LdN 376 – RKI-Protokolle + "Corona-Aufarbeitung"

Ich finde es sehr schwierig, dem RKI bzgl der Maskenempfehlungen Fehler vorzuwerfen nach dem Zitat in der Lage.

Das RKI ist ja nicht das Bundesinstitut für Virologie und Impfung, sondern sollte ein Public Health Institut sein.

Da geht es eben auch darum, Abwägungen zu treffen, was das Gesundheitssystem am ehesten voranbringt.

Und wer (außer dem RKI als dem Ministerium nachgeordnete Behörden) hätte denn die Optionen aufzeichnen können?

Politische Entscheidungen sollten ja aufgrund wissenschaftlicher Kenntnisse getroffen werden und da gehört doch in ein Dossier rein „nehmt Masken. Das ist aktuell schwierig, also sollte spätestens dann Maskenbenutzung propagiert werden, wenn wieder mehr verfügbar sind.“

Oder hätte man sagen sollen als RKI „unbedingt Masken forcieren“, dann wären entweder noch mehr Masken gestohlen worden oder ein Teilnehmer der Konferenzen hätte irgendwo extern suchen müssen „Ah, Masken braucht man eigentlich gar nicht“.

Eine komplette Betrachtung inkl Hindernisse gehört mE zu den Aufgaben des RKI.

Ich habe diesbezüglich keinen Interessenskonflikt, arbeite dort nicht oä.

Das ist ein Fehler in diesem Fall. Woher nimmst du die Sicherheit einschätzen zu können, dass es beim Impfstoff bei der nächsten Epidemie wieder so sein wird und der Fremdschutz binnen weniger Wochen nur noch sehr klein ist.

Oder siehst du das gar nicht so, dann wäre aber die Frage was konkret man draus lernen soll.

Meine Tochter muss regelmäßig stationär ins Krankenhaus und selbst in diesem Winter gab es eine Terminverschiebung mit der Begründung, dass so viele Säuglinge und Kleinkinder mit zu niedriger Sauerstoffsättigung mit COVID stationär sind. Das mag auf den einzelnen Kinderarzt erstmal nicht viel sein, aber insgesamt eben doch. Und nicht umsonst gibt es ja auch durchaus Experten die auch Influenzaimpfung bei Kindern empfehlen würden. Und auch bei RSV ist das ja Thema.

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Es ging nicht um ein „learning“ für das nächste Mal, sondern um Reflektion von Fehleinschätzungen. Ich halte das für wichtig, denn teilweise wurden Leute als Schwurbler und Wissenschaftsleugner betitelt, die vor diesen Hintergrund die Zweiteilung von geimpften und ungeimpften hinterfragt haben.

Das ist bitter und tut mir wirklich Leid für Euch. Dennoch sind bei der Empfehlung einer Impfung von Säuglingen und Kleinkindern durch das RKI andere Kriterien anzusetzen, als bei Erwachsenen, deren Entwicklung weitestgehend abgeschlossen ist. Gerade auch was die Entwicklung des Immunsystems etc. betrifft. Solange da Unklarheiten bestehen, halte ich eine vorsichtige Haltung für richtig.

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Das fehlte mir im Podcast tatsächlich auch. Das ist etwas, über das man in einer Demokratie tatsächlich ungern spricht: Wann ist es für den Staat in Ordnung, eine falsche Information zu veröffentlichen, um damit etwas Richtiges zu erreichen, z.B. eine massive Katastrophe zu vermeiden? Kann der Zweck das Mittel heiligen, wenn es um staatliche Lügen geht?

Das amerikanische CDC hat ja ebenso wie das RKI zu Beginn der Pandemie vertreten, dass Masken nicht hilfreich wären. Hier hat man im Nachhinein aber klar gesagt, dass das eine notwendige Fehlinformation war, um eine komplette Katastrophe des Gesundheitssystems zu verhindern.

Hätte man seitens CDC / RKI von Anfang an gesagt, dass Masken extrem wichtig und hilfreich sind, wären die Maskenpreise sofort explodiert. Die ohnehin begrenzten Vorräte wären noch schlimmer gehamstert worden als Klopapier und Desinfektionsmittel (wir erinnern uns: Es wurde massiv Desinfektionsmittel aus Krankenhäusern geklaut…), der Staat hätte ein massives Problem gehabt, die zwingend für das Gesundheitswesen nötigen Masken zu beschaffen (das Problem hatte er auch so schon, aber es wäre noch mal deutlich, deutlich schlimmer geworden).

