Passend dazu der neue Spiegel-Titel:
OPERATION WÄRMEPUMPE
Teuer und umstritten: Mit grünem Übereifer ins Chaos
Passend dazu der neue Spiegel-Titel:
OPERATION WÄRMEPUMPE
Teuer und umstritten: Mit grünem Übereifer ins Chaos
Ohh, hab gar nicht mitbekommen, dass Stefan Aust wieder beim Spiegel angefangen hat.
Ich habe auch erst gedacht, dass da jemand von Außen auf einmal in einem Ministerium gesessen hat und es vielleicht nicht besser wusste. Aber Graichen ist seit 20 Jahren Beamter, hat 10 Jahre im Umweltministerium gearbeitet (als Beamter) und war für die Zeit bei Agora Energiewende nur freigestellt.
Die Tatsache, dass er seinen ehemaligen Trauzeugen im Gespräch angeblich gesiezt hat, fasse ich als Indiz auf, dass der Interessenkonflikt zumindest vermutet wurde.
Wenn ich Themen bewegen will, die hoch umstritten sind, dann darf ich persönlich nicht umstritten sein, jedenfalls nicht in einer Partei, die sich über solche Verfehlungen stets - und zurecht - aufgeregt hat.
Thema und Person werden sowohl in den Medien als auch in der Opposition (im Moment sogar von zumindest einem Koalitionspartner) verquickt. Wenn die Person fragwürdig ist, dann wird das, was die Person beabsichtigt hat es wohl auch sein.
Graichen hat allen Gegnern der Energiewende den Ball auf den Elfmeterpunkt gelegt und ist auch noch aus dem Tor gegangen (worden). Im personellen Bereich haben sie Grünen einfach ein schlechtes Krisenmanagement. Das war schon bei dem Abgang der Familienministerin so.
Bin ich mir nicht sicher. Ich denke an Interviews, in denen aus Gründen der „Einheitlichkeit“ und der Erwartung der Leser/Hörerinnen gesiezt wird, obwohl die Gesprächspartner sich privat duzen. Das kann ich mir auch in einem Bewerbungsszenario vorstellen, in dem grundsätzlich alle Bewerber von allen Einstellenden gesiezt werden,
Nachklapp zum Thema „Grüner Filz/Graichen“ (LdN 334) und „Graichen entlassen“ (LdN 336):
Bei der Billigung der Projekts mit der Folge der Bewilligung der Fördersumme von 600 TEUR durch Staatssekretär Graichen dürfte es sich um die Vorstufe eines Verwaltungsaktes handelen, so dass §§ 9 ff. VwVfG direkt oder entsprechend anwendbar sein dürften. Dabei dürfte wegen des Geschwisterverhältnis zwischen Graichen und seiner Schwester als Vorstandsmitglied des BUND Berlin e.V. bereits der Ausschlusstatbestand des § 20 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 5 Satz 1 Nr. 4 VwVfG erfüllt sein, so dass es auf die Frage der Befangenheit im Sinne von § 21 Abs. 1 Satz 1 VwVfG gar nicht mehr ankommen dürfte.
Der Vergleich von Philip Banse mit der CDU/CSU in LdN 336 liegt m.E. neben der Sache: Erstens ist es spekulativ, dass ein internes Compliance-Verfahren in seinem CSU-geführten Ministerium nichts zu Tage gebracht hätte. Zweitens ist es unbehelflich, wegen eines eigenen Fehlverhaltens auf dasjenige eines anderen zu verweisen. Ein Mord ist nicht weniger strafwürdig, nur weil es auch andere Mörder gibt. Drittens ist der Fehler, den Ex-Minister Scheuer im Bundesverkehrsministerium gemacht hat, mit dem- bzw. denjenigen von Herrn Graichen nicht vergleichbar. Scheuer hat auf fragwürdige Rechtsgutachten vertraut und die Pkw-Maut gegen vernünftigen Rat durchzupeitschen versucht. Das hat nichts mit Vetternwirtschaft zu tun.
