LdN 311: Klimaproteste: Straßenblockaden vs. Attacken auf Kunstwerke

Ich finde es merkwürdig, dass oft der Eindruck entsteht, dass bisherige Protestformen, wie z.B. die von Fridays for Future keinen Handlungsdruck erzeugt haben, die Allgemeinheit nicht abgeholt haben und keine Leute mobilisieren.

Persönlich finde ich es schade, dass deren Beitrag so klein geredet wird. Insbesondere durch diese Klimabewegungen und ihren (friedlichen, aber bestimmten) Protest ist das Bewusstsein entstanden, dass der Klimaschutz eins der wichtigsten Probleme ist, die angegangen werden müssen (siehe z.B. diese Umfrage :arrow_right: Einschätzung der wichtigsten Probleme für Deutschland 2022 | Statista). Auch ist der breiten Öffentlichkeit klar (83%), dass ein großer bis sehr großer Handlungsbedarf beim Klimaschutz besteht (siehe Umfrage hier :arrow_right: Handlungsbedarf im Klimaschutz 2021 | Statista). Das bedeutet, es geht nicht mehr um das ob, sondern nur noch um das wie. Auch eine Mobilisierung findet statt. Die Grünen, deren Markenkern der Klimaschutz ist, haben alleine 2019 fast 24.000(!) neue Mitglieder erhalten ([Quelle].(Mitgliederzahlen der politischen Parteien in Deutschland 2019 | Statista)) Das ist bei der eigentlichen Parteigröße eine immense Zahl. Eine der führenden FFF-Leute ist beim COP27 dabei und hat ein 4 Augen-Gespräch mit dem Kanzler oder auch mit dem Finanzminister. Das heißt, dass deren Perspektive direkt angehört wird und das ausschließlich durch friedlichen Protest. Das ist schon eine beachtliche Leistung.

Lange Rede, kurzer Sinn: Man schafft Awareness, Mobilisierung, etc. auch ohne sich auf die Straße zu kleben oder Kunstwerke mit Tomatensuppe zu bewerfen.
Die Frage die offenbleibt ist, wie man die Politik zu schnellerem Handeln bewegt. Das funktioniert, meiner Ansicht nach, aber in keinem Fall mit zivilem Ungehorsam, weil eben die meisten Leute diese Art von Protest nicht verstehen, ein hartes Handeln der Politik dagegen fordern und die Politik das (auch aus populären Gründen) umsetzt. Mich würde bei vielen interessieren, warum sie denken, dass Straßenblockaden oder Attacken auf Kunstwerken, die Politik zum schnellen Handeln beim Klimaschutz bewegen sollte.

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Genau das sind die wichtigen Fragen, quasi der heilige Gral. Wenn es eine einfache Antwort darauf gäbe, hätte sie sicher schon jemand Klügeres als ich gefunden. Dennoch fände ich es gut, wenn wir konstruktiv nach Vorschlägen suchen. Deswegen bitte ich um allseitige Ergänzung!

Grundsätzlich muss sich der Protest doch an den problematischen Umständen abarbeiten und nicht an Stellvertretern. Wenn man ganze Autobahnen blockiert, blockiert man eben auch potenziell Notärzte, Medikamententransporte oder auch E-Autos. Ein Treppenwitz in sich! Warum tut man nicht etwas gegen den MIV, der wirklich problematisch ist? SUV-Shaming war u.a. vor langer Zeit Thema in der Lage. Das ist zumindest Zielgenauer. Warum steckt man zu großen Autos in der Stadt statt einer „Wollen Sie ihr Auto verkaufen?-Karte“ nicht mal eine „Schon mal über nen Kombi nachgedacht?-Karte“ unter den Scheibenwischer? Warum protestiert man nicht direkt bei Herrn Wissing und blockupied mal das Verkehrsminidesterium? Es geht auch positiver Protest: mal ein Autokorso mit Car-Sharing-Autos durch Berlin und jeden Mittwoch um 18 Uhr wird nur mit Car-Sharing-Autos mal ein paar Minuten gehupt, damit auch dem letzten Großstadtbewohner klar wird, dass es die Dinger auch in seiner Nachbarschaft gibt.

