Dem schließe ich mich an - das Urteil des VG Chemnitz ist ziemlich fragwürdig.
Selbst im Jura-Podcast der FAZ („FAZ Einspruch“) ließen die Experten kein gutes Haar an dieser Entscheidung, und die FAZ ist jetzt nicht unbedingt in Verdacht, zu „links“ zu sein…
Vielleicht nochmal die juristische Situation:
Das BVerfG hat entschieden, dass bei Mehrdeutigkeiten in der Regel die am wenigsten „schlimme“ Deutung entscheidet, ob das Ganze erlaubt ist oder nicht. Die Frage ist halt: Ab wann handelt es sich um eine valide Mehrdeutigkeit und ab wann handelt es sich um den klaren Versuch einer Umgehung?
Das „Nazis Töten“-Plakat der PARTEI ist da ein gutes Beispiel für eine valide Mehrdeutigkeit. Beide Aussagen, also sowohl die Information „Nazis töten Menschen!“ als auch die Aufforderung „Tötet Nazis!“ können valide aus diesem Plakat herausgelesen werden.
Ein anderes Beispiel war ein NPD-Plakat mit der Aufschrift „Gas Geben!“. Auf dem Plakat abgebildet war Udo Voigt (der damalige Parteichef), der auf einem Motorrad saß. Hier haben die Gerichte zu Recht - auch wenn es weh tut - entschieden, dass eine valide Mehrdeutigkeit vorliegt. Denn „gas geben“ ist sowohl im allgemeinen Sprachgebrauch und der Politik ein fester Ausspruch im Sinne von „endlich etwas anpacken - und zwar schnell“ - und die Kombination mit dem Motorrad verstärkt diese Deutung. Dass die widerliche NPD hier natürlich bewusst mit der Vergasung von Menschen durch die Nazi-Diktatur spielt, ist dabei klar.
Im vorliegenden Fall von „Der III. Weg“ sieht das Ganze aber anders aus. Dieser Zusatz „Macht unsere nationalrevolutionäre Bewegung durch Plakatwerbung in unseren Parteifarben in Stadt und Land bekannt!“ ist hier ein recht klarer Umgehungsversuch. Denn es macht schlicht keinen Sinn, per Plakatwerbung dazu aufzurufen, Plakate aufzuhängen. Die Aufforderung, Plakate aufzuhängen, ist keine Aufforderung, die sinnvollerweise an die Allgemeinheit geäußert wird, schon weil die Allgemeinheit dieser Aufforderung in Ermangelung der Plakate nicht nachkommen könnte. Der Satz „hängt die Grünen“ wäre daher in einer internen Kommunikation vielleicht noch mehrdeutig, im Kontext eines Wahlplakates hingegen ist es absolut evident, dass es sich um den Versuch einer Umgehung handelt.
Die Grenze der validen Mehrdeutigkeit wird hier daher gerade nicht erreicht - es wird mit Biegen und Brechen versucht, eine Mehrdeutigkeit zu kreieren, wobei die kreierte Mehrdeutigkeit bereits in sich unlogisch ist - mit dem klaren Ziel, einen Satz zu plakatieren, der ohne die Mehrdeutigkeit eindeutig strafrechtlich relevant wäre.
In diesem Sinne bin ich relativ zuversichtlich, dass das Urteil des VG Chemnitz in den nächsten Instanzen gekippt werden wird…