Das ist ein guter Punkt. Das gleiche war die Lebenslaufgeschichte bei Baerbock.
In gewissen Positionen muss einem klar sein, dass da gebuddelt wird, gerade als Grüner. Und dementsprechend sauber muss gearbeitet und vorgebaut werden. Das ist definitiv etwas, das sich Graichen selbst zurechnen lassen muss.
Das ist zwar durchaus richtig, aber das ausgerechnet Julia Klöckner jetzt die große Compliance Jägerin bei der Union mit hat schon einen Beigeschmack.
Außer man geht natürlich davon aus, dass ihr damaliger Kuschelkurs mit der Lebensmittelindustrie natürlich ganz normale Unionspolitik ist.
Die Debatte leidet m.E. vor allem darunter, dass es - wenn man so will - beiden Seiten nicht gelingt, Sach- und Sozialdimension des Problems angemessen zusammenzudenken.
Über die politsche Größenordnung eines Skandals entscheidet normalerweise nicht das Vergehen selbst, sondern der politische Anreiz der jeweiligen Partei, (personelle) Konsequenzen zu ziehen oder die Sache lieber auszusitzen. Dieser Anreiz aber wird maßgeblich durch die Art und Intenstität der (medialen) Öffentlichkeit bestimmt, die ein Skandal bekommt und auf welche Weise er öffentlich eingespeist und in Umlauf gehalten wird.
Es stimmt ja z.B. schlicht nicht, dass Unionspolitiker:innen keine Konsequenzen für Korruption fürchten müssten: Die Protagonisten der Maskenaffäre (Nüßlein, Sauter, Löbel, Hauptmann) etwa wurden sofort aus ihren Ämtern entfernt und politisch kalt gestellt; Philipp Amthor wurde nicht als Spitzenkandidat in MV aufgestellt; Guttenberg wurde dereinst usw. … Die Aserbaidschan-Affäre hingegen, die man mit guten Gründen für politisch weit folgenreicher halten könnte, ist für die involvierten Bundestagsmitglieder nahezu folgenlos. Ein Folterbefürworter, NSU-Aufklärungsverhinderer, Polizeigewaltverherrlicher und Steuerhinterzieherbeschützer aus der SPD kann sogar Bundeskanzler werden. Der Grund liegt nicht in der jeweiligen Schwere der Vergehen, sondern in den unterschiedlichen Skandalisierungsintensitäten und den jeweiligen Annahmen der Parteien, welche Konsequenzen für Wahlergebnisse, Machtoptionen, etc. bestehen.
Die Causa Scheuer liegt noch einmal anders: Hätte es das Corona-Virus nie gegeben, hätte Scheuer zwingend gehen müssen. Anfang 2020 war der Fall dann aus der Öffentlichkeit nahezu verschwunden, und nachdem etwas Zeit vergangen war, hat Scheuer für Union und SPD die stablisierende Funktion erfüllt, dass man immer noch auf ein Ministerium zeigen konnte, in dem es schlechter läuft als im eigenen.
Es mag sein, dass Grünen-Wähler:innen im Hinblick auf die eigene Wählerschaft nochmal angehalten sind, härtere ethische Maßstäbe an sich selbst zu legen. Aber sowohl der Hinweis darauf, dass Fehlverhalten nunmal sanktioniert werden sollte, als auch der Hinweis darauf, dass man in der Union mit jedem noch so korrupten Verhalten durchkommt, gehen m.E. am Kern des Phänomens vorbei: Dass politische Personal-Entscheidungen von medialen Skandalisierungslogiken abhängig sind - und dass die Kompetenzen und Ressourcen für die Generierung von Skandalöffentlichkeit in der aktuellen Medienlandschaft (und auch die Bereitschaft zur Skandalisierung) ungleich verteilt sind.
