Mir fehlt bei den Niederlande-Bezügen („…was dort funktioniert…“) die Auseinandersetzung damit, >wie< es die Niederlande gelöst (oder auch nicht gelöst) haben. Im Detail wird man feststellen, dass die deutschen Gesetzesvorschläge durchaus mit einer liberaleren Grundhaltung herangehen.
Disclaimer: Ich kenne nicht in jeder Hinsicht den aktuellsten Gesetzesstand der Niederlande, einige der nachfolgenden Informationen könnten also bereits überholt sein, soweit sie mehrere Jahre alt sind.
So hatten auch die Niederlande zunächst einen Mindestabstand Coffeeshop zu Kindereinrichtung von 150 m. Durch eine konservative Regierung wurde dieser Abstand vor einigen Jahren erheblich erhöht, auf 350 m. Es gibt auch zunehmende Verbote des öffentlichen Cannabis-Konsums, so z.B. in Amsterdam.
Professioneller Anbau (beginnt bereits ab Nutzung einer Lampe für den Anbau zu Hause) der Hanfpflanze ist in den Niederlanden illegal. Der Verkauf von Material für den heimischen Anbau ist illegal. Legal sind ausschließlich Abgabe und Besitz von bis zu 5 Gramm Cannabis in Coffeeshops pro Erwachsenem - und grundsätzlich der Konsum. In der Lieferkette bis zur Ladentheke bewegen sich aber Lieferant und Coffeeshop in der Illegalität. Erst in diesem Herbst beginnen die Niederlande mit einem Pilotversuch zur staatlichen Steuerung eines legalen Anbaus. Des Weiteren illegal ist, wenn der Wirkstoffgehalt einen gewissen Wert übersteigt [Die deutschsprachigen Quellen widersprechen sich, was den exakten Grenzwert angeht]. Eine Verbraucherschutzregelung, aber wie will man das sinnvoll garantieren? In Deutschland vermeidet selbst die Polizei, wo es nur geht, bei Hanfpflanzen den THC-Gehalt testen zu lassen, wegen zu hoher Kosten.
Zudem eröffnet das den Schwarzmarkthändlern die Möglichkeit, den „echt starken Stoff“ anzubieten und das zum Discountpreis. Höher, schneller, weiter ist ein Prinzip, das schon immer seinen Platz hatte.
Es gab in der Vergangenheit (2011) auch in den Niederlanden bereits den Beschluss, Cannabisabgabe und -konsum ausschließlich in CSCs zu verlagern, die besteuert werden und in denen sich die Konsumenten namentlich als Mitglied registrieren sollten. So sollte vor allem Drogentourismus zurückgedrängt werden. Hat sich nach meiner Kenntnis nicht durchgesetzt.
Tatsächlich hat sich in den Niederlanden seit der Legalisierung des Verkaufs und Konsums auch die Zahl der Suchtkranken, die sich in medizinischer Behandlung befinden, signifikant erhöht. Hier lässt sich jedoch nicht sicher sagen, wie groß der Anteil derer ist, die auch nach alter Gesetzeslage suchtkrank geworden wären, sich nun in der Legalität aber eher zu einer medizinischen Behandlung trauen. Daher sollte man diese Entwicklung im Hinterkopf behalten, aber gering gewichten.
Der Blick auf die Niederlande ist zwar im Sinne einer Langzeitstudie interessant, der Aussage „dort funktioniert es doch auch, nehmt euch ein Beispiel daran“ kann ich allerdings nicht beipflichten.