Auch finde ich die Blockade von oder den Protest vor Betrieben in Ordnung, die einen unnötig hohen CO2-Fußabdruck haben und deren Produktion schon längst hätte klimafreundlicher umgestellt werden können. Braunkohlekraftwerke gehören dazu (wobei in diesem Winter der Protest aufgrund der Energieknappheit nicht die Beste Idee sein könnte, aber darüber lässt sich diskutieren), genauso wie die bereits vorhandenen Proteste in den Braunkohlerevieren. Man kann nicht zufrieden sein mit den Ergebnissen vom Hambi, aber die hitzige Debatte aufgrund der Proteste hat gezeigt, dass hier Bewegung möglich ist und dass man die Aufmerksamkeit und Akzeptanz von breiten Bevölkerungsgruppen erreichen kann, ohne Unbeteiligten zu schaden.

Vielleicht habt ihr bessere Ideen! Ich würde mich darüber freuen sie zu lesen!

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Im Grunde bestätigst du leider meine These. Wenn man am Ende nur eine „Kunstaktion“ als Ventil dafür nutzt, seinen persönlich Frust über die Zustände medienwirksam darzustellen aber inhaltlich nicht zu ändert, hilft das nicht bei der Lösung des Problems. Der Großteil der Bevölkerung versteht die Aktionen nicht oder sogar falsch. Das kann man Bedauern, aber auch das hilft nicht weiter. Die Menschen sind leider wie sie sind. Darauf muss man sich einstellen.

Ja, der Punkt mit der Kritik an FFF ist vollkommen richtig! Jede Art von Protest wird immer anecken und auch von einigen abgelehnt werden. Das liegt in der Natur der Sache. Ich glaube aber bspw. dass der Kommentar von Herrn Lindner ihm selbst mehr geschadet hat als FFF und je einleuchtender und nachvollziehbarer man Aktionen gestaltet, desto weniger angreifbar macht man sie, selbst wenn sie dann immer noch kritisiert werden werden. Da sind wir wieder beim zwanglosen Zwang des besseren Arguments.

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Abenteuerlich ^^ Ein Autokorse für das Klima :smiley:. Neben der bestenfalls Ambivalenz der dahinterliegenden Nachricht, sollte ein Protest keine private wirtschaftsförderung sein für bestimmte Unternehmen und auch möglichst inklusiv sein und nicht davon abhängen ob du vorher nen Carsharing abo abschließen willst. Ein Autokorse blockiert übrigens auch die Straße und hat damit die selben Probleme.

Aber deine vorschläge sind vor allem appelle an individual Verhalten, dem Klimaprotest gehst aber darum dass die Politik schnell handeln muss, da inkrementelle Anpassung des individuellen Verhalten, wenn das überhaupt funktioniert, extrem lange dauert und auch keine einende Plattform für Mobilisierung ist. Auch ne urbürgerliche Konsumkritik, die immer das problem hat dass gewissen Konsum der meist in Verbindung mit unteren Sozialschichten steht herabsetzt.
SUV shaming hat extrem viel Hass bei der Gegenseite produziert

Einen FDP Minister interessiert es extrem wenig, was Leute machen die eh nicht teil seiner Wählerschaft sind. Klar erzeugt, dass irgendwie auch Diskussion, aber das Medien echo wäre deutlich geringer als bei blockierten Autobahnen.

Also Endegelände gut aber nicht diesen Winter ^^ btw ich glaube du bist da bissle in deiner Bubbel aber in der „Allgemeinheit“ wurde Hambi und Endegleände jetzt auch nicht sooo positiv aufgenommen und auch hier hatte sich die Debatte vom eigentlichen inhalt verschoben.

