LdN 376 – RKI-Protokolle + "Corona-Aufarbeitung"

Meiner Meinung nach wurde die „Schuld“ an dem RKI-Protokolle-„Skandal“ in der Lage ein wenig zu einseitig auf das RKI abgeladen, und Medien, die die Fake-Story verbreitet haben, wurden zu locker aus der Verantwortung entlassen.

Klar hätte das RKI die Protokolle sofort nach der Anfrage selbst veröffentlichen können. Aber das sind keine Politiker, sondern Wissenschaftler. Deren Beruf ist es eigentlich nicht, dass jedes Wort öffentlich diskutiert und auf die Goldwaage gelegt wird. Im Gegenteil betrachten die so eine Sitzung vermutlich schon wie eine Art Safe Space, wo eben jeder klar seine wissenschaftlichen Ansichten äußern kann, ohne vor jedem Satz abzuwägen, wie er in der Öffentlichkeit von böswilligen Akteuren verstanden werden könnte. Wissenschaftler, die auch unter sich nur in nichtssagendem Politikersprech kommunizieren können, hätten uns garantiert auch nicht besser durch die Pandemie gebracht.

Genau aus dem Grund kann ich es zumindest nachvollziehen bzw. wage nicht zu beurteilen, ob das die richtige Entscheidung war, dass sie die Veröffentlichung hinauszögern.

Eine „kommentierte Veröffentlichung“ stelle ich mir auch nicht so einfach vor. Zum einen bindet das auch wieder immens Ressourcen, und zum anderen kann ich mir auch vorstellen, dass man sich sagt „wir haben nichts zu verbergen, die Protokolle geben nichts her“, insbesondere wenn dann 1 Jahr lang nichts folgt. Vorhersehen, welche Halbsätze Verschwörungsdeppen aus dem Zusammenhang reißen werden, stelle ich mir jedenfalls nicht trivial vor.

Viel erschreckender finde ich dann, wenn nicht bloß „eine ostdeutsche Regionalzeitung“, sondern das ZDF(!) die „Story“ aus einem semi-bekannten Verschwörungsmagazin 1:1 reproduziert. Da gibt es meiner Ansicht nach überhaupt keine Entschuldigung für!

Was eine mögliche „Aufarbeitung“ der Corona-Maßnahmen angeht, hätte ich ja gegen eine wie in der Lage befürwortete nichts dagegen, in der objektiv alles bewertet wird um für zukünftige Pandemien zu lernen, auch ob man vielleicht bei bestimmten Maßnahmen „too little – too late“ dran war. Mir fehlt aber absolut jede Hoffnung, dass das passieren wird, sondern das Ergebnis wird doch politisch gerade von allen Parteien praktisch schon vorweg genommen, Stichwort „wir werden uns alle viel zu verzeihen haben“. Die träumen von einer Aussöhnung mit den Schwurblern, nach dem Motto beide Seiten haben irgendwie übertrieben und die Wahrheit liegt in der Mitte. Tut sie eben nicht. Aber so wie Klimaleugnernarrative der Gas-Lobby sich fest im politischen Mainstream eingenistet haben, haben das auch Querdenkernarrative wie „Schulschließungen waren unnötig und schädlicher als Corona“, (und alle Probleme im Bildungssystem sind jetzt praktischerweise Folgen davon,) was einfach absoluter Quatsch ist. Schulen/Kitas waren Drehscheiben von Corona und ohne Schulschließungen wäre uns vermutlich alles um die Ohren geflogen.

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Was genau meinst du damit?
In dem verlinken Artikel steht:
„„Multipolar“ zieht aus dieser Schwärzung den Schluss, dass nicht das RKI die Risikobewertung gemacht habe, sondern eine externe Person: „Die Verschärfung der Risikobewertung von „mäßig“ auf „hoch“ - Grundlage sämtlicher Lockdown-Maßnahmen und Gerichtsurteile - gründete, anders als bislang geglaubt, nicht auf einer fachlichen Einschätzung des RKI, sondern auf der politischen Anweisung eines externen Akteurs.“
Das Bundesgesundheitsministerium sagt ZDFheute, dass es sich bei dem geschwärzten Namen um einen Mitarbeiter des RKI handelt. Spekulationen, an dieser Stelle könnten die Namen Angela Merkel oder Jens Spahn stehen, weist das Ministerium demnach zurück.“

Ja, und unten steht: Anmerkung der Redaktion, 25. März 2024: Der Text wurde aktualisiert und um die Aussage des Bundesgesundheitsministeriums ergänzt. Laut BMG handelt es sich bei einem geschwärzten Namen um einen Mitarbeiter des RKI.