Hier ist letztlich eine Abwägung getroffen worden:
Sind wir komplett ehrlich zur Bevölkerung schützen wir den Ruf und die Glaubwürdigkeit unserer Institutionen, aber riskieren im schlimmsten Fall Millionen zusätzliche Tote (beim damaligen Informationsstand war das durchaus zu befürchten, wenn das Gesundheitssystem kollabiert, weil sich aus Mangel von Masken reihenweise Ärzte und Krankenschwestern anstecken…).

Oder schützen wir das Gesundheitssystem und damit zumindest tausende Menschenleben, aber schaden der Glaubwürdigkeit unserer Institutionen und geben Verschwörungstheoretikern Argumente, die sie noch in 20 Jahren verwenden werden.

Ganz ehrlich, ich weiß nicht, ob ich damals anders entschieden hätte, als das RKI oder das CDC - ich glaube, wenn ich ganz ehrlich bin, hätte ich es genau so gemacht. Ich denke daher nicht, dass man dem RKI diese Fehlinformation vorwerfen kann, die potenzielle Gefahr (nach damaligem Informationsstand) war einfach zu groß, der Schutz des Gesundheitssystems musste hier in der Abwägung stärker sein als der Schutz der Glaubwürdigkeit unserer Institutionen.

Im Bereich der Geheimdienste ist es für uns relativ selbstverständlich, dass der Staat uns die Wahrheit vorenthält und manchmal vielleicht sogar anlügt, wenn das zur Gefahrenabwehr nötig ist. Im Bereich des Gesundheitswesens sind wir einfach wesentlich weniger geneigt, das zu akzeptieren. Hier trifft einfach Moral und der Kern demokratischer Werte auf knallharte Realpolitik.

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Dann ist doch alles gut gelaufen?
Die Stiko hat die Verantwortung in die Hände der Kinderärzte gelegt.
Ich habe auch eine Erkrankung, die dafür gesorgt hat, dass ich von meinem Arzt vorgezogen wurde.
Später kam raus, dass Menschen mit dieser Erkrankung besonders selten gestorben sind.
Das lag aber nicht daran, dass wir weniger empfindlicher wären, sondern wesentlich sensibler reagieren, wenn wir mit Atemnot konfrontiert werden.

Tatsächlich wurde eigentlich zu Beginn sehr früh kommuniziert, dass es bei Atemwegserkrankungen keinen Impfstoff gibt der dauerhaft Schutz vor Ansteckung bietet, weil man den Impfstoff immer wieder auf neue Mutationen anpassen muss. Die mutieren halt sehr schnell. Es gab ein paar irreführende Medienberichte bspw. der BILD die das falsch wiedergegeben haben („der Impfstoff schützt auch vor Ansteckung“). Es gab Bestrebungen einen Multivarianten Impfstoff speziell für Sars Cov 2 zu entwickeln, aber ob man das jetzt noch weiter verfolgt, weiß ich nicht.

Bei anderen Viren wie bspw. Masern gilt das nicht. Da impft man sich (im besten Fall) einmal im Leben und gut ist. Die haben aber auch nicht das Potential zu einer weltweiten Pandemie dieses Ausmaßes.

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Ich muss sagen mir ist kaum untergekommen, dass Leute die fundierte und differenzierte Kritik geäußert haben als Schwurbler bezeichnet wurden.
Die Kritik die am lautesten war kam doch überwiegend ziemlich laut und undifferenziert daher.

Und natürlich hat man zuerst erwartet, dass die Wirkung auf Ansteckung zumindest länger geht. Dennoch zeigen ja die Zahlen im Vergleich, dass eine hohe Impfquote positiv war, es ist also auch falsch das jetzt komplett zu ignorieren.
Und die Entscheidungen wurden ja nicht auf ewig getroffen sondern für die Welle die aktuell war und da ist eben auch eine Teilwirksamkeit epidemiologisch wirksam.

Inwiefern ein Ausschluss Ungeimpfter gerechtfertigt ist wäre dann wieder Abwägung.

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Das deckt sich ehrlich gesagt nicht mit meinem Empfinden und rückblickend auch nicht wirklich mit den nach meiner Erinnerung getätigten Äußerungen in der Lage (ich mag mich vielleicht täuschen). Vielleicht zur Einordnung: ich bin geimpft. :wink:
Während Corona gab es meines Erachtens entweder pro oder contra, differenzierte Kritik Recht wenig, wenn sie etwas als Argument genutzt worden wäre, sich nicht impfen zu lassen. Ob etwas fundiert ist, Schein auch Ansichtssache.

Die Fremdschutz-Wirkung des Impfstoffes ist doch das zentrale Argument gewesen, warum zwischen geimpften (ungefährlichen) und ungeimpften (gefährlichen) unterschieden wurde. Die Fremdschutz-Wirkung ist auch das zentrale Argument der einrichtungsbezogenen Impfpflicht sowie der allgemeinen Impfpflicht.