Sry aber ich wollte ne Strategie zur Mobiliserung hören, das sind bestenfalls versatzstücke von Einzelaktionen die kaum durchdacht und zieltechnisch widersprüchlich sind. Die Grenziehung ist extrem unklar, also irgendwie verhindern das man „nichtverantwortliche“ (elektrofahrer tragen auch zum Klimawandel bei) und alles was irgendwie unmittelbar diffus wichtig ist, blockiert. „Also mit Anpassung des individual Verhaltens schaffen wirs mim Klima aber Politik muss auch handeln.“ „MIV ist scheiße aber Carsharing ist gut“. Vielleicht wäre ne Protestform für kostenlosen öffentlichen Nahverkehr besser ^^. „Klima ist wichtig, aber nicht so wichtig, wie die Energieversorgung“ " Proteste sind gut aber nicht, wenn sie Leute in ihren Elektroautos, Medikamententransporte, Krankenwagen, Veganer, Feuerwehrautos, grünen Wähler, Leute mit nem CO2 fußabdruck von unter 1, Polizei, blockiert ?verlangsamt?
Ich sehe nicht wie man daraus eine Plattform aufbauen kann.

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Jo kenne auch keine Beispiele wo ziviler Ungehorsam jemals funktioniert hätte :wink:

Niemand hier sagt, F3 hätte nicht erreicht, aber ähnlich wie der Post von Daniel oben ist die Perspektive dass es nicht aussreicht und man sich daher nicht darauf bezeiehn sollte, um andere Protestformen zu delegitimieren. Ich finde es so beschissen Protestgruppen gegeneinander auszuspielen. F3 sind die guten sinnvollen, Lastgen sind die Chaoten und Spinner…

Das „wie“ ist aber aber hier auch das „ob“, denn wenn du denkst das heißt nur grünes Wachstum und technologie förderung aber nicht weniger Autos oder Konsum, wirst du nicht weit kommen. „Wie“ heißt hier nur dass man den Klimawandel und wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht leugnet.

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Du hast mit fast allen Punkten Recht! Natürlich ist ein Autokorso für Klimaschutz auch in sich irgendwo irrational. Wie ich schrieb: wenn die Antwort einfach wäre, hätte man sie schon gefunden.

Von mir ad hoc ein umsetzungsfertiges und faires Protestkonzept zu verlangen, ist etwas hoch gegriffen, oder? Natürlich sind es nur Versatzstücke! Hast du bessere Ideen? Ich würde sie gern hören! Das meine ich ganz offen und ehrlich!

Das ist ja das, was über allem schwebt: Kritik an der Sache ist einfacher als selbst gute Vorschläge zu unterbreiten, wie man schneller vorankommt. Das meine ich ganz allgemein.
Anstatt dass im Rahmen unserer Aufmerksamkeitsökonomie effektiv nach Lösungen gesucht wird, beschäftigt sich die Gesellschaft damit, ob eine bestimmte Art des Protests okay ist oder nicht. Das kann der Sache nicht dienlich sein.

Ich habe nirgends behauptet, dass ziviler Ungehorsam nie funktioniert. Meine These war, dass dieser bzgl. der Beschleunigung der Politik im Hinblick auf Klimaschutzmaßnahmen nicht funktionieren wird. Hier sehe ich immer noch nicht, wie das eine zum anderen führen kann. Vielleicht kannst du das näher erläutern, warum du das denkst (falls du das denkst).

Ich kann auch nicht nachvollziehen, wie wir von Straßenblockaden und Tomatensuppe auf Kunstwerken zu „weniger Autos oder Konsum“ kommen. Diesen Zusammenhang bekomm’ ich (und ich behaupte mal auch die Mehrheit der Deutschen) nicht hin und deswegen sind die Proteste in meinen Augen nicht förderlich. Passend dazu:

Was ist hier die Position der „Letzten Generation“? Was ist deren „wie“? Alleine, dass ich das googlen musste ist ein sehr schlechtes Zeichen.
Denkst du wirklich, dass diese Protestform, die politische Bereitschaft für die Durchsetzung von radikalen Klimaschutzmaßnahmen, zur Not gegen die Mehrheit der Bevölkerung, erhöht?

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Bei uns gab es eine Fahrrad-Sternfahrt, um dagegen zu demonstrieren dass die wenigen Radwege die es gibt nicht reichen und dann auch noch großteils für landwirtschaftlichen Verkehr freigegeben sind (mit entsprechender regelmäßiger Verschmutzung). Bekam auch einen kleinen Artikel im Lokalteil, sogar mit Foto.
Dass Klimaaktivisten ein Rettungsfahrzeug blockierten während eine Radfahrerin um ihr Leben kämpfte bekam die volle Titelseite und die halbe Meinungs-Seite.