In der ursprünglichen Version stand einfach das, was Multipolar sich ausgedacht hat, mehr oder weniger als Fakt drin. Genaue Formulierung kann ich nicht anbieten, aber ich hatte den Artikel in der ersten Version gelesen.

Aber auch jetzt noch. Überschrift „Die brisanten Corona-Protokolle des RKI“, Teaser „Die Dokumente zur Corona-Pandemie könnten politische Sprengkraft haben.“, Zwischenüberschrift „Lockdowns - fragwürdige Grundlage, schwere Konsequenzen?“, usw. usf.

Das ist ein kompletter Querdenker- Artikel, und an einer Stelle hat man dann was korrigiert, weil sich zu viele Leute beschwert haben.

Dafür dann einen Tag später gleich das hier nachgeschoben:

Und natürlich kritische Kommentare bei Facebook gelöscht:

Am Ende fasst das hier es eigentlich gut zusammen:

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Danke für eine Einschätzung der RKI Files. Jedoch eine andere Seite zur Einschätzung der #RKIFiles.
Die Aufarbeitung der Corona Pandemie bzgl. aller Dimensionen (Politik, Wissenschaft, Medien etc.) ist längst überfällig - das wird mittlerweile ja auch mal wieder häufig aus der Politik gefordert. Auch aus diesem Grund ist es notwendig, dass alle verfügbaren Informationen auf den Tisch kommen (nicht nur vom RKI), um diese unabhängig zu prüfen und zu bewerten. Dazu gehört auch eine weitestgehende Entschwärzung. Weder das RKI noch das verantwortliche BMG haben hier ansatzweise clever agiert. Man überlässt den rechten „Medien“ die Deutungshoheit. Zum Glück hat Lauterbach die Entschwärzung angeordnet. Solange es aber keine umfassende, unabhängige Aufarbeitung gibt (mit den Zielen „Lessons learned“ und „Was ging schief?“), bleibt die gesamte Thematik ein Spielball der Querdenker, Verschwörungstheoretiker und rechter „Journalisten“.

Ohne selbst dabei gewesen zu sein würde ich für die Vermutung meine Hand ins Feuer legen, dass an der Entscheidung wie auf die Anfrage zur Übergabe der Protokolle nach dem Informationsfreiheitsgesetz reagiert werden soll kein einziger Wissenschaftler nennenswert beteiligt war. Das werden die Juristen und die Leitungsebene des Gesundheitsministeriums und des RKI unter sich ausgemacht haben.

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Völlig egal, wer das entschieden hat. Es geht darum, wer dort zitiert wird.

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Um mit diesem Thema mal aufzuräumen:

Vor kurzem hat Christian Drosten im Deutschlandfunk Interview gesagt, dass die Schließung von schulen/Kitas wirkungsvoll waren. Damals ging es aber aus epidemiologischer Sicht einfach nur darum die Kontakte zu reduzieren. Man hätte auch, laut seiner Aussage, auf das schließen von Schulen / Kindergärten verzichten können und andere Bereich stärker in den Fokus nehmen können. Wie es andere Länder wie bspw. Frankreich oder Dänemark gemacht haben. Die Schulen zu schließen war keine „alternativlose“ Empfehlung aus der Virologie/Epidemiologie sondern war eine politische Entscheidung.

Rückblickend sagt er, hätte er das spätestens beim zweiten Lockdown stärker öffentlich kommunizieren müssen, dass es darum geht Kontakte im allgemeinen zu reduzieren und nicht die Schulen der Infektionstreiber sind.

Zum Nachhören: Christian Drosten über die Corona-Zeit: Es braucht Aufarbeitung

Im übrigen hat das Lauterbach vor kurzem ähnlich ausgedrückt und wurde im Deutschland Funk auch auf das Interview mit Drosten angesprochen:

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Gab dann auch gleich einen Seitenhieb von der ARD

Das ZDF schreibt beispielsweise von „brisanten“ Corona-Protokollen, die „politische Sprengkraft“ haben könnten.