Auch hier ein zweischneidiges Schwert. Verstehe mich nicht falsch: ich will das weder ignorieren noch sagen, dass eine hohe Impfquote in irgend einer Weise nicht positiv wäre. Aber: Schon in den ersten Podcastfolgen hat Drosten darauf hingewiesen, dass die Pandemie vorbei sein wird, wenn das Virus endemisch wird. Eine endemische Entwicklung wurde zum Teil auch schon vor der Impfung durch die „Durchsuchung“ der Bevölkerung befördert. Das Ende der Pandemie ist also sicherlich nicht komplett der Impfung zuzuschreiben.

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Das gebietet schon der Amtseid. Wenn dadurch Schaden abgewendet werden kann, sind vereidigte Politiker im Amt dazu angehalten. Leider brauchen viele Politiker aber kein derartiges Dilemma um Lügen zu verbreiten.

Klar. Die Durchseuchung ohne Impfung hätte aber eben einen hohen Preis für Leben und Gesundheit vieler Menschen gehabt.

Und davon abgesehen, dass die Öffnungen für Geimpfte eine rein politische Entscheidung war, da man den wirtschaftlichen Schaden nicht noch weiter anwachsen lassen wollte, war es in diesem Zusammenhang ja sogar richtig.
Denn gerade für Geimpfte war die Durchseuchung ein geringeres Risiko, da die Verläufe nicht so extrem waren.
Damit war es auch richtig, offensiv für die Impfungen zu werben, da ein milder Verlauf ja wünschenswert ist.
Je weniger Ungeimpfte, desto weniger Patienten auf Intensivstationen. Und je weniger Ungeimpfte in der Heißphase in der Disco, desto mehr von denen kann man dann durchseuchen, wenn die Lage insgesamt am abklingen ist.

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Das habe ich doch auch nicht behauptet. Was ich behauptet habe war, dass verschiedene Kennzahlen, allem voran auch die Auslastung der Kliniken, mit der Impfquote korrelierten. Und die Auslastung der Kliniken und damit die Fähigkeit sowohl schwere Fälle von COVID als auch andere Erkrankungen zu behandeln war auch stets ein wichtiges Argument.

Es mag in der Kommunikation ein Fehler gewesen zu sein die Argumentation so sehr auf den Fremdschutz zuzuspitzen, wer aber wirklich Erklärungen dazu gehört oder gelesen hat merkte, dass dieser Punkt dann doch hinter der Reduktion schwerer Verläufe nicht unbedingt der wichtigste war.

Und natürlich war klar, dass auch die politische Komponente eine Rolle spielte, dass man so einen Druck sich zu impfen erzeugen konnte. Viele Menschen quer durch alle Alter und Risikogruppen sind eben doch bequem und hätten sich ohne Einfluss auf den Alltag vielleicht nicht oder zu spät impfen lassen.

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Ungeimpften trotz negativen Tests den Zutritt zu fast sämtlichen öffentlichen Leben zu verbieten war ein Fehler. Das ist heute nur dadurch zu erklären, dass man die Unwilligen durch diesen Druck zur Impfung bringen wollte.

Natürlich nicht, Die Flut im Ahrtal wird es vermutlich so auch nie wieder geben (oder beliebige andere Naturkatastrophen), dennoch macht man ein „Lessons learned“ , schon allein um eben gegen ähnliche Vorfälle Abläufe zu kennen, Meldeketten abgestimmt zu haben, Hilfsmaterial vorrätig zu haben, etc.

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Wieso war das ein Fehler? Ungeimpfte hatten wesenlich häufiger schwere Verläufe und haben die Krankenhäuser belastet. Von daher war es kein klarer Fehler, diese zum Schutz der Krankenhäuser und so der Allgemeinheit weiterhin auszuschließen. Dies ist nur deine Meinung aber kein klarer Fehler.

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Natürlich muss das passieren und ich hoffe, dass hier intern auch schon einiges geschehen ist. @ThomasAnderson hat hier ja schon einige Punkte aufgeführt.

Das ist aber nicht die Aufarbeitung wie sie in bestimmten Kreisen gewünscht wird.

Genau deshalb halte ich eine Aufarbeitung ja für sinnvoll. Im Idealfall umfasst eine solche Aufarbeitung auch die Presselandschaft und ihre Berichte zu diesem Thema.

Das wollte ich Dir garnicht unterstellen.
Was in der ganzen Betrachtung, auch mit Blick auf die Impfpflicht, nach meiner Auffassung nicht hinreichend berücksichtigt wird ist, wer tatsächlich im Krankenhaus lag. Hier eine Übersicht aus dem letzen Wochenbericht des RKI vom 08.06.2023 (S. 9).