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Das ist dem Klima allerdings herzlich egal, ob die Leute das sehen oder nicht. Die kurze, oben verlinkte Serie über den „Bronze Age Collapse“ angesehen? Insbesondere die zweite Hälfte von Teil 4 über die „Theory of systems collapse“.

Im Grunde sagt einem doch schon der gesunde Menschenverstand, dass Gesellschaften irgendwann einfach nicht mehr die Ressourcen haben können, um „unendliche Schäden durch Wetterereignisse“ (deine Worte) wieder zu beheben, ganz davon abgesehen, dass die dafür aufgewendeten, steigenden Ressourcen dann auch nicht mehr zur Verfügung stehen, um z.B. alternative Energieerzeugung o.ä. zu befördern. Das führt dann zu Fachkräftemangel, Lieferkettenengpässen usw., die es unmöglich machen, auch nur die aktuelle Infrastruktur aufrechtzuerhalten. Wenn man das damit vergleicht, was für „Verwerfungen auf den Märkten“ bereits relativ kleine, zeitlich bzw. lokal begrenzte Krisen wie Corona oder der Ukrainekrieg verursacht haben, können wir uns halt nur schwer vorstellen, was da noch auf uns zu kommt.

Und das ist eben das Problem. Menschen sind nicht dafür gemacht sich vorzustellen, dass die Welt, so wie sie ihr Leben lang da war, für sie irgendwann mal nicht mehr existiert. (Deswegen erfinden sie u.a. Religionen, weil die Vorstellung wiedergeboren zu werden oder einfach an einem anderen Ort weiterzuleben viel einfacher zu verkraften ist als einfach davon auszugehen, dass die eigene Existenz dann einfach weg, wie ausradiert ist.)

Und deswegen gehen die Leute davon aus, dass das alles schon nicht so schlimm werden wird. Klar, die ganzen Leute vom Äquator nach Grönland umzusiedeln wird eine logistische Herausforderung, aber wenn das alles nicht funktioniert, wird schon irgendein verrückter Wissenschaftler irgendeine magische Formel berechnen, und dann muss nur noch Bruce Willis exakt im richtigen Moment am richtigen Ort in der Stratosphäre die Atombombe zünden, und am nächsten Morgen wachen alle auf und wir haben wieder das Klima von 1990.

Und deswegen wählen die Leute auch überall auf der Welt (zumindest wo sie dürfen) mehrheitlich Parteien, die sie in diesem magischen Denken belassen, und die bequem vortäuschen, sie hätten irgendeinen Plan, der aber immer ein paar Jahrzehnte in der Zukunft liegt, damit man jetzt erstmal im Großen und Ganzen so weiterleben kann wie bisher. Dummerweise merken bloß langsam ein paar Leute, dass diese Pläne irgendwie nie auch nur annähernd eingehalten, sondern stattdessen einfach neue Absichtserklärungen für die Zukunft unterbreitet werden.

Das mag ja sein. Ich glaub auch nicht, dass diese Art von Protesten auf einmal dazu führt, dass die sogenannte Mitte der Gesellschaft in allen G20-Staaten plötzlich komplett ihre Lebensweise ändert. Umgekehrt glaube ich allerdings auch nicht, dass irgendwer Klimaschutz plötzlich weniger wichtig findet, bloß weil irgendjemand irgendwo ein Bild beschädigt hat.

Der große Philosoph Rolf Rüssmann hat einmal gesagt: Wenn wir hier nicht gewinnen, treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt.

Und ich denke, das ist in etwa das Mindset, dass diese Aktivisten mittlerweile erreicht haben.

Denn machen wir uns nichts vor: Es wird sich in naher Zukunft nichts ändern, (außer dem Klima.) Und das liegt nicht bloß an irgendwelchen Politikern und Lobbyisten, sondern auch an der Bevölkerungsmehrheit auch in allen demokratischen Staaten. Ich meine, wie lange diskutieren wir eigentlich schon über No-Brainer wie Inlandsflugverbote? Das sind Maßnahmen, sowas müsste man eigentlich schneller umsetzen können als irgendjemand „Bundeswehrsondervermögen“ auch nur aussprechen könnte. Aber es passiert nicht. Und eigentlich müssten wir noch viel mehr machen, z.B. alle Urlaubsflüge verbieten. Damit hättet ihr dann aber richtig Spaß als Politiker.