Gute Idee. Wir wissen ja mittlerweile, wie rational und vernünftig rechte Schwurbler mit Namen umgehen, die ihnen unverhofft in die Hände fallen. Dann bekommt der Praktikant eben tägliche Mahnwachen und die Route der Montagsdemo wird an sein Haus vorbei gelegt.

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Welcher andere Bereich hat denn eine ähnlich hohe Kontaktfrequenz für so viele Haushalte wie Schulen und Kindergärten?

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Was @Christian87 sagt, ist nicht per se falsch. Das Problem sind aber die Infektionsnetze, die dadurch entstehen. Kinder stecken sich in der Schule/Kita mit Corona an, dann zu Hause die Eltern, diese stecken dann ihre Arbeitskollegen an, deren Kinder wiederum auf andere Schulen/in andere Klassen gehen und dort weiter spreaden, woraufhin wieder neue Eltern infiziert werden, die das wiederum an anderen Arbeitsplätzen weiter verbreiten usw.

Wenn nur die Schulen aufhaben, aber praktisch niemand zur Arbeit/auf Coronapartys/Beklopptendemos/usw. geht, geht die Infektionstätigkeit auch runter, weil die Infektionsketten dann in den Familien stoppen. Das ist bloß nicht sehr realistisch, denn sehr viele Berufe (u.a. Lehrer) können eben nicht im Homeoffice erledigt werden. In Familien mit kranken Kindern wird man Ansteckungen auch nicht unterbinden können. Daher waren Schulen eben noch die praktikabelste Option. Die Frage ist, wäre das auch kürzer gegangen, wenn man rechtzeitig runtergefahren und das nicht hinausgezögert hätte bis die Fallzahlen endgültig explodiert sind? Da wird aber bei der „Aufarbeitung“ niemand drüber reden, und die Wissenschaftler, die das tun könnten, werden entweder aus Abneigung gegen Morddrohungen, Beleidigungen usw. dankend ablehnen, oder sie werden gar nicht erst eingeladen werden.

Was aber eben von Anfang an FakeNews und Desinformation war, war „Kinder stecken sich nicht an. Schulen sind keine Infektionstreiber.“

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Im Interview werden bspw. Büros oder Arbeitsstätten im Allgemeinen genannt, bei denen es kaum Einschränkungen gab (Homeoffice bspw. war keine Pflicht).

Wie gesagt andere Länder haben das so gemacht und haben die Kontakte auch runter bekommen.

Vielleicht hätte man auch die Fußballstadien zu lassen können, während in halb Europa die Schulen noch zu waren. Nur so ein Gedanke.

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Halte eine gelungene Aufarbeitung für kein besonders realistisches Szenario. Dazu bräuchten wir eine gesellschaftliche Fehlerkultur, die es den Verantwortlichen auch erlauben würde ihre Fehler zuzugeben. Das ist aber völlig unrealistisch. Zum einen weil Menschenleben dabei auf dem Spiel standen. Zum anderen weil es den meisten darum geht, Sündenböcke zu finden und Köpfe rollen zu sehen und nicht wirklich aus der Pandemie zu lernen.
Entsprechend werden alle Beteiligten auch weiterhin alles tun, um Spuren zu verwischen und Fehler nur umgeben, sobald es unvermeidbar ist.

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Äh, die Fußballstadien waren zu. Spiele fanden unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Und die Spieler selber gehörten vermutlich zu den gesundheitlich am besten überwachten Personen zu der Zeit.

Und du müsstest dich schon entscheiden, ob die Schulen nun in halb Europa lange geschlossen waren, oder ob das nur in Deutschland so war und alle anderen die Kontakte anderweitig gesenkt haben.

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Die Schulen zu zu machen, weil so viele Kinder schwer erkranken würden, war auch FakeNews.

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Wurde das so wirklich gesagt?

Vielleicht trügt mich meine Erinnerung, aber es war relativ schnell klar, dass Kinder weniger stark erkranken und es bei Kindern weniger häufig zu schweren Verläufen oder gar Todesfällen kommt, gleichzeitig war aber klar, dass Kindergärten und Schulen massive Infektionstreiber sind, die die Infektion eben in die Familien und damit auch in die stark gefährdeten Bevölkerungsgruppen (vor allem die Großeltern) bringen…

Insofern hätte ich für den FakeNews-Vorwurf gerne eine Quelle, in der es wirklich darum ging, dass Kinder angeblich schwer(er) erkranken würden… das war mMn tatsächlich nie die Argumentation.