Es scheint mir nicht so, dass die Impfung von Personen U60 das Gesundheitssystem vor dem Zusammenbruch geschützt hätte. Erst recht lässt sich damit, neben einem begrenzten Fremdschutz, keine Impfpflicht begründen.

Nochmal: Es geht mir hier vor allem darum, der teilweise noch bestehenden Spaltung der Gesellschaft in diesem Thema und darauf aufbauend entgegenzuwirken. Hierfür sollte sich auch kein Politiker zu schade sein.

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Dieser Argumentation und der Zielsetzung dieser Maßnahme sowie die Altersstruktur der PatientInnen in den Krankhäusern folgend wäre es dann erheblich sinnvoller gewesen, die U60 Bevölkerung von öffentlichen Leben „auszuschließen“. Geimpft ist eben nicht gleich geimpft und ungeimpft nicht gleich ungeimpft, wenn die Risikobetrachtung im Vordergrund steht.

Bitte nicht falsch verstehen! Es ist nicht so, dass ich das hier fordern will. Aber es zeigt das ganze Dilemma meiner Auffassung nach gut auf. Gleichzeitig zeigt es auf, dass es Unsinn ist, junge ungeimpfte Menschen dafür verantwortlich gemacht zu haben, dass eine Überlastung des Gesundheitssystems droht.

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Das liest sich für mich wie ein Widerspruch in sich. Leute zu einem Verhalten zu bringen, dass der Gesellschaft nutzt ist doch Kerngegenstand von Staat, Politik und Gesellschaft überhaupt.
Ein Fehler wäre es wenn es der Gesellschaft mehr geschadet als genutzt hätte. Und dann bleibt noch das Problem, dass man zum Zeitpunkt der Entscheidung die Folgen noch nicht kannte. Es war also eine Abwägung unter Unsicherheit. Die wäre nur dann fehlerhaft, wenn man methodische Fehler gemacht hat.

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Das stimmt so nur zum Teil. Während viele aus dem Altersbereich U80 schnell starben und somit wieder ihren Platz auf der Intensivstation freigemacht haben waren die Patienten U60 teils sehr lange auf Intensivstation, oft Monate. Somit haben auch sehr wenige Fälle eine große Belastung des Gesundheitssystems bedeutet. In meinem erweiterten Umfeld (Leute mit denen man durch Sport mal zu tun hatte) habe ich z.B. zwei Fälle mitbekommen. Einmal 50 Jahre alt und 30 Tage im Koma (ist am Ende wieder genesen) und einmal 30, ohne bekannte Vorerkrankungen (nach 3 Monaten Intensiv in Klinikum verstorben). Letzterer zu einem Zeitpunkt zu dem die meisten schon geimpft waren. Laut Eltern hat er die Impfung vor sich hergeschoben weil das am Dorf halt nicht eben mal beim Einkaufen ging.
Die Einstellung nur Ü60 hätte die Kapazitäten der Kliniken in Anspruch genommen stimmt wohl so auch laut diversen Berichten nicht, da man eben nicht nur die Fallzahlen ansehen muss sondern auch Art und Dauer der Behandlung. Ging es nur um Beobachten der Sauerstoffsättigung bei Risikopatienten oder um eine langwierige Beatmung bei jüngeren Fällen bei denen man lange auf ein positiven Ausgang wartet.

Aber ganz Allgemein was wäre dann deine Forderung im Falle einer vergleichbaren Situation? Ü60 von Veranstaltungen ausschließen? Oder hätten Veranstaltungen für alle weiter verboten sein sollen?

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Hast Du hierfür konkrete Zahlen? Beim RKI könnte ich dazu nichts finden. Im DIVI Intensivregister findet sich folgende Grafik:

Wenn ich es richtig verstehe, geht es bei dieser Grafik nicht um Neueinweisungen, sondern den Bestand der „Covid-PatientInnen“ auf den Intensivstationen. Dei. Argument mag vom Grundsatz gelten, muss aber dennoch in Relation gesetzt werden.

Meine Forderung wäre zunächst zu prüfen, was in der Vergangenheit sinnvoll war und wo es ggf. Fehleinschätzungen gab.
Ich bin glücklichweise nicht in der Position, diese Entscheidungen treffen zu müssen. Aber allein aus Risiko- und Hospitalisierungsperspektive wäre es ggf. sinnvoll gewesen, das zu tun. Es ist in jedem Falle immer eine Abwägung, aber in diese Richtung wurde das meiner Erinnerung nach nie diskutiert.

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