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Die Mehrheit der Deutschen wird man durch brave Argumentation NIE hinter z.B. ein Verbot von Urlaubsflügen oder die Leistungsbegrenzung von Autos oder die Reduzierung von gefahrenen Auto-km auf ein Drittel, bringen. Also ist die schöne Vorstellung von einem demokratischen Konsens zu diesen ja von Klimaforschern geforderten radikalen Umsteuerungen ein frommer Wunsch, schon gar bei der noch bleibenden Zeit.

Als tatsächlich achtsamer Mensch tut mir jede Zerstörung von wichtigen, nützlichen Dingen weh, ob das ein kleines persönliches Werkzeug ist oder der Amazonas oder die Gletscher, es tut wirklich sehr weh! Und hiermit sage ich: macht so lange Kunstwerke kaputt (nicht nur brav beschmieren) bis die Politik reagiert. Das wird sie auch, und zwar bald. Ich glaube, Leonardo da Vinci würde seine Mona Lisa gerne opfern und er würde sich am Kopf kratzen bei der Beobachtung der kultischen Verehrung seiner Werke und der Tausenden anderer. (Das ist ja eh nur eine Sache der westlichen Kulturelite, die restlichen 90% der Bevölkerung regen sich nur auf, weil sie die Veränderung nicht wollen, nicht weil sie die Kunst lieben - inklusive sehr vieler Journalisten wie ich meine. Man sollte hier einmal tatsächlich über Kunst und den Umgang damit diskutieren …).

Unter diesen Umständen ist die vielfach auch hier geforderte Verknüpfung von Protestaktion und Missständen aussichtslos in der Wirkung. FFF sind nun schon „integriert“ in den Alltag auch derer, die zu Anfang gehetzt hatten. Es geht ja gemütlich weiter, auch mit denen. Die Wirkung war einmal. Es wäre mir sehr viel lieber, die Anpassung des westlichen Lebensstils an einen zukunftfähigen Lebensstil würde ohne Streit und böses Blut vor sich gehen, aber darauf warte ich seit 20 Jahren.

Die Suffragetten haben einmal in London auf Kommando alle erreichbaren Schaufenster mit Steinen eingeschmissen. Wieviel hatte das mit Frauenrechten zu tun? Wieviel Prozent der Bürger hatten Verständnis und unterstützen daraufhin die Frauen? Genau, nichts und fast niemand. Aber es war eine Etappe auf dem Weg zur Gleichberechtigung. Und die Sklavenbefreiung in USA. Da gab es den Straftatbestand des „Diebstahls von sich selbst“, logisch, der Sklavenhalter hatte bezahlt, da musste ein entlaufener und wieder eingefangener Sklave eben auch für Diebstahl bestraft werden. So waren die demokratisch verfassten Gesetze!

Es sieht halt so aus, dass die Gesetze, die einer genügend grossen Anzahl von Bürgerinnen und Eliten ungerechte Vorteile verschaffen, die auf lange Sicht extrem schädlich sind, nur durch Gesetzesbruch überwunden werden können, idealerweise durch Blockade genau dieser Vorteile, aber eben nicht zwingend. Die Mittel sind irgendwann egal, das Ziel muss erreicht werden.

In dieser Lage scheinen wir zu sein. Das Beharren auf „rechtmässigen“ Protest ist doch mE ein Symptom der geradezu hypnotischen Wahrnehmungslähmung des grössten Teils der Gesellschaft. Nach dem Aufwachen käme die Hysterie. Ich hoffe, davor sind genug „Dinge von unschätzbarem Wert“ noch rechtzeitig vor der Hysterie geopfert worden.

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Schade, dass du nicht mit einem Wort auf die Quelle von mir eingegangen bist, nämlich den offiziellen Bericht des IPCC, in dem von hunderten Wissenschaftlern 5 Szenarien durchgespielt wurden und in dem kein Szenario zu deinem Ergebnis kommt.

Endzeitstimmung ist ja in Ordnung, aber wissenschaftlich begründet sollte sie schon sein.