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Du kritisiert also, dass zu wenig Maßnahmen ergriffen wurden.
Das ist ein Punkt, den ich auch so sehe.
Der Fehler war, Schülern zu vermitteln, sie müssten sich einschränken, um vulnerable Gruppen zu schützen.
Meine Erfahrung war dann, dass die den Kindern sagten: wir haben den Krieg überlebt, wir werden auch das überleben, natürlich dürft ihr mich trotzdem besuchen - und auch in den Arm nehmen.
Und dann die Konzertsäle und Cafés stürmten, als es für sie die ersten Impfungen gab. Das Verhalten der Erwachsenen war ein Schlag ins Gesicht der Jugend.
Und ja, Homeofficepflicht gab es zwar nicht, aber auch in meiner Firma feste Gruppen, so dass bei einer Infektion nur das halbe Team in Quarantäne musste.

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Der Punkt mit der Fehlerkultur ist sicher ein großes Problem welches nicht nur hier einer Aufarbeitung im Wege steht.

Aber generell muss man sich ja fragen wie genau hätte was besser ablaufen sollen, also gerade was die Maßnahmen angeht. Ich denke die größten Punkte mit Verbesserungsbedarf sind nicht die, bei denen es um den Alltag von uns „normalen“ Leuten geht, sondern die Handhabung in den Gesundheitsämtern, in Kliniken, Aufbau von Testinfrastruktur, die wahrscheinlich hätte kosteneffizienter hätte funktionieren können, etc.

Natürlich war viel Potential für eine bessere Handhabung auch der allgemeinen Maßnahmen im Detail. Das Verbot in Bayern und anderen Bundesländern sich beim Spazierengehen auf eine Bank zu setzen z.B. war von Anfang an absurd.

Dass späte oftmals im Freien auch dort wo Abstände kein Thema waren Maskenpflicht herrschte, und z.B. in Gaststätten die Regelungen für drinnen und draußen teils identisch waren statt draußen mehr, drinnen dafür weniger zuzulassen wären Punkte wo einfach wenig differenziert wurde, aber sicherlich nicht die großen Problempunkte.

Das ist ja schön, dass du einen Artikel ergoogelt hast, wo im Sommer, als alle Schulen offen waren, auch ein Fußballspiel (unter freiem Himmel) mit begrenzter Zuschauerzahl stattfand. (Bei dem sich dann Leute nicht an die Regeln gehalten haben. Das könnte man auch mal aufarbeiten, warum zu dem Zeitpunkt generell Regeln kaum mehr durchgesetzt wurden.)

In dem Artikel diskutieren dann Politiker über mögliche Maßnahmen an Schulen in einer kommenden Winterwelle. Spoiler: Der diskutierte Wechselunterricht kam dann nicht. Die Schulen blieben den Winter 21/22 über offen mit Test-/Maskenpflichten und Kohortentrennung.

Moneyquote von Lauterbach in dem Artikel: „Würde Kindern Impfstoff angeboten, wäre ein erneutes Schuljahr mit Wechselunterricht und Maske vermeidbar“

Ein weiterer Punkt, der bei einer ehrlichen Aufarbeitung auf den Tisch kommen müsste. Warum unsere Impfverhinderungskommission sich so lange gegen die Impfung von Kindern gewehrt hat, während in Ländern wie UK oder USA völlig klar war, dass auch Kinder geimpft werden, sobald ein angepasster Impfstoff zur Verfügung stand.

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Oder das hier könnte man mal aufarbeiten. Wer übernimmt die Verantwortung für 70.000 Todesfälle?

„Es war offensichtlich, es war trivial, zu sehen, dass eine Winterwelle kommt. Alle Daten zeigten in die Richtung. Wir hatten 70.000 Tote in der Winterwelle am Ende vom Jahr 2020. Die hätte man zu großen Teilen vermeiden können.“ -Christian Drosten

https://twitter.com/RWittenbrink/status/1776372733938483690

Aber um genau solche Fragen wird es in einer „Aufarbeitung“ natürlich nicht gehen. Bloß darum, ob irgendwo in Bayern irgendeine Regel für Parks vielleicht unsinnig war, damit damalige „Maßnahmenkritiker“ sich nachträglich weiterhin im Recht fühlen dürfen.

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