LDN 289: Offene Briefe

Warum wäre das die Frage, oder konkreter: was würde es an unserer jetzigen Situation ändern, wenn wir Hinweise hätten, dass Russland nur halb so viele Nuklearwaffen „einsatzbereit“ hätte wie gedacht?

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Es ist ein argument zur Relativierung der nuklearen Gefahr nicht nur im direkten Sinne des Angriffs oder Zweitschlages sondern auch im Sinne der Einschätzung des Russischen Militärs zu den eigenen Kapazitäten und dwm daraus resultierenden Verhalten

Aus meiner Sicht würde eine geringere Zahl einsatzbereiter Nuklearwaffen auf russischer Seite die nukleare Gefahr nur insignifikant verändern:

Die Wahrscheinlichkeit, dass Russland kaum einsatzbereite Nuklearwaffen hat, halte ich für verschwindend gering - gerade vor dem Hintergrund, dass man sich mutmaßlich Jahre auf den Krieg vorbereitet hat.

Die Idee, dass der Westen einen Nuklearschlag Russlands aufgrund der geringeren (aber immer noch substantiellen) russischen nuklearen Schlagkraft eher in Kauf nimmt, wäre Wahnsinn. Die Gefahr eines Zweitschlags ist in jedem Fall gegeben und hätte katastrophale = inakzeptable Folgen.

Anders herum hat Russland definitiv kein Interesse an einer nuklearen Auseinandersetzung. Es sind sich ja alle weitgehend einig, dass die derzeitigen nuklearen Drohungen leer sind und die Gefahr einer nuklearen Auseinandersetzung eher in einem Szenario liegt, bei dem Russland sich existentiell bedroht sieht. Und in dieser Lage spielt die Anzahl der Sprengköpfe m.E: eine untergeordnete Rolle.

Eine Situation, in der Russland abwägt: „hätte ich 1000 Sprengköpfe, dann würde ich jetzt zum Nuklearschlag ansetzen, bei 500 lass‘ ich es lieber“ sehe ich daher nicht.

Selbst für den Einsatz taktischer Atomwaffen würde ich hier keinen Einfluss sehen. Einen solchen Einsatz würde Russland nur in Betracht ziehen, wenn es davon ausgeht, dass der Westen nicht nuklear antwortet. Dass würde er aber wegen der o.g. Überlegungen nur tun, falls er wiederum sich existentiell bedroht sieht, was nicht von der Anzahl der russischen Sprengköpfe abhängt.

Oder kurz: solange eine nukleare Auseinandersetzung mit Russland eine Apokalypse zur Folge hätte, spielt es für die aktuellen Überlegungen eine untergeordnete Rolle, wie schwer diese Apokalypse ausfällt, weil sie in jedem Fall verheerender wäre, als alles, was Russland jemals in der Ukraine anstellen könnte.

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