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Magst ne Kurzfassung geben?
In Wahrheit ist unser Ökosystem ein Ergebnis unzähliger Zufälle, die genau so eintreffen mussten, damit der Planet bewohnbar wurde. Die Zufälle, die sich in einem Gleichgewicht gefunden haben, die wir als Naturgesetze kennen, bedingen sich gegenseitig. Wir haben gerade 150 Jahre gebraucht dieses Gleichgewicht weltweit aus der Balance zu bringen.
Es wird Milliarden Jahren brauchen, bis die Natur das wieder austariert. Letztendlich wird sie den Planeten fluten und die Einzeller werden alles wieder aufbauen. Für uns Menschen wird da kein Platz sein.

Und auch die Hoffnung, dass sich der Mensch dem Klimawandel anpassen könnte, ist blauäugig. Wir haben jeden Bezug zur Natur verloren. Die Evolution kann uns gar nicht mehr in die nötige Richtung entwickeln lassen. Das Survival of the Riches wird dazu führen, dass die überleben, die ihre Umgebung an ihre Bedürfnisse anpassen können, nicht umgekehrt. Das wird den Menschen weitere wichtige Jahre kosten.

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Was mich hier Forum stört ist der evident/intuitive Zugang zur Medienlogik und Mobilisierung das auf keiner systematischen Betrachtung beruht.
daher stört mich auch die inkohärenz von einzelaktionen die für sich betrachtet werden.

Mit Strategie meinte ich eine struktur nach der man etwas plant. bspw wenn wir von Aufmerksamkeitsökonomie reden, reden wir von Frames sprich:
welche connective Frames müssen aufgebaut bzw. identifiziert werden? das wären emotional verbindende narrative. Zumindest bei den rechten funktionieren Misstände (auch eingebildete wie „nicht mehr frei sprechen zu können“) oft gut.

welche collective frames? also wie binden wir diese emotionen zusammen unter einem Narrativ bzw Analyse (bspw „woke culture“ bei den rechten)

welche action frames ? indentifizieren von politischen gegnern und handlungsaufforderungen.

das kannste noch nach sozialdemografischen Daten aufteilen

ferner musste überlegen wie man ideologische grenzen überbrücken, vor allem zwischen libs und linken
dazu brauchste „gemeinsames“ wissen insbesondere im collective Frame

Dann gehts weiter zur Frage der plattform: Proteste ? social media? Leitmedien? eigene Medien? etc.

wie wird das alles koordiniert? mit welchen gruppen? von welchen muss man sich abgrenzen?

etc. etc.
und selbst dass ist Salonstrategentum für das was hier im Forum gefordert wird.

Btw der suppen van gogh protest hat das gemacht. Cost of living crises (connective), is part of oil prices (collective), whats more important art or life? (action frame, more or less). Weil aber Klaus von R. in der FAZ redaktion der „kaviar“ löffel in frappucino gefallen ist als er das beschmierte bild gesehen hat, hat er nicht mehr mitbekommen dass die protestierenden das gesagt haben.

Ich sag nicht dass man keine besseren und strategischeren Proteste machen kann, aber man sollte vorsichtig sein Proteste einfachso zu delegitimieren, mit dem Verweis das es bessere methoden gibt. Die jetzigen Gruppen haben das durchaus im Blick, und machen recht viel für die ressourcen die sie haben. Aber das was hier gefordert wird: Diskursverschiebung und Handlungsdruck durch „construktive“ Protestformen ist irsinning schwierig und komplex. Klar sollte man es trotzdem versuchen, aber trotzdem sollte man solidarität üben mit anderen Protestierenden und nicht gleich alles wegen formalia und hypothetischen gefahren die man völlig verhältnislos bewerted delegitimieren.

BTW ist hier auch noch nicht erwähnt gegen welche akteure (bspw. industrie oder medien) man hier zusätzlich noch ankämpft.

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Diesen Absatz finde ich persönlich als höchst schwierig. Allein der letzte Satz empfinde ich als diskussionswürdig.
(…)
Du gehst davon aus, das man mit Demokratie nicht mehr weiterkommt?

