dass man das gleiche auch über die Union sagen kann. Sie, vor allem die CSU, ist sehr radikal in der Sprache, aber sehr pragmatisch in der Regierung. Die AFD dagegen will das auch wirklich umsetzen was sie sagen.
Das ist doch genauso Wunschdenken, wie der Glaube, die Wählerschaft der AfD würde sich noch für inhaltliche Argumente interessieren. Die sind längst komplett realitätsimprägniert. Die Mitte-Studien zeigen, dass ziemlich genau der Anteil der Leute, der schon immer offen für rechtsextreme Positionen war, sich nun eben bei der AfD sammelt. Vorher verteilten die sich auf die Schmuddelränder von Union, SPD und FDP, aber vor allem Nichtwähler und ein par rechtsextreme Kleinstparteien. Die sind nicht wegen der Stromkosten bei der AfD aufgeschlagen. Die haben auch nur ein Problem mit arbeitslosen Asylsuchenden, bis die schneller in Arbeit vermittelt werden, dann „nehmen die Ausländer uns die Arbeit weg“. Weil die kein sachliches Problem haben und eine irgendwie bessere Asylpolitik wollen, sondern weil das Rassisten sind, die keine Fremden im Land haben wollen. Und selbstverständlich ist die AfD zu einem erheblichen Anteil Schuld daran, wie die Stimmung im Land ist. Ohne eine erfolgreiche rechtsextreme Partei sinkt auch der Anreiz in der weniger rechtsextremen politischen Nachbarschaft, mit menschenfeindlichen Lügen um deren Wähler zu konkurrieren. Ohne eine erfolgreiche, rechtsextreme Partei würden sich nicht die ÖRR verpflichtet sehen, deren Vergiftung des öffentlichen Diskurses weiterhin Tür und Tor offen zu halten.
Es geht auch nicht um eine umfassende Ausgrenzung, sondern schlicht darum, zu unterbinden, dass sich die Charakterschwäche eines Teils der Bevölkerung politisch verwirklichen kann. Genau deswegen, weil die Autoren des GG wussten, dass praktisch keiner der Nazis irgendwelche Konsequenzen zu fürchten hatte, genau deswegen, weil sie die stabile, moralische Verkommenheit dieses Bevölkerungsanteils völlig richtig eingeschätzt haben und die Konfliktscheu der Anständigen, haben die ja die Verbotsoption eröffnet. Weil es diesen einen Teil der Bevölkerung gibt, der immer nur auf die Gelegenheit wartet, hier wieder alles in den Abgrund zu führen. Und niemand wird daran etwas ändern, weil in allen Gesellschaften, in denen das untersucht wird ein Anteil um die 20% offen für rechtsextreme Positionen ist. Es wurde doch in den vergangenen Jahren von allen möglichen Parteien alles mögliche versucht. In der Migrationspolitik sind mittlerweile praktisch alle demokratischen Parteien mit der AfD von 2015 koalitionsfähig. An welchem Punkt muss man einsehen, dass diese Leute nicht einfach eine etwas andere Politik wollen, sondern einfach keine Demokraten sind und bestensfalls frustrierte Nichtwähler werden?
Ich finde diese Argumentation aus mehreren Gründen problematisch. Erst mal finde ich es einen Widerspruch, wenn du einerseits sagst, dass der Anteil von Menschen, die offen für rechtsexreme Positionen ist, konstant bei 20 % liegt - und zwar unabhängig davon, wie die politische und wirtschaftliche Lage ist, ob es rechtsextreme Parteien gibt etc. - und andererseits davon ausgehst, diese 20 % würden politisch quasi keine Rolle mehr spielen, sobald die AfD verboten ist.
Wir sind uns einig, dass die AfD den politischen Diskurs in den letzten Jahren entscheidend geprägt hat. Ich würde aber betonen, dass sie das nicht alleine getan hat und auch gar nicht alleine hätte tun können, wenn es nicht außerhalb dieser Partei, in der Gesellschaft, in den etablierten Parteien, in den etablierten Medien so viel Resonanz für die Positionen der Partei gegeben hätte. Das fing spätestens mit dem Diskurs über die „Pleite-Griechen“ an, ging dann über Pegida und die sogenannte „Flüchtlingswelle“ 2015 - in all diesen Fällen waren es vor allem etablierte Strukturen, die mit viel Wohlwollen, Interesse und einer gehörigen Portion „das muss doch mal gesagt werden“ auf wohlstandschauvinistische, rassistische und ähnliche Ideologien reagiert haben. Das Thema Migration steht exemplarisch dafür, wie (fast) alle anderen Parteien in Reaktion auf die AfD immer weiter nach rechts gerückt sind. Zu denken, dass diese Entwicklung auf einmal stoppt, wenn man die AfD verbietet ist aus meiner Sicht bestenfalls naiv. Auch die „Mitte-Studien“ heißen ja gerade so, weil sie zeigen, dass rechtsextreme Einstellungen in der Mitte der Gesellschaft Zuspruch finden - und zwar in den letzten Jahren mit stark zunehmender Tendenz, was m. E. die These von einem konstanten rechtsextremen „Bodensatz“ widerlegt.
Zweitens finde ich es falsch, menschenverachtende Ideologien wie Rassismus als „Charakterschwäche“ zu beschreiben, weil das in meinen Augen eine Pathologisierung und damit eine Individualisierung eines Phänomens ist, das inhärent gesellschaftlich und politisch ist - wie ich eben versucht habe zu beschreiben. Und obwohl es selbstverständlich eine bewusste individuelle Entscheidung ist, eine rechtsextreme Partei zu wählen, gibt es gesellschaftlich und politisch vermittelte Gründe, warum Leute sich so entscheiden - es ist eben nicht einfach eine Frage des Charakters. Zu diesen Gründen gehören aus meiner Sicht grundlegende Emotionen wie das Gefühl mangelnder politischer Repräsentation, negative Zukunftserwartungen oder fehlendes Vertrauen in öffentliche Institutionen. Ich würde mal wagen zu behaupten, dass der Anteil von Menschen, deren politische Einstellung in diesem Sinne von einer grundlegenden Distanz gegenüber dem politischen System geprägt ist, weitaus größer ist, als der Anteil von Menschen, die rechtsextreme Parteien wählen. Aber Letztere sind meiner Ansicht nach häufig auch ein Teil Ersterer.
Wenn eine Gesellschaft ihren Anspruch, eine Demokratie zu sein, ernst meint, kann sie meiner Meinung nach nicht einfach sagen, dass 20, 30 oder 40 Prozent der Bevölkerung halt nicht wollen und dass sie dann halt Pech gehabt haben. Und selbst wenn man das richtig fände, würde es nicht funktionieren. Wenn es nicht die AfD ist, wird es in ein paar Jahren die nächste rechtpopulistische Partei sein, die vielleicht etwas geschickter mit dem Grad ihrer Radikalisierung umgeht - was das politisch bedeutet, kann man derzeit in diversen europäischen Ländern beobachten. Es dürfte nur schwer werden, diese Parteien alle zu verbieten, wenn „klassische“ Parteien nach und nach ihre Forderungen übernehmen.
Es ist nicht lange her, da haben von rechts bis links alle Möglichen Demokraten - natürlich mit ganz viel Bauschmerzen - eine EU-Flüchtlingspolitik in die Wege geleitet, die wäre vor ein bis zwei Jahren einem AfDler nur im feuchten Traum eingefallen.
Es wird beileibe nicht nur gesagt, sondern durchaus auch gemacht.