Und ich dachte der Folterbefürworter ist Bundespräsident geworden
In der öffentlichen Wahrnehmung entscheidet schon auch das Vergehen selbst. Und hier kommt es regelmäßig nicht auf die Größenordnung an, sondern auf die Möglichkeit eines Alltagsbezugs. Am Ende eines verfahrenen Projektes etliche Milliarden Euro als Schadensersatz auszulösen dürfte den wenigsten Leuten passieren. Auch irgendeine Verantwortung für eine doppelte Steuererstattung aufgrund von Buchungstricks ist reichlich abstrakt. Aber dass irgendwo jemand womöglich aus persönlicher Beziehung bevorzugt wird, da fällt vermutlich sehr vielen Leuten ein eigenes Beispiel ein. Und wenn jemand schicke Klamotten kauft und jemand anderen bezahlen lässt, versteht das auch jeder schnell. Oder kürzer: Politikys stolpern weitaus leichter über die kleinen Dinge als über die großen.
Olaf Scholz hat vor Jahren den Einsatz von Brechmitteln gegen Drogendealer und die Aufrechterhaltung des staatlichen Gewaltmonopols gegen als Demonstranten verbrämte Gewalttäter verteidigt. Und damit wohl jeweils die Mehrheit der Hamburger/innen hinter sich gehabt. Ihm solche Labels zu verpassen ist nichts als Polemik.
Heute in der SZ (Leserbriefe):
Fast zeitgleich zur Causa Graichen versuchte Verkehrsminister Wissing, die frei gewordene Stelle des Geschäftsführers der Autobahn GmbH mit einem altgedienten niedersächsischen Parteifreund zu besetzen. Ohne Berufungsverfahren. Der zuständige Aufsichtsrat verhinderte dies.
Kann das jemand bestätigen?
Ich denke auch, es wird mit zweierlei Maß gemessen. Aber es ist auch klar, dass die Grünen an ihren eigenen Ansprüchen, also mit besonderem Maß gemessen werden. Ich finde all diese „Affairen“ unverschämt, selbstgerecht und sehr ärgerlich.
Denke ich nicht. Ich denke es wird teilweise hier im Forum (Grüne Bubble) ehr sehr nachsichtig auf die Grünen geschaut. Nur weil die Union wirklich die Filz und Korruptionspartei ist, macht es das doch nicht besser. Graichen hat sehr fahrlässig (möglicherweise nicht mal als Versehen) gehandelt. Er musste wissen, dass die Reformen direkt noch angreifbarer sind, wenn man solche Flanken liefert. Für mich absolut richtig, dass er weg musste.
Jetzt bekommen Habeck und die Grünen auch Gegenwind aus der Wissenschaft. Veronika Grimm findet auch, das zwingend zuerst ein Klimageld kommen muss. Ich denke das Gesetz wird scheitern. Es ist schlicht kommunikativ schon gescheitert und handwerklich nicht wirklich gut gemacht.
Ich habe nur versucht, einen Oberbegriff für Maskendeals, Mautdesaster und Graichen etc. etc. zu finden.
Ich denke, es geht weniger um Nachsicht mit einer Partei, sondern vielmehr um die Scheinheiligkeit in der Empörung v.a. von Seiten der Union und FDP. Wer im Glashaus sitzt …
Bekommen wir jetzt in der Politik eine ähnlich Kultur wie beim Fußball? Der Trainer „muss“ auch immer gleich „weg“, wenn mal was nicht nach Plan läuft.
Derjenige, der sich (oder den Seinen) Tasche auf Kosten der Gemeinschaft füllt, „muss weg“. Aber nicht jeder Fehler - zumal, wenn er geheilt wurde - muss zwangsläufig zu einen „muss weg“ führen. Wie in jedem gut geführten Unternehmen muss es auch in der Politik eine Fehlerkultur geben.
P.S.: Dass Graichen jetzt nach dem „Fehler zuviel“ weg musste, war wohl - v.a. aus politischen Gründen - unabwendbar
Nachdem hier nur noch über das Energiegebäudegesetzt diskutiert wurde und die sich die Argumente nur noch wiederholen, habe ich ein neues Thema Energiegebäudegesetzt ausgegründet und schließe diesen Thread