Zu demselben Ergebnis kommt aber auch der ehemalige Generalsekretär des Club of Rome Graeme Maxtom in seinem neuen Buch: Globaler Klimanotstand.
Was darin alles enthalten ist, halte ich für problematisch und fast nicht mit unserer freiheitlich, demokratischen Grundordnung vereinbar. Hier eine Übersicht, der hanebüchenen Stellen: https://twitter.com/_freidel/status/1592159852704722947?s=46&t=erAc6onBpYr6DfGNupeCQw

Solche Aussagen, genauso wie die im Buch oben, halte ich persönlich für brandgefährlich.

Der National Geographic hat den Bericht knapp zusammengefasst.

Auf den Rest möchte ich aktuell nicht eingehen, da mir die wissenschaftliche Basis darin fehlt. Du argumentierst mir da sehr in binären Mustern.

Und warum nur Einzeller die Klimakrise überstehen sollen würde ich dich bitten gerne per PN zu erklären. Meines Wissens haben selbst die Katastrophe zum Ende des Dinosaurierzeitalters etliche höhere Lebewesen überstanden (Reptilien, Insekten, Säugetiere uvm…).

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Die Politik betreibt seit Jahrzehnten die Strategie der „folgenlosen Zustimmung“. Damit hat sie bisher den meisten Klimaaktivisten den Wind aus den Segeln genommen und auch die Befürworter in der Bevölkerung beschwichtigt.

Ich sehe nicht, wie wir, mit demokratischen Mitteln, die politisch verantwortlichen dazu bringen könnten die dringend nötigen Weichen zu stellen.

Hat das wirklich was gebracht oder war es (wie Linus Neumann es mal ausgedrückt hat) das Abhaken eines gesellschaftlich geforderten Tagesordnungspunktes? Danach macht man dann weiter wie bisher.

Fazit
Ich persönlich komme immer wieder an den Punkt,

  • dass ich in diesem Spannungsverhältnis stehe was ist richtig VS was erfordern die Zwänge
  • dass ich immer nur irgendwie das kleinere Übel wählen kann.
  • dass diese Tatenlosigkeit auch ein Angriff auf unsere Lebensgrundlagen ist.

Also warum nicht ein wenig den Rasen zertrampeln um wenigstens das Gefühl zu bekommen etwas getan zu haben!
Ich sehe in den Aktionen der „letzten Generation“ eine Verzweiflung und Resignation.

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Die Demokratie mit ihren eingebauten (guten) Werten läuft einem kurzsichtigen Kapitalismus nebenher und kann ihn nur bedingt in Zaum halten. Viele Bürgerinnen oszilieren zwischen den materiellen Vorteilen im Jetzt (wofür der besagte Kapitalismus sorgt) und den guten Werten und der Sorge um die Zukunft. Im jetzigen Zustand ist leider der materielle Wohlstand und die Gewöhnung daran obenauf.

Was also die Sorge um die Zukunft betrifft, versagt seit 30 Jahren das demokratische System, vor allem, weil die Prinzipien der herrschenden Form des K. die Gesellschaften und Regierungen dazu treiben, konkurrierende Staaten (selbst innerhalb der EU) auch mit unsauberen Mitteln auszustechen (DE: Niedriglohnsektor, billiges Gas aus Russland, „Investitionen“ nach gewaschenem Schwarzgeld durch grosszügige Bargeldregelung, und was es sonst noch gibt mit billig abgepresstem Uran aus Westafrika für Frankreich, Steuerparadiese, Bankgeheimnisse usw). Bis jetzt hat meines Wissens noch nie eine Regierung gesagt: wir könnten jetzt die Anderen austricksen, aber wir tun es aus Fairnessgründen NICHT.

So geht es nun auch mit der Klimapolitik. NIemand macht den ersten grossen Schritt. Verbrenner durch E-Autos ersetzen bringt nur 20% ökologische Schonung, es wäre aber notwendig und möglich, den Autoverkehr um 70% zu vermindern, das wären schon 200% Schonung. Man hält lieber die alten Industrien am Leben, bis die Konkurrenten auch langsam zurückfahren. Das dauert ewig!

