In der aktuellen Lage wurde auch über das 49€ Ticket und in diesem Zusammenhang über die Psychologie von Flatrates gesprochen. Die Argumentation, dass eine „ÖPNV Flatrate“ ein geschicktes Werkzeug ist, um eine „PKW-Flatrate“ zu verdrängen fand ich dabei durchaus überzeugend.
Was ich mich aber andererseits frage ist, ob Flatrates in der Mobilität und bei der Energiewende insgesamt das richtige Mittel sind. Schließlich ist der Effekt einer Flatrate immer auch, dass Dinge in der Tendenz nicht soviel genutzt werden, wie nötig, sondern so viel dass sich die Kosten auch rentieren (Jetzt habe ich die Flatrate gekauft, jetzt muss ich sie auch nutzen). Der Gedanke liegt nahe, dass diese Denke nicht notwendigerweise zum Ressourcen sparen einlädt.
Um mal ein Beispiel zu nennen: wenn jeden Tag ein bestimmtes Lied hören möchte, macht es mir die Internet-Flatrate möglich, dass ich das entsprechende Musikvideo jeden Tag über Youtube streame. Viel ressourcensparender und kaum aufwändiger wäre es, das Lied einfach einmalig runterzuladen.
Kommen wir zurück zur Mobilität. Ich bin – ähnlich wie Ulf – auch fast nur mit dem Fahrrad unterwegs und habe mir daher kein 49€ Ticket gekauft. Vielleicht muss man das als Transparenzhinweis im Kopf haben, wenn man liest, was ich schreibe und sich parallel seine eigenen Gedanken zu dem Thema macht. Was wir beim 9€ Ticket gesehen haben ist, dass die ÖPNV Mobilität stark gestiegen, die PKW-Mobilität aber nur leicht gesunken ist. Sprich: die Mobilität insgesamt ist gestiegen.
Das kann zunächst mal gut sein, denn bezahlbare Mobilität ist wichtig für Menschen. Andererseits kann der Flatrate-Effekt hier eben auch unnötige Mobilität fördern. Mehr Mobilität bedeutet auch mehr Energieverbrauch. Zwar ist dieser deutlich geringer als beim PKW, aber eben nicht Null. Zudem kommen wir vermutlich mit dem Ausbau des Nah- und Fernverkehrs gar nicht so schnell hinterher, dass unser Angebot die Nachfrage stillen könnte. Für den Berufspendler, der auf den ÖPNV angewiesen ist, ist es vielleicht auch nicht so pralle, wenn er jeden Tag in überfüllten Zügen unterwegs ist. Und wenn man Gesundheitseffekte mit einkalkuliert ist es auch nicht in jedem Fall sinnvoll, wenn man vom Fahrrad auf den ÖPNV umsteigt, weil es ggf. billiger / bequemer ist.
Die Alternative wäre es, den ÖPNV sehr günstig zu machen, aber dennoch auf Basis des Verbrauchs abzurechnen, um Sparanreize zu erhalten. Das dürfte bei ausreichender Digitalisierung für den Reisenden auch nur geringfügig aufwändiger sein. Was denkt ihr? Ich sehe vielleicht vieles zu stark durch die Fahrradfahrer-Brille. Daher wäre ich sehr an Meinungen interessiert.