Ich habe es ja mit Beispielen versucht zu erklären. Die Demokratie wurde durch radikale Aktionen nicht abgeschafft, sondern gestärkt. Heute nennen wir das brav „Reformbewegungen“, weil wir uns völlig an die Errungenschaften von mutigen Menschen gewöhnt haben. Jetzt sind wir halt wieder an dem Punkt, dass es radikale Aktionen braucht, und wenn es gut geht, werden die Aktivisten zukünftig Helden genannt werden. Das geht den meisten Menschen wirklich schwer in den Kopf, das ist mir vollkommen bewusst. Deswegen die 90%ige Ablehnung zur Zeit. Aber immerhin scheinen 10% dafür zu sein, das wären doch schon 8 Mio.

Vielleicht war mein letzter Absatz missverständlich. Ich wünsche nicht den allgemeinen Volksaufstand, ich will den Reichen nicht das Vermögen wegnehmen. Ich wollte nur den Beharrungswillen derer erklären, die Vorteile aus dem jetzigen Zustand ziehen und deswegen sich gegen jeder Veränderung sperren. Diese Sperre muss durchbrochen werden, nur das, dann ist die Demokratie wieder obenauf. Dazu sind offensichtlich Mittel notwendig, die derzeit verboten sind.

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„Unterwegs seien die Feuerwehrleute von den wartenden Autofahrern übel beschimpft worden, berichtet ein Lokalreporter der Sächsischen Zeitung »Wichser«, »Arschloch« und »Verpisst euch« sei ihnen zugerufen worden. Die Polizei Leipzig bestätigte dies“

Man hat fast das Gefühl die allgemeinheit regt sich eigentlich gar nicht über aktivisten auf ^^
Baustellen würde ich auch verbieten, die scheinen sau gefährlich zu sein.

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Naja, es scheint ja nicht besonders missverständlich zu sein, wenn du es mehr oder weniger wiederholst.

Ich paraphrasiere: „Die demokratische Grundordnung und die darin gefassten Gesetze müssen zu einem Teil missachtet werden, um die Demokratie zu schütz.“ Oder verstehe ich dich falsch? Das geht finde ich nicht! Abgesehen davon, dass du so keine Mehrheiten für eine im Kern richtige Sache erhalten wirst, finde ich die Grundlogik deines Arguments falsch. Da sind wir wieder ganz oben im Threat bei der RAF. Wenn wir es nicht schaffen als Gesellschaft (und dabei spreche ich von einer starken Mehrheit der Gesellschaft, man wird nie jeden mitnehmen können) den Wandel hinzubekommen, dann schaffen wir es gar nicht. Mir ist recht egal, ob das zu idealistisch klingt.

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Danke für deine Zusammenfassung! Ich denke, darin hast du viele wichtige Punkte beschrieben. Ja, ein strategischeren und besseren Protest zu organisieren, ist verdammt schwer. Überhaupt Ideen zu skizzieren, war wahrscheinlich nicht klug von mir, auch wenn ich die Schwierigkeit dieses Unterfangens damit einmal mehr plastisch gemacht habe.
Ich bin all denjenigen dankbar, die ihr persönliches Glück aufs Spiel setzen, um auf sehr wichtige Dinge hinzuweisen und kreative Ausdrucksformen finden, um dies zu tun. Der Protest in dieser Lautstärke ist bedauerlicher Weise nötig, um damit durchzudringen. Auch ich sehe das so, auch wenn es an sich ein Drama ist.

Dennoch bleibe ich bei meinem Ursprungspunkt: die Reaktion einer breiten Masse der Gesellschaft auf diese Art von Protest war voraussehbar. Da braucht es nicht mal ein Feuilleton als Katalysator. Auf die gewählte Art ist es schwer für die Themen zu begeistern. Bei den wahrscheinlich sogar sehr stichhaltigen Begründungen schalten die meisten doch schon ab. Zielgerichteter und intelligenter Protest muss dies voraussehen können.

Dass und wie diese Aktionen Handlungsdruck aufbauen können, sehe ich nicht. Das wurde in dieser Diskussion auch zurecht schon so beschrieben. Vielleicht fehlt mir die Fantasie dies zu sehen. Manchmal wünsche ich mir, dass es so ist. Bis wir erfahren, wie die Geschichte geurteilt haben wird, hoffe ich auf bessere Ideen und denke auch selbst darüber nach.

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